Bilderei

Bilderei

Eine Artothek (lat. ars, artis = die Kunst; griech. theke = der Ort) ist eine in der Regel öffentliche Institution, die Werke aktueller Kunst (Bilder, Skulpturen, Plastiken u.ä.) kostenlos oder häufiger gegen eine geringe Gebühr entleiht.

Inhaltsverzeichnis

Träger

Die meisten Artotheken sind Öffentlichen Bibliotheken angegliedert, aber auch Kunstvereine, Kunstämter oder Kulturämter, Museen, Volkshochschulen, Stiftungen, Werkbibliotheken o. ä. können Träger von Artotheken sein.

Geschichte

Der Kunstverleih in Deutschland existiert schon seit ca. 200 Jahren, allerdings blieb es in diesem Zeitraum oftmals nur bei der Idee und die Realisierung scheiterte früher oder später.

Anfang des 19. Jahrhunderts waren Kunst- und Buchhandel ein gemeinsamer Gewerbezweig und in diesem Rahmen wurde bereits der Verleih von Bildern getätigt. Schon damals war das Hauptziel dieser Einrichtungen, das Verständnis für Kunst zu fördern und jedem Menschen die Auseinandersetzung mit dieser zu ermöglichen. Nachdem sich Buchhandel und Kunsthandel voneinander trennten, endete auch der dem gewerblichen Bücherverleih angegliederte Verleih von Bildern.

Anfang des 20. Jahrhunderts unternahmen die Maler Arthur Segal und Robert Erdmann die Versuche, den Verleih von zeitgenössischen Kunstwerken anzuregen, aber erst in den zwanziger Jahren ist ein Aufschwung des Kunstverleihs zu verzeichnen. Es entstanden Einrichtungen in Frankfurt am Main, Berlin und Ulm. Hauptfaktoren, die diesen Wandel herbei führten, waren die bereits vor dem Ersten Weltkrieg von Segal und Erdmann gelieferten Ideen zur Beseitigung der Absatzkrise bei Werken der bildenden Kunst, sowie die Kunst im Rahmen der Erwachsenenpädagogik anzuwenden. Diese Phase des Kunstverleihs wurde durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges unterbrochen. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Moderne Kunst abgelehnt und das gesamte Kunstwesen einem Wandel unterzogen. Die so genannte Entartete Kunst wurde verboten, Künstler der verfemten Richtungen erhielten Berufsverbot und viele von ihnen wanderten aus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es dem Publikum, ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg, kaum möglich, Geld für Kunstwerke aufzubringen und die Idee der Kunstleihe wurde wieder aufgegriffen. Der Kunstkritiker Franz Roh gründete 1952 die Bildleihstelle in München, die Vorbild für weitere Einrichtungen dieser Art wurde. Nach dem Tod von Franz Roh im Jahre 1965 geriet der Kunstverleih in der Öffentlichkeit erneut in Vergessenheit, da nur vereinzelte der bisher gegründeten Einrichtungen überlebten.

Ende der sechziger Jahre wurde die Entwicklung der Artotheken in Deutschland durch das Ausland beeinflusst. 1968 wurde im Berliner Bezirk Reinickendorf die Graphothek Berlin gegründet und sich damit an ausländischen Einrichtungen orientiert, in denen Bilder längst wie Bücher verliehen wurden und die Artotheken häufig den öffentlichen Bibliotheken angegliedert waren. Die darauf folgende Gründung weiterer Artotheken in Deutschland orientierte sich zu einem großen Teil an der Organisation und an der Arbeitsweise dieser Berliner Einrichtung.

Zurzeit (Stand 2005) gibt es in Deutschland ca. 130 Artotheken, von denen sich die meisten in öffentlichen oder wissenschaftlichen Bibliotheken befinden.

Aufgaben

Kunstvermittlung

Viele Menschen stehen der zeitgenössischen Kunst oft ratlos gegenüber und haben in einer Kunstausstellung oder einem Museum nicht die Möglichkeit, sich intensiver mit einem Kunstwerk zu beschäftigen. Dies ist allerdings notwendig um es zu verstehen und zu erschließen. Gerade in einer ständig von schnelllebigen medialen und kommerziellen Bildern überfluteten Gesellschaft ist eine konzentrierte, langfristige Betrachtung von Kunst wünschenswert und notwendig. Durch das Entleihen in einer Artothek kann der Betrachter ein Werk für einen längeren Zeitraum mit nach Hause nehmen und dort, in vertrauter Umgebung, auf sich wirken lassen und sich damit auseinandersetzen. In diesem Zeitraum wird das Bild nicht nur vom Entleiher selbst, sondern auch von Familienangehörigen und Besuchern sozusagen mitbenutzt, erreicht also in der Regel ein viel größeres Publikum als zum Beispiel ein entliehenes Buch.

