Zusammenbruch der Sowjetunion

Zusammenbruch der Sowjetunion

Sowjetunion (russisch Советский Союз/ Transkription Sowjetski Sojus) war der gängige, auch zu offiziellen Anlässen gebräuchliche Ausdruck für die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), deren Geschichte in diesem Artikel behandelt wird.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die Sowjetunion war nominell eine Föderation unabhängiger Staaten, also ein Bundesstaat mit gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik, faktisch jedoch ein streng zentralistisch regierter Einheitsstaat. Trotz der formellen relativen Autonomie der Teilrepubliken, Autonomen Gebiete und weiterer Gliederungen und obwohl die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) als größte und Gründungsrepublik mit vielen unterschiedlichen Nationalitäten dem Namen nach selbst wieder eine Föderation war, wurde das Land von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion von deren Machtzentrale im Moskauer Kreml aus nach kommunistischen Wertvorstellungen diktatorisch geführt. Die einzelnen Gliederungen hatten dabei lediglich eine verwaltungstechnische Mittlerfunktion, um die zentralen Vorgaben umzusetzen. Die aus dem Zarenreich hervorgegangene Russische Föderation als dominierender Gründungsstaat praktizierte einen Kommunismus mit stark ausgeprägter nationalistischer Komponente. Den vielen unterschiedlichen Nationalitäten, Volksgruppen und Kulturen wurden weitgehend russische Sprache und Kultur aufgezwungen, sie wurden russifiziert.

Die Sowjetunion bestand von 1922 bis 1991. Als erster und größter sozialistischer Staat der Erde stieg sie nach dem Zweiten Weltkrieg zur den USA ebenbürtigen zweiten Supermacht und deren weltpolitischem Gegenspieler auf. Verschärft durch Reformversuche des letzten KPdSU-Generalsekretärs sowie ersten und einzigen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, führten die inneren Spannungen und zunehmende ökonomische Probleme 1991 zum Zerfall des Riesenreichs, der durch einen vereitelten Putschversuch konservativer Militärs gegen Gorbatschow eingeleitet wurde. Russland übernahm als offizieller Rechtsnachfolger die meisten internationalen Verpflichtungen der Sowjetunion.

Oktoberrevolution und Etablierung der „Sowjetmacht“

Ein Signalschuß der Aurora eröffnet 1917 die Oktoberrevolution

Die Oktoberrevolution

Hauptartikel: Oktoberrevolution

Revolutionen von 1905 und Februar 1917

Bereits mit der Russischen Revolution von 1905 gab es im zaristischen Russland von 1905 bis 1907 andauernden revolutionären Unruhen gegen die jahrhundertelang bestehende autokratische und unterdrückende Herrschaft. Die kleinen Erfolge dieser Revolution wurden größtenteils wieder zurückgenommen.

In der bürgerlich geprägten Februarrevolution von 1917 beendeten Arbeiteraufstände die etwa 300 Jahre andauernde russische Zarenherrschaft; Zar Nikolaus II. dankte ab und ging in die Verbannung nach Jekaterinburg. Dort wurden er und seine Familie letztlich am 17. Juli 1918 auf Befehl des Gebietssowjets ermordet.

Es konstituierte sich eine Provisorische Regierung unter dem Fürsten Lwow, und es bildete sich eine doppelte Vertretung des Volkes. Diese bestand aus der Duma als Parlament auf der einen, und den Petrograder Sowjets als Arbeiter- und Soldatenräte, die sich v. a. aus Sozialrevolutionären und Kommunisten zusammensetzten und unter der Losung „Alle Macht den Sowjets“ die Revolution weiterführen und die Bildung einer bürgerlichen parlamentarischen Demokratie verhindern wollten, auf der anderen Seite.

Da sich Russland zu dieser Zeit im Krieg gegen das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn (Erster Weltkrieg) befand, destabilisierte sich die innenpolitische Situation weiter. Die Versuche des Kriegsminister und späteren Vorsitzenden der Provisorischen Regierung, Alexander Kerenski, durch eine militärische Offensive gegen die Mittelmächte eine bessere Verhandlungsposition zu erreichen, scheiterten. Der unter Mithilfe des Deutschen Kaiserreiches aus dem Schweizer Exil zurückgekehrte Führer der Bolschewiki, Lenin, forderte durch seine viel beachteten und populären Aprilthesen unter anderem die sofortige Beendigung des Krieges.

Oktoberrevolution

Mit dem militärischen Umsturz der Oktoberrevolution in der Nacht zum 25. Oktoberjul./ 7. November 1917greg. wurde die Provisorische Regierung von den marxistisch-kommunistischen Bolschewiki unter Wladimir Iljitsch Lenin gestürzt. Lenin proklamierte die Sozialistische Sowjetrepublik. Sie wurde von dem Politbüro der Kommunistischen Partei (später KPdSU) und dem Rat der Volkskommissare – dem Pendant zu einer bürgerlichen Regierung – unter seiner Führung geleitet. Die Duma wurde durch den Kongress der Volksdeputierten ersetzt, der gegenüber der Parteiführung und den Räten jedoch machtlos war.

Politbüro

Das Politbüro war auf Grund der Stellung der Partei das mächtigste Gremium von Partei und Staat in der Sowjetunion. Es wurde von dem damals noch machtvollen Zentralkomitee der Partei eingesetzt. Von 1917 bis 1919 gab es das noch vorläufige Politbüro. Wichtigste Mitglieder waren in der Leninzeit bis 1924: Lenin, Kamenew, Trotzki, Krestinski (nur bis 1921), Stalin, Bucharin (ab 1920), Sinowjew (ab 1921), Rykow (ab 1922) und Tomski (ab 1922). Von allen Politbüromitgliedern dieser Zeit hat nach Lenins Tod nur Stalin die Große Säuberungen von 1936 bis 1940 lebend überstanden.

Erste Regierung (Ministerrat der UdSSR)

Wichtige Mitglieder der Regierung (Volkskommissare) unter Vorsitz von Lenin waren bis 1924: Trotzki (Äußeres, Verteidigung), Rykow (Inneres, Wirtschaft und Stellvertretender Vorsitzender), Dserschinski (Inneres, Staatssicherheit, Tscheka), Krestinski (Finanzen) und Tschitscherin (Äußeres). Im Amt des Regierungschefs (Vorsitzender) folgte 1924 Rykow.

Rote Armee

Hauptartikel: Rote Armee

Die Rote Armee – zunächst Rote Arbeiter- und Bauernarmee – wurde durch einen Beschluss des Rates der Volkskommissare am 15. Januar 1918 (jul.) offiziell aufgestellt. Sie ging aus der bereits vorher existierenden Roten Garde hervor. Leo Trotzki, Volkskommissar für Militärwesen von 1918 bis 1924, wird als Gründer der Roten Armee angesehen. Gründungstag wurde der 23. Februar 1918, der Tag als die ersten Soldaten rekrutiert wurden. Die Bezeichnung entstand während des russischen Bürgerkrieges, als die Gegner als Weiße Armee bezeichnet wurden.

Die Armee war anfänglich eine Freiwilligenarmee ohne Dienstgrade und ohne Rangabzeichen. Trotzki revidierte dieses jedoch bereits 1918. Erster Oberbefehlshaber war General Jukums Vācietis, dazu dienten viele Offiziere der Kaiserlich Russischen Armee auch in hohen Funktionen. Das anvisierte Ziel war die Aufstellung einer Armee von 700.000 Soldaten bis Ende 1918.

1919 wurde die Dienststellung eines Politkommissars bei den Kompanien oder Staffeln auf Befehl des Revolutionären Kriegsrates eingeführt. Politkommissare kamen aus den Reihen der Partei.

Friedensvertrag von Brest-Litowsk

Verbrüderungsszene: russische und deutsche Soldaten feiern das Ende des Krieges an der Ostfront.

Hauptartikel: Friedensvertrag von Brest-Litowsk

Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk wurde gegen Ende des Ersten Weltkrieges als Separatfrieden russischerseits von Leo Trotzki ausgehandelt und am 3. März 1918 in der Stadt Brest-Litowsk unterzeichnet. Vertragspartner waren einerseits die Mittelmächte (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich und Bulgarien) und andererseits Sowjetrussland. Der Vertrag hatte zwar erhebliche Nachteile für Sowjetrussland, aber die Bolschewiki konnten ihre noch schwache Macht im Inneren des Landes festigen. Er war die Voraussetzung für den Sieg im folgenden Bürgerkrieg.

Bürgerkrieg

Hauptartikel: Russischer Bürgerkrieg

Nach der Oktoberrevolution wurde ganz Russland in einen Bürgerkrieg gestürzt, der bis Ende 1920 andauerte. Mehrere Armeen bekämpften sich gegenseitig: die ukrainische Armee unter dem Kommando von Symon Petljura, der sich marodierende Bauernbanden anschlossen; die Rote Armee, in der ebenfalls zahlreiche ukrainische Einheiten vertreten waren; die konterrevolutionäre Weiße Armee mit zahlreichen Kosaken sowie unabhängige Einheiten wie beispielsweise die Machnowschtschina, begründet von Nestor Machno.

Auch fremde Mächte griffen in den russischen Bürgerkrieg ein: Japan, Deutschland und eine Reihe weiterer Staaten unterstützten mit Waffen- und Materiallieferungen sowie Interventionstruppen die weißgardistischen Truppen gegen die Sowjets.

Die wichtigen Kriegsschauplätze waren in der Ukraine, im Dongebiet und Kubangebiet gegen die Don-Kosaken, in Bessarabien, in Sibirien gegen die Weiße Armee unter Admiral Koltschak, im Finnischen Bürgerkrieg und in den Baltischen Staaten.

Nach einem langen und für das geschwächte Land verheerenden Bürgerkrieg wurden schließlich die Hauptkräfte des militärischen Widerstands unter den ehemaligen zaristischen Generälen Koltschak, Denikin und Judenitsch endgültig von den Sowjets besiegt. Neben dem schon zuvor unabhängigen Polen (1917/18), das auch weite Teile der heutigen Ukraine und Weißrussland umfasste, erlangten auch die Baltischen Staaten sowie Finnland durch den Bürgerkrieg die Unabhängigkeit.

Insgesamt fielen rund 770.000 Soldaten auf allen Seiten im Gefecht. Weitere rund 700.000 Kombattanten starben während des Krieges durch Seuchen. Zwischen 100.000 und 400.000 Zivilisten verloren durch Übergriffe sowohl der Roten, als auch der Weißen Armee ihr Leben. Dem Bürgerkrieg fielen durch Chaos, Kampf, Hungersnot und Seuchen insgesamt rund acht Millionen Menschen zum Opfer.

Kronstädter Matrosenaufstand

Hauptartikel: Kronstädter Matrosenaufstand

Der Kronstädter Matrosenaufstand im Februar/März 1921 richtete sich gegen die Regierung Sowjetrusslands. Sein Motto war „Alle Macht den Sowjets – keine Macht der Partei“. Die von den Bolschewiki enttäuschten Matrosen verschanzten sich auf der Kotlin-Insel vor Petrograd. Sie konnten ihre Forderungen nicht durchsetzen und der Aufstand wurde niedergeschlagen.

Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU)

Hauptartikel: Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU)

Hammer und Sichel auf rotem Grund – Symbol Kommunistischer Parteien

Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands benannte sich 1918 in Kommunistische Partei Russlands (Bolschewiki) – KPR(B) – um. Lenin, ihr unbestrittener intellektueller Führer und strategischer Kopf der Revolution, formulierte die Leitlinien für den Aufbau eines kommunistischen Staates nach dem Übergang vom Kriegskommunismus – als Niederschlagung der Konterrevolution – zum Kommunismus. Er prägte den bereits bestehenden Begriff von der Diktatur des Proletariats, also von der Herrschaft der Arbeiterklasse unter Führung einer zentralistischen Kaderpartei. Als begabter Rhetoriker begeisterte er das einfache Volk mit der griffigen Formel „Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes“ für das nächste strategische Ziel, den schnellen Aufbau eines modernen Industriestaats. Mit seinem Dekret über den Boden bestätigte Lenin die seit der Oktoberrevolution auf dem Land abgelaufene Enteignung der adeligen Grundbesitzer.

Schon nach dem Bürgerkrieg hatte die Kommunistische Partei es aufgegeben, alle kapitalistischen Staaten zu bekämpfen, damit in ihnen eine Revolution zu einer Systemveränderung stattfindet. Das Ziel der „Weltrevolution“ wurde verschoben bis zu einem Zeitpunkt des endgültigen Zusammenbruchs der kapitalistischen Wirtschaft.

Stalins Doktrin zum Aufbau des Sozialismus in einem Lande – in der Sowjetunion, dem „Vaterland aller Werktätigen“ – hatte Vorrang. Die Komintern erhielt die Aufgabe, Sorge für die Unterordnung der anderen Kommunistischen Parteien (KP) in der Welt zu tragen.

Entstehung der Sowjetunion

Petsamo in den Grenzen von 1920–1944. Grün: 1940 abgetreten, Rot: 1947 abgetreten.
Grenzen Estlands nach dem Frieden von Dorpat
Polen nach dem Polnisch-Sowjetischen Krieg
Fernöstliche Republik

Grenzregelungen

zu Finnland

Am 6. Dezember 1917 erklärte sich das ehemalige russische Großherzogtum Finnland für unabhängig. Das bolschewistische Russland hat dies im Januar 1918 anerkannt. Im Rahmen des Bürgerkrieges wollten im Ostfeldzug finnische Truppen auch erfolglos Ost-Karelien für ein Großfinnland erobern. Nach auch britischen Interventionen schlossen Russland und Finnland 1920 durch den Frieden von Dorpat einen Friedens- und Grenzvertrag. Finnland wurde zusätzlich das Gebiet Petsamo mit Zugang zum Nordmeer zugesprochen, welches 1944 wieder an die UdSSR abgetreten werden musste.

zu den Baltenstaaten
zu Polen

Im August 1920 überrannte die Rote Armee während des Polnisch-Sowjetischen Krieges weite Gebiete des neuen Staates. Nach dem polnischen Sieg unter Marschall Józef Piłsudskis gegen die Bolschewiken wurde im Friedensvertrag von Riga 1921 Polens Ostgrenze etwa 250 km östlich der Curzon-Linie festgelegt.

zur Türkei

Im Vertrag von Kars wurde 1921 der Grenzverlauf zwischen der Türkei und den Sowjetrepubliken Armenische SSR, Aserbaidschanische SSR und Georgische SSR geregelt. 1922 schlossen sich diese drei Sowjetrepubliken zur Transkaukasischen SFSR zusammen. Nach der Unabhängigkeit von Armenien hat diese 1991 den Vertrag von Kars für ungültig erklärt.

zu Rumänien

Die Gebiete des russischen Gouvernements von Bessarabien, die nach dem Krimkrieg 1912 und durch den Berliner Vertrag von 1881 an Russland gefallen waren, erklärten sich im Dezember 1917 als Moldauische Demokratische Republik für unabhängig und schlossen sich als Autonome Republik im April 1918 Rumänien an. Im Friedensvertrag von Versailles wurde dieses dann 1920 völkerrechtlich wirksam. 1940 besetzte die UdSSR diese Gebiete wieder.

im Fernosten

Die Fernöstliche Republik vom Baikalsee bis zum Kamtschatka wurde 1920 als Pufferstaat gegen Japan gegründet. Nachdem die Rote Armee auch dieses Gebiet zurückeroberte, schloss sich das Gebiet im November 1922 wieder Russland und somit der Sowjetunion an. Nord-Sachalin blieb noch bis 1925 japanisch besetzt.

Gründung der Sowjetunion

Die Revolution hatte schnell von Russland auf die umliegenden Länder der russischen Einflusssphäre übergegriffen. Auch dort waren starke kommunistische Kräfte – unterstützt von den russischen Bolschewiki – an die Macht gekommen und hatten Sozialistische Sowjetrepubliken (SSR) ausgerufen. Am 30. Dezember 1922 schlossen sich die Russische Föderative Sowjetrepublik, die Ukrainische SSR, die Weißrussische SSR und die Transkaukasische SFSR zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) zusammen.

Die Hauptstadt, in der RSFSR bisher der Ausgangspunkt der Revolution Petrograd, wurde Moskau.

1924 bekommt die Sowjetunion seine erste Verfassung, die Sowjetische Verfassung von 1924.

Weitere Sowjetrepubliken

1924 wurden die russischen Kolonien Turkmenien und Usbekistan, 1929 Tadschikistan Sowjetrepubliken.

Die 15 Unionsrepubliken nach 1956

Am 5. Dezember 1936 wurde die Transkaukasische SFSR als Verbund der Armenischen SSR, Aserbaidschanischen SSR und Georgischen SSR aufgelöst und ihre bisherigen Teilrepubliken wurden Unionsrepubliken in der UdSSR.

Zeitgleich wurden am 5. Dezember 1936 die bisherigen autonome Kirgisische ASSR und die Kasachische ASSR als Teil der Russischen SFSR zur Kirgisischen SSR und Kasachischen SSR, also zu selbstständigen Unionsrepubliken.

1940 folgte die Okkupation der baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen sowie Moldawiens und des finnischen Teils von Karelien, die als Estnische SSR, Lettische SSR, Litauische SSR, Moldauische SSR und Karelo-Finnische SSR Unionsstaaten wurden.

Karelien verlor jedoch 1956 seinen Status als Unionsrepublik und wurde wieder als Autonome SSR Karelien in die Russische SFSR eingegliedert.

Beginn der Stalin-Ära 1922 bis 1930

1922 Generalsekretär Stalin, 1924 Lenins Tod

Der gesundheitlich angeschlagene Lenin erkrankte, von Schlaganfällen gezeichnet, 1922 ernsthaft und musste sich weitgehend aus der operativen Leitungstätigkeit zurückziehen. Seine vom Krankenbett aus erteilten Ratschläge und Weisungen wurden jedoch noch bis 1923 weitgehend von den Spitzenfunktionären befolgt. Mit Sorge betrachtete er die einsetzenden Kämpfe um seine Nachfolge. Er misstraute dem militärischen Organisator und Kriegskommissar Leo Trotzki, der schon mehrfach von Lenins Lehren abgerückt war und sich selbst als „natürlichen“ Nachfolger und „Theoretiker“ sah.

Dessen Opponent Josef Stalin war 1922 zum Generalsekretär der Partei aufgerückt und hatte praktisch unbemerkt von der Funktionärsspitze ein Netzwerk ihm ergebener Gefolgsleute aufgebaut, das ihm die Herrschaft über den Parteiapparat sicherte. In dieser Funktion gelang es ihm, den kranken Lenin fast vollkommen von der Partei zu isolieren. Er kontrollierte den Zugang zum Parteiführer und dessen Korrespondenz. So konnte Lenins Brief mit der eindringlichen Warnung und Forderung an die Partei, Stalin als Generalsekretär abzulösen (in der Geschichtsforschung ist dieses Dokument auch als „Lenins politisches Testament“ bekannt), seine Adressaten nicht rechtzeitig erreichen. Der todkranke Revolutionsführer sprach sich gegen einen „Führer“ Stalin aus, da er diesen für ungeeignet hielt.

Rapallo, Berlin und Briand-Kellogg-Pakt

Hauptartikel: Vertrag von Rapallo, Berliner Vertrag, Briand-Kellogg-Pakt

Rapollo: Reichskanzler Joseph Wirth (2.v.l.), Außenkommissar Tschitscherin 2.v.r

Der Vertrag von Rapallo wurde am 16. April 1922 zwischen dem Deutschen Reich und der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik geschlossen, er wurde unterzeichnet von den Außenministern des Deutschen Reiches Walther Rathenau und der Sowjetunion Georgi Tschitscherin. Der Vertrag normalisierte die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Staaten, die mit ihm ihre internationale Isolation durchbrechen wollten. Beide Staaten verzichteten auf Reparationen für Kriegsschäden.

Der Berliner Vertrag war ein am 24. April 1926 zwischen der Weimarer Republik und der UdSSR geschlossener Freundschaftsvertrag. Er war die Fortsetzung des Vertrages von Rapallo zur weiteren Verbesserung der Zusammenarbeit auch nach den Verträgen von Locarno mit dem Westen. Der Vertrag enthielt Vereinbarungen über den Handel und über die bereits bestehende militärische Zusammenarbeit von Reichswehr und Roter Armee.

Im Rahmen eines Konzeptes der kollektiven Sicherheit in Europa unterzeichneten 51 Staaten 1928/29 den Briand-Kellogg-Pakt zur Ächtung des Krieges. Eine Initiative des sowjetischen Außenkommissars Litwinow führte dazu, dass der Vertrag durch das Litwinow-Protokoll vom 9. Februar 1929 in der Sowjetunion in Kraft trat.

Stalins Machtfestigung 1924 bis 1930

Lenins Tod am 21. Januar 1924 führte zu einem erbitterten Nachfolgekampf, in dem sich Partei-Generalsekretär Josef Stalin gegen Leo Trotzki durchsetzte. Stalin festigte seine Macht durch gezielten Terror von 1925 bis 1928 gegen seine Widersacher von „links“ (Leo Trotzki, Grigori Sinowjew, Lew Kamenew, Adolf Joffe) und von 1929 bis 1930 gegen die von „rechts“ (u. a. Nikolai Bucharin, Alexei Rykow, Michail Tomski) sowie jeden, der im Verdacht stand, mit ihnen zu sympathisieren.

Politbüro 1924–1930

Im mächtigen Politbüro der Partei waren Mitte 1924 Stalin, Trotzki, Kamenew, Rykow, Sinowjew, Bucharin und Tomski. Ende 1930 setzte sich das Gremium zusammen aus Stalin, Molotow, Kalinin, Woroschilow, Rudsutak, Kuibyschew, Kirow, Kossior, Kaganowitsch und Ordschonikidse. Der Machtwechsel war vollzogen.

