Bicomplexe

Bicomplexe
Schüßler-Salze (Pastillen)

Schüßler-Salze sind alternativmedizinische Präparate von Mineralsalzen in homöopathischer Dosierung (Potenzierung). Die Therapie mit ihnen basiert auf der Annahme, Krankheiten entstünden allgemein durch Störungen des Mineralhaushalts der Körperzellen und könnten durch homöopathische Gaben von Mineralien geheilt werden.

Diese Annahmen sind wissenschaftlich nicht anerkannt, eine Wirksamkeit der Schüßler-Salze ist nicht nachgewiesen.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Der homöopathische Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler (1821–1898) veröffentlichte in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung 1873 den Artikel „Eine abgekürzte Homöopathische Therapie“, in dem er eine Therapieform namens „Biochemische Heilweise“ vorstellte. Seine Abkürzung bestand darin, dass er statt der etwa tausend Mittel in der Homöopathie nur zwölf Salze, „Schüßler-Salze“ genannt, zur Therapie fast aller Krankheiten für ausreichend hielt.

Schüßler ging davon aus, dass Krankheiten auf der Grundlage gestörter biochemischer Prozesse entstehen. Er nahm an, dass Krankheiten zu einem großen Teil auf der Grundlage eines „gestörten Mineralhaushaltes“ entstehen, wobei das Fehlen eines bestimmten Minerals den gesamten Stoffwechsel beeinträchtige.

Schüßler erklärte, sein Heilverfahren sei „kein homöopathisches“, weil es nicht auf dem von Samuel Hahnemann propagierten Simile-Prinzip ("Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden") beruhe, sondern auf physiologisch-chemische Vorgänge im menschlichen Organismus zurückzuführen sei. Auch die in der Homöopathie üblichen Arzneimittelprüfungen an gesunden Probanden lehnte Schüßler aus diesem Grund für seine Salze als „grundfalsch“ ab. Der Vizepräsident des Biochemischen Bund Deutschlands e. V., Hans-Heinrich Jörgensen, vertritt jedoch die Auffassung, dass sich Schüßler-Salze nicht nur zum Ausgleich von Mangelerscheinungen, sondern auch gemäß dem homöopathischen Ähnlichkeitsprinzip anwenden lassen, denn „Unser heutiges Arzneirecht hält diese beiden Therapierrichtungen streng getrennt. Eine Vermischung der Ideen führt mit Sicherheit zum Versagen der Zulassung für ein Medikament, und das entspricht einem Verbot.“[1][2]. Bei den biochemischen Mitteln nach Schüßler handelt es sich um homöopathische Arzneimittel im Sinne des deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG), die nach einem vereinfachten Genehmigungsverfahren („Registrierung“) in Verkehr gebracht werden können.

Die Mittel werden nach homöopathischer Verfahrensweise durch Schütteln, Reiben oder Zerkleinern verdünnt und haben entsprechende Verdünnungsbezeichnungen: D1 bedeutet, dass es sich um eine Verdünnung von 1:10 handelt, Dx allgemein eine Verdünnung von 1:10x. Die Salze sind in der Regel D6 = 1:1.000.000 oder D12 = 1:1.000.000.000.000 verdünnt.

Die „Biochemie nach Schüßler“ ist hauptsächlich durch Heilpraktiker als Therapieform erhalten geblieben. Sie wird in Fachschulen gelehrt und viele Heilpraktiker arbeiten täglich in der Praxis mit diesen Mitteln. Vor der gesetzlichen Festschreibung der Berufsbezeichnung Heilpraktiker (1939) wurde Schüßlers Lehre wesentlich durch Laienbewegungen verbreitet. Einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Heilweise nach Schüßler leistete Kurt Hickethier, der zwei Kurhäuser zur Behandlung seiner Patienten errichtete.

