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Die Zahnmedizin (richtiger: Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder kurz Zahnheilkunde) umfasst die Vorbeugung, Erkennung und Behandlung aller Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich.

Latein: dens - dentes „der Zahn - die Zähne“[1]; dental „die Zähne betreffend“

griech.: όδούς (odous) - έδοντες (edontes) „der Zahn - die Zähne“[2]; parodontal „die Zähne betreffend“ (z. B. in Parodontose) - nicht (wie fälschlicherweise häufig gesagt): paradental, also auch nicht Paradentose

Latein: medicina „Heilkunst, Heilverfahren, Heilmittel, Arznei“[1]

Zahnmedizin ist ein eigener Studiengang, der sich allerdings teilweise mit dem Studium der Medizin überschneidet. Nach dem Examen wird die Approbation als Zahnarzt erteilt. Durch eine mindestens vierjährige, ganztägige und hauptberufliche Weiterbildung mit abschließender Prüfung können die Gebietsbezeichnungen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, Fachzahnarzt für Oralchirurgie, Fachzahnarzt für Parodontologie oder Fachzahnarzt für öffentliches Gesundheitswesen erworben werden.[3]

Demgegenüber sind für den Erwerb des Facharzttitels Mund-Kiefer-Gesichtschirurg die abgeschlossenen Studien in Human- und Zahnmedizin erforderlich. Daran schließt sich noch eine fünfjährige Facharztausbildung an.

Die Zahnmedizin ist fachlich spezialisiert auf Krankheiten im Zahn-, Mund- und Kieferbereich. Einerseits ist der Kauapparat eingebettet in die Funktionssysteme des Kopf-Hals-Schulter-Bereichs, somit können sich Erkrankungen und Störungen in diesen Bereichen auf die Funktion des Kauapparates auswirken. Andererseits wirken sich krankhafte Veränderungen der Mundhöhle oft auch auf den restlichen Körper aus. Darum beschäftigt sich der Zahnmediziner in der heutigen Zeit nicht ausschließlich mit Zähnen und Zahnfleisch, sondern berücksichtigt darüber hinaus auch angrenzende funktionelle Gebiete. Umgekehrt zeigen viele Krankheiten, z. B. Blutkrankheiten, Krebs oder Infektionen, Symptome in der Mundhöhle.

Inhaltsverzeichnis

Historisches

Zahnheilkunde

Hl. Apollonia, Schutzheilige der Zahnmediziner

2800 v. Chr. bis 1800 v. Chr. wurden im Gebiet der Indus-Kultur Zähne behandelt.

Im sechzehnten Jahrhunderts vor Christus gab der Papyrus Ebers aus Ägypten unter anderem Anweisungen zu Zahnbehandlungen.

Nicht erst seit dem Mittelalter hatten die Menschen die Vorstellung, ein Wurm, der sich durch den Zahn frisst, verursache die Zahnerkrankungen[4]. Quälende Zahnschmerzen kurierte man bis 1829 mit dem Brenneisen zum Kautern der Karies und der Nerven. Die meisten Patienten verloren bei dieser Behandlung das Bewusstsein. Um die offenliegende Pulpa (im allgemeinen laienhaften Sprachgebrauch: Nerv) abzutöten, verwandte man Arsenpaste. Dem Patienten konnte man so die Schmerzen nehmen. Auch Äther, Chloroform und Lachgas waren bekannt. Kokain ergänzte später die Mittel zur Schmerzbehandlung.

Jahrhundertelang benutzte man am Ende aufgefaserte Holzstäbchen, bestreut mit alkalischer Asche, Ingwer, Bengalpfeffer oder getränkt in Alaun zur Reinigung der Zähne. Die ersten Zahnbürsten stammten aus dem frühen 18. Jahrhundert.

Ebenfalls im 18. Jahrhundert fanden Zähne von Hunden, Pavianen und Schafen Verwendung als Implantate.

Künstliche Zähne gibt es seit Beginn des 19. Jahrhunderts.

Schutzheilige der Zahnmediziner ist die Hl. Apollonia.

