Zheng Ho

Zheng Ho
Zheng He brachte von seinen Reisen eine Giraffe mit (Zeichnung von Shen Du).

Zhèng Hé (chin. 鄭和 / 郑和, W.-G. Cheng Ho), Geburtsname Mǎ Sānbǎo (馬三寶 / 马三宝), muslimischer Name Hajji Mahmud Shams (* 1371 in Kunming in der Provinz Yunnan; † 1433 oder 1435) war ein chinesischer Admiral.

Zheng He unternahm mit großen Flotten zwischen 1405 und 1433 sieben große Expeditionen in den Pazifik und den Indischen Ozean. Dabei bekämpfte er nicht nur erfolgreich das Piratenunwesen, sondern erforschte auch die Meere bis nach Arabien und Ostafrika. Seine Dschunken, die angeblich mit 9 Masten zu den größten Holzschiffen aller Zeiten gehörten, legten dabei mehr als 50.000 km zurück.[1]

Sein Beiname San Bao (三寶) hat Spekulationen darüber ausgelöst, dass der Muslim Zheng He das historische Vorbild für die arabische Sagengestalt Sindbad der Seefahrer gewesen sein könnte.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Reisen Zheng Hes

Kindheit und Aufstieg

Zheng He wurde zur Zeit der Ming-Dynastie in Kunyang, der heutigen Großgemeinde Kunyang (昆陽鎮 / 昆阳镇) im Kreis Jinning, in der südchinesischen Provinz Yunnan als Sohn einer muslimischen Familie geboren. Sein Geburtsname war Ma He. Er war ein direkter Nachkomme – in sechster Generation – des berühmten, in den Diensten der Mongolen stehenden Ministers Sayyid ’Umar Shams al-Dīn (1211-1279), dessen Vorfahren ursprünglich aus Buchara stammten und als Nachfahren Mohammeds galten. Sein Großvater und Vater hatten, als gläubige Muslime, beide die Hadsch, die Pilgerfahrt nach Mekka, absolviert. Im Jahre Hongwu 15 (1382) geriet er als elfjähriger Junge in Gefangenschaft der Ming-Truppen, die gerade die Provinz Yunnan befriedeten. Mit 13 Jahren wurde er kastriert, da der Kaiser und seine Nachkommen die einzig zeugungsfähigen Männer im Palast sein durften. Zheng He kam zunächst als Diener an den Hof des Prinzen von Yan, Zhu Di, der später als Cheng Zu der Yongle-Kaiser (1403–1424) der Ming-Dynastie werden sollte.

Ma He zeigte sich als außergewöhnlicher Diener und wurde in der Kriegskunst und Diplomatie unterwiesen. Prinz Zhu Di gab Ma He den neuen Namen Zheng He (Cheng Ho), nachdem das Pferd des Eunuchen in einer Schlacht bei Zhenglunba getötet wurde. Als weiterer Name Zheng Hes tritt „San Bao“ auf, was „drei Juwelen“ bedeutet. Zheng He war nach den Berichten eine imposante Erscheinung. Er soll über zwei Meter groß und sehr beleibt gewesen sein (was bei Kastration vor Beendigung des Wachstums sehr glaubhaft ist) und eine tiefe oder aber sehr durchdringende Stimme gehabt haben (Kastration nach dem Stimmbruch?).

Als Prinz Zhu Di im Jahre 1402 Kaiser wurde, bedeutete dies auch einen erheblichen Machtzuwachs für Zheng He. 1403 ernannte der neue Kaiser Yongle ihn zum Admiral und befahl, eine Flotte von Schatzschiffen zu bauen, um damit den Einflussbereich Chinas weiter auszudehnen und nach der Fremdherrschaft der Mongolen wieder als ein mächtiges Land zu erscheinen. Admiral Zheng He war der erste Eunuch, der eine so hohe militärische Position in China bekleidete.

Vermutlich führte er auf seinen Reisen ein Glas mit seinen Geschlechtsteilen mit, damit er im Fall eines Unglücks wenigstens im Jenseits wieder „ein ganzer Mann“ sei.