Der erste „biochemische Verein“ wurde 1885 in Oldenburg gegründet. Heute (2004) gibt es in Deutschland etwa 70 biochemische Vereine und weitere im Ausland. Die Schüßler-Salze werden von interessierten Menschen bei verschiedensten Krankheitsbildern angewendet.

Wirksamkeit

Es ist zu beachten, dass Schüßler-Salze keinerlei wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung haben.

Die Stiftung Warentest kommt zu dem Urteil: „Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.“[3] Edzard Ernst: "Die Behandlungskostenübernahme durch einige deutsche Krankenkassen ändert nichts daran, dass diese „Therapie“ als eine nicht wirksam bewertete Behandlung einzustufen ist".[4]

Die Biochemie nach Schüßler

Wilhelm Heinrich Schüßler distanzierte sich mit seiner Heilweise strikt von der Homöopathie. Es gab zu seinen Lebzeiten viele Auseinandersetzungen mit Homöopathen, die seine Heilweise schon allein wegen ihrer Einfachheit nicht akzeptierten und verächtlich von Düngemitteln sprachen.

In seiner abgekürzten Therapie schreibt Schüßler selbst: „Die Grundlage meiner Forschung waren Histologie, die darauf bezügliche Chemie, die anorganischen Bestandteile der Gewebe und die physiologischen Wirkungen oder Funktionen dieser Bestandteile.“ Bei seiner Forschung fand er damals zwölf verschiedene Verbindungen, die im menschlichen Körper vorkommen, die so genannten Schüßler-Salze.

Nach Schüßlers Ansicht verursacht ein pathogener Reiz die Verstärkung der Funktion einer Zelle, da die Zelle bemüht ist, den Reiz abzustoßen. Aufgrund dieser Tätigkeit verliert sie einen Teil ihrer mineralischen Funktionsmittel. Diese Zellen sind dann pathogen verändert, was das Wesen einer Krankheit ist.

Durch die Zufuhr dieser nun fehlenden Mineralstoffe will Schüßler die Krankheiten bekämpfen. Dazu ist die Potenzierung seiner Salze notwendig, um Mängel innerhalb einer Zelle aufzufüllen. Nach seiner Ansicht gelangen die hoch verdünnten „feinstofflichen“ Mineralstoffe, also die einzelnen Moleküle, direkt in das Zellinnere. Die Mängel außerhalb der Zellen sind durch eine nährstoff- und basenreiche Ernährung aufzufüllen, da ein gewisses Gleichgewicht zwischen Zellinnerem und Extrazellularraum notwendig ist.

Merkmale im Gesicht ließen ihn die verschiedenen fehlenden Mineralstoffe feststellen und so eine entsprechende Dosierung der Salze vornehmen. Kurt Hickethier verbesserte die von Schüßler eingeführte Antlitzanalyse und nannte sie damals "Sonnerschau". So ist nach Hickethier etwa ein Mangel an der Nr. 3 (Ferrum phosphoricum) unter anderem an den inneren Augenwinkeln durch eine dunklere, blauschwarze bis schwarze Färbung zu erkennen. Durch die darauf folgende Einnahme des entsprechenden Mineralstoffs konnte Hickethier nach eigenen Angaben einen Rückgang der antlitzanalytischen Zeichen im Gesicht beobachten.

Praktische Anwendung

Schüßler-Salze sollen als „homöopathisch aufbereitete“, d. h. potenzierte Mittel in Tablettenform angewendet werden, die man dann im Mund langsam zergehen lässt. Die Mineralstoffe werden über die Mundschleimhaut vom Körper aufgenommen.

Für jedes Salz gibt es eine sogenannte Regelpotenz. Für die Salze Nr. 1, 3 und 11 wird in der Regel D12 genommen. Für die übrigen Salze gilt D6 als Regelpotenz.