Regierung nach Lenin

Regierungschef war nach Lenin von 1924 bis 1930 Alexei Rykow. Außenkommissar blieb bis 1930 Georgi Tschitscherin (1918–1930). Für Inneres und Sicherheit waren Alexander Beloborodow bis 1928 und Wjatscheslaw Menschinski bis 1934 zuständig. Verteidigungskommissar war von 1924 bis 1940 Kliment Woroschilow.

Neue Ökonomische Politik (NEP)

Hauptartikel: Neue Ökonomische Politik

Die Neue Ökonomische Politik wurde durch Lenin im März 1921 auf dem X. Parteitag der Russischen Kommunistischen Partei verkündet. Sie löste die Wirtschaftspolitik des Kriegskommunismus ab und stellte einen Versuch dar, durch die Unterstützung der Privatinitiative in der Landwirtschaft die Produktivität der Bauern zu verbessern. Den Bauern wurde gestattet, die Produkte, die ihnen über das Ablieferungssoll hinaus verblieben, im freien Handel mit Preisen des freien Marktes zu veräußern. Die Periode der NEP endete schon 1927 mit dem 15. Parteitag der KPdSU.

Zwangskollektivierung und Terror 1930 bis 1940

Politische Führung bis 1940

Nachdem Stalin bis Ende 1930 seine politische Macht gesichert hatte kam nun die Phase der politischen Abrechnung mit seinen früheren Gegnern.

Politbüro

Im Politbüro befanden sich Ende 1939 nur noch die in jeder Hinsicht ergebenen Anhänger Stalins: Molotow, Kalinin, Woroschilow, Kaganowitsch, Andrejew, Mikojan, Schdanow und aus der Ukraine der Landwirtschaftsexperte Chruschtschow. Stalin war nun unumschränkter Diktator, der andere Gremien nur noch der Form halber konsultierte.

Regierung

Regierungschef war ab 1930 bis 1941 Molotow und Außenkommissar Litwinow (1930–1939). Als Verteidungskommissar fungierte weiterhin Woroschilow. Im Bereich Inneres und Sicherheit fand ein häufiger Wandel statt, der den Prozess der Stalinschen Säuberungen widerspiegelt; Heinrich Jagoda (1934–36), Jeschow (1936–37) und der aufkommende Beria (ab 1938) waren die Herrscher über den todbringenden NKWD. Der Gosplan – die Planwirtschaft – wurde ab 1938 durch den hochqualifizierten Wosnessenski geleitet.

Fünfjahrespläne

Hauptartikel: Fünfjahrplan und Gosplan

Ab 1928 wurde die staatliche Wirtschaft Fünfjahresplänen unterworfen, die Industrialisierung und Infrastruktur, speziell im asiatischen Teil des Landes, vorangetrieben. Die Schaffung des Fünfjahrplanes unterstand dem Komitee für die Wirtschaftsplanung Gosplan. Die Vorsitzenden von Gosplan waren Mitglieder der jeweiligen Regierung der UdSSR.

Kollektivierung

Ab 1929/33 wurde die Landwirtschaft zwangsweise kollektiviert. Sowchosen und Kolchosen sowie Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) wurden gebildet. Der Widerstand der zumeist mittleren Bauern, als „Kulaken“ diffamiert, wurde rücksichtslos gebrochen. Die Folgen einer riesigen Hungersnot – auch als Holodomor bezeichnet – kosteten an der Wolga, in der Ukraine und im ganzen Land mehreren Millionen Menschen das Leben; genaue Opferzahlen sind nicht bekannt. Alleine in der Ukraine sollen fünf bis sieben Millionen Menschen gestorben sein. Stalins Schwager Stanislaw Redens, als Leiter der ukrainischen GPU, und der Erste Sekretär der Kommunistischen Partei der Ukraine Stanislaw Kossior waren 1932 die verantwortlichen Funktionäre.

Stalin begründete 1942 gegenüber Winston Churchill die Kollektivierung: „Es war alles sehr schlimm und schwierig – aber notwendig. […] Wir haben unsere Lebensmittelerzeugung nicht nur Mengenmäßig gewaltig gesteigert, sondern auch die Qualität des Getreides.“ Er sprach von 10 Mio. Deportierten und Opfern.[1]

Stalinsche Säuberung und Terror

Hauptartikel: Stalinsche Säuberungen, Moskauer Prozesse, Große Säuberung und Gulag bzw. Der Archipel Gulag

Seit 1935 eskalierte Stalin die Verfolgungen und Deportationen von Bürgern, die dem System scheinbar oder tatsächlich im Wege standen. Durch die „Große Säuberung“ von 1936 bis 1940 wurde ein systematischer Terror gegen die Menschen betrieben, die angeblich gegen das kommunistische Regime Stalins konspirierten. Die Säuberungsaktionen waren oft als gerichtliche Verfolgung z. B. in den Moskauer Prozessen getarnt und durch unter Folter erpresste Geständnisse begründet (Schauprozess). Es wurden ganze Völker der Sowjetunion, ethnische Minderheiten, in Arbeitslager (Gulag) deportiert. „Kulaken“, Priester und Mönche, kirchliche Laien, Großteile der militärischen Führungsspitze, führende Mitglieder der Partei und selbst Angehörige der Opfer wurden verurteilt, deportiert und ermordet.

Schätzungen gehen davon aus, dass zeitweise bis zu 2,5 Millionen Menschen inhaftiert waren und von über 1 Millionen Todesopfern in den Lagern des so genannten Gulag.

Außenpolitik der 1930er Jahre

Sicherheitspolitik

Die Bemühungen der Sowjetunion, durch Rapallo und Briand-Kellogg-Pakt die Sicherheitspolitik zu gestalten, wurden in den 1930er Jahren durch Außenkommissar Litwinow fortgesetzt. 1934 führte das gegen die UdSSR gerichtete deutsch-polnische Nichtangriffsabkommen zu einem Wechsel in der Außenpolitik. Die faschistische Bedrohung zwang die Sowjetunion zur Anpassung. Die UdSSR wurde 1934 Mitglied im Völkerbund. Die USA (1933), Rumänien und die Tschechoslowakei (1934) erkannten die UdSSR an. Zweiseitige Nichtangriffsverträge wurden mit Polen, Estland, Lettland und Finnland geschlossen und Beistandsabkommen mit Frankreich und der Tschechoslowakei (1935). In Spanien (1936-38) kämpften sowjetische Freiwillige an der Seite von Briten und Franzosen gegen die Franquisten.

Der Umbruch 1938/39 mit dem Anschluss Österreichs an Deutschland, der Besetzung der Tschechei, dem Krieg Japans gegen China, dem Stahlpakt Deutschland/Italien, dem drohenden Dreimächtepakt Deutschland/Italien/Japan und der Zusammenarbeit von Deutschland mit Ungarn, Rumänien und Bulgarien zwang die bedrohte UdSSR wieder zu einer radikalen Kehrtwende in der Sicherheitspolitik.

China

In China wurde die von Moskau gesteuerte Kommunistische Partei Chinas (KPCh) von der nationalrevolutionären Kuomintangbewegung unter den in Moskau ausgebildeten Tschiang Kai-schek 1927 zunächst total aufgerieben. Die UdSSR arrangierte sich mit der Kuomintang, um 1932 das japanische Vordringen in der Mandschurei zu bekämpfen. Das hinderte die Sowjetunion jedoch nicht, sich auch mit den Japanern über die Transsibirische Eisenbahn und über der Verkauf der ostchinesischen Eisenbahn an Mandschukuo zu verständigen.

Zweiter Weltkrieg

Molotow unterzeichnet den Nichtangriffspakt
Stehend: Ribbentrop und Stalin

Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt und seine Folgen

Hauptartikel: Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt

Am 3. Mai wurde der bisherige Außenminister Maxim Litwinow – bisher Zielscheibe (da Jude) fortgesetzter deutscher Angriffe – abgelöst und der Vorsitzende des Rats der Volkskommissare (Ministerpräsident) Wjatscheslaw Molotow übernahm zusätzlich die Aufgaben der Außenpolitik. Hiermit wurde ein genereller Kurswechsel der Sicherheitspolitik der Sowjetunion eingeleitet.

Als unmittelbaren Vorboten zum Zweiten Weltkrieg unterzeichneten am 24. August 1939 die Außenminister Molotow für die Sowjetunion und Joachim von Ribbentrop für das Deutsche Reich den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt. In dem geheimen Zusatzprotokoll – die UdSSR hat dieses bis 1988 geleugnet – wurden gegenseitige Interessensgebiete in Polen und Rumänien sowie, als Einflusszonen der Sowjetunion, für Estland, Lettland und Litauen zwischen den Vertragspartnern vereinbart.

Angriff auf Polen

Am 1. September 1939 begann durch Deutschland der Angriff auf Polen. Nach dem Polenfeldzug erfolgte am 17. September 1939 die sowjetische Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee. Gemäß dem Nichtangriffspakt trafen sich deutsche und sowjetische Truppen an der beiderseits vereinbarten Curzon-Linie. Am 6. Oktober kapitulierten die letzten polnischen Truppen. Als eine Folge des Überfalls auf Polen ermordeten im Jahr 1940 Einheiten des sowjetischen NKWD im Massaker von Katyn zehntausende polnische Kriegsgefangene.

Überfall auf Finnland

Am 30. November 1939 begann die Sowjetunion mit dem Überfall auf Finnland den Winterkrieg. Die Sowjetunion wurde daraufhin aus dem Völkerbund ausgeschlossen. Ein kriegerischer Konflikt mit den Westmächten konnte noch gerade verhindert werden. In der Schlacht von Kollaa konnte Finnland vom Dezember 1939 bis zum März 1940 erfolgreich Widerstand leisten bis die sowjetischen Truppen dann die Stellungen der Finnen durchbrachen. Am 13. März 1940 beendeten die Parteien den Krieg mit dem Friedensvertrag von Moskau.

Finnland blieb selbstständig, musste aber kleinere Teile seines Staatsgebietes an die Sowjetunion abtreten. Zusammen mit dem schon russischen Gebiet in Karellien wurde die Karelo-Finnische Sozialistische Sowjetrepublik errichtet.

Baltenstaaten werden Teil der UdSSR

Die drei baltischen Staaten in der sowjetischen Einflusszone büßten schnell – zwischen dem 15. und 17. Juni 1940 – ihre Selbstständigkeit ein. Sie wurden im Juli 1940 als Sowjetrepubliken Teil der UdSSR.

Bessarabien (Moldawien) wird Teil der UdSSR

Rumänien trat nach einem Ultimatum der Sowjetunion vom 26. Juni 1940 und anschließender militärischer Besetzung nicht nur Bessarabien (heute Moldawien und Ukraine) sondern auch die Nordbukowina ab.