Historische Entwicklung der Zahnheilkunde in Deutschland
1869 der Norddeutsche Bund legt die erste Prüfungsordnung fest; Pflicht: 2 Jahre Studium und praktische Erfahrungen beim Zahnarzt
1889 einheitliche Prüfungsordnung
1910 Errichtung dentistischer Lehrinstitute. Dentisten werden 2 Jahre geschult, es folgen 4 Jahre Praktikum.
1919 Möglichkeit der Promotion für Zahnmediziner, Titel: "Dr. med. dent."
1920 Dentistenausbildung wird anerkannt, die Berufsbezeichnung "Zahnhandwerker/-künstler" abgeschafft
1952 Das Zahnheilkundegesetz ersetzt den Begriff "Dentist" durch "Zahnarzt"
ab 1965 erste Zulassungsbeschränkung für den Studiengang Zahnmedizin

Zahnmediziner

„Zahnbrecher“ im Jahre 1568

Im Mittelalter und den folgenden Jahrhunderten wurden Zähne nicht von akademisch ausgebildeten Ärzten gezogen, sondern von Handwerkern, meist von Badern. Man nannte sie auch „Zahnbrecher“ oder „Zahnreißer“. Spezialisten übten ihren Beruf mit Hilfe von verschiedenen Instrumenten aus, es gab aber auch Marktschreier und Scharlatane, deren Interesse in der Hauptsache im Geldgewinn lag und deren Ruf zweifelhaft war.

Bevor die Möglichkeit der Narkose (Betäubung) des Patienten zur Verfügung stand oder eine Lokalanästhesie seiner Zähne möglich war, musste der Behandler sehr schnell arbeiten.

Zahnmediziner in der Geschichte
100-200 Archigenes (Αρχιγένης), griechischer Arzt aus Apameia, Syrien. Sein Vater hieß Phillipos (Φίλιππος) und war Schüler von Agathinos (Αγαθινός). Archigenes gilt als der Begründer der Zahnheilkunde.
1725 erstmalige Verwendung des Begriffs "Zahnarzt"
1756 veröffentlicht Philipp Pfaff das erste Lehrbuch der Zahnheilkunde in deutscher Sprache: "Abhandlungen von den Zähnen und deren Krankheiten"; er gilt als Begründer der deutschen Zahnheilkunde

Quellen zur Geschichte der Zahnheilkunde

  • Jutta Schönfeld: Die Zahnheilkunde im "Kitâb Zâd al-musâfir" des al-'Gazzâr [10. Jahrhundert], Sudhoffs Archiv 58 (1974), S. 380-403
  • Prof. Dr. Gerhard Baader und Prof. Dr. Dr. Walter Hoffmann-Axthelm: Die Entwicklung der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde im europäischen Mittelalter, Medizinhistorisches Journal 6 (1971), S. 113-159

Zahnmedizinische Behandlungen

Befunderhebung und Diagnose

Milchgebiss und Erwachsenengebiss im Vergleich
Zahnmed. Untersuchungs- besteck, Spiegel und Sonde
Zahnbürste und Zahnpasta
Moderne Zahnärztliche Behandlungseinheit

Hier sind zunächst Befunderhebung und Diagnose in Bezug auf die Kariestherapie berücksichtigt. Zur Erhebung einer allgemeinen Anamnese füllt der Patient, meist, wenn er das erste Mal in einer Praxis behandelt wird, einen Fragebogen aus. Allgemeinerkrankungen können Auswirkungen auf die Zahngesundheit haben und spezielle Behandlungsrisiken beinhalten. Ergänzend zur schriftlichen Selbstauskunft des Patienten führen Patient und Arzt ein Gespräch. Eventuell bittet der Arzt den Patienten einen Ernährungsfragebogen auszufüllen, um das individuelle Kariesrisiko besser einschätzen zu können.
Es folgt der intraorale Befund, zu dessen Erhebung der Arzt die Zähne, das Zahnfleisch und die übrige Mundschleimhaut des Patienten untersucht. In Einzelfällen wird die Speichelfließrate bestimmt.
Es folgt die Dokumentation des Zahnstatus.
Als Zahnstatus wird die Erfassung des Gebisszustandes bezeichnet. Hierbei werden fehlende Zähne, ersetzte Zähne, Kariesbefall, Füllungen, Inlays, Onlays, Implantate sowie Fehlstellungen oder sonstige Zahnerkrankungen in schriftlicher Form oder als Bild festgehalten.