Einnahmemenge

Zur Anzahl der Tabletten pro Tag gibt es verschiedene Ansätze. Ein Teil der Heilpraktiker empfiehlt eine Dosierung von etwa drei bis sechs Stück pro Tag von nur zwei bis drei verschiedenen Schüßler-Salzen, der andere Teil wiederum empfiehlt auch mehr verschiedene Salze und höhere Dosen bis insgesamt etwa 150 Pastillen pro Tag. Wahrscheinlich sind die Dosierungen deshalb so unterschiedlich, weil manche Anwender die Aussagen von Schüßler und Hickethier unterschiedlich interpretieren. Manche Heilpraktiker sehen die Heilweise auch als Reizheilweise, jedoch Schüßler selbst bezeichnete sie in seiner abgekürzten Therapie als Substitutionsheilweise.

Durch den Wandel der Zeit und einen möglichen vermehrten Bedarf an Mineralstoffen, durch Stress und falsche Ernährung sind nach der Meinung einiger heutiger Heilpraktiker größere Gaben von Mineralstoffen erforderlich. Hickethier schreibt, dass er um etwa 1910 bei seinen Patienten meist nur zwei bis drei verschiedene nennenswerte Salzmängel in einem Antlitz entdecken konnte. Manche Mangelanzeichen traten laut seinen Berichten sehr selten auf, da sie einen überaus starken, langjährigen Mangel eines Mineralstoffes voraussetzen. Heute seien diese von ihm beschriebenen, damals seltenen Anzeichen jedoch häufig anzutreffen. Auch die Anzahl und Ausprägung der Mängel, die in einem Gesicht zu erkennen seien, sei viel größer geworden.

Hickethier selbst empfiehlt: „In schweren Fällen und bei großen Mängeln erscheint es gerechtfertigt, kurze Zeit hindurch alle Minuten eine Gabe der üblichen Verdünnung (laut Schüßler) zu geben.“

Schüßler war in seiner abgekürzten Therapie offen für unterschiedliche Dosierungen seiner Mittel und schrieb, dass jeder Arzt nach eigenem Ermessen die Dosis wählen solle.

Einnahmearten

Die Schüßler-Pastillen werden einzeln, können aber auch bis zu etwa fünf Stück gleichzeitig im Mund gelutscht werden. Die Salze sollen dabei über die Mundschleimhaut aufgenommen werden. Da die Pastillen fast nur aus Milchzucker (Laktose) bestehen, ist bei einer Laktoseintoleranz Vorsicht geboten. Die Pastillen können in Leitungswasser aufgelöst werden, wobei nicht umgerührt wird und damit der Milchzucker am Boden der Tasse verworfen wird. Diese Lösung wird schluckweise getrunken. Hierbei wird nur eine relativ geringe Menge von Milchzucker eingenommen. Auch gibt es inzwischen in Alkohol aufgelöste Schüßler-Salze, die laktosefrei sind.

Sehr bekannt ist die Einnahme des Salzes Nr. 7, Magnesium phosphoricum, als „heiße Sieben“. Bei akuten Schmerzzuständen sollen demnach zehn Tabletten in einer Tasse in kochend heißem Wasser aufgelöst werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Lösung nicht mit einem Metallgegenstand umgerührt wird. Die Milchzuckerlösung wird so warm wie möglich getrunken, wobei jeder Schluck lange im Mund behalten werden soll, um die Resorption durch die Mundschleimhäute zu verbessern. Auch die Einnahme der anderen Schüßler-Salze ist sowohl als heiße Lösung wie auch durch Auflösen in einem Glas abgekochtem Wasser möglich.

Eine Anwendung ist auch in Salbenform möglich (etwa Ferrum phosphoricum „biochemisch“ für Entzündungen).

