- AKW Brunsbüttel
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Kernkraftwerk Brunsbüttel Kernkraftwerk Brunsbüttel
Lage Koordinaten 53° 53′ 30″ N, 9° 12′ 6″ O53.8916666666679.2016666666667Koordinaten: 53° 53′ 30″ N, 9° 12′ 6″ O Land: Deutschland Daten Eigentümer: 67 % Vattenfall
33 % E.ONBetreiber: Kernkraftwerk Brunsbüttel Projektbeginn: 1969 Kommerzieller Betrieb: 9. Feb. 1977 Aktive Reaktoren (Brutto):
1 (806 MW) Eingespeiste Energie im Jahre 2006: 5.967 GWh Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: 117.883 GWh Website: Seite bei E.ON Stand: 22. Juli 2007 Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) ist ein Kernkraftwerk in Brunsbüttel, Kreis Dithmarschen, Schleswig-Holstein. Es stammt vom Hersteller Kraftwerk Union und wird von der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH & Co. OHG betrieben. Gesellschafter sind Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (66,7 %) und E.ON Kernkraft (33,3 %). Das Kraftwerk gilt als eines der fehleranfälligsten in ganz Deutschland.[1]
Inhaltsverzeichnis
Errichtung und Inbetriebnahme
Das Kernkraftwerk Brunsbüttel wurde von 1970 bis 1976 gebaut, die erste Kettenreaktion fand am 23. Juni 1976 statt, der kommerzielle Betrieb wurde am 9. Februar 1977 durch die damaligen Eigentümer HEW und PreussenElektra aufgenommen. Im Kernkraftwerk arbeiten derzeit 313 Eigenpersonalmitarbeiter sowie ca. 150 Fremdfirmenmitarbeiter. Seit 2002 gehört das Kraftwerk zum Konzern Vattenfall Europe AG. 2006 wurde am Standort des Kernkraftwerks ein Zwischenlager für maximal 80 CASTOR V/52-Behälter mit bis zu 450 t Schwermetallmasse[2], 6 x 1019 Bq Aktivität und 2,0 MW Wärmefreisetzung in Betrieb genommen.[3]
Technische Daten
Das Kernkraftwerk Brunsbüttel hat einen Kraftwerksblock mit einem Siedewasserreaktor. Bei einer thermischen Reaktorleistung von 2292 MW und einer elektrischen Nettoleistung von 771 MW erreicht es einen Nettowirkungsgrad von 33,6 %.
Der kugelförmige Sicherheitsbehälter (SHB) des Kernkraftwerks hat einen Innendurchmesser von 27 m und einen Auslegungsdruck von 4,25 bar. In seinem Innern sind im wesentlichen ein Reaktordruckbehälter (RDB), ein Schnellabschaltsystem, ein Druckabbausystem, bestehend aus einer Druckkammer, einer Kondensationskammer und mehreren Sicherheits- und Entlastungsventilen mit Kondensationsrohren, untergebracht. In allen aus dem SHB führenden Rohrleitungen sind Absperrarmaturen ausgeführt, durch deren automatisches Schließen bei Störfällen, der Austritt von aktiviertem Wasser oder Dampf verhindert werden kann.
In typischen Betriebsjahren liegt die Menge radioaktiver Ableitungen des Kernkraftwerks in die Umgebung um mehr als das Hundertfache unter den genehmigten Jahresgrenzwerten. [4]
Störfälle
1978
Bereits im Juni 1978 strömten bei einem Störfall, verursacht durch ein Leck im Leitungssystem, innerhalb von zwei Stunden zwei Tonnen radioaktiven Dampfes ins Maschinenhaus aus. Der Störfall wird erst zwei Tage später durch einen anonymen Anrufer, der sich bei der Deutschen Presse-Agentur meldet, bekannt. Das Kernkraftwerk wird für mehrere Wochen stillgelegt. Später erfolgten Umrüstungen, musste aber immer wieder längere Betriebspausen einlegen, zuletzt von August bis Oktober 2004.
