- Zofinger Studentenverein
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Die Zofingia (vollständiger Name: Schweizerischer Zofingerverein) ist eine Schweizer Studentenverbindung. Sie ist eine der grössten des Landes und die zweitälteste nach der Société des Belles Lettres. Die Zofingia wurde 1819 gegründet; ihr Name geht auf den Gründungsort Zofingen im Kanton Aargau zurück.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Die nichtschlagende und farbentragende Verbindung ist in 14 Sektionen unterteilt und an acht Universitäten, einer Fachhochschule und fünf Mittelschulen vertreten. Eine Mitgliedschaft währt ein Leben lang; nach absolviertem Studium kann ein Mitglied dem Schweizerischen Altzofingerverein beitreten.
Ihre Devisen sind Patriae, Amicitiae, Litteris (Vaterland, Freundschaft, Wissenschaft). Neben der Pflege der Freundschaft hat sie sich zum Ziel gesetzt, Persönlichkeiten hervorzubringen, welche politische Verantwortung übernehmen können. Sie setzt sich mit aktuellen Problemen aus Politik und Wirtschaft auseinander und beschäftigt sich mit Fragen des universitären, kulturellen und sozialen Lebens. Sie orientiert sich an der Idee eines föderalistisch aufgebauten, demokratischen Rechtsstaats und setzt sich für die Wahrung der persönlichen Freiheit ein. Sie enthält sich jeglicher Parteipolitik, kann aber zu Fragen von schweizerischem öffentlichem Interesse Stellung nehmen.
Die Verbundenheit mit der «Bundesstadt» Zofingen ist gross. Die Verbindungsfarben (rot-weiss-rot) entsprechen denen des Stadtwappens. Jedes Jahr im Mai oder Juni treffen sich die aktiven Mitglieder hier zum Centralfest, alle drei Jahre zudem die Altzofinger. Die Stadtbehörden zeigen sich der Verbindung gegenüber stets wohlwollend. Als Dank dafür erhielt die Stadt mehrmals wertvolle Geschenke, so z. B. einen Brunnen zu Ehren des Stadthelden Niklaus Thut (1894), bemalte Glasscheiben für das Rathaus (1969) oder eine Justitia-Statue (1994).
Geschichtliches
Gründung
Bis vor 1800 gab es verschiedene Gesellschaften (die «wachsende» in Zürich, die «vergnügte» in Bern und die «freie» in Basel), welche sich der literarischen Wissenschaft hingaben. Diese schlossen sich zusammen, doch verloren sich ihre Spuren ab 1746 wieder. 1761 jedoch flammte das Gedankengut wieder auf, und es wurde in Schinznach-Bad die Helvetische Gesellschaft gegründet. Die Mitbegründer waren Salomon und Kaspar Hirzel von der wachsenden Gesellschaft, Vinzenz Bernhard Tscharner von der vergnügten Gesellschaft und Isaak Iselin sowie Jean-Rudolphe Frey aus der freien Gesellschaft. Da diese Herren schon älteren Semesters waren, wurde mit Erfolg versucht, die Jugend mit einzubeziehen. Hauptziel war es, die in der Schweiz vorherrschenden konfessionellen Gegensätze zu überbrücken.
Nach dem Zusammenbruch der Eidgenossenschaft 1798 gab es eine Spaltung zwischen den fortschrittlichen Unitariern und den konservativen Föderalisten. Diese Spaltung blieb auch, nachdem Napoleon verloren hatte, und die Eidgenossenschaft von den Siegermächten als Souverän anerkannt wurde. Was blieb, waren die Kontakte der alten Gesellschaften.
Studenten in der Schweiz pflegten die Erinnerung an die Reformation, ähnlich wie die deutschen Burschenschaften. Zürcher Studenten luden ihre Berner Kommilitonen ein, um am 23. Oktober 1818 das 300. Jubiläum des Tages zu feiern, an dem Ulrich Zwingli das erste Mal das Evangelium verkündet hatte. Man pilgerte an die Todesstätte Zwinglis, in den Sihlwald.
Später luden dann die Berner ihre Zürcher Kommilitonen ein, und so ergaben sich gute Kontakte untereinander. Es kam die Idee auf, im aargauischen Städtchen Zofingen – ungefähr in der Mitte zwischen beiden Städten – einen eigenen Studentenverein zu gründen. Vom 21. bis 24. Juli 1819 trafen sich 26 Zürcher und 34 Berner deshalb in Zofingen und gründete den Schweizerischen Zofingerverein, später «Zofingia» genannt. Es wurde festgelegt, dass auch Nichttheologen Mitglied sein sollten und man sich somit liberal geben wollte.
Die Studierenden gingen auch ins Ausland und so kam es, dass die Zofingia sich zur studierenden Jugend Deutschlands gesellte. Mit der Auflösung der Burschenschaft zu Jena (eine befreundete Burschenschaft der Zofingia) durch Metternich erklang zum ersten Mal das Lied [1] «Wir hatten gebauet ein stattliches Haus» (frz. « Nous l'avions bâtie la Blanche Maison »), welches später zum Farbenkantus der Zofingia werden sollte. Obwohl in Deutschland die Verbindungen geschlossen wurden, nahm die Schweiz die Zofingia in Schutz und liess sie weiterhin zu.
Nur ein Jahr danach waren bereits 120 Studenten aus Bern, Zürich, Luzern und der Waadt im Schweizerischen Zofingerverein aktiv. Ab etwa 1830 trugen die Zofinger als äusseres Erkennungsmerkmal das Couleur, bestehend aus weisser Mütze und rot-weiss-rotem Band.
