- བོད་ཡིག
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Das Tibetische (Tibetisch: བོད་ཡིག, Wylie: bod yig) gehört zu den tibetanischen Sprachen, einer Untergruppe des Tibetobirmanischen. Es wird von ca. 6 Millionen Tibetern gesprochen, wovon die meisten in Tibet leben. Daneben gibt es etwa 130.000 Tibeter im Exil, hauptsächlich in Nepal, Indien und Bhutan. Die Sprache wird mit dem tibetischen Alphabet geschrieben, das aus der Devanagari abgeleitet ist.
Tibetisch (བོད་ཡིག) Gesprochen in
China (Regionen: Tibet, Qinghai, Gansu, Sichuan), Indien (Regionen: Grenzgebiete zu Tibet), Nepal, Bhutan Sprecher 6 Millionen Linguistische
Klassifikation- Sino-tibetisch
- Tibeto-birmanisch
-
- Tibetisch
-
- Tibeto-birmanisch
Offizieller Status Amtssprache von Autonomes Gebiet Tibet Sprachcodes ISO 639-1: bo (Ü-Tsang)
Kein Code für Amdo, KhamISO 639-2: (B) tib (Ü-Tsang)
sit (andere Sino-tibetische Sprachen)(T) bod (Ü-Tsang)
sit (andere Sino-tibetische Sprachen)ISO 639-3: - bod (Ü-Tsang)
- adx (Amdo)
- khg (Kham)
Inhaltsverzeichnis
Offizieller und soziolinguistischer Status
Die Tibeter sind eine der am wenigsten assimilierten Volksgruppen Chinas.[1] 84% der Tibeter in Tibet kommunizieren in der Regel ausschließlich auf Tibetisch.[2]
Rechtliche Lage
In der Verfassung der Volksrepublik China von 1982 heißt es[3]:
„Allen Nationalitäten steht es frei, ihre eigene Sprache und Schrift anzuwenden und zu entwickeln […]“
– Artikel 4
„Bei der Ausübung ihrer Funktionen bedienen sich die Organe der Selbstverwaltung der Regionen mit nationaler Autonomie entsprechend den Bestimmungen der Autonomie-Vorschriften der jeweiligen Gebiete in Wort und Schrift der in dem betreffenden Gebiet gebräuchlichen Sprache bzw. Sprachen.“
– Artikel 121
Tibetisch ist neben den Chinesischen Sprachen Amtssprache im Autonomen Gebiet Tibet und anderen Teilen Chinas mit tibetischer Bevölkerung.
Im Jahr 1987 erließ die tibetische Regierung „Provisorische Vorschriften des Autonomen Gebietes Tibet über die Lehre, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift“[4], 1988 „Detaillierte Durchführungsbestimmungen zu den provisorischen Vorschriften des Autonomen Gebietes Tibet über über die Lehre, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift“[5] und 2002 schließlich die „Vorschriften des Autonomen Gebietes Tibet über die Lehre, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift“[6].[7][8]
Für die Entwicklung und Standardisierung der Sprache ist das staatliche Komitee für die terminologische Standardisierung des Tibetischen (བོད་ཡིག་བརྡ་ཚད་ལྡན་དུ་སྒྱུར་བའི་ལས་དོན་ཨུ་ཡོན་ལྷན་ཁང་གིས་བསྒྲིགས, chin. 藏語術語標準化工作委員會 / 藏语术语标准化工作委员会) zuständig.[9]
Alphabetisierung
Nach den Daten der letzten beiden Volkszählungen lag die Analphabetenrate unter Tibetern im Jahr 1990 bei 69,39% (gegenüber 22,21% der Gesamtbevölkerung Chinas); bis zum Jahr 2000 konnte sie um 31,47% auf 47,55% (Gesamtbevölkerung: 9,08%) gesenkt werden.[10]
Schulsystem