Die 12 „Funktionsmittel“

  1. Calcium fluoratum D12 (Calciumfluorid)
  2. Calcium phosphoricum D6 (Calciumphosphat)
  3. Ferrum phosphoricum D12 (Eisenphosphat)
  4. Kalium chloratum D6 (Kaliumchlorid)
  5. Kalium phosphoricum D6 (Kaliumphosphat)
  6. Kalium sulfuricum D6 (Kaliumsulfat)
  7. Magnesium phosphoricum D6 (Magnesiumphosphat)
  8. Natrium chloratum D6 (Natriumchlorid - Kochsalz)
  9. Natrium phosphoricum D6 (Natriumphosphat)
  10. Natrium sulfuricum D6 (Natriumsulfat)
  11. Silicea D12 (Kieselsäure)
  12. (Calcium sulfuricum D6 (Calciumsulfat))

Diese zwölf ursprünglichen Schüßler-Salze hat Schüßler im Jahr 1895 auf elf reduziert; er schrieb: „Da der schwefelsaure Kalk nicht in die konstante Zusammensetzung des Organismus eingeht, so muss er von der biochemischen Bildfläche verschwinden. Statt seiner kommt Natrium phosphoricum resp. Silicea in Betracht.“

Später wurden von verschiedenen Autoren weitere Mineralstoffe eingeführt, welche heute unter der Bezeichnung „Ergänzungsmittel“ zusammengefasst werden.

Die 15 „Ergänzungsmittel“

  1. Kalium arsenicosum D6 (Kaliumarsenit)
  2. Kalium bromatum D6 (Kaliumbromid)
  3. Kalium jodatum D6 (Kaliumjodid)
  4. Lithium chloratum D6 (Lithiumchlorid)
  5. Manganum sulfuricum D6 (Mangansulfat)
  6. Calcium sulfuratum D6 (Kalziumsulfid)
  7. Cuprum arsenicosum D6 (Kupferarsenit)
  8. Kalium-Aluminium sulfuricum D6 (Alaun)
  9. Zincum chloratum D6 (Zinkchlorid)
  10. Calcium carbonicum D6 (Kalziumkarbonat)
  11. Natrium bicarbonicum D6 (Natriumbikarbonat)
  12. Arsenum jodatum D6 (Arsentrijodid)
  13. Aurum Chloratum Natronatum D6 (Aurum)
  14. Selenium D6 (Selen)
  15. Kalium bichromicum D12 (Kaliumdichromat)

Ergänzende biochemische Mittel nach Joachim Broy

  1. Natrium fluoratum D6 (Natriumfluorid)
  2. Magnesium fluoratum D6 (Magnesiumfluorid)
  3. Calcium chloratum D6 (Calciumchlorid)
  4. Ferrum chloratum D6 (Eisenchlorid)
  5. Ferrum sulfuricum D3 (Eisenoxydulsulfat)
  6. Magnesium chloratum D6 (Magnesiumchlorid)
  7. Magnesium sulfuricum D6 (Magnesiumsulfat)

Geschichte der „Biochemie nach Schüßler“

Schüßler, der bis Anfang der 1870er Jahre der „klassischen“ Homöopathie mehr oder weniger treu geblieben war, wurde nach der Erstveröffentlichung seiner „neuen“ Therapie in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung (1873) heftig von Homöopathen kritisiert, die Verrat an der gemeinsamen Sache witterten. Ein Jahr später veröffentlichte er sein grundlegendes Werk „Eine abgekürzte Therapie gegründet auf Histologie und Cellularpathologie“, das auf knapp 16 Seiten die Grundzüge seiner Lehre enthielt. Dabei grenzte er sich klar von der Homöopathie ab. Im Vorwort zu späteren Auflagen bekannte er sich zu den Einflüssen, die der Physiologe Jakob M. Moleschott und der Pathologe Rudolf Virchow auf seine Theorie hatten. Die heftigen Auseinandersetzungen mit führenden Homöopathen brachten Schüßler 1876 zum Austritt aus dem „Centralverein homöopathischer Ärzte“. Der polemische Schlagabtausch ging jedoch über Jahrzehnte weiter. Die naturwissenschaftliche Medizin nahm dagegen das neue „biochemische“ Verfahren kaum zur Kenntnis. Im Kaiserreich wurde es zwar von den meisten Gesundheitsbehörden im Rahmen der gesetzlich verankerten Kurierfreiheit toleriert, aber nicht gefördert.

