Benoggl

Benoggl

Binokel (auch Binocle, in den USA Pinochle) ist ein regionales Kartenspiel aus dem württembergischen Raum und ist daher auch mit dem württembergischen Blatt zu spielen. Man spielt Binokel in der Regel zu dritt oder zu viert, selten auch mit zwei, sechs, acht oder gar fünf Personen. Beim Dreierspiel spielen alle gegeneinander, während beim Spiel zu viert zwei Parteien gebildet werden können, wobei die jeweils gegenübersitzenden Spieler zusammenspielen (Kreuzbinokel).

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Entstanden ist das Spiel aus den französischen Kartenspielen Bézique und Cinq-Cents. Es wird auch in den Vereinigten Staaten gespielt, dort ist es unter dem Namen Pinochle bekannt.

Der Name kommt vermutlich von dem Italienischen bin oculi (= zwei Augen), weil mit einem doppelten Blatt gespielt wird.

Im Schwäbischen wird das Spiel „Benoggl“ ausgesprochen (Mâ benogglâd zemâ. Also: Wir binokeln zusammen. Wir spielen gemeinsam Binokel.).

Karten

Deutsche Spielkarten, für Binokel wird ein doppelter Satz benötigt, 8er und 9er werden nicht verwendet

Zum Spiel werden Karten verwendet, die im Handel mit Gaigel/Binokel bezeichnet werden und einen doppelten Satz Spielkarten enthalten. Die Bezeichnung der Spielfarben variiert regional und wird typischerweise Eichel (Kreuz), Schippen (Blatt, Pik, Grün, Laub), Herz und Schellen (Bollen, Karo) genannt. Die Kartenwerte in absteigender Wertigkeit heißen: Sau (Alte, Ass), Zehner, König, Ober (Dame), Unter (Bube) und meist Siebener (Leerer). Jedoch kann beim Binokel ohne "Siebener" gespielt werden, anders als beim Gaigeln.

Regeln

Bei dem über verschiedene Regionen und Grenzen hinweg gespielten Kartenspiel existieren einige lokale Eigenheiten. Klare Unterschiede bei den Regeln gibt es insbesondere bei:

  • Prioritätenreihenfolge beim Ausspielen (Stich- oder Trumpfzwang)
  • Wer rauskommt; siehe Spezielle Spiele
  • Augenzahl der Speziellen Spiele
  • Spielen mit und ohne Rufen

Spielverlauf

Geben

Binokel kann mit oder ohne Siebener gespielt werden, wodurch mit 48 bzw. 40 Karten gespielt wird. Die jeweiligen Kartenanzahl pro Spieler und im sogenannten Dabb ist somit (Kartenanzahl: Spieler / Dabb):

3 Spieler 4 Spieler 5 Spieler 6 Spieler 8 Spieler
ohne Siebener (40 Karten) 12 / 4 9 / 4 7 / 5 - -
mit Siebener (48 Karten) 14 / 6 bzw. 15 / 3 bzw. 16 / 0 11 / 4 9 / 3 7 / 6 6 / 0

Ein Spiel zu fünft kann denkbar sein, wird aber meist abgelehnt.


Gegeben wird im Gegenuhrzeigersinn (So, wia mâ ân'd Baggâ nââschleed. Also: So wie man eine Ohrfeige verpasst.) an alle Mitspieler und den verdeckten Dabb auf dem Tisch. Durch die unterschiedlichen Spielmöglichkeiten (zu dritt/zu viert, mit/ohne Siebener) wird keine genaue Anzahl der nacheinander auszuteilenden Karten festgelegt. Wichtig ist hierbei nur, dass der Dabb weder als erstes noch als letztes abgelegt wird. Bei 3 Spielern mit 40 Karten typischerweise: 4 (an die 3 Spieler) - 2 (in den Dabb) - 4 (Spieler) - 2 (Dabb) - 4 (Spieler).

Üblicherweise wird der Kartenstapel dem Spieler links vom Geber hingehalten, so dass dieser Karten abheben kann. Dies geschieht um sicherzugehen, dass beim Mischen nicht geschummelt wurde. Anstatt abzuheben, kann der Spieler auch klopfen. Der Geber muss dann alle Karten an die Spieler und in den Dabb am Stück ausgeben. Der Dabb darf auch hierbei nicht als letztes abgelegt werden.

