Österreichisch-Ungarischer Lloyd

Österreichisch-Ungarischer Lloyd
Der Vergnügungsdampfer Thalia zeigte „Reiselustigen“ die „schönsten und interessantesten Punkte des Mittelmeers“.[1]
Der Dampfer Graf Wurmbrand im Hafen von Zadar (um 1900)

Der Österreichische Lloyd (italienisch Lloyd Austriaco) war die größte Schifffahrtsgesellschaft Österreich-Ungarns und des Mittelmeeres. Die Gesellschaft mit Sitz in Triest im österreichischen Teil der Monarchie wurde 1833 von 19 Seetransportversicherungsgesellschaften, Banken und 127 Einzelaktionären gegründet. Darunter auch der österreichische Politiker Karl Ludwig von Bruck und der Triestiner Bankier Pasquale Revoltella. Zweck der Unternehmung, die nach Vorbild des Londoner Lloyd’s aufgebaut wurde, war vorerst die Informationsbeschaffung für die teilhabenden Versicherungen.

Ab 1836 wurde auch der Postverkehr in der Adria übernommen, womit der Grundstein für die folgende Expansion sowohl im Fracht- als auch im Passagierbereich zu einer der größten Reedereien der Welt gelegt war. Als Wahlspruch wählte man „Vorwärts“, ganz entgegen dem damaligen Trend unter den Reedereien der Welt, lateinische Formulierungen zu verwenden. Selbst die k. u. k. Kriegsmarine verfügte mit Viribus Unitis (mit vereinten Kräften) über einen lateinischen Leitspruch. Der größte direkte Konkurrent war lange die von den Ungarn betriebene und geförderte Schifffahrtsgesellschaft Adria, die ihren Sitz im zur ungarischen Reichshälfte gehörenden Fiume hatte. 1891 wurde jedoch auf staatlicher Ebene ein Abkommen getroffen, dass die Aufteilung der Einzugsgebiete der beiden Gesellschaften regelte und die gegenseitige Konkurrenz beendete.

Dienstsprache war italienisch, die Prospekte wurden jedoch in deutscher Sprache, für die Levante- und Indien-Ostasien-Linien auch auf französisch und englisch abgefasst. Die Gesellschaft wurde wie vergleichbare Reedereien in anderen Staaten auch mit hohen staatlichen Subventionen bedacht, weshalb das Unternehmen nicht zuletzt wegen verschiedener Verpflichtungen von staatlicher Seite als „halbstaatlich“ bezeichnet werden konnte. Nach Ende des Ersten Weltkrieges ging der Österreichische Lloyd in italienischen Besitz über und wurde von 1921 bis 2006 als Lloyd Triestino (Triestiner Lloyd) weiterbetrieben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Flotte des Österreichischen Lloyds im Jahre 1848
(ausschließlich Raddampfer, insgesamt 24)
Schiffsname gebaut in Stapellauf Tonnage (in t) PS
Arciduca Francesco Carlo Venedig 1833 133 40
Arciduchessa Sofia Triest 1833 141 50
Maria Dorotea Triest 1834 212 70
Ferdinando I. Triest 1836 284 100
Arciduca Ludovico London 1837 310 100
Arciduca Giovanni London 1837 349 120
Principe Metternich Triest 1837 473 140
Conte Mittrowsky Triest 1837 237 60
Elleno (ex Principe Metternich) Triest 1837 357 120
Baron Eichhoff Triest 1837 361 100
Mahmudiè Triest 1838 467 120
Dalmata (ex Conte Stürmer) Triest 1838 211 60
Stambul Triest 1838 620 160
Conte Stürmer (ex Seri Pervas) Triest 1839 469 140
Barone Kübeck Triest 1842 229 70
Arciduca Federico Bristol 1842 394 120
Imperatore Triest 1843 545 160
Imperatrice Triest 1844 545 160
Conte Kolowrat Triest 1845 330 100
Austria Triest 1847 763 360
Trieste Triest 1847 448 160
Venezia Triest 1847 448 160
Italia Triest 1847 728 260
Germania Triest 1847 728 260