An 98% der Grundschulen in Tibet ist die Unterrichtssprache Tibetisch[11][8] und 92% der Grundschullehrer sind Tibeter; gleichzeitig wird Chinesisch als Fremdsprache unterrichtet.[2] Im Jahr 2002 gab es 181 Lehrbücher für 16 Unterrichtsgegenstände auf Tibetisch und es wurden zwar acht Glossare naturwissenschaftliche Fachterminologie erstellt,[2] an den Mittelschulen werden jedoch Mathematik, Physik und Chemie generell immer noch auf Chinesisch unterrichtet.[8][12] Die Texte in den Lehrbüchern zur tibetischen Sprache und Literatur (gaiyig སྐད་ཡིག་, chin. 语文, yǔwén) stammen zu 47% aus moderner und zeitgenössischer tibetischer Literatur, zu 29% aus traditioneller tibetischer Literatur und zu 24% aus Übersetzungen aus dem Chinesischen.[13] An den tibetischen Universitäten und Hochschulen ist die Unterrichtssprache meist Chinesisch, außer in Fächern im Zusammenhang mit tibetischer Geschichte, Sprache und Literatur sowie traditioneller tibetischer Medizin. [14]
An den tibetischen Schulen in Indien war die Unterrichtssprache bis 1985 ausschließlich Englisch; heute wird an einigen Grundschulen in den ersten fünf Jahren teilweise auf Tibetisch unterrichtet, ab dem sechsten Schuljahr nur auf Englisch und alle Mittelschullehrbücher sind auf Englisch.[15]
Nach den Vorschriften sollen Han-Chinesen in Tibet auch Tibetisch lernen, doch diese Regelung wird heute generell ignoriert.[16]
Medien
Allein in Tibet selbst erscheinen 14 Zeitschriften und 10 Tageszeitungen auf Tibetisch, dazu kommt eine Handvoll regionaler[17] und nationaler[18] tibetischer Zeitungen und Zeitschriften in anderen Teilen Chinas,[8] es gibt zahlreiche Radio- und Fernsehsender sowie Kinofilme auf Tibetisch (in den Varietäten von Lhasa und der Kamba[19]); neun Verlage in China publizieren regelmäßig Bücher auf Tibetisch, jährlich erscheinen rund tausend Titel;[8] Regierung, Justiz, Verwaltung etc. sowie Straßenschilder und Werbung sind laut Vorschriften zweisprachig.[8][2]
Dialekte und Stilebenen
Die modernen tibetischen Dialekte kann man wie folgt einteilen:
Dialektgruppe Untergruppe Lokale Dialekte dBus-gTsang
(Ü-Tsang)
ca. 1 Mio. SprecherdBus Lhasa, Painbo, Doilungdêqên, Maizhogungkar, Qüxü (Xoi), Lhagyari, Zêtang gTsang Xigazê, Gyangzê, Lhazê, Tingri, Sa’gya, Yadong (Chomo/Xarsingma) Khams
(Kham)
ca. 1,5 Mio. SprecherNördliche Dialekte Garzê: Kangding (Dardo), Yajiang (Nyagquka), Chaggo, Nyarong, Garzê, Dainkog, Dêgê
Qinghai – Yushu (Gyêgu): Nangqên
Qamdo entlang der StraßeSüdliche Dialekte Garzê: Litang, Batang, Yidun (Daxod), Dêrong, Dabpa
Dêqên und Qamdo: Markam, CalhoNomadendialekte Nord-Qamdo: Dêngqên, Baqên
Nagqu
Yushu (Gyêgu): Chindu, QoimaA-mdo
(Amdo)
ca. 800.000 SprecherBauerndialekte Xiahe (Labrang), Luqu, Tianzhu (Ra’gyei), Ledu (Nianbai), Rongren (Rêbgong), Tongde, Chiga Nomadendialekte Zêkog, Marqu, Xinghai, Qilian, Gangca, Haiyan (Chinkuxung), Jigzhi, Baima, Gadê
NgawaDie hier genannten drei "Dialekte" des Tibetischen werden von manchen Forschern als unterschiedliche Sprachen interpretiert. Weitere tibetanische Sprachen - das sind Sprachen, die dem Tibetischen nah verwandt sind - werden auch in Nepal (Sherpa und Mustang), Bhutan (Amtssprache Dzongkha) und Indien (Ladakhi) gesprochen (siehe die Artikel Tibetanische Sprachen und Bodische Sprachen). Die tibetische Exil-Koine basiert auf dem Lhasa-Dialekt.