Verhandlungen

Am 12/13. September 1940 besuchte Außenkommissar Molotow Berlin und versuchte die sowjetische Einflusszone auf den Balkan auszudehnen. Hitler lehnte dies jedoch ab. Die im Nichtangriffspakt vereinbarten gegenseitigen Lieferungen von Maschinen sowie Getreide wurden dabei präzisiert. Bis zum 22. Juni 1941 erfolgten diese Lieferungen.

Japanisch-Sowjetischer Neutralitätspakt

Für den Fall eines deutschen Angriffs auf die Sowjetunion schloss diese für fünf Jahre mit Japan am 13. April 1941 den Japanisch-Sowjetischer Neutralitätspakt.

Großer Vaterländischer Krieg

Hauptartikel: Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945, Zweiter Weltkrieg

Kriegsziele

Der Krieg gegen die Sowjetunion war aus der Sicht der nationalsozialistischen Führung nicht nur ein Eroberungskrieg (mehr Raum), sondern ebenso ein „Vernichtungskrieg“ gegen die Bevölkerung. Für die Nazi-Ideologen waren Russen, Ukrainer, Weißrussen, usw. „slawische Untermenschen“. NS-Führer wie etwa Alfred Rosenberg oder Heinrich Himmler hatten schon Pläne ausgearbeitet, wie das eroberte sowjetische Gebiet verwaltet und ausgebeutet werden sollte. Der Generalplan Ost sah die Dezimierung der slawischen Völker um 30 Millionen, die Aussiedlung eines großen Bevölkerungsteils nach Sibirien und die Unterdrückung der Übrigen vor. Der Generalplan Ost und das Programm Heinrich sahen die wirtschaftliche Ausbeutung des Landes und mit der Abschöpfung der Getreideerträge bewusst auch den Hungertod von Millionen vor (siehe Hungerplan).

Die Sowjetunion sah sich hingegen in einen Verteidigungskrieg gezwungen.

Kriegsverlauf

Kriegsbeginn

Am 22. Juni 1941 begann mit der deutschen Invasion der UdSSR der aus sowjetischer Sicht sogenannte Große Vaterländische Krieg im Zweiten Weltkrieg. Ein Staatliches Verteidigungskomitee der UdSSR unter Vorsitz von Stalin wurde eingerichtet. Anfänglich erzielte die deutsche Wehrmacht große Erfolge; Weißrussland wurde innerhalb weniger Wochen erobert. Die Wehrmacht wurde teilweise von der Zivilbevölkerung freundlich begrüßt, weil sie sich die Befreiung von der kommunistischen Herrschaft erhoffte. Diese Hoffnungen wurden allerdings bald zunichte gemacht, als das NS-Regime eine Zivilverwaltung einsetzte (siehe Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete sowie Hinrich Lohse und Erich Koch) und das besetzte Land schwere Opfer erdulden musste.

Iranbesetzung

Einen Monat nach dem Angriff des Deutschen Reichs auf die Sowjetunion überfielen am 24. August 1941 die Sowjetunion und Großbritannien den neutralen Iran. Die Sowjetunion besetzte den Norden, Großbritannien den Südens des Landes.

Besatzung durch die Deutschen
Der Russlandfeldzug 1941/1942

Nach ersten großen Erfolgen konnte die Wehrmacht 1941 zwar weder Moskau noch Leningrad erobern, 1942 eroberte sie jedoch nochmals große Gebiete, vor allem im Süden der UdSSR. Ende 1942 bis Anfang 1943 zeichnete sich dann in der Schlacht um Stalingrad der Sieg der Roten Armee und die Wende im Zweiten Weltkrieg ab. Bis 1945 befreite die Rote Armee zunächst ihr Land und anschließend weitere Länder Ost-, Mittel- und Südosteuropas von der deutschen Besatzung.

Die deutsche Besatzung hatte schreckliche Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft der Sowjetunion. Wehrmacht, SS und die Polizei wüteten unter der Bevölkerung Russlands, der Ukraine, Weißrusslands und der baltischen Sowjetrepubliken und brachten etwa 10 Millionen Zivilisten um, häufig unter dem Vorwand der „Partisanen-“ oder „Bandenbekämpfung“. Mehrere Millionen Menschen wurden unter schlimmsten Bedingungen als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert. Besonders die russischen, ukrainischen, baltischen und weißrussischen Juden wurden unter der deutschen Besatzung erschossen oder in Vernichtungslager, wie das KZ Auschwitz oder das KZ Treblinka deportiert (siehe Einsatzgruppen, Holocaust, Verbrechen der Wehrmacht und Geschichte der Juden in der Sowjetunion). Teilweise beteiligten sich auch russische, ukrainische oder weißrussische Kollaborateure an den Erschießungen.

Durch die Kriegshandlungen beider Seiten wurden etwa 1.700 Städte und etwa 70.000 Dörfer sowie insgesamt etwa 1.000 Kirchen und 500 Synagogen zerstört (siehe Taktik der verbrannten Erde).

Kriegseintritt gegen Japan

Am 5. April 1945 kündigte die UdSSR an, den Japanisch-Sowjetischen Neutralitätspakt von 1941 nicht mehr zu verlängern. Der Vertrag wäre danach am 25. April 1946 ausgelaufen. Am 8. August 1945 trat jedoch die Sowjetunion, wie auf der Jaltakonferenz mit den Alliierten vereinbart, in den Krieg gegen Japan ein. Zunächst wurden japanisch besetzte Gebiete in China erobert. Am 18. August, drei Tage nach der Kapitulation Japans, besetzten sowjetische Truppen die Inselgruppe der Kurilen. 1946 wurden die Inseln sowjetisches Hoheitsgebiet.

Opfer

Die Sowjetunion hat die meisten Opfer des Zweiten Weltkrieges zu beklagen. Die Opferzahlen schwanken erheblich. Im Ploetz Geschichte des Zweiten Weltkrieges werden die militärischen Verluste mit 13,6 Mio. und die Zivilopfer mit 7 Mio. Menschen beziffert, also rund 10% der Bevölkerung.[2] Von über 40 Mio. Todesopfern, darunter ca. 25 Mio. Zivilisten, schreibt Milton Leitenberg.[3] Diese Anzahl entsprach einem Sechstel der sowjetischen Bevölkerung.

Von den 2.562.000 jüdischen Flüchtlingen aus den von Deutschland besetzten Gebieten in den Jahren 1935 bis 1941 fanden 1.930.000 oder 75,3 Prozent eine neue Heimat in der Sowjetunion. Von den insgesamt vier Millionen Juden, die im Frühling 1941 auf dem von Deutschen besetzten Gebiet in der Sowjetunion gewohnt hatten, wurden etwa drei Millionen umgebracht.

Alliierte Kriegskonferenzen mit der Sowjetunion

v.l.n.r. Stalin, Roosevelt und Churchill in Teheran
  • Außenministerkonferenz 1943 (19. Oktober bis 1. November 1943) in Moskau, bei der die Außenminister Cordell Hull (USA), Anthony Eden (GB) und Molotow die Zusammenarbeit koordinierten und die Grundlagen für Nachkriegsdeutschland festlegten.
  • Konferenz von Teheran (28. November bis 1. Dezember 1943) in Teheran, bei der US-Präsident Franklin D. Roosevelt, Churchill und Stalin die weitere Kriegsstrategie und die weitere Entwicklung in Europa erörterten. Die westliche Ausdehnung Polens als Entschädigung für den Verlust der östlichen Gebiete wurde angesprochen.
  • Moskaubesuch von General de Gaulle (2. Dezember 1944): Die westliche Ausdehnung Polens auf Schlesien, Pommern und Ostpreußen wurde sehr konkret erörtert.
  • Jalta-Konferenz (4. bis 11. Februar 1945) in Jalta, bei der Roosevelt, Churchill und Stalin die genauere Aufteilung Deutschlands und ihre Einflusssphären in Europa und Asien fixierten.
  • Potsdamer Konferenz als Dreimächtekonferenz in Potsdam (17. Juli bis 2. August 1945), bei der US-Präsident Harry S. Truman und US-Außenminister James F. Byrnes, die britischen Premierminister Churchill, bzw. Clement Attlee und ihre Außenminister Anthony Eden, bzw. Ernest Bevin, sowie Stalin und Molotow die im Potsdamer Abkommen (Protokoll) definierten Potsdamer Beschlüsse über Deutschland erzielten.

Kalter Krieg

Hauptartikel: Kalter Krieg

Der Kalte Krieg begann mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. 1945 wurde die Sowjetunion Mitglied in der UNO und Vetomacht im Sicherheitsrat. Zwar zog sie sich 1946 aus dem besetzten Iran zurück. Die Sowjetisierungspolitik jedoch führte bis 1948 dazu, dass sie die Ostblockstaaten sowie die Mongolei und Nordkorea beherrschte. Die UdSSR leistete auch Hilfestellung im chinesischen Bürgerkrieg und bei der Industrialisierung Chinas sowie bei dessen Eingreifen im Koreakrieg (Stellvertreterkrieg).

Die Außenpolitik der Stärke der neuen Großmacht Sowjetunion wurde im „Kalten Krieg“ durch die Außenminister Wyschinski und Molotow konsequent vertreten. Auch in der Chruschtschow- und Breschnew-Zeit wurde diese Großmachtpolitik durch den langjährig amtierenden Außenminister Andrei Gromyko (1957–1985) weiter verfolgt.

Die Berlinblockade von 1948 und die erfolgreichen Zündung der ersten sowjetischen Atombombe im Rahmen des sowjetischen Atombomben-Projekts von 1949 verschärften den „Kalten Krieg“ als Bedrohung der westeuropäischen Staaten.

Politische Führung bis 1953

Politbüro

Nach wie vor war der Generalissimus (ab 1945) Stalin der unumschränkte Diktator. Er führt das Politbüro. Sein engster Vertrauter war seit 1946 der rasch aufstrebende ZK-Sekretär Malenkow. Die PB-Mitglieder Kalinin und Schdanow starben 1946 und 1948. Bald schon wurde der Schdanow-Vertraute Wosnessenski 1950 hingerichtet. Ab 1949 und verstärkt ab 1952 fallen Molotow und Mikojan in Ungnade; ihr Sturz schien unabwendbar. Im engsten Kreis um Stalin waren nur noch Malenkow, Woroschilow, Kaganowitsch, Beria und ZK-Sekretär Chruschtschow. Zudem gehörten dem Politbüro noch Andrejew (nur bis 1952) und Bulganin an. 1952 wurde das Politbüro auf 25 Mitglieder aufgestockt; Stalin wollte auf Kosten der Älteren die Verjüngung der Politführung damit einleiten.