Gründung und erste Geschäftsjahre

Zweck des Lloyds war, Händler und Schiffsspediteure mit aktuellen Informationen über verschiedene Märkte und den Seehandel in Europa und Asien zu versorgen. Die Informationen erlangte das Unternehmen aus einem Netz von verschiedenen Handelskorrespondenten und Zeitungen, die regelmäßig den Hafen von Triest erreichten. Zudem sollte der Schiffsverkehr im Triestiner Hafen notiert werden, und im Auftrag des Staates hatte der zeitaufwändige und von Verzögerungen gekennzeichnete Posttransport mit von der k. u. k. Kriegsmarine beigestellten Segelschiffen durchgeführt zu werden. Der ersten Direktion gehörten die folgenden Herren an: Bousquet, Bruck, Brucker, Ciannichesi, Grant, Kohen, Meksa, Padovani, Premude, Carl Regensdorff, da Costa, Sartorio, Schell und Vucetich.

Um eine bessere Informationsversorgung zu ermöglichen, führte der Österreichische Lloyd am 2. August 1836 den Unternehmensbereich Verfrachtung ein, der rasch zum Kerngeschäft des Unternehmens wurde. Daher gilt dieses Datum auch als Gründungsjahr des Unternehmens. Das Gründungskapital betrug eine Million Florentiner Gulden Konventionsmünze. In der Gründungsurkunde hieß es: „Zweck der Gründung sollte es sein, Triest mittels Dampfbooten in Verbindung mit den Echellen [Hafenplätzen] des Orient zu bringen.“ Für den neuen Unternehmensbereich wurden aus England drei Dampfschiffe à 120 PS und drei Dampfer mit je 100 PS angekauft. In Triest wurden Werkstätten eingerichtet und in ausländischen Häfen Kohlelagerplätze angemietet. Das erste Schiff das an den Österreichischen Lloyd ausgeliefert werden konnte war die in London gebaute „Arciduca Ludovico“. Die erste Fahrt des nun als Reederei auftretenden Unternehmens fand am 16. Mai 1837 um 5 Uhr nachmittags vom Molo San Carlo in Triest statt. An Bord des innerhalb von 14 Tagen nach Konstantinopel, über die Zwischenhäfen Ancona, Korfu, Patras, Piräus, Syra und Smyrna, steuernden Schiffes befanden sich 53 Passagiere.

Lloyd Austriaco richtete seine Tätigkeit insbesondere auf den Orient und betrieb die ersten Fracht- und Personentransporte zwischen dem Mittelmeerraum und dem Orient. Bereits im ersten Betriebsjahr wurden 79 Reisen (58 zwischen Triest und Venedig, 21 nach Griechenland, Türkei und Ägypten) mit insgesamt 7.967 Passagieren und 35.205 Briefen verzeichnet. Die ersten Seeverbindungen nach Konstantinopel wurden bereits 1837 aufgenommen. In der ersten Generalversammlung beschloss man aufgrund des erfolgreichen Starts den Ankauf zweier weiterer Schiffe sowie die Erhöhung des Grundkapitals auf 1,5 Millionen Gulden. Die Lloyd-Schiffe fuhren auch in die Levante, nach Griechenland und Ägypten. Mit dieser Erweiterung des Liniennetzes wurde der Lloyd vom Staat zur Errichtung von Postexpeditionen in den größeren Städten angewiesen. Ab 1842 war der Lloyd zum Hissen der Post-Flagge berechtigt und Offizieren sowie Mannschaft das Tragen von Uniformen gestattet. Die anfangs gewählte Farbe grün war jedoch äußerst unbeliebt und wurde nach wenigen Jahren, nicht zuletzt aufgrund der Verwechslungsgefahr mit den ebenfalls grünen Uniformen der russischen Handelsmarine, gegen die international und auch bei der k. u. k. Kriegsmarine üblichen blau-weißen Uniformen umgetauscht.

Expansion bis zum Österreichisch-Ungarischen Ausgleich

Bis 1845 hatte sich die Zahl der Fahrten vervierfacht und die Zahl der Passagiere stieg um das zwanzigfache. 1049 Mitarbeiter waren beschäftigt. Mit verantwortlich für das rasche Wachstum der Gesellschaft war auch ein Abkommen mit der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft (DDSG), welches vorsah, wöchentlich eine Fahrt von den Donauhäfen zum Schwarzen Meer zu betreiben, wo auf Schiffe des Österreichischen Lloyds umgestiegen werden konnte.

