- Züridütsch
-
Zürichdeutsch Gesprochen in
Schweiz (Kanton Zürich und im Bezirk Höfe) Linguistische
KlassifikationOffizieller Status Amtssprache von - Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-2: gsw (Schweizerdeutsch)
ISO 639-3: gsw (Schweizerdeutsch)
Zürichdeutsch (Eigenbezeichnung Züritüütsch) bezeichnet den alemannischen Dialekt, der hauptsächlich im Kanton Zürich gesprochen wird.
Inhaltsverzeichnis
Verbreitung
Wie bei allen alemannischen Dialekten ist die Verbreitung nicht scharf abgrenzbar. Die Grenzen sind fliessend.
Das Verbreitungsgebiet des Zürichdeutschen ist primär der Kanton Zürich. Davon ausgenommen sind im Norden das Weinland und Rafzerfeld, sowie im Osten ein schmales Grenzgebiet bei Frauenfeld, welches die Gemeinden Ellikon und Hagenbuch einschliesst. Diese drei Gebiete werden der schaffhausisch-thurgauischen Dialektvariante zugerechnet.[1] Das zürichdeutsche Verbreitungsgebiet umfasst aber auch angrenzende Gebiete ausserhalb des Kantons Zürich, so etwa der Bezirk Höfe im Kanton Schwyz.
An der Bevölkerungszahl des Kantons Zürich (1,2 Millionen) gemessen, ist die Zürcher Mundart der am weitesten verbreitete alemannische Dialekt in der Schweiz.[2]
Merkmale
Zürichdeutsch weist als hochalemannischer Dialekt alle typischen Merkmale des Alemannischen auf. Es besitzt seinen eigenen, von vielen etwas rauh empfundenen Klang. Das charakteristische "ch" sowie "k" ("kch"(kx)) werden - wie in fast allen Deutschschweizer Mundarten - besonders kehlig ausgesprochen, typisch Zürichdeutsch aber ebenso die Vokale, insbesondere das a, das zwar sehr tief lautet, im Gegensatz zu den übrigen nordschweizerischen Dialekten aber nicht mit dem o zusammenfällt.
Das Zürichdeutsche hat seit dem 19. Jahrhundert einen Ausgleichsprozess durchlaufen, in dessen Lauf viele Eigenheiten aufgegeben worden sind. Vor allem das Stadtzürcherische hat sich stark verändert (z.B. miini Frau statt ursprünglich mi Frau). Dennoch kann man verschiedene Dialekte des Zürichdeutschen unterscheiden: See (mit Stadt Zürich), Winterthur, Oberland (Kennzeichen: Strooss statt Straass), Unterland (sprachlich näher bei Winterthur), Weinland (gehört linguistisch schon zum Nordostschweizerdeutschen) und Knonauer Amt (tendiert schon zum Zentralschweizerdeutschen).
Charakteristika der regionalen Formen
In der Literatur wird die in der Stadt und am See gesprochene Form als Normalform angenommen. Sie wird bei den folgenden regionalen Beispielen hinter der regionalen Form im Klammern angefügt.[4]
Weinland
Nördlich von Thur und Rhein wird der Weinländer Dialekt gesprochen, der sprachlich eine Mischung zwischen dem Zürcher- und Schaffhauser-Dialekt ist. Er gleicht aber eher dem Zürcherdialekt, z.B. "ois" (uns), "schtraass" (Strasse), "schlaaffe" (schlafen), "faischter" (Fenster), "foif" (fünf), "isöiffe" (einseifen).
Winterthur
Allbekannt ist die auch sonst in der Ostschweiz verbreitete Form nid, niid (nüd, nüüd). Weiter hört man in den Bezirken Winterthur und Andelfingen Nescht (Näscht) und Bese (Bäse).
Unterland
Gleich wie um Winterthur heisst es beim Artikel e Chind (es Chind). Hingegen spricht man analog zum südlichen Kantonsteil nüd, nüüd [nicht]. Gleich wie im Amt heisst es hier jedoch Tüne (Wëëe)[Wähe].
Oberland
Hier sticht insbesondere das lange oo anstelle des aa hervor: Strooss (Straass), spoot (spaat), Broote (Braate), schlooffe (schlaaffe), Spitool (Spitaal). ii, uu und üü werden vor einem t gekürzt: Zit (Ziit), Fritig (Friitig), Züritütsch (Züritüütsch), Chrüz (Chrüüz).