Tibetisch verfügt über drei Stilebenen: die Umgangssprache Phal-skad, die höfliche gesprochene Sprache She-sa, die vor allem in Lhasa benutzt wird, und das klassische Tibetisch Chos-skad, in welchem die klassischen Schriften (v.a. religiöse Texte) verfasst sind. Besonders in den oberen Stilebenen werden zahlreiche Ehrentitel verwendet. Wie in vielen asiatischen Sprachen besitzen häufig gebrauchte Wörter unterschiedliche Formen, um hierarchische Unterschiede auszudrücken.
Phonologie
Das klassische Tibetisch und die moderne tibetische Schriftsprache unterscheiden sich in ihrer schriftlichen Form phonologisch nicht voneinander.
Es haben sich jedoch verschiedene tibetische Dialekte entwickelt, die untereinander teilweise nicht verständlich sind. Die moderne Schriftsprache ist pan-dialektal, d. h. wird von Sprechern verschiedener Dialekte verwendet.
Einige zentraltibetische Dialekte haben Töne entwickelt, aber weil östliche Dialekte wie Amdo und westliche wie Balti keine phonemischen Töne haben, kann das Tibetische nicht durchgängig als Tonsprache bezeichnet werden.
Schriftsprache
Die tatsächliche Aussprache des klassischen Tibetisch ist eine Rekonstruktion auf der Grundlage ihrer geschriebenen Form und der modernen tibetischen Dialekte. In der folgenden Darstellung wird neben der tibetischen Schrift die Transkription von Wylie und eine mögliche Rekonstruktion in Internationaler Lautschrift (IPA) angegeben.
Silbenanlaute
Einfache Anlaute
Tibetisch Wylie IPA Tibetisch Wylie IPA Tibetisch Wylie IPA Tibetisch Wylie IPA ཀ ka k ཅ ca tɕ ཏ ta d པ pa p ཁ kha kʰ ཆ cha tɕʰ ཐ tha tʰ ཕ pha pʰ ག ga g ཇ ja dʑ ད da t བ ba b ང nga ŋ ཉ nya ɲ ན na n མ ma m Tibetisch Wylie IPA Tibetisch Wylie IPA Tibetisch Wylie IPA Tibetisch Wylie IPA ཙ tsa ts ཞ zha ʑ ར ra r ཧ ha h ཚ tsha tsʰ ཟ za z ལ la l ཨ a — ཛ dza dz འ ’a ɦ ཤ sha ɕ ཝ wa w ཡ ya j ས sa s Kombinierte Anlaute
Neben den oben angeführten einfachen Anlauten sind auch Konsonantenkombinationen als Silbenanlaute möglich. Traditionell wird nach der Schreibweise unterschieden zwischen Grundanlauten mit darüber-, darunter- und vorangestellten Konsonanten.
Vokale
Die tibetische Schriftsprache unterscheidet fünf Vokale: a, i, u, e und o.
Silbenauslaute
Am Silbenende kommen folgende einfache Konsonanten (in Wylie-Transkription) vor: -g, -ng, -d, -n, -b, -m, -’, -r, -l und -s. Außerdem können noch folgende Konsonantenkombinationen auftreten: -gs, -ngs, -bs und -ms.
Lhasa-Dialekt
Als Dialekt der Hauptstadt der Autonomen Region Tibets und des Großteils der tibetischen Exilgemeinde kommt dem Lhasa-Dialekt eine besondere Rolle zu. In der folgenden Darstellung wird das Lautinventar des Lhasa-Dialekts in Internationaler Lautschrift und der offiziellen Transkription in China (die auf der chinesischen Pinyin-Umschrift beruht) beschrieben, außerdem sind die schriftsprachlichen Entsprechungen in Wylie-Transkription angeführt.
Töne
Der Lhasa-Dialekt hat vier Töne. Für die Angabe in IPA wird hier der Vokal a verwendet. Bei der Angabe in Ziffern bezeichnet 1 die niedrigste Tonhöhe, 5 die höchste.