Reizen

In der ersten Spielphase wird um den Dabb (die verdeckten Karten auf dem Tisch) gereizt. Dabei versucht man abzuschätzen, wie viele Augen (Punkte) man mindestens durch Melden und Spielen erzielen wird. Ziel des Reizens (auch als Steigern bezeichnet) ist es, das Spiel zu bekommen, d.h. den Dabb aufnehmen und die Trumpffarbe ansagen zu dürfen.

Der Spieler rechts vom Geber beginnt mit dem Reizen (ist vorne) und schreit seinen rechten Nachbarn an. Dieser antwortet dann typischerweise mit einem Reiz um 10 Augen höher und der Erste erhöht wieder, bis einer der beiden weg sagt (Also nicht wie beim Skat, dass einer schreit und der andere nur hört!). Danach kann auch der Geber noch reizen, wenn er will/kann. Beim Kreuzbinokel wird, nachdem der erste weg ist, mit dessen Spielpartner weitergereizt. Am Ende wird dann noch mit dem eigenen Spielpartner gereizt, wobei im eigenen Interesse möglichst schnell Einigkeit erzielt werden sollte. In manchen Regionen wird auch strikt im Gegenuhrzeigersinn gereizt, sodass der eigene Spielpartner noch vor dem zweiten Gegenspieler angeschrien wird.

Der Reiz wird notiert, um spätere Streitigkeiten zu verhindern.

Anschließend wird der Dabb für alle sichtbar aufgedeckt und derjenige, der das Spiel hat, nimmt ihn auf.

Abgehen

Sofern derjenige, der am höchsten gereizt hat, auch nach Aufnahme des Dabb keine Möglichkeit sieht, seinen Reiz zu erreichen, kann er abgehen. Der Spieler wählt die Trumpffarbe, in die er abgehen will, und teilt diese mit gleichzeitigem Aufdecken seiner Karten (nicht verpflichtend) mit.

Regelungen fürs Melden:

  • Pro Spieler werden 10 Punkte auf das gemeldete addiert (z.B. 40 mit bei 4 Spielern).
  • Der Spieler, der abgegangen ist (und beim Kreuzbinokel auch sein Mitspieler), darf nicht melden und geht/fährt die Anzahl der gereizten Punkte ab; somit wird sein Reiz nur einfach von seinem Punktestand abgezogen.

Beispiel: Ab in Schellen (schwäb.: I gang ab en Schâllâ).

Für die anderen Spieler bedeutet dies, dass Schellen im Spiel Trumpf gewesen wäre. Die Gegenspieler können noch melden und bekommen weitere 30 mit. Bei 4 Spielern sind es 40 mit usw.

Drücken

Derjenige im Spiel (Spielmacher) muss, bevor er meldet, die gleiche Anzahl aufgenommener Karten aus dem Dabb wieder drücken, um auf dieselbe Kartenanzahl wie seine Mitspieler zu kommen. Wird dies vergessen oder wird die falsche Anzahl an Karten gedrückt, ist das Spiel verloren. Der Spieler geht in diesem Fall doppelt ab (der doppelte Reizwert wird vom Punktestand abgezogen). Dies ist auch der Fall, wenn eine gemeldete Karte versehentlich gedrückt wurde.

Sonderregelungen beim Drücken: Die Dissle (Trumpf-Siebener) dürfen gemeldet und gedrückt werden. Der Spieler muss das jedoch den anderen Mitspielern mitteilen. Wenn der Spieler Karten der Trumpffarbe drückt, muss er sagen, wieviele Trumpfkarten er drückt.

Rufen

Wer das Spiel hat, darf eine Karte, die ihm noch fehlt, rufen. Die Karte muss ihm dann vom Besitzer ausgehändigt werden, der dafür eine andere Karte aus dem Besitz des Rufenden erhält. Diese Regelvariante wird allerdings nicht von allen Spielern angewandt. Beim Spiel zu zweit, wo während des Spiels noch Karten von einem Vorratsstapel gezogen werden können, entfällt das Rufen in jedem Fall, da sich die gerufene Karte ja noch im Stapel befinden kann (siehe unten)

Melden

Der Spieler, welcher das Spiel hat (den Dabb gereizt), meldet als erster und gibt in diesem Zug auch die Trumpffarbe an.

