Berliner Osthafen

Berliner Osthafen
Eines der symmetrisch angeordneten Lagerhäuser im Berliner Osthafen

Der Osthafen ist ein 1913 in Betrieb gegangener, ehemaliger Industriehafen an der Spree in Berlin. An ihm entlang führt die Stralauer Allee. Heute haben auf seinem Areal verschiedene Medienunternehmen ihren Sitz. Prägnante Gebäude sind das Eierkühlhaus, der Osthafenspeicher und weiter im Osten zwei symmetrisch angeordnete ehemalige, zweigeschossige Lagerhäuser mit dazwischenliegendem dreigeschossigen Verwaltungsgebäude und dreigeschossigem ehemaligen Arbeiterspeisehaus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Aufgrund der starken Zunahme des Schiffsverkehrs auf den Berliner Wasserstraßen gegen Ende des 19. Jahrhunderts reichte der einzige städtische Umschlagplatz, der Urbanhafen im Landwehrkanal, nicht mehr aus. Nach Aufforderung von Stadtbaurat James Hobrecht wurde am 18. November 1895 von den Ältesten der Kaufmannschaft eine Denkschrift vorgelegt. Diese enthielt den Vorschlag, zwei große, mit Speichergebäuden versehene Umschlagplätze in Berlin zu bauen, einen im Westen und einen im Osten.

Das östliche der dazwischen liegenden Verwaltungsgebäude
Lageplan von Friedrich Krause von 1913
Der Osthafen in den Berliner Wasserstraßen

Hobrechts Amtsnachfolger Friedrich Krause legte 1899 seinen Entwurf für den Osthafen vor. Er hatte dafür den noch unbebauten Stralauer Anger ausgewählt, von dessen Areal mehr als die Hälfte der Stadt Berlin gehörte. Auf dem Gelände befanden sich unter anderem schon Lagerplätze, eine Badeanstalt und einer der drei Müllabladeplätze der Stadt Berlin. Die Nähe zur Ringbahn bot sich für einen Bahnanschluss an. Per Fuhrwerk war der Hafen in alle Richtungen, auch dank der Oberbaumbrücke, gut angebunden. Geplant waren damals schon die heute noch stehenden Lagerhäuser mit den zwei dazwischenliegenden Verwaltungs- bzw. Wirtschaftsgebäuden, Bahngleise, Begradigung der Spree mit 1,4 Kilometer langer Kaimauer, Lokomotivschuppen, unterirdisches Benzintanklager und ein eigenes Kraftwerk an der Ringbahn. An der Oberbaumbrücke war des Weiteren noch ein dreiteiliges Speichergebäude vorgesehen. Die Gebäudefarbe sollte Grau sein, um nicht in Konkurrenz mit der Oberbaumbrücke und den Gebäuden der Auer-Gesellschaft zu treten, aber auch, damit der durch den Hafenbetrieb anfallende Staub nicht so auffiele.

Es folgten weitere acht Jahre, in denen die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geklärt wurden. Am 22. Juni 1905 wurde der Osthafen zwar von den Stadtverordneten schon bewilligt, aber es wurden noch keine finanziellen Mittel bereitgestellt. Erst am 6. September 1907, nachdem zuvor die geplanten Kosten von 2,456 Mio. Goldmark für den ersten Bauabschnitt bewilligt wurden, kam es zum ersten Spatenstich. Aufgrund verschiedener Grundstücks- und Zuständigkeitsstreitigkeiten kam es schon Ende 1908 zu mehrjährigen Bauverzögerungen. Erst ab Mitte 1910 ging der Bau schließlich weiter und am 28. September 1913 weihte Friedrich Krause den Hafen ein. Es waren mehr als 17 Mio. Mark verbaut worden.

Einige Daten zur damaligen Größe bzw. Leistungsfähigkeit des Hafens:

  • Getreide- und Warenspeicher: 3.000 m² Grundfläche, Lagermöglichkeiten für 15.400 Tonnen Getreide und 10.200 Tonnen anderer Güter
  • zwei Lagerhallen mit je 2.500 m² Grundfläche
  • drei Freilager, für Kohle, Handelsgüter und Ziegel
  • zwei Getreideheber
  • mehrere fahrbare Kräne
  • Förderbänder, Fahrstühle, Lukenwinden
  • Anlegemöglichkeit der Kais: bis zu 40 Schiffe mit Tragfähigkeiten von jeweils 600 Tonnen, alternativ 76 Finowkähne
Oberbaumbrücke, „Eierkühlhaus“ und Osthafenspeicher