Geschichte der biochemischen Verbände

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts existierten drei konkurrierende Verbände: der „Verband biochemischer Vereine für das Deutsche Reich“, der „Schüssler-Bund“ und der „Jade-Verband“. In den 1920er Jahren zählte die biochemische Bewegung über 800 ehrenamtliche „Krankenbehandler“. Diese wurden von Ärzten, die in ihnen Kurpfuscher sahen, in nicht wenigen Fällen wegen fahrlässiger Körperverletzung oder gar Tötung angezeigt. Die meisten Gerichtsverfahren endeten aber mit Freispruch.

Durch die Reichsarbeitsgemeinschaft der Volksverbände wurden die biochemischen Vereine 1922 zwangs-zusammengeschlossen zum „Biochemischen Bund Deutschlands“. Er hatte 1928 bereits 184.672 Mitglieder und war straff organisiert. 1929 hatte die Bundesgeschäftsstelle 22 hauptamtliche Mitarbeiter. In einem eigenen Verlag in Potsdam erschienen die „Zeitschrift für Biochemie. Volkstümliches Fachorgan für Mineralstofflehre“ mit einer Auflage von über 200.000 Exemplaren sowie zahlreiche Informationsschriften.

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde die Biochemie eine anerkannte Heilweise. Die „Krankenbehandler“, die bislang am Rande der Legalität praktiziert hatten, erhielten den Status von Heilpraktikern. Außerdem konnten erstmals mit staatlicher Billigung und Förderung Untersuchungen durchgeführt werden, in denen die behauptete Wirksamkeit „biochemischer“ Arzneimittel überprüft wurde. Solche Versuche fanden auch in den Konzentrationslagern Dachau und Auschwitz statt, unter Leitung des Reichsarztes SS Ernst-Robert Grawitz. Dabei wurden unter anderem künstlich herbeigeführte Fälle von Blutvergiftung und Malaria weitgehend erfolglos behandelt. Für die Häftlinge nahmen diese Experimente in den meisten Fällen einen tödlichen Ausgang.[5]

Der „Biochemische Bund“ geriet nach 1933 mehr und mehr in nationalsozialistisches Fahrwasser. Eine interne Gleichschaltung führte zum Ausschluss unerwünschter, vor allem "nichtarischer" Mitglieder. Ab 1934 findet man in der Mitgliederzeitschrift die Rubrik „Volk und Rasse“ und an der Spitze der Bundesleitung linientreue Parteigenossen. 1935 erfolgte die zwangsweise Eingliederung in die „Reichsarbeitsgemeinschaft der Verbände für naturgemäße Lebens- und Heilweise“. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der „Bund“ aufgelöst, aber bereits 1946 neu konstituiert. 1949 gab er wieder eine Mitgliederzeitschrift heraus („Gesundes Volk“, später „Weg zur Gesundheit“), konnte aber nicht wieder an die frühere Bedeutung anknüpfen. Aus einem verbandseigenen Kurhaus, das 1936 in Hahnenklee im Harz den Betrieb aufgenommen hatte, ging 1949 ein „Dr. Schüssler-Sanatorium“ hervor.

Im Jahr 2004 gab es in Deutschland wieder etwa 70 biochemische Vereine, weitere im Ausland.