Regierung

Regierungschef blieb bis 1953 Stalin. Außenminister war nach Molotows Ablösung von 1949 bis 1953 der gefürchtete Exgeneralstaatsanwalt Wyschinski. Als Verteidigungsminister fungierten die Marschälle Bulganin bzw. Wassilewski. Im Bereich Inneres und Sicherheit wechseln weiterhin die Verantwortlichen wie Beria (bis 1945 und 1953) und die gefürchteten NKGB-Chefs Abakumow und Ignatjew, die bald darauf hingerichtet wurden. Der Gosplan wurde bis 1949 durch Wosnessenski und danach durch Saburow geleitet.

Ostblockstaaten

Hauptartikel: Ostblock, Eiserner Vorhang

Zu den Ostblockstaaten zählten die Sowjetunion und die abhängigen Satellitenstaaten Polen, DDR, Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien sowie teilweise bzw. zeitweise auch Rumänien und Albanien. Grundsätzlich konnte kaum eine entscheidende Maßnahme eines Ostblockstaates ohne Rücksprache mit der Sowjetunion erfolgen. Der Eiserne Vorhang – so drückte es Churchill aus – war bald gefallen.

In den Konferenzen von Moskau, Teheran, Jalta und Potsdam hatten die Sowjetunion, USA und Großbritannien für die Europäischen Staaten ihre Interessensgebiete informell abgestimmt. Für Rumänien (90 %) und Bulgarien (75 %) war der Sowjetunion ein überwiegender Einfluss zugestanden worden. Für Ungarn, Jugoslawien, Polen und Tschechoslowakei sollte der Einfluss ausgewogen sein. Und für Griechenland wurde ein überwiegender westlicher Einfluss vereinbart. Es kam aber anders. Die Rote Armee besetzte die östlichen Staaten. Sie setzte in diesen Ländern kommunistisch beherrschte Volksrepubliken durch.

In Polen wurde die Londoner Exilregierung nicht einbezogen und ein so genannter „Demokratischer Block“ setzt den Kommunisten Bierut als Regierungschef und dann als Staatsoberhaupt durch.
In der Tschechoslowakei konnte sich Edvard Beneš nur bis 1948 als Präsident halten bis er vom kommunistischen Führer Klement Gottwald verdrängt wurde.
Auch in Ungarn wird der Kommunist Matthias Rákosi zunächst Stellvertretender Regierungschef in einer aber Kommunistisch beherrschten Regierung. 1949 wurde eine Verfassung nach sowjetischem Vorbild beschlossen und ab 1952 setzte Rákosi den stalinistischen Kurs als Ministerpräsident direkt durch.
In Bulgarien übernahmen die Kommunisten ohne große Umwege 1946 die Macht durch Georgi Dimitrow.
In Rumänien wurden bis 1947 alle bürgerlichen Parteien verboten, der König musste abdanken und 1948 wurden Sozialdemokraten und Kommunisten zwangsvereinigt. Der Stalinist Gheorghe Gheorghiu-Dej beherrschte ab 1945 die Partei und ab 1952 die Regierung.

Jugoslawien wurde unter Tito zwar kommunistisch, blieb aber blockfrei. Nur Finnland und Griechenland konnten 1948 kommunistische Umsturzaktionen abwehren.

Geteiltes Deutschland und Berlin-Blockade

Hauptartikel: Berlin-Blockade

Der größte Spannungsherd zwischen Ost und West war das geteilte Deutschland. In der sowjetischen Besatzungszone setzte sich schnell durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED (1946) die Kommunisten durch.

Die Berlin-Blockade erschütterte das schon sehr gestörte Verhältnis zwischen den Mächten. Die Straßen nach West-Berlin, mitten in der Sowjetischen Besatzungszone, wurden vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 von der Sowjetunion als Reaktion auf die Währungsreform der Westzonen blockiert. Bei dieser Berlin-Blockade wurde der Westteil der Stadt durch die Berliner Luftbrücke versorgt. Die Blockade war ein weiterer Höhepunkt des Kalten Krieges. Es war Stalin nicht gelungen Westberlin in seinen Machtbereich einzubeziehen. Westberlin galt seitdem als Symbol des erfolgreichen Widerstandes gegen die imperiale Politik der Sowjetunion.

Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik von 1949 war der Eiserne Vorhang auch staatsrechtlich manifestiert.

Josef Stalin auf einer DDR-Briefmarke
Stalin-Noten, Eden-Pläne, Molotow-Plan

Am 10. März 1952 bot Stalin den Westmächten (Frankreich, Großbritannien, USA) in den so genannten Stalin-Noten Verhandlungen über die Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands an. Bundeskanzler Konrad Adenauer und die Westmächte lehnten die Diplomatische Note als Störmanöver und als Behinderung der Westintegration der Bundesrepublik ab.

1952 trug der britische Außenminister Anthony Eden den ersten Eden-Plan zur Schaffung einer „Atlantischen Allianz“ vor, wonach die Bundesrepublik Deutschland in einem Europarat vertreten seien sollte. Er ergänzte 1954 auf der Berliner Außenministerkonferenz den Plan durch die Bedingungen (Freie Wahlen, Nationalversammlung, Verfassung, gesamtdeutschen Regierung, Friedensvertrag) für eine mögliche Wiedervereinigung Deutschlands.

Außenminister Molotow präsentierte bei dieser Außenministerkonferenz von 1954 den Molotow-Plan mit dem sowjetischen Vorschlag für eine Wiedervereinigung Deutschlands. Der Plan war eine Erwiderung auf den von der Sowjetunion abgelehnten Eden-Plan und stand in der Tradition der Stalin-Noten.

Siebzehnter Juni 1953

Hauptartikel: Siebzehnter Juni 1953

In den Tagen um den 17. Juni 1953 kam es wegen der Erhöhung der Arbeitsnormen in der DDR zu einer Welle von Streiks, Demonstrationen und Protesten. Die DDR-Führung nahm die Normenerhöhung zwar zurück, aber die Demonstrationen weiteten sich aus. Die sowjetischen Behörden reagierten mit der Verhängung des Ausnahmezustandes. In Berlin einrückende sowjetischen Truppen unterdrückten den Aufstand der Arbeiter.

Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Hauptartikel: Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) – im Englischen als COMECON bekannt – wurde 1949 in Moskau als sozialistisches Gegengewicht zum Marshallplan und zur OECD gegründet. Durch sie sollte eine Stärkung der Wirtschaftskraft sowie die Spezialisierung und Arbeitsteilung in den RGW-Staaten erreicht werden. Dazu gehörten neben der Sowjetunion auch Albanien, Bulgarien, Polen, Rumänien, Tschechoslowakei, Ungarn und ab 1950 die DDR. Kuba, die Mongolei und Vietnam wurden später auch Mitglieder.

Truppenstärke der Staaten des Warschauer Paktes und der NATO-Mitgliedsstaaten in Europa, 1973

Warschauer Pakt

Hauptartikel: Warschauer Pakt

In den nächsten Jahrzehnten war die Welt vom Duell der Supermächte USA und Sowjetunion gekennzeichnet. Die Sowjets stützten sich hierbei auf den Warschauer Pakt, der aus den im Zweiten Weltkrieg gewonnenen Satellitenstaaten (Albanien bis 1968, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien – teilweise, Tschechoslowakei und Ungarn) bestand. Der Pakt wurde 1955 in Warschau in der Form von bilateralen Verträgen über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand (VFZ) abgeschlossen. Das Militärbündnis stand unter Führung der Sowjetunion. Der Pakt bestand bis 1991. Die expansive und aggressive Politik Stalins bewirkte im „kapitalistischen Lager“ eine Reihe von politisch-militärischen Bündnissen. Es entstanden die Verteidigunspakte von NATO (1949), SEATO (1954) und CENTO (1955).

Konflikt mit Tito

Hauptartikel: Titoismus

Einen schweren und folgenreichen Rückschlag auf dem Wege zum Weltkommunismus erlitt die Sowjetunion, als 1948 Jugoslawien für sich in Anspruch nahm, einen eigenen Weg zum Sozialismus gehen zu wollen, der im Kern ein gewisses Maß an Selbstverwaltung der Betriebe vorsah. Dieser Titoismus brachte das Land in Gegensatz zu den sowjetischen Hegemoniebestrebungen und führte 1948 zum Bruch zwischen Stalin und dem selbstbewussten früheren Partisanenführer Josip Broz Tito. Die Auseinandersetzungen wurden mit erbitterter Härte und wüsten Beschimpfungen geführt. Im September 1949 wurde der zweiseitige Bündnisvertrag der Bruderstaaten von 1945 aufgekündigt. Am 29. November 1949 riefen die Kominform-Mitglieder sogar offen zum Sturz von Tito und zum Kampf gegen den Titoismus auf. Der Titoismus war von 1949 bis 1953 für die KPdSU ein Grund für die weitere Verfolgungen von sogenannten „Abweichlern“, „Ketzern“ und nationalorientierten Strömungen in den Ostblockstaaten.

Im Zuge der Entstalinisierung nach Stalins Tod kam es unter Nikita Chruschtschow und der Auflösung des Kominform wieder zu normalen Beziehungen mit der Sowjetunion, jedoch blieb Jugoslawien ein blockfreies Land.

Bruch mit China

In China siegten mit sowjetischer Hilfe, aber durchaus aus eigener Kraft, die Kommunisten unter Mao Tsetung. Die Sowjetunion unterhielt bis 1949 jedoch noch seine diplomatischen Beziehungen zum gegnerischen Nationalchina unter Tschiang Kaischek. Die neue Volksrepublik China wurde einen Tag nach ihrer Gründung am 1. Oktober 1949 anerkannt. Mao wurde schleunigst von Stalin nach Moskau eingeladen und am 14. Februar 1950 wurde ein Freundschafts- und Beistandsabkommen abgeschlossen. Die Sowjetunion verzichte dabei auf alle bisherigen Rechte über die Häfen Port Arthur/Lüshunkou und Dairen/Dalian und auf die ostchinesische Eisenbahn. Mit der Erfüllung der Vertragsvereinbarungen ließ sich die UdSSR bis 1952 bzw. 1955 viel Zeit. Probleme von beiderseitigem Interesse hinsichtlich der Mongolei und Ostturkestans/Xinjiang blieben offen. Das Verhältnis beider Staaten war konfliktbelastet.

Nach dem Tod Josef Stalins wurden die Beziehungen zu China schwieriger und nach der Kubakrise kam es zum Bruch zwischen Peking und Moskau. Dies war ein schwerer Schlag für die Sowjetführung, die darauf bedacht war, die Führungsrolle im Weltkommunismus zu behalten. Zudem wandte sich Peking mit Nixons Chinabesuch den USA zu und verschob damit das geopolitische Gleichgewicht, das sich nach der amerikanischen Niederlage im Vietnamkrieg gerade zu wenden schien, zu Ungunsten Moskaus.

Wirtschaftliche Schwächen

Innenpolitisch litt die Sowjetunion an den Schwächen der kommunistischen Planwirtschaft und der damit einhergehenden Bürokratie, die nur ein schwaches Wirtschaftsleben zuließ: Ein Industriearbeiter verdiente in der Stadt durchschnittlich 600 bis 800 Rubel, ein Kilogramm Butter kostete aber 68 Rubel, ein Paar Schuhe mittlerer Qualität 200.