2001
Ein Aufsehen erregender Störfall ereignete sich am 14. Dezember 2001, als im laufenden Betrieb eine Knallgas-Explosion eine Rohrleitung beschädigte[5], die an den Reaktordruckbehälter angeschlossen war. Der daraus resultierende Kühlwasserverlust konnte durch die Schließung eines unbeschädigt gebliebenen Absperrventils beendet werden. Obwohl beim Störfall ein Explosionsdetektor anschlug und mehrere weitere Überwachungsgeräte kurzzeitig Werte am Anschlag lieferten, interpretierten die Betreiber das Geschehen als nicht meldepflichtige „spontane Leckage“ an einem nicht sicherheitsrelevanten Anlagenteil. Der Reaktor wurde ohne weitere Untersuchung mehrere Wochen weiter unter Volllast betrieben.
Die Anzeigen der Überwachungsgeräte werden, wie es das Atomgesetz vorschreibt, direkt an das zuständige Ministerium in Kiel übermittelt und dort mitgeschrieben. Die Analyse dieser Daten veranlasste das Ministerium dazu, vom Betreiber eine Stellungnahme zu verlangen. Nachdem die Interpretation der Betreiber („Spontane Leckage“) die aufgezeichneten Daten nicht plausibel erklären konnte, forderte das Ministerium mit wachsender Dringlichkeit eine Begehung des Reaktors zur Klärung des Vorgangs. Erst nach der Androhung einer formalen Anweisung waren die Betreiber bereit, diese Revision am 21. Februar 2002 durchzuführen. Bei dieser Begehung stellte sich heraus, dass das Rohr der Deckeldusche mit einem Durchmesser von 100 mm gerissen war und auf einer Strecke von etwa zwei Metern fehlte.
Die Ursache für die Explosion war Knallgas, das sich bei allen Siedewasserreaktoren im regulären Betrieb durch Radiolyse bildet. Das Risiko, dass sich das Gas in der vom Reaktordeckel abgehenden Leitung sammeln und explodieren könnte, war in den Sicherheitsbeurteilungen übersehen worden. Als Konsequenz konnte das Kernkraftwerk Brunsbüttel erst im Februar 2003 wieder in Betrieb genommen werden. Außerdem wurden die anderen Siedewasserreaktoren in Deutschland auf die Möglichkeit ähnlicher Explosionen untersucht.
Aus dem zuständigen Gremium der Bundesregierung hieß es zu der Verzögerung der Begehung durch die Betreiber, dass dieser den Unfall entweder „schamlos vernebelt“ habe oder die Fachkunde „skandalös unterentwickelt“ sei.[6] Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hätte dieser Unfall bei anderem Verlauf und einem Ausfall diverser weiterer Sicherheitssysteme im Extremfall auch zur Kernschmelze führen können.[7]
2007
Bei Instandhaltungsarbeiten in einer E.on-Schaltanlage des Stromnetzes wurde am 28. Juni 2007 in unmittelbarer Nähe des Kernkraftwerks Brunsbüttel eine Störung durch einen Kurzschluss im 380-kV-Verteilernetz verursacht. Die Anlage wurde daraufhin automatisch vom Stromnetz getrennt und per „Lastabwurf“ sehr schnell auf die für die Eigenbedarfsversorgung notwendige Leistung von ca. 30 MW herunter gefahren. Um Schäden bei der starken Leistungsreduktion zu vermeiden wurde eine Turbinenschnellabschaltung und infolge dessen eine Umschaltung der Eigenbedarfsversorgung auf den Fremdnetztrafo ausgelöst. Der Turbinenschnellabschaltung folgte unmittelbar eine Reaktorschnellabschaltung. [8] Beim Wiederanfahren der Anlage am 1. Juli wurden zweimal Absperrungen des Reaktorwasserreinigungssystems ausgelöst. Nach Angaben des Betreibers waren diese jeweils auf Fehlbedienungen des Personals zurückzuführen. Die Absperrungen wurden in die Kategorie „N“ (Normal) gemäß der AtSMV und in die Stufe 0 (ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung) gemäß der internationalen Störfall-Bewertungsskala INES eingeordnet. [9] Nach Angabe des für die Aufsicht zuständigen Ministeriums in Kiel sind bei einer Anfrage an die Kraftwerksleitung am 02. Juli. Störungen beim Wiederanfahren verneint worden und die spätere Meldung gemäß AtSMV ist erst "auf den letzten Drücker" erfolgt. Einige Politiker und Umweltschützer hatten dies als neuerlichen Beweis für die mangelhafte Informationspolitik des Betreibers bewertet. [10]
Am 18. Juli 2007 wurde die Mängelliste des Kernkraftwerks Brunsbüttel im Internet veröffentlicht (siehe Weblinks).[11] Am 21. Juli 2007 wurde das Kernkraftwerk Brunsbüttel komplett abgeschaltet. Laut spiegel.de[12] ist erneut ein Mangel am Bau der Grund. Bei Überprüfungen sind »nicht spezifikationsgerecht gesetzte Dübel«[13], auf denen der Buchstabe »K« für »Kerntechnik« fehlt, festgestellt worden.