Komplex-Biochemie

Die Komplex-Biochemie ist eine seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts bestehende Sonderform der Therapie mit Schüßler-Salzen. Sie wurde von dem Berliner Arzt Konrad Grams entwickelt. Die rund 30 Präparate der Komplex-Biochemie werden seither unter dem Namen „JSO Bicomplexe“ hergestellt und vermarktet, die Zusammensetzung ist nur unwesentlich verändert worden. Konrad Grams entwickelte - dem Zeitgeist folgend [6] - aus der Schüßler-Biochemie ein deutlich laienfreundlicheres Selbstbehandlungs-System - die „Komplex-Biochemie“: „Unter Komplex-Biochemie verstehen wir die Vereinigung mehrerer Mineralsalze zu einem Mittel, welches zu den erkrankten Geweben oder dem erkrankten Körperteil in Beziehung steht. Es deckt gewissermaßen alle Krankheitserscheinungen der betreffenden Krankheit.“ [7] Grams selbst hängt in seinen Schriften[8] auch weiterhin der pseudomaterialistischen Defizit-Hypothese an („Die Komplex-Biochemie ist […] eine Ernährungstherapie.“[7])

Die Komplex-Biochemie nach Grams umfasst dreißig sehr einfache Konzepte, die die Wahl des Mittels leicht machen (bei Durchfall das „Darmmittel“, bei „Husten“ das „Hustenmittel“ usw.). Auch wenn etliche Heilpraktiker die Behandlung mit komplex-biochemischen Mitteln anbieten, ist das System vor allem zur Selbstmedikation gedacht.

Literatur

  • Joachim Broy: Die Biochemie nach Dr. Schüßler. Verlag Klaus Foitzick, München 1995, ISBN 3-929338-03-3.
  • Thomas Feichtinger, Elisabeth Mandl, Susana Niedan-Feichtinger: Handbuch der Biochemie nach Dr. Schüßler. 4. Auflage. Haug, Stuttgart 2005, ISBN 3830472234.
  • Thomas Feichtinger, Susana Niedan-Feichtinger: Praxis der Biochemie nach Dr. Schüßler. Haug, Stuttgart 2004, ISBN 3830472110.
  • Thomas Feichtinger, Susana Niedan-Feichtinger: Antlitzanalyse in der Biochemie nch Dr. Schüßler: der Bildatlas. 3.Auflage. Haug, Stuttgart 2007, ISBN 9783830472704.
  • Margit Müller-Frahling, Birte Kasperzik: Biochemie nach Dr. Schüßler. Deutscher Apothekerverlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8047-2356-6.

Einzelnachweise

  1. Hans-Heinrich Jörgensen: 120 Jahre Biochemie, Festvortrag zum Bundeskongreß des BBD 1994 in Hahnenklee.
  2. Hans-Heinrich Jörgensen: Biochemie im 21. Jahrhundert. Vortrag beim Bundeskongress 2000 des BBD in Freiburg.
  3. Stiftung Warentest (Hrsg.): „Die andere Medizin - ´Alternative´ Heilmethoden für Sie bewertet“, Berlin 2005, ISBN 3-937880-08-9, S. 106.
  4. Edzard Ernst: Falsch verstandene „Patientenfreundlichkeit“. In: MMW - Fortschritte der Medizin, 8(2007), S. 55.
  5. Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. C.H. Beck Verlag, München 1996, ISBN 3-406-40495-2; dort weitere Quellenangaben. Hans-Heinrich Jörgensen: 120 Jahre Biochemie. Festvortrag zum Bundeskongreß des BBD 1994 in Hahnenklee. Zu den Versuchen in Konzentrationslagern siehe auch [1].
  6. Andrea M. Sahler: Homöopathische Komplexmittel - Ihre historische Entwicklung, ihre Begründer und ihre gegenwärtige Bedeutung. Pflaum Verlag, München 2003, ISBN 3790508934.
  7. a b Konrad Grams: Handbuch der Komplex-Biochemie (3. Auflage). Kombi-Verlag GmbH, Berlin, 1928.
  8. Konrad Grams: Über Mediastinaltumoren (Dissertation). Friedrich-Wilhelms-Universität, Berlin. 1919.

Siehe auch

Weblinks

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