1852 wurde die Schifffahrt auf dem Po und auf dem Lago Maggiore übernommen und neu organisiert. Später wurden Linien auch auf dem Fluss Bojana und dem Skutarisee eingerichtet. Aufgrund der enormen Expansion der ersten rund 15 Jahre verfügte der Österreichische Lloyd mittlerweile über eine Anzahl von Schiffen, die regelmäßiger Wartung und Reparaturarbeiten bedurften. Ein großes Arsenal für diese Zwecke sowie für den selbstständigen Neubau wurde benötigt, welches ab 1853 in Triest-Sant'Andrea errichtet wurde. Die feierliche Grundsteinlegung wurde von Erzherzog Ferdinand Maximilian am 30. Mai durchgeführt. Als Architekt für die 1861 in Betrieb genommenen Gebäude auf dem 114.000 m² großen Areal engagierte man den durch seine Werftbauten in Griechenland bekannt gewordenen Dänen Hans Christian Hansen. Die 3000 Beschäftigten im Lloyd-Arsenal bedeuteten einen enormen wirtschaftlichen Faktor für Triest. Das Arsenal beinhaltete neben großen Werkstätten ein Trockendock und eine 241 Meter lange Helling zum Neubau von Schiffen. 1865 lief in diesem Arsenal der erste komplett aus Eisen und inländischen Materialien gebaute Dampfer „Austria“ vom Stapel. Mit 1700 Tonnen war er das bisher größte Schiff der Reederei.

Das Lloydarsenal (um 1900) in Triest von See aus gesehen.

Ab 1855 erhielt der Österreichische Lloyd erstmals Förderungen vom Staat. Damit verbunden waren jedoch diverse Auflagen, wie die Aufrechterhaltung gewisser Linien in den Orient sowie der Einführung neuer Linien samt Postdienst. Zudem durften Schiffe von nun an nur noch in Ausnahmefällen im Ausland gebaut werden. Im Krieg 1866 gegen Italien musste der Lloyd gemäß Verträgen mit dem Staat mehrere Dampfer an die k. u. k. Kriegsmarine vermieten und wurde zudem zu Truppentransporten verpflichtet. Versenkte Schiffe, etwa die „Egitto“ bei Lissa, wurden ersetzt.

1867 war der Semmering kein Hindernis mehr für die Eisenbahn, der erste Zug der Südbahn aus Wien kam in Triest an; diese neue Tatsache sowie das Vorliegen eines Zollfreihafens für Triest (Privileg von 1717, als einziger in der Adria) förderte die Wirtschaft von Triest und seinem Umland weiter. Von 1837 bis 1914 wurden mit 220 Dampfern 37,3 Mio. Tonnen Waren umgeschlagen und 21,5 Mio. Passagiere befördert. Der Österreichische Lloyd war das größte Schifffahrtsunternemen des Mittelmeeres (die Stadt Triest der fünftgrößte Hafen Europas – nach Hamburg, Rotterdam, Marseille und Genua).

1869 wurde die so genannte 3. Sektion (die 1. Sektion war für die Informationsbeschaffung zuständig, die 2. Sektion für den Fracht- und Passagierverkehr) eingerichtet. Diese als „Buchdruckerei“ genannte Sektion befasste sich mit der Herausgabe von Fahrplänen, Jahrbüchern, Zeitungen und Bildbänden und hatte im Grunde nichts mit den üblichen Geschäftstätigkeiten zu tun. Veröffentlicht wurden unter anderem die Zeitungen „Lloyd's Journal“ und „Trieste Observer“ sowie klassische, Geschichts-, Natur-, Schifffahrts- und Geographiebücher. Die 3. Sektion wurde erst 1928 vom Triestiner Lloyd, dem Nachfolger des Österreichischen Lloyd, geschlossen.

Nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 musste die Gesellschaft 1872 in Lloyd Austro-Ungarico bzw. Österreichisch-Ungarischer Lloyd umbenannt werden. Immer wieder musste der vom Staat hoch subventionierte Lloyd Truppen-, Flüchtlings- und Emigrantentransporte durchführen. Etwa bei der Okkupation von Bosnien und Herzegowina, als im Auftrag der ottomanischen Regierung 136.000 Emigranten aus der europäischen in die asiatische Türkei transportiert wurden, und für die k.u.k. Armee 72.000 Mann, 8.000 Pferde und 90.000 Tonnen Kriegsmaterial von Triest nach Dalmatien befördert wurden. 1882 beförderten die Fregatte Laudon und die Dampfer Mars, Ceres und Diana österreichisch-ungarische Staatsangehörige über Alexandrien aus Ägypten, wo es zu blutigen Auseinandersetzungen kam.

Entwicklung ab der Eröffnung des Sueskanals

Der ehemalige Lloydpalast im Jahr 2007.
Der Lloydpalast 2009

1869 wurde der Österreichische Lloyd Gesellschafter der Compagnie Universelle du Canal de Suez, in welcher das Gründungsmitglied Pasquale Revoltella Vize-Präsident war. Durch die Eröffnung des Sueskanals war der Österreichische Lloyd erstmals in der Lage konkurrenzfähige Verbindungen in den asiatischen Raum anzubieten, da für solche Reisen bisher Afrika umschifft hätte werden müssen. Eine Reise von Triest nach Alexandria dauerte nun nur noch 3 Tage, bis nach Port Said per Eillinie 4 Tage. Den direkten Konkurrenten aus Deutschland (z. B. Norddeutscher Lloyd), Holland und England konnten somit zahlreiche Passagiere abgeworben werden. Die nun täglich angebotenen Zugverbindungen aus dem Ärmelkanalhafen Vlissingen in Holland durch Deutschland bis Triest waren wesentlich schneller als eine Reise mit dem Schiff von einem britischen, holländischen oder deutschen Hafen über die Straße von Gibraltar und das gesamte Mittelmeer bis zum Sues-Kanal. Auf den Linien nach Ägypten, Indien und Ostasien hatte der Österreichische Lloyd daher immer einen großen Anteil Engländer an Bord, die über den Ärmelkanal nach Vlissingen, und dann mit dem Zug nach Triest anreisten.

Bei der Eröffnung des für die weltweite Schifffahrt somit sehr bedeutenden Kanals waren neben dem österreichischen Kaiser Franz-Josef auch die Lloyd-Dampfer „Pluto“, „Vulkan“ und „Amerika“ anwesend, die sich im ersten Konvoi befanden, der den Kanal passierte. Von nun an konnten Ziele wie Port Said (ab 1869), Bombay (ab 1870), Colombo, Singapur (ab 1880), Hongkong (ab 1880), Shanghai (ab 1881), Nagasaki (ab 1892) und Yokohama (ab 1892) angesteuert werden. Profitierend von staatlichen Zuschüssen und den raschen Verbindungen von Triest ins östliche Mittelmeer und durch den Suez-Kanal, entwickelte sich der Österreichische Lloyd zu einer der größten Schifffahrtsgesellschaften der Welt.

1879 übersiedelte die Unternehmenszentrale, die ursprünglich im Palazzo de Cassis an der Piazza della Borsa war, vom Tergesto in den neuen Lloydpalast auf der Piazza Grande. Dessen Architekt war Heinrich von Ferstel, der in Wien bereits die Universität und die Votivkirche geplant hatte. Zur 50-Jahr-Feier am 27. September 1886 wurde der Dampfer Imperator vom Stapel gelassen. Dieser war für den Ostasiendienst bestimmt und mit 4.140 Tonnen, 117 Meter Länge, 13 Meter Breite, einem Tiefgang von 7,3 Meter und 4.500 PS gemeinsam mit seinem Schwesterschiff Imperatrix das bisher größte und prächtigste Schiff der mittlerweile 86 Dampfschiffe umfassenden Gesellschaft.