Zu den speziellen Diagnosemaßnahmen zählen Röntgendiagnose und spezielle Untersuchungen, etwa die Erhebung des Parodontalstatus, ebenso die Funktionsdiagnostik, die es ermöglicht, durch die Kenntnis von Kiefergelenksbewegungen, Kaumuskulatur und Okklusion eine individuelle Therapie nach einem ganzheitlichen Konzept zu erstellen.

Forensik

In manchen Fällen können durch den Vergleich der dokumentierten Befunde mit gerichtsmedizinischen Feststellungen auch Leichen identifiziert werden.

Prophylaxe (vorbeugende Zahnheilkunde)

Siehe Hauptartikel: Prophylaxe (Zahnmedizin)

Neben allgemeinen Empfehlungen zur Kariesprophylaxe gibt der Zahnarzt oder eine speziell ausgebildete Helferin (Prophylaxehelferin, Dentalhygienikerin...) Rat zur richtigen Zahnputztechnik und nimmt professionelle Zahnreinigungen vor. Eine allgemein gute Mundhygiene verringert das Kariesrisiko und das Risiko der Folgeerkrankungen von Zähnen und Zahnhalteapparat.
Zahnarztbesuche in regelmäßigen Abständen sind sinnvoll, um bereits entstandene Karies frühzeitig erkennen und behandeln zu können und so die Folgeschäden zu minimieren.

Kinderzahnheilkunde

Die Kinderzahnheilkunde ist ein Teilgebiet der Zahnmedizin zur speziellen Behandlung aller Krankheiten im Zahn-, Mund- und Kieferbereich während der Kindheit, also von der Geburt bis zur Pubertät.

Konservierende Zahnheilkunde

Die konservierende Zahnheilkunde beschäftigt sich mit der Zahnerhaltung, sie lässt sich untergliedern in:

Kariologie und Füllungstherapie

Die Kariologie und die Füllungstherapie sind die Lehren von Ursachen, Entstehung und Behandlung der Karies. Dabei werden alle Faktoren, die Demineralisationsvorgänge auslösen, berücksichtigt, zum Beispiel der Einfluss von Nahrungsmitteln auf die Entmineralisation der Zähne. Bei der Behandlung der Karies gilt es meist, die infizierte Zahnhartsubstanz zu entfernen und den Zahn mit einem Füllungsmaterial zu versorgen.

Endodontie

Endodontie ist die Lehre vom Zahnmark (Pulpa), seinen Erkrankungen und deren Behandlungen.

Parodontologie

Die Parodontologie ist die Lehre des Zahnhalteapparates, seinen Erkrankungen und deren Behandlung.

Zahnärztliche Chirurgie

Zur Zahnärztlichen Chirurgie (Oralchirurgie) gehören chirurgische Eingriffe: z. B. (operative) Zahnentfernungen, Parodontalchirurgie, chirurgische Endodontie Wurzelspitzenresektionen etc.

Kleinere Eingriffe dieser Art führt der Zahnarzt - in der Regel unter lokaler Anästhesie (Betäubung) - selbst durch, größere überweist er in vielen Fällen an einen Oralchirurgen, einen Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (siehe weiter unten) oder einen anderen Spezialisten des jeweiligen Fachgebietes.

Prothetik

Siehe Hauptartikel: Zahnersatz

Durch Karies, Parodontitis, Nichtanlage von Zähnen oder durch Unfälle kann es zu Zahnverlusten kommen. Diese fehlenden Zähne durch Brücken, Voll- oder Teilprothesen zu ersetzen ist das Behandlungsgebiet der Prothetik.

Kieferorthopädie

Kieferorthopädie: Mit Brackets versehene Ober-und Unterkieferzähne

Die Kieferorthopädie befasst sich mit der Verhütung, Erkennung und Behandlung von Fehlstellungen der Kiefer und der Zähne (Zahn-, bzw. Kieferregulierung).

Traumatologie

Die Traumatologie ist die Lehre von den Verletzungen und Wunden der Zähne und der umgebenden Geweben.

