Bewusstlosigkeit

Bewusstlosigkeit

Unter Bewusstseinsstörung wird in der deutschsprachigen Psychopathologie[1] jede Beeinträchtigung oder – subjektiv ggf. sogar positiv empfundene – Veränderung[2] des gewöhnlichen (normalen, durchschnittlichen oder gewohnheitsmäßig eingenommenen) Tages-, Normal- oder Alltagsbewusstseins[3] verstanden, soweit die Fähigkeit Betroffener zur Selbstkontrolle dabei derart verändert ist, dass die Möglichkeit der üblichen Interaktion mit ihnen erschwert oder unmöglich ist.

Inhaltsverzeichnis

Einteilung

Als "Bewusstseinsstörungen" in diesem Sinn gelten neben der Bewusstseinstrübung alle Formen der Bewusstseinseinengung und Bewusstseinsverschiebung sowie alle Grade der praktisch wichtigen Bewusstseinsverminderung.

  • Von Bewusstseinstrübung spricht man bei mangelnder Klarheit der Vergegenwärtigung des Erlebens. Eine Trübung des Bewusstseins kann ständig bestehen und damit kontinuierlich sein, aber auch nur zeitweise auftreten ("zerstückeltes Bewusstsein").
  • Eine Bewusstseinseinengung besteht in einer erlebnisbedingten, gedanklichen oder emotionalen Fixierung auf einen Erlebensaspekt mit der Folge verminderter Ansprechbarkeit.[4]
  • Bei einer Bewusstseinsverschiebung handelt es sich um eine ungewöhnliche Veränderung der Bewusstseinslage gegenüber dem üblichen oder normalen Tageswachbewusstsein. Sie kann in Form einer gesteigerten Wachheit ("Überwachheit") auftreten, evtl. verbunden mit einer ähnlich veränderten Wahrnehmungsfähigkeit wie sie bei höhergradigen, oft meditativ erreichten oder unterstützten Graden von Achtsamkeit gegeben ist. Häufig wird auch eine deutlich über "Begeisterung" hinaus gehende – insb. gefühlsbetonte"ekstatische" Erlebensweise[5] hierzu gerechnet, obwohl diese in einer spontanen und erlebnisbedingten konzentrativen Bewusstseinszuspitzung und damit eher in einer Bewusstseinseinengung auf etwas momentan Erlebtes besteht. Ekstasen haben damit Ähnlichkeit zur Trance, in die sie denn auch übergehen können, wenn es sich im Einzelfall nicht realiter sogar um eine solche handelt.
  • Eine Bewusstseinsverminderung kann alle Grade einer Minderung bis Aufhebung normaler Wachheit annehmen. Aus praktischer Perspektive werden dabei folgende Grade unterschieden:
  1. Benommenheit: Denken und Handeln sind hier deutlich bis hin zur Apathie verlangsamt und die Orientierungsfähigkeit ist herabgesetzt oder eingeschränkt;
  2. Somnolenz: es besteht eine beständige Schläfrigkeit oder Schlafneigung, die durch einfache Weckreize aber noch jederzeit unterbrochen werden kann;
  3. Sopor: hierbei handelt es sich um einen schlafgleichen Zustand, aus dem Betroffene nur noch mit Mühe und Anwendung starker, etwa Schmerzreize aufgeweckt werden können;
  4. Koma: so wird der höchste Grad der Bewusstlosigkeit genannt, wenn jemand durch keinerlei Mittel mehr geweckt werden kann; neurologisch können dabei anhand zunehmender Reflexausfälle weitere Grade bis hin zum tiefsten Koma unterschieden werden, in dem zentrale Lebensreflexe erloschen sind und größte Lebensgefahr durch Aussetzen der Atmung besteht. – Ein Sonderfall des Komas ist das sog. Wachkoma oder Apallische Syndrom. In der Notfallmedizin ist die Einteilung anhand der Glasgow Coma Scale üblich.

Ursachen von Bewusstseinsminderungen

Eine Bewusstseinsminderung ist immer ein Symptom einer körperlichen Gesundheitsstörung. Dabei kommen in Betracht:

Erkennen einer Bewusstseinsminderung

Der Patient reagiert nur verlangsamt, nicht situationsgerecht oder gar nicht auf (lautes) Ansprechen und/oder Anfassen. Bei fortgeschrittener Bewusstseinsstörung zeigt er auch nur ungezielte Abwehr oder keine Reaktion auf Schmerzreize.

Rechtliche Auswirkungen

Bewusstseinsstörungen aller Art führen im Zivilrecht zur Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften (§ 105 BGB) sowie zu Deliktsunfähigkeit (§ 827 BGB). Verhalten im Zustand gestörten Bewusstseins fällt im Strafrecht nicht unter den Begriff der Handlung.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Etwa bei Christian Scharfetter: Allgemeine Psychopathologie. Eine Einführung. Thieme, Stuttgart 1976 S. 28-35 ISBN 3135315010, wo auf S. 35 unter 2.5.3. sogar explizit Bewußtseinssteigerung (Bewußtseinserweiterung) als Unterkapitel von Kap. 2.5 Pathologie des Bewußtseins - Bewußtseinsstörungen - Störungen der Vigilanz und der Bewußtseinsklarheit aufgeführt wird.
  2. Die neutrale Bezeichnung von veränderten Bewusstseinszuständen ist eher in der psychologischen Grundlagenforschung üblich; s. neben Charles Tarts Buch States of Consciousness. Psychol.Processes, El Cerrito, Cal. 1983 seinen Klassiker Altered States of Consciousness. Doubleday, New York 1971 und indirekt darauf bezogen auch sein praktisch ausgerichtetes Werk Hellwach und bewußt leben. Scherz, München 1988 ISBN 3502675953, seit 1995 Arbor, Freiamt ISBN 3924195242.
  3. von Charles Tart in Hellwach und bewußt leben. (1988) aus der Perspektive eines voll entwickelten und durchgehend achtsamen Bewusstseins aufgrund bestimmter Gründe Alltags- oder Konsensus-Trance genannt, s. insb. Kap. 10 Die alltägliche Trance oder Konsensus-Trance – der Schlaf des gewöhnlichen Bewußtseins (S. 127-154)
  4. ähnlich einer hochgradigen Konzentration, die aber willentlich erfolgt und damit selbstbestimmt ist, weswegen sie auch jederzeit willentlich verändert werden kann (im Unterschied zur fremdinduzierten oder in Extremfällen auch spontan auftretenden Hypnose, einem Konzentrationszustand, in dem die Selbstwahrnehmung ausgeblendet ist, und in dem Menschen solange keine selbstbestimmte und -kontrollierte Selbststeuerung möglich ist, wie sie sich in diesem höchstgradigen Trancezustand befinden.)
  5. In diesem Zusammenhang gehört im jeweils ursprünglichen Sinn auch Enthusiasmus, Fanatismus und Inspiration, Be-Geist-erung, Verzückung, Außersichsein bis zur dämonischen Besessenheit, wobei alle Arten von Visionen auftreten können wie "Gesichte" und sonstige "Erscheinungen"!
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