Zu dieser Zeit, etwa von 1878 bis 1884, befand sich der Österreichisch-Ungarische Lloyd gerade im Aufwind der internationalen Hochkonjunktur im Schifffahrtsgeschäft. Allerdings übernahm man sich dadurch finanziell, da man die Hochkonjunktur als Dauerzustand betrachtete. Ab 1886, dem Jahr als auch die beiden riesigen Dampfer Imperator und Imperatrix erbaut wurden, schlitterte das Unternehmen in die Verlustzone. 1890 erreichte das Defizit eine Höhe von über 600.000 Gulden. Zu hohe Transportkosten ließen zudem sogar Hamburger Reedereien für den Mittelmeer-Schiffsverkehr eine so große Konkurrenz werden, dass eine Rückkehr in die Gewinnzone aus eigenen Kräften äußerst unwahrscheinlich war. Als Österreich daher die Subventionierung erhöhte, stieg Ungarn aus der Gesellschaft aus, und schoss seinen bisherigen finanziellen Beitrag künftig der ungarischen Schifffahrtsgesellschaft „Adria“ zu, die schon bisher profitabel arbeitete. Fiume, Hafen und Sitz der ungarischen Schifffahrtsgesellschaften, wurde somit ein noch stärkerer Konkurrent zu Triest. Ab 1891 lautete die Unternehmensbezeichnung daher wieder Österreichischer Lloyd.

Umstrukturierung und Neuorganisation vor dem Ersten Weltkrieg

Die größten Schiffe des Österreichischen Lloyds im Jahre 1914
Schiffsname gebaut in Stapellauf BRT (in t) PS
Gablonz Triest 1912 8.448 8.000
Marienbad Triest 1913 8.448 8.000
Austria Triest 1901 7.588 3.300
Helouan Triest 1912 7.367 10.000
Wien Triest 1911 7.367 10.000
Innsbruck 1914 7.017
Nippon Sunderland 1902 6.317 3.000
Ezh. Franz Ferdinand Triest 1899 6.044 3.600
China Newcastle 1900 5.999 3.000
Vorwärts Triest 1906 5.990 3.450

Nach dem Ausstieg Ungarns aus der Gesellschaft wurde in den 1890ern die Sanierung des Unternehmens angegangen, was eine Reformierung und Neu-Organisation bedeutete. Alte, für den Linienverkehr nicht mehr zeitgemäße Schiffe, wurden beispielsweise nur noch für außertourliche Transportfahrten herangezogen. Das Unternehmen erlebte nochmals eine letzte Phase der Hochkonjunktur, die ab etwa 1906 bis Kriegsausbruch nochmals stark zunahm. Transportiert wurden Erze aus Spanien für die Hochöfen in Servola (einem Stadtteil von Triest), Reis aus Birma für die Reisschälfabriken in Triest, Holz nach Ägypten und sogar Zucker in die Levante und von dort nach Indien und ins Rote Meer.

1895 wurde in Triest eine weitere Reederei gegründet, die rasch zu ähnlicher Größe wie der Lloyd aufstieg: Die Austro-Americana. Zwar war erklärter Hauptzweck der Gesellschaft ohnehin der Handel mit Nordamerika, doch wurde zur Sicherheit, um aus staatlicher Sicht unnötige Konkurrenz zu vermeiden, die Tätigkeitsbereiche zwischen Lloyd und Austro-Americana vertraglich geregelt. Die Austro-Americana unternahm daher keinerlei Anstrengungen andere Ziele als Nord- und Südamerika anzusteuern. Beide Gesellschaften wurden vom Staat gefördert: Der Lloyd erhielt 1913 10 Millionen Kronen für den gesamten Linienbetrieb, die Austro-Americana lediglich 1,5 Millionen für einzelne Linien nach Südamerika.