Register Kontur IPA Ziffern Länge hoch eben á 55 kurz hoch fallend âː 53 lang tief eben bzw. etwas steigend à 12 kurz tief steigend ǎː 14 lang Das Register wird durch den Silbenanlaut bestimmt (s.u.). Die Konsonanten *g, *gs, *b, *bs, *d, *s, *ngs und *ms am Silbenende der geschriebenen Formen bewirken, dass eine Silbe im Hochton fallend (×́ → ×̂ː) bzw. dass eine Silbe im Tiefton steigend (×̀ → ×̌ː) ausgesprochen wird.
Silbenanlaute
Die pränasalisierten Anlaute (mp, nt, nts, ɳʈʂ, ɲc, ɲtɕ, ŋk) werden nicht von allen Sprechern bzw. nicht in allen Kontexten pränasalisiert ausgesprochen.
Der Ton einer Silbe hängt vom Anlautkonsonanten ab. Zur Veranschaulichung sind in der Tabelle die Anlaute in Lautschrift jeweils mit dem Vokal a und einem Tonzeichen für das jeweilige Register (hoch oder tief) versehen.
IPA Wylie offiziell pá p, sp, dp, lpa b pà rb, sb, db, sbr b mpà lb, ’b b pʰá ph, ’ph b pʰà b p má rm, sm, dm m mà m, mr m wà w, db w tá t, rt, lt, st, tw, gt, bt, brt, blt, bst, bld d ntá lth d tà rd, sd, gd, bd, brd, bsd d ntà zl, bzl, ld, md, ’d d tʰá th, mth, ’th t tʰà d, dw t ná rn, sn, gn, brn, bsn, mn n nà n n lá kl, gl, bl, rl, sl, brl, bsl l là l, lw l ɬá lh lh tsá ts, rts, sts, tsw, gts, bts, brts, bsts z tsà rdz, gdz, brdz z ntsà mdz, ’dz z tsʰá tsh, tshw, mtsh, ’tsh c tsʰà dz c sá s, sr, sw, gs, bs, bsr s sà z, zw, gz, bz s ʈʂá kr, tr, pr, dkr, dpr, bkr, bskr, bsr zh ʈʂà dgr, dbr, bsgr, sbr zh ɳʈʂà mgr, ’gr, ’dr, ’br zh ʈʂʰá khr, thr, phr, mkhr, ’khr, ’phr ch ʈʂʰà gr, dr, br, grw ch ʂá hr sh rà r, rw r cá ky, rky, lky, sky, dky, bky, brky, bsky gy cà dgy, bgy, brgy, bsgy gy ɲcà mgy, ’gy gy cʰá khy, mkhy, ’khy ky cʰà gy ky tɕá c, cw, gc, bc, lca, py, dpy j tɕà rj, gj, brj, dby j ɲtɕà lj, mj, ’j, ’by j tɕʰá ch, mch, ’ch q tɕʰà j q tɕʰá phy, ’phy q tɕʰà by q ɕá sh, shw, gsh, bsh x ɕà zh, zhw, gzh, bzh x ɲá rny, sny, gny, brny, bsny, mny, nyw ny ɲà ny, my ny já g.y y jà y y ká k, rk, lk, sk, kw, dk, bk, brk, bsk g kà rg, sg, dg, bg, brg, bsg g ŋkà lg, mg, ’g g kʰá kh, khw, mkh, ’kh k kʰà g, gw k ŋá rng, lng, sng, dng, brng, bsng, mng ng ŋà ng ng ʔá —, db — ʔà ’ — há h, hw h Silbenauslaute
Im Lhasa-Dialekt gibt es 17 Vokale: i, ĩ, e, ẽ, ɛ, ɛ̃, a, ã, u, ũ, o, õ, ɔ, y, ỹ, ø und ø̃. Diese bilden mit den Konsonanten p, ʔ, r, m und ŋ folgende Silbenauslaute:
IPA a au aˀ aŋ ap am ar offiziell a au ag ang ab am ar Wylie a a’u ag/ags ang/angs ab/abs am/ams ar IPA ɛ ɛˀ ɛ̃ offiziell ai/ä ai/ä ain/än Wylie al/a’i ad/as an IPA e eˀ eˀ eŋ ep em er ẽ offiziell ê êg ê êng êp êm êr ên Wylie e/el/e’i eg/egs ed/es eng/engs eb/ebs em/ems er en IPA ø øˀ ø̃ offiziell oi/ö oi/ö oin/ön Wylie ol/o’i od/os on IPA i iu iˀ iˀ iŋ ip im ir ĩ offiziell i iu ig i ing ib im ir in Wylie i/il/i’i i’u/e’u ig/igs id/is ing/ings ib/ibs im/ims ir in IPA u uˀ uŋ up um ur offiziell u ug ung ub um ur Wylie u ug/ugs ung/ungs ub/ubs um/ums ur IPA y yˀ ỹ offiziell ü ü ün Wylie ul/u’i ud/us un IPA o oˀ oŋ op om or offiziell o og ong op om or Wylie o og/ogs ong/ongs ob/obs om/oms or Auslautendes -r fällt häufig aus und führt nur zur Längung des Vokals. Auslautendes -n der geschriebenen Formen führt meist zur Nasalisierung des vorhergehenden Vokals.
Sandhi
In zwei- und mehrsilbigen Wörtern kommt es darüber hinaus zu einigen lautlichen Veränderungen. (In den folgenden Beispielen ist der schriftlichen Form in Wylie-Transliteration ein Stern vorangesetzt, darauf folgt die Aussprache in IPA in eckigen Klammern und die offizielle Transkription in runden Klammern.)
- Die zweite Silbe eines zweisilbigen Wortes wird statt mit einem Hochton mit einem Tiefton gesprochen.
- Die zweite Silbe wird mit einem Hochton statt mit einem Tiefton gesprochen und die Aspiration fällt weg, wenn ihr Anlaut ursprünglich aspiriert war, außer ihre schriftliche Form beginnt mit *b.
Wenn *bu die zweite Silbe ist, wird es [pú] gesprochen. Wenn *ba oder *bo die zweite Silbe ist, werden sie [wá] (wa) bzw. [wó] (wo) gesprochen.
- Wenn die erste Silbe den hohen fallenden Ton trägt, wird sie in zweisilbigen Wörtern im hohen ebenen Ton gesprochen (×̂ː→×́); wenn die erste Silbe den tiefen steigenden Ton trägt, wird sie im tiefen ebenen Ton gesprochen (×̌ː→×̀); wenn die zweite Silbe den tiefen steigenden Ton trägt, wird sie im hohen fallenden Ton gesprochen (×̌→×̂).
- Wenn die erste Silbe der geschriebenen Form auf *g, *gs, *ng oder *ngs endet, wird *po als zweite Silbe zu [kó]:
- Wenn eine Silbe mit *g, *j, *d, *b oder *dz beginnt, bewirken ein superskribiertes *l bzw. ein präskribiertes *m oder *’ Pränasalisierung bzw. Nasalisierung der vorhergehenden Silbe:
- *bod ljongs → [pʰø̰̀tɕôŋ] oder [pʰø̀ⁿtɕôŋ] (poinjong)
- *rta mgo → [táŋkó] (danggo)
- *mi ’bor → [mìmpór] (mimbor)
- *mi ’dug → [mìntû] (mindu)
- Wenn die zweite Silbe das Präfix *b trägt, wird es der ersten Silbe als Auslaut [p] angeschlossen.
- Das Suffix *ba wird [wá] oder [wa] ausgesprochen; in der Umgangssprache verschmilzt es mit der vorhergehenden Silbe.
- *ka ba → [kʰáː] (kawa)
- *dra ba → [ʈʂʰàː] (zhawa)
- *ko ba → [kóː] (gowa)
- *du ba → [tʰʊò] (tuwa)
- *mche ba → [tɕʰɛ́] (qêwa)
- *lji ba → [ⁿtɕɪě] (jiwa)
- Das Suffix *’u bewirkt die Bildung von Diphthongen. (Die Suffixe *’o [ò], *’am [àm] und *’ang [àŋ] bilden eigene Silben.)