1822 entschied man sich, im Ausland eine Sektion aufzubauen, und gründete in Freiburg im Breisgau eine weitere Zofingia. Doch nachdem die Zofingia in Freiburg verschiedentlich Probleme mit den dortigen Burschenschaften hatte, entschloss man sich, diese Sektion wieder zu schliessen und keine weiteren Ableger im Ausland mehr zu stiften.
Mensurfrage
Von Anfang an war die Zofingia mehrheitlich gegen die Mensur eingestellt. Dennoch wurde oft gefochten, da man sich den Forderungen anderer Studentenverbindungen nicht entziehen konnte. Die Mensurfrage erregte die Gemüter aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. So beschloss man 1863 an der Festversammlung des Centralfestes, den Gebrauch des Schlägers zu verbieten. Das Verbot konnte sich nicht durchsetzen, vor allem in Zürich und Bern nicht. Deshalb erhielt die Sektion Zürich 1883 eine Ausnahmestellung. Diese wurde erst 1903 durch eine Urabstimmung aufgehoben, was die Konstituierung der Neuzofingia (weisse Mützen, rot-weiss-blaue Bänder) bedeutete.
Abspaltungen und Neugründungen
Die Zofinger bildeten oft den Kern von studentischen Freikompanien und unterstützten oft nicht-eidgenössische Mächte (so z. B. 1838 und 1856, als die Neuenburger Zofinger dem preussischen Fürsten halfen). Es kam dann auch vor, dass sich Zofinger gegenseitig bekämpften (so z. B. Lausanne und Neuenburg), was u. a. dazu führte, dass eine Sektion aus dem Schweizerischen Zofingerverein austrat.
Auf Grund dieser Zerrissenheit gab es verschiedene Abspaltungen. So wurde 1832 der Grundstein für die Helvetia gelegt, als die Luzerner und eine Minorität der Zürcher Zofinger sich neu zusammenschlossen und ein erstes Mal die Helvetia gründeten. Damit war das Einheitsideal der Zofingia ein erstes Mal zerbrochen. Die Helvetia vermochte sich ausser in Luzern und Zürich nur noch in Bern in teilweise in St. Gallen zu festigen.
1837 gab es die Helvetia nur noch in Bern.
Nach einem 1847 durch eine Bagatelle entstandenen Zwist in der Sektion Bern zwischen dem konservativen und liberalen Lager kam es zur Abspaltung der Liberalen und zur Gründung des Neu-Zofingervereins.
Ende 1847 hatte die radikale Neu-Zofingia 7 Sektionen mit etwa 100 Mitgliedern, die alte Zofingia bestand aus 6 Sektionen mit über 120 Mitgliedern.
Die Neu-Zofingia wurde im Herbst 1849, nach dem Sonderbundskrieg und dem damit entstandenen Streit zwischen den beiden Zofingias, in Helvetia umbenannt.
Der 1855 aus der Fusion von Zürcher Zofingern mit der Helvetia entstandene neue Verein nannte sich wieder Neu-Zofingerverein. Seine Mitglieder trugen rot-weiss-rote Bänder und blaue Mützen mit Goldrändern. Schon bald wurden die Mützen mit der unbeliebten Farbe durch weisse ersetzt, und 1857 gründete eine Gruppe ausgetretener Neu-Zofinger erneut die Helvetia.
1865 wurde die Zofingia wiederum gespalten, als das Zürcher Strafgesetzbuch das Duellieren strafbar machte. 1867 wurde dann die Helvetia wiederum auf Zofingia zurückbenannt.
Als 1903 die Mensurfrage die Sektion Zürich spaltete und der Gesamtverein dann die Ausnahmestellung von Zürich aufhob, spaltete sich eine loyale Minorität ab, die bisherige Sektion wurde geschlossen und die verbleibenden wurden als legitime Zofingersektion anerkannt.
Prominente Mitglieder
- Albert Anker, Maler
- Karl Barth, evangelisch-reformierter Theologe
- Rudolf Bohren, evangelisch-reformierter Theologe
- Jacob Burckhardt, Historiker
- Johann Caspar Bluntschli, Rechtswissenschaftler und Politiker
- Alfred Escher, Politiker und Eisenbahnpionier
- Ludwig Forrer, Bundesrat und Mitbegründer der Thurgovia
- Jeremias Gotthelf, Schriftsteller und Pfarrer
- Henri Guisan, Oberbefehlshaber der Schweizer Armee während des Zweiten Weltkrieges
- Carl Gustav Jung, Schüler Sigmund Freuds und Gründer der analytischen Psychologie
- Hermann Kutter, evangelischer Theologe und Gründer des Schweizer religiösen Sozialismus
- Conrad Ferdinand Meyer, Dichter des Realismus
- Adolf Guyer-Zeller, Textilunternehmer und Eisenbahnpionier
- Rolf M. Zinkernagel, Professor für Experimentelle Immunologie und Nobelpreisträger für Medizin
- Rudolf Minger, Politiker und Bundespräsident
- Charles Ferdinand Ramuz, Schriftsteller und Nationaldichter
- Johann Rudolf Schneider, Arzt, Politiker, Initiator der Juragewässerkorrektion
- Eduard von Steiger, Politiker und Bundespräsident
- Eduard Thurneysen, evangelisch-reformierter Theologe
- Jean Ziegler, Soziologe, Politiker, Sachbuchautor, UN-Sonderberichterstatter und Globalisierungskritiker.
Weblinks
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