Kombinationen

Nun werden Kombinationen gemeldet, die einen Teil der erzielbaren Punkte ausmachen. Folgende Meldungen sind möglich:

  • Binokel (Schellen-Unter und Schippen-Ober) 40 Punkte; doppelter Binokel auch "Dreihunderter" genannt (zwei Schellen-Unter und zwei Schippen-Ober) 300 Punkte.
  • Vier Gleiche (von jeder Farbe eine Karte gleichen Werts): Dabei zählen vier Asse 100, vier Könige 80, vier Ober 60 und vier Unter 40 Punkte. Die Zehnen bzw. Siebenen zählen hierbei nichts.
  • Acht gleiche (von jeder Farbe zwei Karten gleichen Werts) zählen immer 1.000 Punkte. Die Zehnen bzw. Siebenen zählen hierbei auch.
  • Eine Familie sind alle fünf unterschiedlichen Kartenwerte einer Farbe außer dem Siebener. Die Familie zählt 100 Punkte, bei Trumpf 150 Punkte. Das darin enthaltene Paar aus König und Ober kann nicht zusätzlich gemeldet werden. Die doppelte Familie zählt 1.000 Punkte, in manchen Regionen auch 1.500 Punkte.
  • König und Ober einer Farbe bilden ein Paar (â Bärle) und geben 20 Punkte, bei Trumpf 40 Punkte.
  • Der Trumpfsiebener, der Diß(von frz. dix = Zehn) genannt wird, gibt 10 Punkte.

Karten können auch mehrfach für Meldungen verwendet werden: Mit einem Schippen-Ober, einem Schippen-König und einem Schellen-Unter kann man beispielsweise einen Binokel und ein Schippen-Paar melden.

Die gemeldeten Punkte zählen nur dann, wenn mindestens ein Stich gemacht wurde!

Rundgang

Hat man von jeder Farbe ein Paar, kann man einen sogenannten Rundgang melden. Es handelt sich dabei um keine echte Kombination, sodass es dafür keine Sonderpunkte gibt, im Gegensatz zu anderen Kombinationen wie beispielsweise dem Doppelten Binokel (Zwei einfache Binokel geben 80 < 300). Jedoch weiß der geübte Spieler automatisch, dass es für den Rundgang 240 Punkte gibt: Vier Könige geben 80, vier Ober geben 60 und das Trumpf-Paar und die drei weiteren Paare geben 100). Wird gleichzeitig mit dem Rundgang eine Familie gemeldet, zählt der Rundgang nur noch 200 Punkte, da das in der Familie enthaltene Paar aus König und Ober bereits mit der Familie gewertet ist.

Ausspielen

Nach dem Melden wird ausgespielt und Stiche gemacht. Gespielt wird - wie beim Reizen - gegen den Uhrzeigersinn. Es beginnt derjenige, der auch mit dem Reizen begonnen hat. Nur bei den Spezialspielen Durch und Untendurch (Bettel) nicht; siehe auch dort.

Absteigend gilt in dieser Reihenfolge:

  • Farbzwang: Die ausgespielte Farbe muss bedient werden.
  • Stichzwang: Wer kann, muss stechen; d. h. eine höhere Karte, als bereits ausgespielt wurde, legen.
  • Trumpfzwang: Kann die ausgespielte Farbe nicht bedient werden, muss Trumpf gespielt werden.
  • Stichzwang von Trumpf: Wer kann, muss stechen.
  • z'erschd g'schbielt, z'erschd g'schdochâ (Zuerst gespielt, zuerst gestochen): Bei Karten gleichen Wertes sticht die zuerst ausgespielte.

Eine Trumpfkarte sticht automatisch alle Karten der anderen Farben.

Besonderheiten beim Spiel zu zweit

Beim Spiel zu zweit werden nicht alle Karten ausgeteilt; auch der Dabb entfällt. Die übrigen Karten werden verdeckt auf einen Stapel gelegt, von dem jeder Spieler für jede ausgespielte Karte eine Ersatzkarte zieht. Somit haben die Spieler bis auf die Schlussphase immer gleich viele Karten in der Hand. Der Dapp und das Rufen entfallen; gemeldet werden kann auch während des Spiels, da sich manche Kartenkombination auch erst durch das Ziehen fehlender Karten ergeben kann.

Zählen

In der vierten Phase werden die Augen der erreichten Stiche gezählt. Wer den letzten Stich macht, erhält 10 Punkte extra. Bei den erreichten Zählwerten kann ab 5 Augen auf die nächste 10er-Stelle auf- bzw. bis 4 Augen abgerundet werden. Beim Kreuzbinokel zählen die Punkte der beiden Partner jeweils zusammen (es bietet sich daher im Spiel an nur einen Stapel für die gestochenen Karten je Team zu machen).