Schiffe, Navigation

Zheng Hes Flotte auf einem Holzschnitt des 17. Jahrhunderts

Die Flotten Zheng Hes bestanden aus Schiffen verschiedener Bauweise, darunter riesigen Dschunken, den „Schatzschiffen“, die nach alten chinesischen Chroniken Maße von bis zu 120 m Länge und 50 m Breite hatten. Allerdings legt die moderne Forschung über die Schatzflotte nahe, dass diese Größenangaben wohl stark übertrieben sind und die größten Schatzschiffe nur etwa 59 bis 84 m[2] groß waren. Sie waren die Flaggschiffe der Flotte und wurden in Nanjing am Jangtse in Trockendocks gebaut. Um die Schiffe hochseetüchtig zu machen, wurden sie in Schottenbauweise gefertigt.[1]

Unter den Schiffen waren auch große Pferdeschiffe, die nur Pferde transportierten, Wasserschiffe, die nur Frischwasser für die Besatzung beförderten, Versorger und Kriegsschiffe. Zu den Versorgungsschiffen gehörten auch Agrarschiffe, auf denen Mungbohnenkeime angebaut wurden. Unwissentlich wurde so für die Mannschaften die Gefahr, auf hoher See an Skorbut zu erkranken, drastisch verringert.[1] Die Flotte hatte tausende von Tonnen chinesischer Handelsgüter an Bord. Zur Navigation wurde bereits der Kompass benutzt, der in China im 11. Jahrhundert erfunden wurde. Markierte Räucherstäbchen dienten als Uhren. Jeder Tag umfasste 10 Wachen zu je 2,4 Stunden, also 2 h 24 min. Die geografische Breite wurde durch Messung der astronomischen Höhe des Polarsterns im Norden und des Kreuzes des Südens auf der Südhalbkugel ermittelt.

Erste Reise (1405–1407)

Die erste Schatzflotte bestand aus 62 Schiffen. Im Herbst 1405 lief die Flotte mit 27.800 Mann Besatzung aus. Ziel der ersten Reise war Calicut in Indien um Pfeffer für Seide und Porzellan zu erwerben. Indien war bereits im 7. Jahrhundert vom chinesischen Entdecker Hsuan Tsang auf dem Landweg erforscht worden. Die Flotte machte Station in Vietnam, Java, Malakka und fuhr dann nach Westen quer über den Indischen Ozean nach Sri Lanka und an die Südostküste von Indien. Den Winter 1406/1407 verbrachte die Flotte dort mit Handel und Diplomatie. Auf dem Rückweg bekämpfte die Flotte Piraten, die den Handel mit Indien behinderten. Ihr Anführer wurde gefangengenommen und öffentlich geköpft. Die Rückkehr nach Nanjing erfolgte noch im Jahr 1407.

Mit an Bord befand sich als Übersetzer Ma Huan, der Admiral Zheng He auf drei von dessen sieben Reisen in die Westlichen Ozeane begleitete und durch dessen Bericht die besten Kenntnisse davon überliefert sind.

Zweite Reise (1407–1409)

Die zweite Reise der Schatzflotte ging erneut nach Indien, um dort die Macht des Königs von Calicut zu sichern. Zheng He nahm nicht persönlich teil, da er in China die Aufsicht über die Instandsetzung von Tempeln hatte.

Dritte Reise (1409–1411)

Die dritte Reise, für Zheng He die zweite, wurde mit 48 Schiffen und ca. 30.000 Mann Besatzung durchgeführt. Sie verlief auf einer ähnlichen Route wie die erste Reise. Auf dem Weg wurden Lager für Güter eingerichtet. Der König von Sri Lanka zeigte sich gegenüber den Chinesen feindlich. Zheng Hes Truppen besiegten die Streitkräfte des Königs und nahmen ihn gefangen. Er wurde nach Nanjing mitgenommen.

Vierte Reise (1413–1415)

Ende 1412 erhielt Zheng He vom Kaiser den Befehl zu einer vierten Reise. Um den Jahreswechsel 1413/1414 lief die Flotte mit 63 Schiffen und 28.560 Mann aus. Ziel war die Straße von Hormuz am persischen Golf, bekannt für Perlen und Edelsteine. Teile der Flotte segelten entlang der Ostküste von Afrika bis nach Mosambik. Im Sommer 1415 kehrte die Flotte mit arabischen und afrikanischen Diplomaten und zahlreichen Schätzen des Orients nach Nanjing zurück.

Fünfte Reise (1417–1419)

Die fünfte Reise wurde vom Kaiser 1417 befohlen, um Diplomaten aus Nanjing in ihre Heimatländer zurückzubringen. Die Schatzflotte verließ Nanjing 1417 und machte ihren Weg über den Persischen Golf zur Ostküste Afrikas. Sie kehrte 1419 zurück.

Sechste Reise (1421–1422)

Die Schatzflotte lief im Frühjahr 1421 aus. Die Reise ging über Südostasien, Indien und den Persischen Golf erneut nach Afrika. Zheng He selbst kehrte Ende 1421 nach China zurück, der Rest der Flotte 1422.