1897 wurden erstmals afrikanische Häfen auf eigenes Risiko angesteuert. Der Erfolg war allerdings nur gering, und mit den Auswirkungen des Zweiten Burenkriegs wurden diese Fahrten eingestellt. 1902 erlebte die Gesellschaft den ersten und zugleich schwersten Arbeiteraufstand. Streikten zunächst nur die Schiffsheizer, schlossen sich letztendlich noch Tausende aus der Triestiner Arbeiterschaft an. Insgesamt 10.000 Arbeiter befanden sich im Streik, als es am 14. Februar 1902 zu blutigen Zusammenstößen mit Ordnungskräften kam. Die Folge waren 14 Tote und über 50 Verletzte. Die Forderungen nach der Abschaffung des zweistündigen Corvéedienstes (Dienst zur See nach der Wache), Reduzierung der Arbeitszeit im Hafen um 2,5 Stunden auf 8 Stunden und Abschaffung der Vorschrift, das bei allen im Hafen liegenden Schiffen die Hälfte der Mannschaft an Bord bleiben müssen, wurden insgesamt nicht erfüllt, jedoch wurde den Streikenden in Schiedsgerichtsverfahren teilweise Recht gegeben.

In der Bord-Küche der S.S. Africa

1906 wurde die Unternehmenszentrale nach Wien verlegt. 1907 führte das Unternehmen „Vergnügungsfahrten“ ein. Das Konzept bewährte sich, und letztendlich wurde ein eigenes Schiff für diese Art des Reisens angeschafft – die Dampfyacht Thalia. Das 75-Jahr-Jubiläum feierte die Gesellschaft mit der Indienststellung der bisher größten Schiffe: Die Eildampfer Wien und Helouan mit je 7.367 Tonnen, die auf der Triest-Alexandrien-Route – der seit jeher ertragreichste Linie – eingesetzt wurden. Auf dieser und anderen Linien konnte sich der Lloyd deshalb so gut gegen die internationale Konkurrenz behaupten, da Überlieferungen zufolge die Küche vorzüglich, die Offiziere und das Personal korrekt, und die Ausstattung bequem war. Eine Redewendung zufolge sollen die Schiffe zudem so pünktlich gewesen sein, dass die Orientalen ihre Chronometer und der Muezzin sein Gebet[2] nach ihnen richteten.

1909 wurde die Lloyd-Werft aus finanziellen und organisatorischen Gründen in eine eigene Gesellschaft, an der der Österreichische Lloyd und die Stabilimento Tecnico Triestino je 50 Prozent hielten, ausgelagert. Lediglich das Reparatur- und die Trockendocks wurden behalten. Da nun auch für andere Gesellschaften Schiffe gebaut werden konnten, brachte die Auslagerung eine bessere Auslastung der Werft und somit finanzielle Erleichterungen mit sich.

Die letzte Linienerweiterung des Lloyds war 1912 die Eillinie nach Shanghai. Bei Kriegsausbruch 1914 zählte die Flotte 65 Schiffe mit insgesamt rund 235.000 BRT und das Unternehmen 6.000 Mitarbeiter. Die Gesellschaft war nach den Staatseisenbahnen zum bedeutendsten Verkehrsunternehmen der Monarchie geworden. Die größten und modernsten Schiffe waren die 1912 und 1913 in Betrieb genommenen S.S. Gablonz und dessen Schwesternschiff, die S.S. Marienbad. Mehrere große Schiffe wurden noch während des Krieges gebaut oder begonnen. Darunter die 8.040 t umfassende S.S. Pilsna, die 1918 fertiggestellt und 1919 vom Lloyd Triestino übernommen wurde, sowie das 8.051 t-Schiff Cracovia, das 1916 begonnen wurde und das drittgrößte Schiff der Flotte gewesen wäre. Es wurde erst 1920 vom Lloyd Triestino fertiggestellt.

Im Ersten Weltkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs befanden sich viele Schiffe des Lloyds verstreut auf den Ozeanen der Welt. Einige Schiffe mussten Schutz in neutralen Häfen suchen, zahlreiche wurden von der k. u. k. Kriegsmarine für Transporte und als Hospitalschiffe benötigt. Die Schicksale der Schiffe im konkreten (nicht erwähnte verblieben meist in sicheren Häfen):