Es wird auch geprüft, ob der Spielmacher mit der Summe der gemeldeten Punkte und der Punkte aus dem Spiel den Reizwert erreicht hat (jedes Auge zählt!). Falls der Reizwert nicht erreicht wurde, geht der Spielmacher den doppelten Reizwert oder auch den Reizwert um 100 erhöht ab und seine gemeldeten Punkte verfallen.

Werte

Die Augenwerte beim Zählen entsprechen in ihrer traditionellen Form deren, wie sie auch bei vielen anderen Kartenspielen, wie Z. B.Skat, zu finden sind. Jedoch werden zur Vereinfachung auch andere Zählweisen gehandhabt bei der nur die werthöchsten Karten gezählt werden. Mit den 10 Augen für den letzten Stich ergeben sich jedoch immer 250 Augen.

Punkte für die gängigsten Zählvarianten im Überblick:

Asse Zehner König Ober Unter Siebener
11 10 4 3 2 0
10 10 10 0 0 0
10 10 5 5 0 0
15 15 0 0 0 0

Beim Aufschreiben gibt die unterschiedlichen Möglichkeiten, ob die Ergebnisse punktgenau oder auf zehn gerundet notiert und zusammen gezählt werden.

Spezielle Spiele

Spezielle Spielvarianten sind der Durch oder der Untendurch (Bettel). Sie sind nicht überall gängig bzw. anerkannt.

Der Durch (d'r Obârom)

Ziel des Spieles ist es, alle Stiche zu machen. Es wird weder eine Trumpf-Farbe gewählt, noch gemeldet und derjenige, der das Spiel hat, beginnt (kommt raus).

Der Durch gespielt zählt 1.000 Augen und aufgelegt (d. h. der Spielende legt seine Karten vor dem 1. Stich offen auf den Tisch, weil klar ist, dass kein Stich verlorengeht) 1.500 Augen. Die seltenste Form ist der aufgelegte Durch von der Hand. Hierbei handelt es sich um einen aufgelegten Durch, der, ohne den Dabb zu enthüllen, direkt gespielt wird. Er zählt 2.000 Augen.

Der Untendurch/Bettel (d'r Ondârom)

Ziel des Spieles ist es, keinen Stich zu machen. Es wird weder eine Trumpf-Farbe gewählt noch gemeldet, und je nach Gegend beginnt entweder derjenige, der das Spiel hat, oder derjenige, der vorne ist. Der Bettel zählt ebenso regionsabhängig 1.000, 1.500 oder 500 Augen. Jedoch ist die "Untendurch-Regel" nicht sehr verbreitet, da die Wahrscheinlichkeit für einen Untendurch viel geringer ist als die für einen Durch.

Ziel

Das Ziel wird vorher von allen Spielern gemeinsam festgelegt. Normalerweise einigt man sich auf einen festen Wert, der ein Vielfaches von 500 ist; z. B. 1000, 2000, 2500. Das Spiel endet, sobald ein Spieler die gewählte Grenze mit einem Spiel erreicht. Es muss allerdings ein geschafftes Spiel sein, darf also nicht durch Abgehen erreicht werden.

Spieltaktik

  • Bei einem absehbar knappem Ausgang des Spiels ist es für die beiden Gegner des Spielers oder des Spielpaares sinnvoll, sich gegenseitig die hohen Karten zuzuspielen, die auf keinen Fall stechen werden. Dies wird Schmieren genannt.
  • Bei einem knappen Spiel versucht der Spielmacher sich nach Möglichkeit eine Trumpf- oder andere hohe Karte für den letzten Stich aufzubewahren, da die zusätzlichen 10 Punkte für den letzten Stich manchmal ausschlaggebend und spielentscheidend sein können.
  • Wenn beim Reizen ersichtlich ist, dass der Gegenüber den Dabb haben will und hoch reizen wird, ist es sinnvoll, auch über die eigenen Möglichkeiten hinaus zu reizen. Dies ist natürlich mit der Gefahr verbunden, ein Spiel zu erhalten, das man nicht will und eventuell dann auch nicht spielen kann.
  • Wenn man sich überreizt hat und abgehen muss, ist es sinnvoll als Trumpf eine Farbe zu wählen, in welcher wahrscheinlich kein Paar mehr gemeldet werden kann (z. B. wenn man selbst beide Blatt-Ober besitzt: Ab in Blatt).

Weblinks


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