Seitdem (Stand: Anfang 2009) ist das Kraftwerk noch nicht wieder in Betrieb genommen worden.[14]
Kritik
Auslegung der Notstromversorgung
Laut der Meinung der Deutschen Umwelthilfe ist die Notstromversorgung auf Betriebsstörungen schlechter vorbereitet als das schwedische Kernkraftwerk Forsmark, in dem es am 25. Juli 2006 zu einem Störfall in der Notstromversorgung kam.[15] [16] Der Betreiber des Kernkraftwerks, Vattenfall, widerspricht dieser Aussage grundlegend und kommt in seiner Analyse zu einem anderen Ergebnis.[17] Laut Meinung der Anti-Atomkraft-Bewegung ist es weiterhin auffällig, dass die Betreibergesellschaft lange Zeit nicht bereit war, die Öffentlichkeit über bestehende Sicherheitsrisiken zu informieren, obwohl diese Offenlegung nach EU-Recht verbindlich ist.[18] Auf Grund großen öffentlichen Drucks nach den Störfällen am 28. Juni wurde sie am 19. Juli 2007 veröffentlicht.[19]
Restlaufzeit
Die endgültige Abschaltung des Kernkraftwerks Brunsbüttel im Rahmen des Atomausstiegs war für 2009 erwartet worden. Anfang 2009 verfügt das Kraftwerk allerdings immer noch über eine Reststrommenge von 10.999,67 GWh, die einer Restlaufzeit von etwa 22 Monaten entspricht.[20] Die noch zulässige Reststrommenge hat sich seit 2007 nicht verringert, da das Kraftwerk seit dem 18. Juli 2007 keinen Strom mehr ins Netz eingespeist hat. Wann eine Wiederinbetriebnahme geplant ist, ist unklar. In seinen Monatsberichten[21] teilt der Betreiber Vattenfall nur vage mit: "In den Kernkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel werden das Prüf- und Sanierungsprogramm sowie die Umsetzung des im September 2007 veröffentlichten Maßnahmenpaketes intensiv fortgesetzt. Bis zum Abschluss dieser Aktivitäten, die voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden, bleiben beide Anlagen abgeschaltet."[14]
Seit Ende des Jahres 2006 besteht ein Aktionsbündnis, welches sich die sofortige Abschaltung des „Pannenreaktors“ zum Ziel gesetzt hat. Dieses Bündnis, genannt „Brunsbüttel stilllegen – jetzt!“, verfasste die Brunsbütteler Erklärung, in der die sofortige Abschaltung des Kernkraftwerks gefordert wird. Zu den Mitgliedern gehören Robin Wood, BUND, IPPNW sowie x-tausendmal quer.[22] Am 4. November 2006 fand die erste Demonstration mit etwa 400 Teilnehmern auf der Zufahrt des Kernkraftwerks statt. Grund für die Gründung dieser Gruppe und für den erneuten Beginn der Proteste sind Pläne der Besitzer E.ON und Vattenfall, durch Umverteilung der Restlaufzeit von anderen Kernkraftwerken die geplante Abschaltung des Reaktors im Jahre 2009 zu verschieben.