Die wirtschaftliche Schwächung der Sowjetunion wurde durch das Wettrüsten im Rüstungswettlauf von Ost und West noch erheblich verstärkt. Das Bemühen der UdSSR trotz seiner erheblich geringeren Wirtschaftskraft bei der militärischen Aufrüstung mit den NATO-Staaten auf gleicher Ebene zu konkurrieren belastete die sowjetische Volkswirtschaft erheblich und führte zu Konflikten in der Partei- und Staatsführung hinsichtlich der zu bevorzugenden Wirtschaftsschwerpunkte wie Schwerindustrie, Leichtindustrie, Landwirtschaftproduktion oder Konsumgüterindustrie.

Mangel an Offenheit und Demokratie

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Sowjetunion eine düstere Terrorzeit, wenngleich auch nicht so schlimm, wie in den Jahren von 1936 bis 1940. Die Herrschaft der kommunistischen Einheitspartei KPdSU wurde nach innen abgesichert und Kritik am System unterdrückt. Dissidenten wurden verbannt oder unter Hausarrest gestellt.

Weder einfache Parteimitglieder noch höchste Funktionäre blieben verschont von dem System der permanenten Unsicherheit, der Furcht, der Repressalien, Verhaftungen und Deportationen. Das künstlerische wie wissenschaftliche Leben wurde durch Parolen wie Kampf gegen Objektivismus und gegen Kosmopolitismus durch „Wachsamkeitskampagnen“ vor allem durch ZK-Sekretär Shdanow stark bedrängt (Zweites Shdanowschtschina). Wer verstößt ist ein „Schmierfink“ oder der „Abschaum der Gesellschaft“.

Die Gulags – sogenannte „Arbeitsbesserungslager“ in einem umfassenden Repressionssystem – bestanden auch nach 1945 unter der Verwaltung des Innenministeriums. Bis zu 10 Mio. Menschen befanden sich in den Straf- und Zwangsarbeitslagern.

1953–1964: Ära Chruschtschows

Nach Stalins Tod wurde 1953 Nikita Chruschtschow Erster Sekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und 1958 auch Regierungschef als Nachfolger von Georgi Malenkow (1953–1955) und Nikolai Bulganin. Er vereinte damit wieder (wie Stalin von 1941 bis 1953) das höchste Parteiamt der KPdSU mit dem mächtigsten Staatsamt als Ministerpräsident in einer Person. Formelles Staatsoberhaupt als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets war von 1953 bis 1960 Woroschilow und von 1960 bis 1964 Leonid Breschnew.

Politische Führung bis 1964

Politbüro (von 1952 bis 1966 als Präsidium bezeichnet)

Das Politbüro wurde nach Stalins Tod 1953 gebildet aus Malenkow, Beria, Molotow, Woroschilow, Chruschtschow, Bulganin, Kaganowitsch, Mikojan, Saburow und Perwuchin . Beria wurde schon 1953 hingerichtet. Suslow rückte 1955 nach. Molotow, Malenkow, Kaganowitsch, Saburow und Perwuchin schieden nach ihrem Putschversuch 1957 aus. Die Chruschtschow-Anhänger Schukow, Koslow, Kuusinen, Aristow, Ignatow, Furzewa, Beljajew und Muchitdinow konnten sich nur einige Jahre halten. 1964 führte eine neue Gruppe um Breschnew mit Kossygin, Podgorny, Suslow, Kirilenko, Poljanski, Schwernik, Woronow das mächtige Politbüro.

Regierung

Die Regierungschefs waren in der in dieser Zeit Malenkow (bis 1955), Bulganin (bis 1958) und Chruschtschow. Außenminister waren nach dem Abgang von Molotow kurzfristig Schepilow (1956–1957) und dann bis 1985 der Ex-UNO-BotschafterAndrei Gromyko. Verteidigungsminister waren die Marschälle Bulganin (1953–1955), Schukow (1955–1957) und Malinowski (1957–1967).

Entstalinisierung

Hauptartikel: Entstalinisierung, XX. Parteitag der KPdSU, Tauwetter-Periode

Auf dem XX. Parteitag der KPdSU leitete Chruschtschow 1956 mit einer fünfstündigen Geheimrede die Entstalinisierung und eine liberalere Parteipolitik ein. Er wollte die KPdSU so auf eine Entstalinisierung vorbereiten und Handlungsspielraum für eine vorsichtige Reformpolitik gewinnen. Dieses war ein Wendepunkt in der Geschichte der Sowjetunion. Teile der Rede wurden bald auch in der UdSSR veröffentlicht. Es folgten Teilamnestien für unter Stalin als Zwangsarbeiter Inhaftierte, eine zunächst inhaltliche Diskussion über die weitere Entwicklungen in den Parteien und den Gesellschaften des Ostblocks, die Beendigung des Personenkults, die Aufklärung stalinistischer Verbrechen, eine Reduzierung der Zensur und ein erster politischer Kurs der friedlichen Koexistenz.

1957 versuchten eine deutliche Mehrheit der Politbüromitglieder mit Molotow, Malenkow, Woroschilow, Kaganowitsch, Saburow, Perwuchin und Bulganin erfolglos Chruschtschow zu stürzen. Eine Mehrheit im eiligst zusammen gerufenen Zentralkomitee der Partei unterstützte jedoch Chruschtschow. Sie entließen Malenkow, Molotow, Kaganowitsch und Saburow aus ihren Parteiämtern. Bulganin blieb noch ein Jahr lang Ministerpräsident bis 1958 Chruschtschow auch diesen Posten übernahm.

Friedliche Koexistenz

Chruschtschow (rechts) mit Vizepräsident Richard Nixon unmittelbar vor ihrer Küchendebatte im Juli 1959

Hauptartikel: Friedliche Koexistenz

Friedliche Koexistenz besagt, dass die Entscheidung Kapitalismus oder Sozialismus im friedlichen Wettbewerb beider Systeme, also unter Ausschluss des kriegerischen Konflikts zwischen ihnen entschieden werden soll. Auf dem XX. Parteitag der KPdSU von 1956 führte Chruschtschow dazu aus: „Der Leninsche Grundsatz von der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten mit verschiedenartiger sozialer Struktur war und bleibt Generallinie in der Außenpolitik unseres Landes“. Der Parteitag billigte diese außenpoltische Generallinie,

Auch im Verhältnis zu den USA vertrat die Sowjetunion das Prinzip dieser Friedlichen Koexistenz der Systeme und verkündete das Ziel, den Kapitalismus vor allem auf wirtschaftlicher Ebene zu besiegen (Systemkonkurrenz). Vom 15. bis zum 27. September 1959 besuchte er auf Einladung Dwight D. Eisenhowers als erster sowjetischer Regierungschef die USA.

Zur Zeit von Chruschtschow und John F. Kennedy kam es 1962 zur Kuba-Krise mit den USA, die zu einem Dritten Weltkrieg hätte führen können. Auch auf Grund der Doktrin von der Friedlichen Koexistenz wurde von der Sowjetunion der Konflikt nicht militärisch, sondern diplomatisch gelöst.

Wegen des Kurses der Sowjetunion zur Friedlichen Koexistenz distanzierte sich u. a. die Kommunistische Partei der Volksrepublik China von der KPdSU, eine Spaltung zwischen den kommunistischen Parteien, die bis zum Untergang der Sowjetunion bestehen blieb.

Staatsvertrag Österreich

Hauptartikel: Besetztes Nachkriegsösterreich und Geschichte Österreichs

Mit dem Kriegsende 1945 wurde auch Österreich in vier Besatzungszonen aufgeteilt. 1955 verhandelten Außenminister Molotow und der Stellvertrende Ministerpräsident Mikojan mit Österreich (Bundeskanzler Julius Raab, Vizekanzler Adolf Schärf, Außenminister Leopold Figl und Staatssekretär Bruno Kreisky) über deren Wiedervereinigung. Mit der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages durch Österreich und durch die Siegermächte und mit dem Bekenntnis zur Neutralität durch das Moskauer Memorandum erlangte die Republik ihre volle Souveränität am 27. Juli 1955.

Ungarischer Volksaufstand

Hauptartikel: Ungarischer Volksaufstand

Trotz einer Politik der Entstalinisierung und der friedlichen Koexistenz konnten die Satellitenstaaten der Sowjetunion nicht nach eigenem Belieben handeln. Mit dem Ungarischen Volksaufstand versuchten die Ungarn im Oktober und November 1956, sich von der sowjetischen Unterdrückung zu befreien. Ungarns Ministerpräsident Imre Nagy forderte die parlamentarische Demokratie und die Neutralität Ungarns. Die von den Staaten des Warschauer Pakts so bezeichnete Konterrevolution wurde durch den Einmarsch der Roten Armee blutig beendet. Auch Nagy, Verteidigungsminister Pál Maléter und weitere 350 Personen wurden in der UdSSR verurteilt und hingerichtet. Nachfolger János Kádár verfolgte als Generalsekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei und Ministerpräsident außenpolitisch einen streng moskau-treuen Kurs, führte innenpolitisch jedoch Reformen durch.

Berliner Mauer

Hauptartikel: Berliner Mauer

Das Auseinanderdriften von Ost und West verschärfte sich zunehmend. Zwischen 1949 und 1961 verließen etwa 2,6 Millionen Menschen die DDR. Diese Abwanderungen bedrohten die Wirtschaftskraft der DDR und somit auch die der Ostblockstaaten. Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht erhielt von Chruschtschow die Zustimmung zur Abriegelung der Berliner Sektorengrenze als wirksame Sperrmaßnahme. Mit dem Bau der Berliner Mauer in der DDR vom 13. August 1961 wurde die Ost-West-Teilung zunächst verstärkt.

Kubakrise

Hauptartikel: Kubakrise

Im Mai 1962 begannen die UdSSR auf Kuba heimlich mit Atomsprengköpfen bestückbare SS-4 Mittelstreckenraketen und 40.000 Soldaten der Roten Armee zu stationieren.

Die USA entdeckten die ersten Raketenstationierungen. Präsident John F. Kennedy ordnete eine Seeblockade für sowjetische Schiffe an, die Rüstungsgüter nach Kuba transportierten und forderte Chruschtschow auf zum Abzug der Raketen aus Kuba.

Chruschtschow akzeptierte zunächst die Blockade nicht. Ein Weltkrieg drohte. Chruschtschow lenkte schließlich ein und erklärt sich bereit, die Raketen zu entfernen. Im Gegenzug erklären die USA: Keine Invasion auf Kuba. Sie versprachen auch, die Atomwaffen aus der Türkei abzuziehen, was jedoch vermutlich nie geschah.

Wirtschaftsprogramm

Nachdem in der Stalinzeit auch Kriegsbedingt der Ausbau der Schwerindustrie deutlichen Vorrang hatte, wurden nunmehr die Elektrifizierung und der Ausbau der Chemiewirtschaft vorangetrieben. Zugleich legte Chruschtschow darauf Wert, die Produktivität der Landwirtschaft erheblich zu steigern.