  • 8 Schiffe wurden in feindlichen Häfen beschlagnahmt:
    • an England: Körber (Shanghai-Eildampfer), Ezh. Franz Ferdinand (Japan-Postdampfer) und Marquis Bacquehem
    • an Frankreich: Marienbad (in Griechenland beschlagnahmt)
    • an China: Bohemia, Silesia und China (alle drei in Shanghai beschlagnahmt)
    • an Portugal: Vorwärts (fand 1914 Schutz im indoportugiesischen Hafen Marmugao, wurde dort jedoch nach zwei Jahren von Portugal beschlagnahmt und als India weiterbetrieben. Da Portugal Österreich-Ungarn nie den Krieg erklärt hatte, ersuchte der Lloyd um Rückgabe des Schiffs oder Ersatzzahlung. Portugal reagierte jedoch mit einer Kriegserklärung, die die Beschlagnahmung nachträglich rechtfertigen sollte. Das Schiff brannte 1921 im Hafen von Lissabon ab.)
  • 1 Schiff überstand den Krieg in einem neutralen Hafen: Thalia (in Amsterdam)
  • 7 Schiffe wurden auf einen Marinestützpunkt in der nur schwer erreichbaren Meerbucht Lago di Scardona in Sicherheit gebracht und abgerüstet.
  • 5 Schiffe wurden als Hospitalschiffe eingesetzt: Wien, Helouan, Afrika, Elektra, Tirol
  • 28 Schiffe wurden als Transporter für die österreichisch-ungarische Balkanarmee requiriert. 10 davon wurden trotz Schutz durch die k. u. k. Kriegsmarine im Laufe des Krieges beschädigt, 11 sanken durch Minen oder feindlichen Beschuss.

Bei den 33 im Krieg verwendeten Lloyd-Schiffen kam es aufgrund von Unfällen, Beschuss und Auflaufen auf Minen zu zahlreichen Toten. Im folgenden werden nur wenige, beispielgebende, genannt. Die erste Katastrophe war der Untergang der Baron Gautsch, die auf eine Mine lief und sank (siehe Österreichische Handelsmarine, Abschnitt Unglücke). Die größte Katastrophe war jedoch der Untergang der als Transportschiff eingesetzten Linz. In der Nacht von 18. auf 19. März 1918 sank das Schiff nach Torpedierung oder Treibmine. Die Kabinen der schlafenden Passagiere (Soldaten) befanden sich unter Deck, weshalb die meisten im Schlaf von den hereinbrechenden Wassermassen überrascht wurden. Es gab nur wenige Überlebende, aber 663 Tote. Mehrmals konnten sich, zumeist von französischen U-Booten, torpedierte Lloyd-Transporter oder -Hospitalschiffe noch an Land oder einen Hafen retten. So beispielsweise die Elektra, die nach französischer Torpedierung nur zwei Tote zu verzeichnen hatte, und sich durch anlaufen eines Strandes vor dem Untergang retten konnte, und die Tirol, die nach Torpedierung zwar 40 Tote zu verzeichnen hatte, aber von einem anderen Lloyd-Schiff zum Marinestützpunkt Pola geschleppt und repariert werden konnte.[3]

Nach Ende der k. u. k. Monarchie

Die Wien war das PS-stärkste Schiff der Österreichischen Lloyd-Flotte und wurde auch vom Lloyd Triestino bis in den Zweiten Weltkrieg, wo es als Hospitalschiff sank, weiterbetrieben.

Nach Kriegsende trat der Vorstand „aufgrund veränderter Verhältnisse“ am 28. November 1918 zurück. Die Banca Commerciale Italiana kaufte das Unternehmen nach Intervention der italienischen Regierung zum Preis von 1.000 Lire je Aktie dem bisherigen Besitzer, der Wiener Union Bank, ab. Der Österreichische Lloyd wurde nun provisorisch einem italienischen Regierungskommissär unterstellt. Vorerst fuhren die Schiffe, wie in den Pariser Vorortverträgen festgelegt, unter interalliierter (weiß-blau-weißer) Flagge weiter. Bereits 1919 wurden Verbindungen in die Levante, nach Indien und in den Fernen Osten wieder aufgenommen, sowie das Agenturnetz neu aufgebaut. Vorerst fuhren jedoch nur Frachtschiffe. Ende 1920 waren bereits wieder 125 Agenturen in Betrieb. Als die Gefahr gebannt war, der Lloyd könnte als Kriegsbeute von einer der Alliierten Mächte beschlagnahmt werden (was im anglo-franko-italienischen Abkommen von 1921 ausgeschlossen wurde), wurde auch der Passagierdienst wieder aufgenommen. 1921 wurde das Unternehmen in Lloyd Triestino umbenannt und mit 40 verbliebenen Schiffen weitergeführt, sowie in den folgenden Jahren und Jahrzehnten weiter ausgebaut.