Seeregion
In der Region um den oberen Zürichsee (bis und mit Richterswil / Stäfa und ohne die Stadt Zürich) wird das typische Zürcher ä etwas abgeflachter betont, der Wechsel von nöd zu nid / es schneït zu es schniit findet aber erst in Pfäffikon statt.
Amt
Hier im Süden und Südwesten werden wie im angrenzenden Freiamt (Schweiz) und Zugerland Doppelkonsonanten gesprochen. Es heisst hier: gfalle (gfale), schwümme (schwüme), du hësch[t] (häsch), er hëd (hät), weiter dënn (dänn), wënn (wänn) und bei Verben mir/ir/si machid (mached). Ganz für sich steht das Säuliamt mit den Aussprachen olt (alt), cholt (chalt), Olbis (Albis).[5]
Sprachbeispiel
«Isch s Hoochtüütsch würkli so schwèèr? S häisst, s Hoochtüütsch seg e Fremdspraach. Und koomisch: Me säit Hoochtüütsch und mèrkt gaar nöd, das me sälber au Hoochtüütsch redt, nu e chli andersch als di Tüütsche. Daa hät mi e Frau z Griecheland, woni i de Fèrie gsii bi, ime groosse Hotelgang ine gfrööget: «Sii, wo gaats da duren zum Schwümmbaad?» Si hät gmäint, ich seg en Tüütsche. Und miich hät de Tüüfel gschtoche, und i ha zruggfrööget: «Wollen Sii gogen schwümmen?» Druf hämmer beed müese lache. Ja, so gaats äim halt öppedie, hämmer zäme gmäint. Me findt de Rank nöd immer mit em Hoochtüütsch. Und mängisch, wämes hät wele bsunders guet mache, ischs ganz schief usechoo. Und druufabe hät si der äint oder ander gsäit: «I probiers gar nüme.» Daa hockts! Aber die Mäinig dörfed mer nöd laa iiriisse, dänn soo schwèèr, wies schiint, ischs au wider nööd. Das wämmer grad zäige.»[6]
Übersetzung:
"Ist das Hochdeutsche wirklich so schwer? Es heisst, das Hochdeutsche sei eine Fremdsprache. Und komisch: Man sagt Hochdeutsch und merkt gar nicht, dass man selber auch hochdeutsch redet, nur ein wenig anders als die Deutschen. Da hat mich eine Frau in Griechenland, wo ich in den Ferien gewesen bin, in einem grossen Hotelgang drin gefragt: "Sii, wo gaats da duren zum Schwümmbaad?" Sie hat gemeint, ich sei ein Deutscher. Und mich hat der Teufel gestochen, und ich habe zurück gefragt: "Wollen Sie gogen schwümmen?" Darauf haben wir beide lachen müssen. Ja, so gehts halt jemandem manchmal, haben wir zusammen gemeint. Man findet den Rank nicht immer mit dem Hochdeutsch. Und manchmal, wenn man es besonders gut machen wollte, ist es ganz schief rausgekommen. Und daraufhin hat sich der eine oder andere gesagt: "Ich probier es gar nicht mehr." Da hockts! Aber diese Meinung dürfen wir nicht einreissen lassen, denn so schwer, wie es scheint, ist es auch wieder nicht. Das wollen wir grad zeigen."Bedeutung und Stellung
Aufgrund der Zentrumsfunktion der Stadt Zürich ist die hier gesprochene Mundart ein Kristallisationspunkt der Prozesse, die in Richtung eines vereinheitlichten nord- und ostschweizerischen Dialekts gehen. Durch die grosse Anzahl an Sprechern sowie der Rolle Zürichs als Wirtschafts- und Medienzentrum hat dieses "moderne" Zürichdeutsch vor allem in den Medien eine gewisse Dominanz unter den Schweizer Dialekten. Dies wird in der übrigen Deutschschweiz nicht gern gesehen und ist mitverantwortlich für einen sogenannten "Anti-Zürich-Reflex". Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass die Zürcher Mundart sehr viele Eigenheiten zugunsten von Merkmalen anderer Dialekte und insbesondere des Hochdeutschen aufgegeben hat und weiter aufgibt; von einer Verdrängung anderer Dialekte durch das Zürichdeutsche kann somit keine Rede sein, vielmehr aber von der Entstehung einer eigentlichen grossräumigen Koiné.
Andererseits ist die existierende Mundartliteratur und -musik auf Zürichdeutsch kaum bekannt. In diesem Bereich dominiert ganz klar der Berner Dialekt.