Bis 1957 wurde die Sowjetwirtschaft streng zentralistisch und nach Branchen gegliedert. So gab es ganz spezielle Fachministerien wie z. B. für Radioelektronik, Luftfahrtstechnik, Holzindustrie, Leichtmaschinenbau etc. etc. Die Gosplan versuchte eine zentralistische Lenkung über die Fünfjahrespläne. Chruschtschow leitete 1957 eine Wirtschaft-Verwaltungsreform ein, die sich von den bisherigen Organisationsprinzipien der Partei abhob. Es wurden nunmehr zunächst um die 100 Wirtschaftsverwaltungsbezirke gebildet mit Volkswirtschaftsräten (Sownarchos). 1962 wurde die Anzahl der Bezirke auf 47 begrenzt. Chruschtschow ordnete an, dass die Parteifunktionäre nicht nur grundsätzlich anweisen und kontrollieren, sondern nun auch unmittelbar in der Verwaltung des Staates – vor allem in der Landwirtschaftsproduktion – mitwirken sollten. Die Parteifunktionäre waren überfordert. Missergebnisse fielen nunmehr direkt auf die Partei zurück. Ein gigantischer Zwanzigjahresplan wurde aufgestellt. Diese Reformen scheiterten und leiteten den Sturz Chruschtschows ein. Die Reformen wurden sodann wieder von den Nachfolgern zurückgenommen.

Abwahl Chruschtschows

Hauptartikel: Endphase der Herrschaft und Sturz von Chruschtschow

1964 wurde Chruschtschow als Folge der gescheiterten Landwirtschafts- und Wirtschaftspolitik , der gestörten Beziehungen zu China, der Niederlage in der Kuba-Krise und auf Grund seines Machtverlustes in der Partei von seinen Ämtern als Erster Sekretär der Partei und Ministerpräsident der UdSSR vom Zentralkomitee (ZK) der Partei enthoben. Michail Suslow und Leonid Breschnew, aber auch Alexei Kossygin, Anastas Mikojan und Dimitri Poljanski führten am 14. Oktober 1964 u.a. mit der Kritik an der Parteireform, dem veränderten Parteistatut und der Landwirtschaftspolitik seinen Sturz herbei. 1957 hatte Chruschtschow die Malenkow-Molotow-Gruppe mit Hilfe des ZKs abwählen lassen. Dieses Mal bedienten sich die Mehrheit im Politbüro derselben Methode. Das ZK wurde zu einer Sondersitzung einberufen und der unvorbereitete Chruschtschow mehrheitlich zum Rücktritt gezwungen.

Chruschtschows Erfolge

Der mörderischer Massenterror der Stalinzeit endete. Der größere Teil der politischen Gefangenen wurde entlassen, wenngleich noch mehrere hundertausende Gefangene verblieben. Die Mehrzahl der sibirischen Gefangenenlager wurde aufgelöst. Eine Justizreform schaffte die Sippenhaft ab und gestattete die Verteidigung in Strafprozessen.
Der Stalindiktatur folgte eine kollektivere Staats- und Parteiführung. Das Zentralkomitee wurde wieder in die Entscheidungen einbezogen. Die Verbrechen der Stalinzeit wurden aufgedeckt und die Macht des Geheimdienstes reduziert. Der Personenkult wurde eingeschränkt. Eine kleine Liberalisierung bei Kunst und Literatur konnte verzeichnet werden.

Im Arbeitsleben war seit 1956 – administrativ eingeengt – die Möglichkeit der freien Wahl des Arbeitsplatzes eingeräumt worden. Andererseits konnten durch das sogenannte Parasitengesetz der RSFSR „arbeitscheue Elemente“ durch das Arbeitskollektiv bis zu 5 Jahre in Verbannung geschickt werden.
Das System hatte sich modernisiert aber nicht liberalisiert.

Breschnew und seine Nachfolger

Leonid Iljitsch Breschnew

Leonid Breschnew

Nach Chruschtschows Sturz wurde Leonid Breschnew zunächst Erster Sekretär und ab 1966 Generalsekretär der KPdSU. Kurzfristig kam es wieder zu einer kollektiven Führung im Politbüro. Bald setzte sich Breschnew machtpolitisch gegen Ministerpräsident Alexei Kossygin und Staatsoberhaupt Nikolai Podgorny durch. Er löste Podgorny 1977 als Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR und somit als Staatsoberhaupt ab. Damit wurde das Amt des Staatsoberhauptes aufgewertet und es verblieb danach aus repräsentativen Gründen zumeist auch dem Parteichef vorbehalten.

Die von Chruschtschow eingeleitete Entstalinisierung wurde kaum mehr verfolgt, die Bezeichnung des Stalinismus als "Periode des Personenkults" wurde nun sogar als unmarxistisch und falsch bezeichnet[4]. Weitere Reformen, die Chruschtschow in Partei und Staat begonnen hatte, wurden teilweise wieder zurückgenommen oder völlig abgestellt, stattdessen orientierte sich die Führung wiedern an den Prinzipien und Traditionen des Stalinismus → Neostalinismus. Die Meinungsfreiheit wurde wieder massiv eingeschränkt, in dem man regimekritische Schriftsteller wie beispielsweise Andrei Donatowitsch Sinjawski oder Juli Daniel verhaftet ließ. Auch die Gesetze bei politischen Verbrechen wurden verschärft. Des Weitern wurde versucht, Stalin wieder positiver darzustellen, in dem man seine großen "Heldtaten" während des Zweiten Weltkriegs hervorhob[5]. Gorbatschow beurteilte die Entwicklung ab 1967: „So verflüchtete sich der Geist der Reformen zusehends.“ „Die Stagnation begann“ mit Zentralismus, Nomenklatura und Kommandowirtschaft [6]

Politische Führung bis 1985

Politbüro 1964–1985

Die Breschnew-Zeit war gekennzeichnet durch deutliche Stagnationserscheinungen einer sehr überalterten und konservativen politischen Führungsschicht. Spöttisch wurde es als „Goldenes Zeitalter der Stagnation“ benannt. Um 1980 war das Durchschnittsalter der Politbüro-Mitglieder über 70 Lebensjahre. Langjährige Mitglieder waren neben Breschnew u.a. Ministerpräsident Kossygin, Staatspräsident Podgorny, der Parteiideologe Michael Suslow sowie Kirilenko, Außenminister Gromyko, Andropow, Grischin, Kunajew. Erst 1978 rückte der schon 67-jährige Konstantin Tschernenko in das Politbüro nach; der Sekretär des Zentralkomitees war bald die mächtige „graue Eminenz“ für den zunehmend gebrechlichen Breschnew.

Regierung 1964–1985

Die Regierungschefs waren Alexei Kossygin (1964–1980) und Nikolai Tichonow (1980–1985). Einziger Außenminister dieser Epoche war Andrei Gromyko. Als Verteidigungsminister fungierten die Marschälle Gretschko (1967–1976) und Ustinow (1976–1984). Den KGB leitete von 1967 bis 1982 Juri Andropow. Chef des Gosplan war Nikolai Baibakow.

Prager Frühling, Breschnew-Doktrin

Hauptartikel: Prager Frühling, Breschnew-Doktrin

Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei unter ihrem Ersten Sekretär Alexander Dubček bemühten sich im Frühjahr 1968 um ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm, um einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ in der Tschechoslowakei. Diese Reformbewegung des Prager Frühlings wurde durch eine politische und militärische Intervention der „Warschauer Fünf“ – Sowjetunion, Bulgarien, Ungarn, Polen und DDR – niedergeworfen.

Die Handlungen erfolgten im Rahmen der dazu am 12. November 1968 verkündeten Breschnew-Doktrin, die eine begrenzte Souveränität der Warschauer-Pakt-Staaten postulierte mit der These: „Die Souveränität der einzelnen Staaten findet ihre Grenze an den Interessen der sozialistischen Gemeinschaft.“ Im Zuge der Reformpolitik unter Michail Gorbatschow wurde die Doktrin 1988 offiziell aufgehoben.

Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

Hauptartikel: Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE)

Die erste Konferenz der KSZE fand auf Initiative der UdSSR und des Warschauer Paktes 1973 in Helsinki statt. Teilnehmer waren 35 Staaten: die USA, Kanada, die Sowjetunion und alle europäischen Staaten mit Ausnahme von Albanien.

Die Schlussakte von Helsinki wurde 1975 unterzeichnet. In ihr wurden Vereinbarungen über die Menschenrechte, die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt, Sicherheitsfragen sowie Fragen der Zusammenarbeit in humanitären Angelegenheiten getroffen. Das erfolgreiche Ziel der KSZE war es, dem Ost- und Westblock in Europa zu einem geregelten Miteinander zu verhelfen.

Die von den RGW-Staaten unterschätzten Regelungen zu den Menschenrechten waren Grundlage für die Arbeit vieler osteuropäischer Dissidenten und Menschenrechtsorganisationen und somit Basis für eine zunehmende Liberalisierung in den Ostblockstaaten.

Entspannung

Hauptartikel: Moskauer Vertrag, SALT-Verträge, ABM-Vertrag, KSZE

Eine nur kurze Atempause im Wettrüsten der Großmächte sorgte auch für eine kurze Phase der Entspannung von 1969 bis 1979. Die Zeit der Koexistenz schien für eine Normalität zu Sorgen.

Moskauer Vertrag

Der Moskauer Vertrag von 1970 zwischen der UdSSR und der Bundesrepublik Deutschland sorgte im Rahmen der Ostpolitik für eine Entspannung in Mitteleuropa u.a. durch die Anerkennung des Status quo, also der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze zu Polen. Der Vertrag wurde von Bundeskanzler Willy Brandt und Außenminister Walter Scheel, sowie für die UdSSR von Ministerpräsident Alexei Kossygin und Außenminister Andrej Gromyko unterzeichnet.

Abrüstung und SALT

Die SALT-Verträge (Verträge zur nuklearen Rüstungsbegrenzung) wurden von 1969 bis 1979 ausgehandelt. SALT I wurden schon 1972 von US-Präsident Richard Nixon und Breschnew in Moskau unterzeichnet. Der ABM-Vertrag (Anti-Ballistic Missiles) von 1972 zwischen den USA und der UdSSR zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen war ein Ergebnis der SALT-Verhandlungen. Auch SALT II fand mit den Unterschriften von US-Präsident Jimmy Carter und Breschnew 1979 seinen Abschluss.

Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE)

Die KSZE war ein weiteres Ergebnis der Entspannungspolitik zwischen Ost und West. Die erste Konferenz fand vor allem auf Initiative des Warschauer Paktes 1973 in Helsinki statt unter Teilnahme der Sowjetunion, USA und Kanada sowie aller (ohne Albanien) europäischen Staaten. Die Schlussakte von Helsinki wurde 1975 unterzeichnet. Sie beinhaltet Vereinbarungen über die Menschenrechte, die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt, Sicherheitsfragen sowie Fragen der Zusammenarbeit in humanitären Angelegenheiten.