Das Abkommen von Barcelona aus dem Jahre 1921, welches Staaten ohne Meeresküste das Recht, Seeschifffahrt unter ihrer Flagge auszuüben, ermöglichte die Wiedergeburt des Österreichischen Lloyd im Jahre 1951. Stefan Kreppel gründete 1951 den neuen Österreichischen Lloyd (der lediglich den Namen mit dem Österreichischen Lloyd vor 1921 gemein hat), der sich seitdem zu einer mittelständischen europäischen Reederei entwickelte. Im Jahr 2000 bestand die eigene Flotte aus 23 Hochseeschiffen (Containerschiffe, Bulkcarrier, Kühlschiffe, Spezialschiffe). Eine in Wien ansässige Tochterfirma („Österreichische Lloyd Ship Management“) betreut rund 50 Schiffe technisch und personell.

Linien

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 betrieb der Österreichische Lloyd folgende regelmäßige Linien (genannt werden nur die wichtigsten Häfen der Linien):

Fahrplan aus dem Jahre 1845 für die Linien Konstantinopel–Smyrna und Konstantinopel–Galatz

Bei vielen Linien versuchte man die eingesetzten Schiffe mit Österreich oder Zielhäfen in Verbindung zu bringen. So wurden auf der Eillinie nach Griechenland und Konstantinopel Schiffe mit Städtenamen wie Bregenz, Brünn, Leopolis, Linz, Graz und Prag eingesetzt. Auf der Postdampferlinie in die Levante und das Schwarze Meer waren die Schiffe nach Ländern (Carinthia, Carniolia, Dalmatia, Salzburg, Styria, Tirol) sowie Kurorten (Abbazia, Gastein, Karlsbad, Meran) benannt. Eine andere Gruppe bildeten die Schiffe mit Namen aus der Mythologie und der Geschichte des Altertums (Amphitrite, Elektra, Euterpe, Urano, Cleopatra und Seramis), die ebenfalls die Levantelinie befuhren.

Unfälle

Nur kurz nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit geschahen bereits zwei Zusammenstöße mit Schiffen ausländischer Gesellschaften. Im November 1837 kollidierte der Lloyddampfer Arciduca Ludovico mit dem französischen Dampfer Dante in den Gewässern vor Scio und 17 Tage später mit dem französischen Dampfboot Leonidas im Hafen von Konstantinopel. Als Ursache für die Zusammenstöße wurden eher willkürliche Akte der etablierten Linien gegenüber dem jungen Konkurrenten, dem Österreichischen Lloyd, angenommen als menschliches Versagen. So intervenierte auch Staatskanzler Fürst Metternich bei der französischen Regierung die „Wiederkehr ähnlicher Begegnisse“ zu verhüten.

Einzelnachweise

  1. Zitat aus dem Fahrplan des Ö. Lloyds, entnommen aus: H. F. Mayer, Dieter Winkler: In allen Häfen war Österreich. S. 99
  2. Horst Friedrich Mayer, Dieter Winkler: In allen Häfen war Österreich. S. 63
  3. Oskar Stark: Eine versunkene Welt, S. 145 ff

Literatur

  • Horst Friedrich Mayer, Dieter Winkler: „In allen Häfen war Österreich – Die Österreichisch-Ungarische Handelsmarine“, Edition S, Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei, Wien 1987, ISBN 3-7046-0079-2
  • Georg Pawlik, Dieter Winkler: Der Österreichische Lloyd 1836 bis heute. Weishaupt Verlag, Wien 1989, ISBN 3-900310-55-6
  • Oskar Stark: Eine versunkene Welt – die Geschichte des österreichischen Lloyd; Fahrten und Ende seiner 62 Schiffe. Rohrer Verlag, Wien 1959

Siehe auch

Weblinks


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