Im Rahmen der Kunstvermittlung steht das Ziel im Vordergrund, besonders an die Menschen heranzutreten, die bisher keinen intensiveren Kontakt mit der zeitgenössischen Kunst hatten. Durch den unverbindlichen Charakter der Ausleihe wird Schwellenangst abgebaut und somit werden auch die Menschen angesprochen, die nicht ohne weiteres zum Beispiel in eine Galerie gehen würden. Ebenso werden aber auch Kunstinteressierte angesprochen, die sich aus finanziellen Gründen keine eigenen Kunstgegenstände leisten können. Damit erfüllt die Artothek einen wichtigen Bildungsauftrag.

Künstlerförderung

Eine weitere Aufgabe der Artotheken ist die Künstlerförderung im regionalen und auch überregionalen Umfeld. Viele Künstler erreichen durch die Präsentation ihrer Werke in einer Artothek erstmals ein breiteres Publikum, wodurch ihnen ein weiterer Absatzmarkt erschlossen wird. Artotheken treten zwar selber nicht als Verkäufer auf, können aber den Kontakt zwischen einem Kaufinteressierten und dem Künstler herstellen.

Nicht zuletzt ist der Ankauf von Werken durch die Artothek für den Künstler ein Prestigefaktor, da die Werke kritisch und nach qualitativen Merkmalen ausgewählt werden.

Kommunikationszentrum

Eine Artothek bietet nicht nur die Möglichkeit Kunstwerke auszuleihen, sondern auch gezielt Gespräche über Kunst und Künstler führen zu können. An diesem Ort treffen Gleichgesinnte aufeinander und vor allem die im Umgang mit Kunst weniger geübten Menschen profitieren vom Wissen der erfahreneren Kunstinteressierten. Daneben soll fachlich kompetentes Personal als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Auch für die Künstler ist die Artothek ein wichtiger Ort der Kommunikation. Einige Artotheken organisieren Gesprächsabende oder ähnliches Rahmenprogramm, das den Kunstinteressierten die Möglichkeit gibt, mit dem Künstler direkt in Kontakt zu treten. Dieser erhält auf diesem Wege ein Feedback zu seiner Arbeit.

Bestand

Der Bestand setzt sich in der Regel aus Original-Kunstwerken, teilweise aber auch aus Reproduktionen, zusammen, wobei die zeitgenössische Kunst im Vordergrund steht.

Die Auswahl der einzelnen Stücke wird häufig von einer Jury getroffen, die aus Museumsdirektoren, Galeristen, Künstlern usw., gebildet werden kann, oder auch von der Artotheksleitung selbst. Neben gezielten Ankäufen spielen Schenkungen und auch Dauerleihgaben, die von Sparkassen, Banken oder Versicherungen zur Verfügung gestellt werden, eine bedeutende Rolle. Auch die Übernahme von Dubletten eines Museums oder Kunstvereins ist eine Möglichkeit, den Bestand zu erweitern.

Zusätzlich zu den Kunstwerken bieten einige Artotheken auch Ausstellungskataloge, Informationen über Künstler (Biografien oder ähnliches) und auch Fachliteratur zur Kunst in ihrem Bestand an.


Weblinks

Literatur

  • Die Kunst des Kunstverleihs. Handbuch für die praktische Arbeit in Artotheken / hrsg. von Detlef Schwarz. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut, 1988 (Dbi-Materialien; 78). ISBN 3-87068-878-5
  • Aspekte des Kunstverleihs / hrsg. von Horst Dietze. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut, 1986 (Dbi-Materialien; 59). ISBN 3-87068-859-9
  • Juliane Hagenström: Bilder verleihen wie Bücher: Artotheken und der Einsatz von Kommunikationspolitik als Marketinginstrument. In: Bibliothek. Forschung und Praxis. 23, 1999, Nr. 3, S. 332 - 350

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