Ein vorübergehendes Ende des Prozesses

Die Invasion Afghanistans setzte 1979 dem Entspannungprozess ein vorübergehendes Ende. SALT II wurde deshalb von den USA nicht mehr ratifiziert.

Afghanistankrieg

Hauptartikel: Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Invasion

1978 übernahm die kommunistische Demokratische Volkspartei Afghanistans (DVPA) die Macht in Afghanistan. Rund 30 Mudschahedin-Gruppen leisteten jedoch erbitterten und erfolgreichen Widerstand. Im Dezember 1979 marschierte deshalb auf Wunsch des afghanischen Präsidenten Hafizullah Amin sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Der Afghanistankrieg entwickelte sich zu einem Debakel und trug auch zum Niedergang der Sowjetunion bei. 1980 wurden deshalb die Olympischen Spiele in Moskau von vielen Weststaaten boykottiert. Nach dem Abzug der Sowjets 1989 verschlechterte sich die Lage der Kommunisten im Land und sie verschwanden nach der Machtübernahme der Taliban von der politischen Bühne.

Juri Andropow

Breschnews Nachfolger wurde für 1982–1984 der frühere KGB-Chef Juri Andropow. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger und Nachfolger, war Andropow an einer umfassenden Belebung der sowjetischen Politik im Inneren und Äußeren interessiert. Am 12. November 1982 wurde er mit 68 Jahren trotz seines ernsten Gesundheitszustandes zum Generalsekretär der KPdSU gewählt. Am 16. Juni 1983 wurde Andropow zudem Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets. Diabetes, Bluthochdruck und chronisches Nierenversagen konstatierten derweil die Ärzte. In den letzten sechs Monaten seines Lebens nahm Andropow keine öffentlichen Termine mehr wahr. Nach nur 15 Monaten Regierungszeit verstarb er in Moskau.

Konstantin Tschernenko

Im Jahre 1984, im Alter von 72 Jahren, wurde Konstantin Tschernenko Generalsekretär der KPdSU; zu dieser Zeit litt er unter Asthma und war schwer krank. Wie sein Vorgänger, Juri Andropow, war Tschernenko nur kurze Zeit Generalsekretär und Staatsoberhaupt. Er starb nach dreizehnmonatiger Amtszeit. Tschernenko ist der letzte sowjetische Staatsmann, der an der Kremlmauer in Moskau beerdigt wurde.

Gorbatschow

Michail S. Gorbatschow

Reformen durch Glasnost und Perestroika

Mit der Wahl Michail Sergejewitsch Gorbatschows zum Parteichef der Kommunistischen Partei setzten sich 1985 die Kräfte durch, die nur in entschlossenen und tief greifenden Reformen den letzten Ausweg aus der damaligen schwierigen wirtschaftlichen Situation in der Sowjetunion sahen. Von 1985 bis 1991 war als vorsichtiger Reformer Nikolai Ryschkow neuer Ministerpräsident.
Der Anfang der Ära Gorbatschow war überschattet von der Katastrophe von Tschernobyl.

Politbüro nach 1985

Es gelang Gorbatschow in schneller Folge das überalterte Politbüro zu verjüngen. Boris Jelzin wird ihm später (1991) vorwerfen, dass er – Gorbatschow – diese neuen Mitglieder schließlich zumeist selbst vorgeschlagen hat. Anfänglich waren es noch 11 Vollmitglieder am Schluss 24 Mitglieder; das Gremium verlor an Macht und Bedeutung. Bedeutende Mitglieder waren Saikow, Slunkow, die Reformer Wadim Medwedew und Jakowlew und ab 1989/90 die verhängnisvollen Krjutschkow und Janajew.

Regierung ab 1985

Regierungschefs war bis 1991 Ryschkow, der dann durch den farblosen, früheren Finanzminister Walentin Pawlow abgelöst wurde. Als bedeutender Außenminister wirkte der Georgier Eduard Schewardnadse, der als Reformer schon 1990 aufgab. Von 1987 bis 1991 war Marschall Jasow Verteidigungsminister, bis er auf die Idee eines Putsches kam. Den KGB leitete der spätere Putschist Wladimir Krjutschkow.

Glasnost und Perestroika

Hauptartikel zu Glasnost und Perestroika

Nach und nach wurde im Zuge der Politik Gorbatschows die wirtschaftliche und politische Krise deutlicher, was durch seine Politik von Glasnost (Transparenz) und Perestroika (Umgestaltung) wiederum bewusst offengelegt wurde. Auch außerhalb der politischen Klasse, in der Bevölkerung, wurde nun immer offener Kritik geäußert. Die Nomenklatura war jedoch anfangs überzeugt, die Kontrolle über die Entwicklung durch aktive Mitarbeit behalten zu können. Sie wurde jedoch schließlich von der Eigendynamik der Entwicklung überrollt.

Außenpolitik

Die Außenpolitik wurde in dieser Zeit im wesentlichen von Gorbatschow und dem Außenminister von 1985 bis 1990 Eduard Schewardnadse getragen.

Reagan (re.) und Gorbatschow unterzeichnen 1987 den INF-Vertrag im Weißen Haus.
Gipfeltreffen vor Malta, 1989
Bush und Gorbatschow im Gespräch
Der Ost-West Dialog

Über die Dialoge des Genfer Gipfeltreffens vom November 1985, dem Treffen in Reykjavík vom Oktober 1986, dem Moskaubesuch von US-Außenminister George P. Shultz im April 1987 und dem Staatsbesuch Gorbatschows im Dezember 1987 in Washington D.C. konnten bis April 1988, beim Gegenbesuch des US-Präsidenten Ronald Reagan in Moskau, zwischen der UdSSR und den USA entscheidende Schritte für eine nukleare Abrüstung und für eine Entspannung zwischen den Großmächten eingeleitet werden (siehe INF-Vertrag).

In Malta (Juli 1989) und Washington (Mai 1990) wurde dieser Dialog zwischen US-Präsident George Bush und Gorbatschow fortgesetzt und durch Wirtschaftsfragen ergänzt und die UdSSR zunächst vorläufig in die Gespräche der G-7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA) einbezogen.

Auch die erfolgreichen KSZE-Nachfolgeverhandlungen führten 1989 zu der Verbesserung der Beziehungen zwischen den beteiligten Staaten aus Europa und Nordamerika.

Ende der Breschnew-Doktrin

1988 verkündete Gorbatschow, dass die Sowjetunion die Breschnew-Doktrin aufgeben würde und erlaubte den osteuropäischen Staaten mehr Demokratie einzuführen. Die neuen Freiheiten führten 1989 zu einer Reihe überwiegend friedlichen Revolutionen in Osteuropa. Sie beendeten den Kalten Krieg und ermöglichten die Deutsche Wiedervereinigung, an dessen formellen Ergebnissen die UdSSR maßgeblich beteiligt war.

Der Krieg in Afghanistan fand erst 1989 mit dem Rückzug der Truppen für die UdSSR ein Ende.

Auflösung der Sowjetunion

Der Augustputsch

Während des Putschversuchs von 1991, auch bekannt als Augustputsch in Moskau, setzte eine Gruppe von Funktionären der KPdSU ihren Präsidenten Gorbatschow vorübergehend ab und versuchte, die Kontrolle über das Land zu erlangen. Obgleich der Putschversuch in nur drei Tagen scheiterte und Gorbatschow wieder eingesetzt wurde, beschleunigte das Ereignis den Zerfall der UdSSR.

Auflösung der UdSSR

Im März 1990 erklärte Litauen, am 20. August 1991 Estland und am 21. August 1991 Lettland als erste ihre Unabhängigkeit von der UdSSR; am 12. Dezember 1991 folgte die Russische SFSR, am 16. Dezember Kasachstan und am 25. Dezember Georgien. Der erstarkte Präsident der ehemaligen Unionsrepublik RSFSR, Boris Jelzin, übernahm die Kontrolle über Medien und Schlüsselministerien. Schrittweise demontierte und entmachtete er Präsident Gorbatschow, der am 25. Dezember 1991 als Präsident der UdSSR zurück trat. Schließlich vollzog der Oberste Sowjet am 31. Dezember 1991 die Auflösung der Sowjetunion. Die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten der Sowjetunion übernahm − unter Jelzins Führung − die Russische Föderation als der „Fortsetzerstaat“ der UdSSR (état continuateur), welcher völkerrechtlich identisch zur RSFSR ist, wodurch auch der sowjetische Sitz im UN-Sicherheitsrat an Russland fiel.[7]

Eine spätere Nichtigkeitserklärung der russischen Duma vom 15. März 1996, die von der KPRF beantragt wurde und eine Mehrheit erlangte, blieb folgenlos.[8]

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS)

Hauptartikel: Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

Es blieben die nunmehr 15 souveränen Staaten der Union. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten wurde im Dezember 1991 durch eine Vereinbarung der Staatsoberhäupter Russlands, der Ukraine und Weißrusslands und durch den Beitritt von acht weiteren, kurz darauf von der Sowjetunion unabhängig gewordenen Sowjetrepubliken (Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Tadschikistan, Usbekistan) gegründet. 1993 trat auch Georgien der GUS bei. In den letzten Jahren hat die GUS deutlich an Bedeutung verloren. Turkmenistan ist seit 2005 nur noch beigeordnetes Mitglied. Georgien verließ de facto 2008 die GUS. Die Ukraine sieht sich seit 2008 nur noch als Teilnehmerstaat und nicht Mitgliedsstaat.

Verwandte Themen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Winston Churchill: Der Zweite Weltkrieg. Fischer-Verlag, Frankfurt/M. 2007, S. 701
  2. Geschichte des Zweiten Weltkrieges. S. 81, Ploetz, Würzburg 1960
  3. Milton Leitenberg: Death in Wars and Conflicts in the 20th Century
  4. Aus: Wolfgang Leonhard: Die Dreispaltung des Marxismus. Ursprung und Entwicklung des Sowjetmarxismus, Maoismus & Reformkommunismus, Düsseldorf/Wien 1979, S. 252.
  5. Aus: Wolfgang Leonhard: Die Dreispaltung des Marxismus. Ursprung und Entwicklung des Sowjetmarxismus, Maoismus & Reformkommunismus, Düsseldorf/Wien 1979, S. 251-256.
  6. Michail Gorbatschow: Erinnerungen, S. 123 f, 126, 144; Siedlerverlag, Berlin 1995, ISBN 3-88680-524-7
  7. Ross. Gaz vom 21. Januar 1992, deutsche Übersetzung bei Schweisfurth, Staatensukzession, S. 67
  8. Drucksache 13/4404 vom 19.04.1996 der deutschen Bundesregierung mit Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Anfrage von Klaus Dieter Reichardt zur Nichtigkeitserklärung der Auflösung der UdSSR von der russischen Staatsduma

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