- Die Silben *’u, *’o und *’e werden in Lehnwörtern verwendet und bilden lange Vokale oder Diphthonge.
- *ma’o tse tung → [màu tsé túŋ] (Mao Zedong)
- *kro’u en la’e → [ʈʂóu én lɛ̀ː] (Zhou Enlai)
Grammatik
Tibetisch gehört zu den Ergativsprachen und ist flektierend.
Wie im Chinesischen werden abstrakte Substantive gerne durch Zusammenstellung von gegensätzlichen Adjektiven gebildet. Beispiel: tsha-trang wörtlich „heiß-kalt“, d. h. „Temperatur“.
Morphologie
Substantive
In der klassischen Schriftsprache werden neun Fälle mit Suffixen markiert, die in der modernen Schriftsprache weitgehend erhalten sind:
- Absolutiv (nicht markiert)
- Genitiv (-gi, -gyi, -kyi, -’i, -yi)
- Ergativ/Instrumental (-gis, -gyis, -kyis, -’is, -yis)
- Lokativ (-na)
- Allativ (-la)
- Terminativ (-ru, -su, -tu, -du, -r)
- Komitativ (-dang)
- Ablativ (-nas)
- Elativ (-las)
Es gibt mehrere Pluralsuffixe (-rnams, -dag), die jedoch nicht verwendet werden, wenn aus dem Kontext hervorgeht, dass das betreffende Wort im Plural ist.
Verben
Verben flektieren nicht nach Person und Numerus. Jedes Verb hat bis zu vier verschiedene Stämme, die von tibetischen Grammatikern traditionell als Gegenwart (lda-ta), Vergangenheit (’das-pa), Zukunft (ma-’ongs-pa) und Befehlsform (skul-tshigs) bezeichnet werden. Die verschiedenen Stämme werden meist durch Ablaut gebildet, z. B. byed, byas, bya, byos „machen“. Die genaue Funktion dieser Stammformen ist bis heute umstritten.
Die wenigsten Verben können sämtliche vier Stammformen bilden. Dieser Mangel an zeitlichen Ausdrucksformen wird im modernen Tibetisch durch Hilfsverben oder die Beifügung von Suffixen ausgeglichen.
Syntax
Die Satzstellung ist grundsätzlich Subjekt-Objekt-Verb. Adjektive stehen nach dem Substantiv. Adverbialbestimmungen stehen vor dem Verb. Nomen im Genitiv stehen vor dem regierenden Substantiv.
Wortschatz
Schrift
Hauptartikel: Tibetische Schrift, Tibetische Literatur
Das tibetische Alphabet soll im 7. Jahrhundert von Thonmi Sambhoṭa geschaffen worden sein. Der Legende nach erfand er nicht nur die tibetische Schrift, sondern auch die Sprache selbst, die er in einem zweibändigen Werk vollständig beschrieben haben soll.
Literatur
Allgemein
- Jīn Péng 金鹏 (Hg.): Zàngyǔ jiǎnzhì 藏语简志 (Abriss der tibetischen Sprache; Běijīng 北京, Mínzú chūbǎnshè 民族出版社 1983).
- Qú Ǎitáng 瞿霭堂: Zàngzú de yǔyán hé wénzì 藏族的语言和文字 (Sprache und Schrift der Tibeter; Běijīng 北京, Zhōngguó Zàngxué chūbǎnshè 中国藏学出版社 1996), ISBN 7-80057-278-1.
- Zhōu Jìwén 周季文, Xiè Hòufāng 谢后芳: Zàngyǔ Lāsàhuà yǔfǎ 藏语拉萨话语法 (Grammatik des Lhasa-Dialekts; Běijīng 北京, Mínzú chūbǎnshè 民族出版社 2003), ISBN 7-105-05659-2.
- Wáng Zhìjìng 王志敬: Zàngyǔ Lāsà kǒuyǔ yǔfǎ 藏语拉萨口语语法 (Grammatik der tibetischen Umgangssprache von Lhasa; Běijīng 北京, Zhōngyāng mínzú dàxué chūbǎnshè 中央民族大学出版社 1994), ISBN 7-81001-359-9.