Mit der Zahnheilkunde verwandte Disziplinen

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beinhaltet neben der allgemein-zahnärztlichen Chirurgie auch die Behandlung von Tumorerkrankungen, Erkrankungen der Kiefer- und Gesichtsnerven und Fehlbildungen. Sie umfasst Diagnostik und Therapie von Entzündungskrankheiten, Funktionsstörungen und Schmerzsyndromen im Kiefer-Gesichtsbereich die und dentale Implantologie. Auch plastisch-ästhetische Operationen - etwa zur Wiederherstellung nach Unfällen oder Tumoroperationen - gehören zu diesem Fachgebiet, ebenso wie Operationen aus rein kosmetischen Gründen.

Psychosomatik

Die Psychosomatik versucht die Zusammenhänge und die gegenseitige Beeinflussung von Seele und Körper des Menschen zu beschreiben. Allgemeine psychische Anspannung beispielsweise kann sich in nächtlichem Zähneknirschen (Bruxismus) äußern. Das kann Auswirkungen auf die Funktionalität von Zähnen und Kiefergelenk haben.

Allerdings sind die Erklärungsansätze der Psychosomatik oft gar nicht oder nur unzureichend durch empirischen Studien abgesichert.

Die Angst vor der Zahnbehandlung

Nahezu jeder kennt das etwas unangenehme Gefühl, das die meisten Menschen vor oder während einer Zahnbehandlung empfinden. Viele sagen von sich selbst, sie hätten Angst vor dem Zahnarzt. Das unangenehme Gefühl oder eine leichte Ängstlichkeit hindern sie jedoch nicht, wie von Zahnärzten und Krankenkassen empfohlen, halbjährlich oder zumindest jährlich zur Kontrolluntersuchung eine Zahnarztpraxis aufzusuchen.
Deutlich davon abzugrenzen ist die Phobie vor Zahnarzt und Zahnbehandlung, die mit 10 - 20 % der Bevölkerung eine große Zahl von Patienten entwickelt hat (sogenannte Angstpatienten). Wer unter dieser Phobie leidet, hat in oder vor der auslösenden Situation so starke Angstzustände, dass diese sich in Schweißausbrüchen, Zittern, Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit und/oder Schlafstörungen niederschlagen können.

  • Die häufigsten Ursachen dieser speziellen Phobie sind unangenehme oder traumatische Erlebnisse während einer Behandlung und/oder Erzählungen über solche Erlebnisse.
  • Zu den Folgen gehört ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten der Patienten, das soweit reichen kann, dass sie jahrzehntelang der gefürchteten Situation aus dem Weg gehen und keine Zahnarztpraxis aufsuchen. Darunter leidet der Zustand der Zähne, oft auch der des Zahnfleisches, der der übrigen Mundschleimhaut und des Zahnhalteapparates. Viele Betroffene entwickeln zusätzlich zu ihrer Phobie auch ausgeprägte Schamgefühle und leiden im Alltag darunter durch eine enorme Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität.
  • Die Ansätze zur Therapie der Phobie und damit auch der Zähne sind vielfältig. Sie reichen von Verhaltenstherapie über die medikamentösen Sedierung oder einer Kombination von beiden bis zur Behandlung unter Narkose. Ansprechpartner sind Zahnärzte, Psychologen oder Psychiater.

Kosten der Zahnarztbehandlung

Die Honorare für Zahnärztliche Behandlungen sind in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) festgelegt. Soweit zähnärztliche Leistungen bei gesetzlich Versicherten als Sachleistungen erbracht werden, entrichten die Krankenkassen wie bei der ärztlichen Behandlung „nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertrags(zahn)ärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.“ (§ 85 (1) SGB V i. Verb. m. § 72 (1) Satz 2 SGB V). Diese Gesamtvergütung wird gemäß den Honorarverteilungsverträgen unter den an der kassenzahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzten aufgeteilt (§ 85 (4) SGB V). Das Honorarverhältnis der einzelnen Leistungen untereinander soll sich dabei am Bundeseinheitlichen Bewertungsmaßstab (BEMA) orientieren.

Quellen / Literatur

  1. a b Der kleine Stowasser: Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch
  2. GEMOLL: Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch
  3. Musterweiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe
  4. Liselotte Buchheim: Der älteste Zahnwurmtext - in babylonischer Keilschrift, Zahnärztliche Mitteilungen 54 (1964), S. 1014-1018
  • Klaus Rötzscher: Forensische Zahnmedizin. BoD 2005, ISBN 3-8334-0372-1
  • The World Oral Health Report 2003. WHO, Geneva 2003

Siehe auch

Weblinks


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