Евгений Онегин

Евгений Онегин

Jewgeni Onegin (russisch Евгений Онегин/ Jewgeni Onegin) ist ein Versepos des russischen Dichters Alexander Puschkin. Puschkin schrieb dieses Gedicht 1823–1830 und gab ihm den Gattungsnamen Roman in Versen. In der vollständigen Fassung wurde das Werk zum ersten Mal 1833 veröffentlicht. Bereits 1840 erschien die erste deutsche Übersetzung unter dem Titel Eugen Onegin.

Inhaltsverzeichnis

Die Rahmenerzählung

Puschkin gibt seinem Gedicht einen festen Rahmen. Er lässt einen Erzähler in etwa die folgende Geschichte erzählen:

Eugen Onegin, ein junger Petersburger Müßiggänger, hat alle Genüsse des Großstadtlebens ausgekostet und empfindet nur noch ein Gefühl innerer Leere. Eine Erbschaft macht ihn unvermittelt zum Gutsbesitzer, worauf er die Stadt verlässt, um sich als Agrarier zu versuchen. Nach wenigen Tagen ekelt ihn das Landleben jedoch ebenso an. Sein ebenfalls noch junger Nachbar Lenskij, ein schwärmerischer Dichter, der in Göttingen studiert hat, führt ihn im Haus der Larins ein, mit deren Tochter Olga er sich im Lauf der Geschichte verlobt. Die ältere, Tatjana, verliebt sich in Eugen und gesteht es ihm in einem Brief. Eugen erklärt, dass er für die Ehe nicht geeignet sei, weist auf die Vergänglichkeit von Mädchenschwärmereien hin und warnt sie vor allzu voreiligen Bindungen. An Tatjanas Namenstag tanzt er demonstrativ nur mit ihrer Schwester. Lenskij ist darüber empört und schickt ihm aus Eifersucht eine Forderung. Eugen tötet ihn im Duell und verlässt, über den Ausgang des Duells schwermütig geworden, sein Landgut. Olga tröstet sich bald und heiratet einen Ulanenoffizier; Tatjana wird in Moskau mit einem General verheiratet. Zufällig trifft Eugen sie in Moskau auf einem Ball wieder und diesmal verliebt er sich tatsächlich in sie. Er gesteht ihr nun seinerseits in einem Brief seine Liebe, doch Tatjana weist ihn ab, obwohl auch sie ihn noch immer liebt.

Der Inhalt

Puschkins Gedicht ist von maßgebenden Literaturkennern schon früh als eine Art Enzyklopädie, "Enzyklopädie des russischen Lebens" (Belinskij),[1] "literarische Enzyklopädie" (Fennel, nach Johnston, etc etc) erkannt worden. Die Hauptfigur des Gedichtes, der Erzähler (nicht zu verwechseln mit dem Autor selbst!), verlässt die Bühne nicht für einen einzigen Moment. Er kommentiert, interpretiert und parodiert nicht nur die Handlung, sondern alles, was mit dieser Handlung im weitesten Sinne des Wortes zusammenhängt, sowie alles, was zum Beschreiben einer solchen Handlung benutzt wird bzw benutzt werden könnte. Abgehandelt werden in präzisester Form insbesondere alle bekannten Stilarten der Literatur, alle literarischen Themen, alle im Gang befindlichen literarischen Streitereien und - nicht zuletzt - Puschkins eigene Entwicklungsgeschichte in der Literatur (inkl. allem, was er als seine Fehlgriffe ansieht), wobei auch hier mit Ironie und beißendem Spott nicht gespart wird. Puschkin unterstützt seinen Erzähler in diesem Unterfangen damit, dass er jede Aussage mit der ihr eigenen Musik untermalt, d.h. durch die Form dupliziert (das Medium als Botschaft, 1823!). Das Werk wird deshalb allein schon wegen dieser Verschmelzung von Form und Inhalt als absolut einmalig angesehen.[2] Leider wird die Tatsache, dass es sich bei Eugen Onegin um ein Gesamtkunstwerk in der Form eines Gedichtes handelt, immer wieder aus den Augen verloren. So erklärt sich, dass das Libretto der gleichnamigen Oper sowie die Drehbücher diverser Filme einzig und allein auf der Rahmenerzählung des Gedichts basieren, wobei stets außer Acht gelassen wird, dass dies ja nur die Erzählung einer Figur ist und mit Puschkins Gedicht nur am Rande etwas zu tun hat. Viel zu tun damit hingegen haben die Gedichte (Romane in Versen) von einigen jüngeren Autoren wie Vikram Seth[3] und Les Murray,[4] die auf Puschkins Werk basieren, in Seths Fall sogar in der Form.[5]

Die Form

Eugen Onegin gliedert sich in 8 Cantos (Kapitel) zu circa 50 Strophen. Jede Strophe enthält 14 Zeilen. In diese Gefäße gießt Puschkin Polemik, Lyrik und Epik; Oden, Elegieen, Liebesbekenntnisse, Landschafts- und Gesellschaftsbeschreibungen, Satiren, Epigramme, Parodien, Spottgedichte, Literaturkritik, Didaktik etc etc. Eines der Hauptziele seiner Angriffe ist das, was heute in weiten Teilen des deutschen Sprachraums Poesie genannt wird. Über seinen "Poeten" Lenskij und dessen "empfindsame" Lyrik macht er sich nicht nur in Kommentaren und direkten Nachahmungen lustig, sondern lässt ihn quasi als Strafe für seine Vergehen gegen die Dichtkunst schon in der Mitte des Gedichtes aus dem Wege räumen.