Literatur
Über Zürichdeutsch
- Heinrich Baumgartner et al.: Sprachatlas der deutschen Schweiz (SDS). Begründet von Heinrich Baumgartner und Rudolf Hotzenköcherle. In Zusammenarbeit mit Konrad Lobeck, Robert Schläpfer, Rudolf Trüb und unter Mitwirkung von Paul Zinsli herausgegeben von Rudolf Hotzenköcherle (1962–1993). Bern, ab Bd. VII Basel
- Albert Weber: Zürichdeutsche Grammatik. Ein Wegweiser zur guten Mundart. Unter Mitwirkung von Eugen Dieth. Zürich 1948, Nachdrucke 1964 und 1987 (= Grammatiken und Wörterbücher des Schweizerdeutschen in allgemeinverständlicher Darstellung. Bd. I). ISBN 3-85865-083-8
- Albert Weber und Jacques M. Bächtold: Zürichdeutsches Wörterbuch. Zürich 1961, 3., überarb. und stark erw. Aufl. 1983 (= Grammatiken und Wörterbücher des Schweizerdeutschen in allgemeinverständlicher Darstellung. Bd. III). ISBN 3-85865-054-4
- Häxebränz (=Jacques M. Bächtold): 99 × Züritüütsch. Wie me Züritüütsch tänkt, redt, schrybt. Verlag Hans Rohr, Zürich 1975. ISBN 3-85865-033-1
- Viktor Schobinger: Zürichdeutsche Kurzgrammatik, Zürich 1984, 2. überarb. Aufl. 2001.
- Viktor Schobinger: säit me soo oder andersch? dialäkt zum naaschlaa wien im wörterbuech, Zürich 2000.
- Eugen Dieth: Schwyzertütschi Dialäktschrift. 2. Auflage, bearb. und hrsg. von Christian Schmid-Cadalbert. Sauerländer, ISBN 3-7941-2832-X
- Ann Beilstein: Lehrmittel Züritüütsch / Schweizerdeutsch. ISBN 3-033-00413-X, siehe auch www.schweizer-deutsch.ch
- Martin Salzmann: Resumptive Prolepsis: A study in indirect A'-dependencies. Utrecht: LOT, 2006 (=LOT Dissertation Series 136). Mit Chapter 4: Resumptives in Zurich German relative clauses, online unter [1]
Auf Zürichdeutsch
- Josua Boesch: Aabig-glüe. Jordan Verlag
- Josua Boesch (Übers.): d Psalme, Züritüütsch. Us em Hebreeische übersetzt. 2. Auflage, Zürich 1990.
- Josua Boesch: Unterwägs. Jordan Verlag.
- Ivar Breitenmoser: Zürich tanzt Bolero. Arche Verlag.
- Eduard Schäubli (Übers.): d Genesis, Züritüütsch. Us em Hebreeische übersetzt. Zürich 1990.
- Viktor Schobinger (Übers.): de Versamler - de Prediger Salomo, Züritüütsch. Us em hebreeische übersetzt. Zürich 1985.
- Fritz Stolz (Übers.): De Prediger, us em Hebräische is Züritüütsch übersetzt. Theologischer Verlag, o.J.
- Emil Weber (Übers.): s Nöi Teschtamänt Züritüütsch, us em Griechische übersetzt. Zürich 1997.
- Domenico Blass: Züri-Slängikon. Orell Füssli Verlag
Weblinks
- Tonbeispiele
- Lehrmittel «Züritüütsch / Zürichdeutsch»
- Verweis auf mehrere Lehrmittel zu Zürichdeutsch; «Züritüütsch verstaa, Züritüütsch rede»
Referenzen
- ↑ Weber, Albert: Zürichdeutsche Grammatik. Ein Wegweiser zur guten Mundart. Unter Mitwirkung von Eugen Dieth. Zürich: Schweizer Spiegel Verlag, 1948.
- ↑ [Schobinger, Viktor:] Züritüütsch. Zürich: Zürcher Kantonalbank, 1979.
- ↑ [Schobinger, Viktor:] Züritüütsch. Zürich: Zürcher Kantonalbank, 1979.
- ↑ Weber, Albert und Bächtold, Jacques M.: Zürichdeutsches Wörterbuch. Zürich (=Grammatiken und Wörterbücher des Schweizerdeutschen in allgemeinverständlicher Darstellung. Bd. III).
- ↑ Weber, Albert: Zürichdeutsche Grammatik.; Seite 28, Fussnote 2
- ↑ Siebenhaar Beat, Vögeli Walter: Mundart und Hochdeutsch im Vergleich. In: Studienbücher Sprachlandschaft 1.
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