Kaiser Yongle starb 1424. Dies bedeutete nicht nur für Zheng He persönlich, sondern auch für die chinesische Schatzflotte einen schweren Schlag. Der neue Kaiser Hongxi (Yongles Sohn) machte den Reisen der Schatzflotte ein Ende und schickte Schiffbauer und Seeleute nach Hause. Zheng He wurde Militärkommandant der Hauptstadt Nanjing.

Siebte Reise (1431–1433)

Kaiser Hongxi starb 1425. Sein Sohn, der Xuande-Kaiser, bestieg den Kaiserthron. Er neigte den Interessen seines Großvaters zu und ließ die Schatzflotte reaktivieren. 1430 gab er Order zu einer erneuten Reise. Zheng He wurde wieder als Admiral eingesetzt. Ziel dieser Reise war die Wiederherstellung friedlicher Beziehungen mit den Königreichen von Malakka und Thailand. Ein Jahr später lief die Flotte mit 100 Schiffen und 27.500 Mann aus.

Tod Zheng Hes und Ende der Flottenpolitik

Die Berichte über Zheng Hes Tod sind widersprüchlich. Nach einigen Angaben soll er noch auf der Heimreise im Jahr 1433 gestorben sein, nach anderen 1435 nach der Rückkehr. Zheng Hes Grab liegt bei Nanjing. Der große Sarkophag aus hellem Stein in den Ochsenkopf-Bergen, der offiziell als Grab und Gedenkstätte gilt, ist aber nachweislich leer. Dort befinden sich noch heute drei der großen Trockendocks, auf denen er seine Schiffe bauen ließ. Das Grabmal wurde 1985 zum 580. Jahrestag der ersten Reise der Schatzflotte restauriert.

Der Nachfolger des Kaisers Xuande, Zhengtong, schlug eine völlig andere Seefahrtspolitik ein. Aufgrund schwerwiegender Naturkatastrophen in China gab er die Schatzflotte auf. Die enormen Kosten für diese Flotten wurden untragbar, und man verwendete das Geld zum Wiederaufbau zerstörter Gebiete. Allerdings wurden die großen Schatzschiffe nicht zerstört, sondern vorerst nur stillgelegt. Da jedoch kein Geld für die Instandhaltung bereit stand, wurden die gigantischen Schiffe nach und nach abgewrackt. Der größte Teil von Zheng Hes Flotte wurde nach 1435 der kaiserlichen Kriegsflotte zugeteilt. Entgegen einer weit verbreiteten Überzeugung stellte aber China nach 1435 seinen Seehandel nicht ein, dies geschah erst 1551 unter Kaiser Jiajing und war nur von kurzer Dauer. Im Gegenteil, das Reich der Mitte blieb die bedeutendste Seehandelsmacht in Ostasien. Bis zum Opiumkrieg befuhren die chinesischen Händler die Seewege zwischen den ostasiatischen Ländern bis nach Indien, auch gestützt auf die Überlieferungen des Zheng He. Allerdings war kein Kaiser je wieder bereit, die hohen Kosten für eine rein staatlich finanzierte Handelsflotte zu übernehmen, schon aus dem Grund nicht, weil Zheng Hes Unternehmungen keinen Profit für den Kaiserhof einbrachten, sondern für die Regierung immer mit einem finanziellen Defizit verbunden waren.

Die Konfuzianer am Hof brandmarkten aus diesem Grund seine Reisen als Verschwendung von Staatsgeldern. Am Ende des 15. Jahrhunderts unterlag Zheng He daher auch einer gewissen Dämonisierung durch die Gelehrtenelite, die sogar Teile der Aufzeichnungen vernichten ließ, so dass heute nur noch spärliche Quellen vorhanden sind. Eine völlig entgegengesetzte Entwicklung war aber ebenso zu beobachten. Recht bald nach seinem Tod wurde Zheng He von den Daoisten zum verehrungswürdigen Ahnen erhoben und mit dem Zusatz „Eunuch, Admiral und Gott“ zur Gottheit ernannt. Nach seiner Vergöttlichung durch die Daoisten wurde er alsbald nicht nur bei Seefahrern ein beliebter Schutzpatron, sondern er wird bis heute auch bei Krankheiten, bei der Auswahl von Ehepartnern und in allen Fragen angerufen, die das häusliche Glück betreffen.

Zeitgleiche Entdeckungsfahrten in Europa

Im Jahr 1434, im selben Jahr, in dem die chinesischen Entdeckungsfahrten zum Erliegen kamen, umfuhr der portugiesische Seefahrer Gil Eanes im Auftrag Heinrichs des Seefahrers das Kap Bojador an der Westküste Afrikas, eine entscheidende Etappe auf der Entdeckung des Seewegs nach Indien und damit auch auf dem Weg zur europäischen Expansion.