Wörterbücher
- Das, Sarat Chandra; Baradur, Rai: Tibetan-English Dictionary (Calcutta, Bengal Secretariat Book Depot 1902). Unzählige Nachdrucke. Tibetisch-Englisch-Sanskrit. Etwas schlechter als Jäschke.
- Jäschke, Heinrich August: A Tibetan-English Dictionary (London, 1881; unzählige Nachdrucke). Ein Standardwerk.
- Goldstein, Melvyn C.; Shelling, T. N.; Surkhang, J. T.: The New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan (University of California Press 2001), ISBN 0-520-20437-9.
- Goldstein, Melvin C.: English-Tibetan Dictionary of Modern Tibetan (Paljor 2002), ISBN 81-85102-46-5.
- Zhāng Yísūn 张怡荪 (Hg.): bod rgya tshig mdzod chen mo / Zàng-Hàn dà cídiǎn 藏汉大辞典 (Großes tibetisch-chinesisches Wörterbuch; Běijīng 北京, mi rigs dpe skrun khang / Mínzú chūbǎnshè 民族出版社 1985). Umfangreiches Standard-Wörterbuch, Tibetisch-Tibetisch-Chinesisch.
- bod rgya shan sbyar gyi lha sa’i kha skad tshig mdzod བོད་རྒྱ་ཤན་སྦྱར་གྱི་ལྷ་སའི་ཁ་སྐད་ཚིག་མཛོད། / Zàng-Hàn duìzhào Lāsà kǒuyǔ cídiǎn 藏汉对照拉萨口语词典 (Tibetisch-chinesisches Wörterbuch der Umgangssprache von Lhasa; Běijīng 北京, mi rigs dpe skrun khang / Mínzú chūbǎnshè 民族出版社 1983).
Lehrbücher
- Bartee, Ellen; Nyima Droma [nyi ma sgrol ma]: A beginning textbook of Lhasa Tibetan (Běijīng 北京, Zhōngguó Zàngxué chūbǎnshè 中国藏学出版社 2000), ISBN 7-80057-430-X.
- Goldstein, Melvyn C.; Gelek Rimpoche, Lobsang Phuntshog: Essentials of modern literary Tibetan. A reading course and reference grammar (University of California Press 2001), ISBN 0-520-07622-2.
- Zàngwén pīnyīn jiàocái – Lāsàyīn 藏文拼音教材•拉萨音 / bod yig gi sgra sbyor slob deb, lha sa’i skad བོད་ཡིག་གི་སྒྲ་སྦྱོར་སློབ་དེབ། ལྷ་སའི་སྐད། (Lehrmaterial für die Transkription des Tibetischen, Lhasa-Dialekt; Běijīng 北京, Mínzú chūbǎnshè 民族出版社 1983), ISBN 7-105-02577-8.
- Hahn, Michael: Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache (Swisttal-Odendorf, Indica-et-Tibetica-Verlag 1996), ISBN 3-923776-10-1.
- Sommerschuh, Christine: Einführung in die tibetische Schriftsprache. Lehrbuch für den Unterricht und das vertiefende Selbststudium (BoD-Verlag, 2008), ISBN 978-3-8370-1214-9.
- Nicolas Tournadre, Sangda Dorje: Manual of Standard Tibetan (Snow Lion 2003), ISBN 978-1-55939-189-4.
Weblinks
Wikipedia auf Tibetisch- The Tibetan and Himalayan Digital Library (thdl.org)
- Ethnologue: Central Tibetan (bod), Amdo Tibetan (adx), Khams Tibetan (khg)
- The Rosetta Project: Tibetan (rosettaproject.org)
Siehe auch
Fußnoten
- ↑ Gerard A. Postiglione: China's National Minority Education. Culture, Schooling, and Development. Routledge, 1999, S. 114.
- ↑ a b c d 中国出台藏语言使用法规 (Xinhua, 22. Mai 2002 / china-language.gov.cn, 21. Juni 2002).