Erst 1923, mit der Eröffnung des Westhafens, wurde die Größe des Osthafens überboten. In diesem Zuge ging die Verwaltung des Osthafens an die seinerzeit frisch gegründete Berliner Hafen- und Lagerhaus A.G., kurz BEHALA. Weiterhin erfuhr der Osthafen eine starke Nutzung. 1930 lag der jährliche Warenumschlag bei 2,3 Mio. Tonnen. 1928 bis 1929 wurde nach dem Entwurf von Bruno Paul ein Kühlhaus gebaut, das im Volksmund sogenannte „Eierkühlhaus“.

Im Zweiten Weltkrieg diente der Hafen auch der Wehrmacht als Güterumschlagsplatz, es arbeiteten mehr als 150 Kriegsgefangene und Fremdarbeiter auf dem Gelände. Nach dem Krieg waren etwa 80 % der Gebäude und des Hafengeländes zerstört. Am 24. April 1945 wurde der Hafen von der Roten Armee besetzt, die vorhandenen Güter als Beutegut beschlagnahmt und im Sommer abtransportiert. Bis 1947 wurden große Flächen von den Sowjets beschlagnahmt und genutzt, die fahrbare Verladebrücke wurde demontiert.

Nach dem Krieg diente der Hafen neben dem Abtransport der Reparations- und Demontagegüter vorwiegend dem Umschlag dringend benötigter Lebensmittel. 1948 kam der Osthafen zusammen mit einem Teil des Humboldthafens unter Verwaltung des Ost-Berliner Magistrats, ab April 1961 kam er zur Bezirksdirektion für Kraftverkehr. Ab 1969 unterstand er dem VE Kombinat Auto Trans Berlin, ab 1. Januar 1988 gehörte der VEB Binnenhafen Berlin zum VE Kombinat Binnenschiffahrt und Wasserstraßen. Durch seine Lage im Grenzgebiet zwischen Ost- und Westberlin wurde der Verkehr stark behindert, durch den Bau der Elsenbrücke 1965 bis 1968 verlor er einen Teil seiner Freiflächen. Trotzdem stieg der Warenumsatz auch zu dieser Zeit beständig, von 1969 bis 1989 wurde dort jährlich zwischen 2,2 und 2,8 Mio. Tonnen Güter umgeschlagen, ab 1971, mit der Forcierung des Wohnungsbaus in Ost-Berlin, vorwiegend Baustoffe.

Heutige Situation

Das alte Kraftwerk, heute vom eigentlichen Gelände durch die Elsenbrücke abgetrennt

Im Zuge der Wiedervereinigung wurden die Grenzsicherungsanlagen im Osthafen überflüssig, am 1. Januar 1992 wurde er wieder bei der BEHALA eingegliedert. 1997 waren 35 Hafenarbeiter und weitere ca. 250 Speditionsmitarbeiter auf dem Gelände beschäftigt. Fünf Kräne, 14 Gabelstapler und vier E-Loks verrichteten ihre Arbeit. Zwei Betonmischwerke siedelten sich an. Das 1993 restaurierte Kraftwerksgebäude wurde an den Verlag Neues Deutschland vermietet. Mitte der 1990er-Jahre gab es Pläne zur Umnutzung der Gebäude. Das Eierkühlhaus wurde restauriert und ist seit 2002 Sitz der Firma Universal Music. Der Osthafenspeicher, der lange ein teilweise zerstörtes Dach hatte, wurde ebenfalls restauriert und ist heute Sitz mehrerer Medien-Firmen. Ab April 2004 zog MTV in das westliche der beiden symmetrisch angeordneten Lagerhäuser (Stralauer Allee 7) ein. Das ganze Gelände ist als Medienstandort geplant, die noch vorhandenen Industrie- und Speditionsunternehmen sind nur noch auf absehbare Zeit ansässig. Die Querung der Spree zur Erweiterung des Berliner Stadtrings nach Friedrichshain ist zwischen der Elsenbrücke und den Bahnbrücken geplant. Diesem Autobahnbau würde nach derzeitigem Planungsstand das alte Kraftwerksgebäude weichen müssen.

Siehe auch

Weblinks

52.49916666666713.4566666666677Koordinaten: 52° 29′ 57″ N, 13° 27′ 24″ O


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