Am 26. März 2009 wies das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz eine Klage der Eigentümer Vattenfall und E.ON ab, die Reststrommengen aus dem stillgelegten Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel zu übertragen. Das Kernkraftwerk Brunsbüttel muss damit voraussichtlich 2012 endgültig vom Netz gehen.[23]
Daten der Reaktorblöcke
Das Kernkraftwerk Brunsbüttel hat einen Reaktorblock:
Reaktorblock[24] Reaktortyp Netto-
leistungBrutto-
leistungBaubeginn Netzsyn-
chronisationKommer-
zieller BetriebAbschal-
tungBrunsbüttel (KKB) Siedewasserreaktor 771 MW 806 MW 15.04.1970 13.07.1976 09.02.1977 seit 21.07.2007 vorübergehend abgeschaltet (noch 22 Monate Restlaufzeit) Quellen
- ↑ Jahresbilanz 2006: 126 Pannen in deutschen Atommeilern, Spiegel Online, 25. Mai 2007
- ↑ Deutsches Atomforum e. V.: Kernenergie - Aktuell 2007, Kapitel Zwischenlager/Transporte. Berlin, September 2007.
- ↑ Bundesamt für Strahlenschutz, BfS genehmigt Zwischenlager an den Atomkraftwerken Brokdorf und Brunsbüttel
- ↑ Deutsches Atomforum e.V., Kernenergie in Deutschland - Jahresberichte 2006 und früher
- ↑ Bild des geborstenen Rohres
- ↑ DER SPIEGEL. (15/2002), S. 104
- ↑ Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Atomkraft: Ein teurer Irrweg. Die Mythen der Atomwirtschaft. 2006
- ↑ Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig-Holstein Zwischenbericht über die Vorkommnisse bei den Kernkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel am 28. Juni 2007 zur Sondersitzung des Sozialausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtages am 19. Juli 2007
- ↑ Meldepflichtiges Ereignis 10/07 (Meldeformular gemäß AtSMV)
- ↑ Pannen in Atomkraftwerk erneut zu spät gemeldet
- ↑ Meldung im Heise Newsticker
- ↑ http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,495813,00.html
- ↑ Ähnliche Verstöße waren schon 2006 in verschiedenen Anlagen beanstandet worden: http://www.bfs.de/kerntechnik/ereignisse/berichte/jb_kf_2006.html
- ↑ a b Monatsbericht Januar 2009 des Betreibers Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH http://www.vattenfall.de/www/vf/vf_de/Gemeinsame_Inhalte/DOCUMENT/154192vatt/Bergbau_und_Kraftwerke/855975pmxt/P02158148.pdf
- ↑ http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=678
- ↑ http://www.duh.de/uploads/media/Hintergrundpapier_Forsmark_in_Deutschland_01.pdf
- ↑ Brunsbüttel: Notstromversorgung in allen Fällen gesichert (Vattenfall)
- ↑ DUH: Atomkraftwerk Brunsbüttel: Kieler Atomaufsicht soll Informationsblockade von Vattenfall beenden http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=783
- ↑ http://www.schleswig-holstein.de/MSGF/DE/Aktuelles/Portalhauptartikel__1b.html__nnn=true
- ↑ http://www.bfs.de/de/kerntechnik/strommenge08.pdf
- ↑ http://www.vattenfall.de/www/vf/vf_de/225583xberx/225613dasxu/225933bergb/226503kerng/226173kraft/226263kernk/347210kernk/index.jsp
- ↑ Brunsbüttler-Erklärung http://www.akw-brunsbuettel-stilllegen.de/joomla/index.php?option=com_wrapper&Itemid=63
- ↑ Bundesrichter: Keine längere Laufzeit für AKW Brunsbüttel, NDR online vom 26. März 2009
- ↑ Power Reactor Information System der IAEO: „Germany, Federal Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
Siehe auch
Weblinks
- Vattenfall Europe Nuclear Energy
- Seite zum Kraftwerk auf der E.ON-Homepage
- Informationskreis KernEnergie
- Chronik: AKW Brunsbüttel (ab Mai 2007) bei nadir.org
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