Spekulationen über weitere Reisen der Schatzflotte

Der britische Schriftsteller und ehemaliger Navykommandant Gavin Menzies stellt die umstrittene Hypothese auf, dass Amerika und andere Gebiete der Erde in den Jahren 1421 bis 1423 von den Chinesen im Rahmen einer Weltumsegelung entdeckt wurden. Er geht auch davon aus, dass mehrere chinesische Admiräle diese Weltumsegelung durchgeführt haben. Menzies Thesen werden von Fachhistorikern abgelehnt.[3][4][5][6]

Jubiläum

Zhengs Reisen wurden im Jahre 2005 gefeiert. In Qingdao stach am 24. Mai 2005 die Grüne Augenbraue in See, Nachbau eines der kleineren Seeschiffe der historischen Flotte, um nach 40 Tagen in chinesischen Küstengewässern 17 asiatische und afrikanische Häfen so anzulaufen wie vor exakt 600 Jahre der große Zheng.

Ebenso machten sich von Taiwan aus eine private Expedition auf seinen Spuren auf den Weg. In Nanjing wurde auf seinem unscheinbarem Grab eine Statue errichtet; diese trägt die Inschrift Allahu akbar.

Literatur

  • Jacques Gernet: Le monde chinois. 2. L'époque moderne X siècle – XIX siècle. Armand Colin, Paris 2005, ISBN 2-266-16133-4.
  • Geoffrey J. Martin, Preston E. James: All Possible Worlds. A History of Geographical Ideas. Odyssey Pr., Indianapolis 1972; John Wiley & Sons, New York 1993; Oxford University Press, New York 2005. ISBN 0-471-06121-2, ISBN 0-19-516870-4.
  • J. V. Mills (Hrsg.): Ma Huan. Ying Yai Sheng Lan. The Overall Survey of the Ocean's Shores. 1433. Cambridge 1970
  • Leo Philip: Die Armada des Kaisers. In: GeoEpoche H 8 – Das alte China. GEO, Hamburg 2000
  • Louise Levathes: When China ruled the seas: the treasure fleet of the dragon throne 1405-1433. Simon & Schuster, New York 1994, ISBN 0-671-70158-4.
  • Qihuang Xie u. a.: Zhongguo shaoshu minzu lishi renwu zhi di yi ji. In: Historische Persönlichkeiten der Minderheiten-Völker Chinas. Band 1, Beijing 1983, S. 101–105
  • Claudine Salmom, Roderich Ptak: Zheng He; Images & Perceptions. In: Roderich Ptak, Thomas Höllmann (Hrsg): South China and Maritime Asia Volume 15. O. Harrasowitz Verlag, Wiesbaden 2005
  • Shusen Qiu: Zhongguo Huizu da cidian. In: Großes Lexikon der Hui-Nationalität Chinas. Nanjing 1992, S. 1018
  • Michael Yamashita: Zheng He. Die Drachenflotte des Admirals. Frederking & Thaler, 2006, ISBN 3-89405-666-5.

Spekulationen über weitere Reisen der Schatzflotte

  • Gavin Menzies: 1421. The Year China Discovered America. Bantam Press, London 2002, ISBN 0-593-05078-9.
  • Gavin Menzies: 1421. Als China die Welt entdeckte. Droemer, München 2003, ISBN 3-426-27306-3.

Rezensionen der Spekulationen

Weblinks

Quellen

  1. a b c ZDF Expedition, 1. Oktober 2006
  2. Sally K. Church: The Colossal Ships of Zheng He: Image or Reality? In: Roderich Ptak, Thomas Höllmann (Hrsg): South China and Maritime Asia Volume 15. O. Harrasowitz Verlag, Wiesbaden 2005, S. 155–176
  3. The 1421 myth exposed. Abgerufen am 2007-03-22.
  4. Zheng He in the Americas and Other Unlikely Tales of Exploration and Discovery. Abgerufen am 2007-03-22.
  5. 1421: The Year China Discovered the World by Gavin Menzies. Abgerufen am 2007-03-22.
  6. Robert Finlay: How Not to (Re)Write World History: Gavin Menzies and the Chinese Discovery of America. In: Journal of World History. 15, Nr. 2, 2004

Film

  • Chen Kaige: Admiral Zheng He – Eunuch und Feldherr der Meere. Singapur/Niederlande, 2005, 53 Minuten

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