Als Beispiel für Puschkins Kunst wird oft der Beginn des 5. Cantos erwähnt. So wird etwa Strophe II unter dem Titel Winter oft auch als selbstständiges Gedicht abgedruckt. Richtig verständlich wird die Strophe (und Puschkins Umgang mit der Form) jedoch erst in ihrem Rahmen. In Strophe I sehen wir den Winter mit den Augen Tatjanas. In Strophe II macht der Erzähler daraus ein Gedicht. In Strophe III mischt sich Puschkin selbst ein, beleuchtet sowohl Tatjanas Sicht der Dinge wie auch das Gedicht des Erzählers und rechnet gleichzeitig mit zwei Dichterkollegen (Wjasemski und Baratynski) ab - ein Lehrgang in 14 kurzen Zeilen.

Die Nachwirkung

In der Wissenschaft ist man sich darüber einig, dass es keinem der großen Vertreter der russischen Literatur je gelungen ist, Puschkins "Roman in Versen" erfolgreich zu übernehmen, und so wird dies auch immer wieder betont. Gleichzeitig ist - oft von denselben Experten - die Meinung zu hören, Puschkin hätte mit seinem Eugen Onegin dem realistischen russischen Roman "den Weg bereitet" oder diese Entwicklung irgendwie "eingeleitet". Diese Auffassung wird denn auch durch Äußerungen zahlreicher russischer Schriftsteller bestärkt, die sich selber als die Nachfolger Puschkins sehen. Man wird sich, Henry James folgend, allerdings fragen müssen, was ein der strengen Form und den Idealen der Genauigkeit und Kürze[6] so stark verpflichtetes Gedicht wie Eugen Onegin mit den "large, loose, baggy monsters",[7] wie Henry James die großen russischen Romane des 19. Jahrhunderts nennt, gemeinsam haben soll und wie es ihnen demzufolge den Weg hätte bereiten können.

Anmerkungen

  1. zitiert in Alexander Puschkin: Eugen Onegin. Ein Roman in Versen, Reclam, UB 427, Nachwort
  2. John Fennell: Pushkin, Penguin, London 1964, Einleitung
  3. Vikram Seth: The Golden Gate, Faber and Faber, London 1999
  4. Les Murray: Fredy Neptune, Englisch/Deutsch, Übers. Thomas Eichhorn, Ammannn 2004
  5. A.Pushkin: Eugene Onegin, Übers. Charles Johnston, Penguin Classics, London 2001
  6. A. Puschkin, zitiert in Pique Dame, Reclam, UB 1613, Nachwort
  7. Henry James: The Tragic Muse, 1908, preface, (online)

Wirkungsgeschichten

Der Versroman gilt als ein Meisterwerk der russischen Literatur. Mit ihm leitete Puschkin die Periode des großen, realistisch-poetischen Romans ein. Zum ersten Mal in der russischen Literatur tauchen hier Menschen auf, die sich auch in der damaligen Gesellschaft zu tausenden wiederfanden. Allen voran Eugen Onegin als Prototyp des „überflüssigen Menschen“. Der Realismus spiegelt sich aber ebenso in den mehr als hundert Nebenfiguren.

Pjotr Iljitsch Tschaikowski komponierte nach einem Libretto seines Bruders, das auf Puschkins Vorlage basierte, die Oper Eugen Onegin mit dem Untertitel Lyrische Szenen, die am 29. März 1879 im Moskauer Maly-Theater uraufgeführt wurde. Das Thema wurde von John Cranko als Ballett zu Musik von Tschaikowski in Bearbeitung von Kurt-Heinz Stolze umgesetzt und 1965 vom Stuttgarter Ballett uraufgeführt.

Außerdem gibt es verschiedene Verfilmungen, zuletzt Onegin (1999) mit Ralph Fiennes in der Titelrolle.

Übersetzungen ins Deutsche

  • R. Lippert, Leipzig 1840
  • Adolf Seubert, Leipzig um 1906
  • Theodor Commichau, Berlin 1916
  • Friedrich Bodenstedt, Wien 1946
  • Elfriede Eckardt-Skalberg, Baden-Baden 1947
  • Johannes von Guenther, Leipzig 1949
  • Manfred von der Ropp und Felix Zielinski, München 1972
  • Kay Borowsky, Stuttgart 1972 (Prosaübersetzung)
  • Theodor Commichau und M. Remané, Bearb. K. Schmidt, Ffm 1973
  • Rolf-Dietrich Keil, Gießen 1980
  • Ulrich Busch, Zürich 1981

Libretto-Übersetzung: August Bernhard, weitere Libretto-Übersetzungen: Max Kalbeck,sowie Wolf Ebermann gemeinsam mit Manfred Koerth

Weblinks


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