- ↑ Verfassung der Volksrepublik China von 1982 auf verfassungen.de (gesichtet Dez. 2008)
- ↑ 「西藏自治区学习、使用和发展藏语文的若干规定(试行)」 (deutsch: „Provisorische Vorschriften des Autonomen Gebietes Tibet über die Lehre, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift“)
- ↑ 「西藏自治区学习、使用和发展藏语文的若干规定(试行)的实施细则」 (deutsch: „Detaillierte Durchführungsbestimmungen zu den provisorischen Vorschriften des Autonomen Gebietes Tibet über über die Lehre, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift“)
- ↑ 「西藏自治区学习、使用和发展藏语文的规定」 (deutsch: „Vorschriften des Autonomen Gebietes Tibet über die Lehre, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift“)
- ↑ [1] (china-language.gov.cn, 18. März 2008)
- ↑ a b c d e f Informationsbüro des Staatsrates der Volksrepublik China: 西藏文化的保护与发展 藏语言文字的学习、使用和发展 (China.com.cn, 25. Oktober 2008)
- ↑ བོད་ཡིག་བརྡ་ཚད་ལྡན་དུ་སྒྱུར་བའི་ལས་དོན་ཨུ་ཡོན་ལྷན་ཁང་གིས་བསྒྲིགས (Hg.): བོད་ཀྱི་སྤྱི་སྐད་སྐོར་གྱི་ཆེད་རྩོམ་ཕྱོགས་བསྒྲིགས (Beijing, མི་རིགས་དཔེ་སྐྲུན་ཁན / 民族出版社 1999), ISBN 7-105-03018-6;
全国术语标准化技术委员会少数民族语分技术委员会藏语工作委员会2006年度工作会议在北京召开 (教育部语言文字应用研究所, 12. Januar 2001);
藏语专词术语混乱的症结在哪里 (China Tibet Information Centre, 22. März 2006) - ↑ Minglang Zhou: Legislating Literatcy for Linguistic and Ethnic Minorities in Contemporary China. In: Anthony J. Liddicoat (Hg.): Language planning and policy: Issues in Language Planning and Literacy. Multilingual Matters, Clevedon / Tonawanda / North York 2007, S. 102–121, hier S. 117.
- ↑ Catriona Bass: Education in Tibet. Policy and Practice Since 1950. Tibet Information Network / Zed, 1998, S. 233.
- ↑ Minglang Zhou, Hongkai Sun: Language Policy in the People's Republic of China. Kluwer, 2004, S. 226.
- ↑ Ellen Bangsbo: Teaching and Learning in Tibet. A Review of Research and Policy Publications. Nordic Institute of Asian Studies, 2004, S. 16.
- ↑ Catriona Bass: Education in Tibet. Policy and Practice Since 1950. Tibet Information Network / Zed, 1998, S. 235.
- ↑ Dagmar Bernstorff, Hubertus von Welck: Exile as Challenge. The Tibetan Diaspora. Orient Longman 2002, S. 271; Ashild Kolas, Monika P. Thowsen: On the Margins of Tibet. Cultural Survival on the Sino-Tibetan Frontier. University of Washington Press, 2006, S. 176; A. Tom Grunfeld: The Making of Modern Tibet. M. E. Sharpe, 1996, S. 179, 198.
- ↑ June Teufel Dreyer, Barry Sautman (Hg.): Contemporary Tibet. Politics, Development, and Society in a Disputed Region. M. E. Sharpe 2006, S. 78.
- ↑ Zu den einflussreichsten gehören ༄༅༎སྦྲང་ཆར༎ („Frühlingsregen“) aus Qinghai und ༄༅༎ཟླ་ཟེར༎ („Mondschein“) aus Gansu. Siehe Toni Huber: Amdo Tibetans in Transition. Society and Culture in the Post-Mao Era. Brill, 2000, S. 40.
- ↑ Darunter ༄༅༎ཀྲུང་གོའི་བོད་ཀྱི་ཤེས་རིག༎ („Tibetologie in China“) in Beijing.
- ↑ Auch bei Radio China International: [2] und [3]
- Sino-tibetisch
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