Blockwart

Blockwart

In der NSDAP-Parteiorganisation gab es ab 1933 die Dienstbezeichnung Blockleiter der NSDAP. Der Name leitet sich vom innerstädtischen Bau- oder Wohnblock ab.

Die neue parteiamtliche Benennung Blockleiter setzte sich jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht durch, zumal vor 1933 im Organisationsschema der NSDAP für diese Funktionäre die Bezeichnung Blockwart gegolten hatte. Der Ausdruck Blockwart wurde in der Zeit des Nationalsozialismus von der Bevölkerung zumeist als Sammelbegriff für rangniedrige Funktionäre der NSDAP wie auch ihrer Nebenorganisationen benutzt.

Inhaltsverzeichnis

Blockleiter und Helfer

Der Blockleiter stand am unteren Ende der Hierarchie von nationalsozialistischen Parteifunktionären, die vom Gauleiter, Kreisleiter, Ortsgruppenleiter über den Zellenleiter zum Blockleiter abgestuft war.

Eine Ortsgruppe der NSDAP bestand in der Regel aus acht Zellen. Jede dieser Zellen war in vier bis acht Blocks gegliedert.

Ein Blockleiter der NSDAP (so die offizielle Dienstbezeichnung laut Organisationsbuch der NSDAP) war für 40 bis 60 Haushalte („Wohngemeinschaften einschließlich Untermieter“) mit durchschnittlich rund 170 Personen zuständig. Der Blockleiter hatte seine arische Abstammung bis zum Jahre 1800 nachzuweisen (siehe Ariernachweis) und wurde auf Adolf Hitler vereidigt. Er trug zumindest bei dienstlichen Anlässen eine Uniform und war zu „vorbildlichem Verhalten“ auch im Privatleben angehalten.

In seinem Abschnitt konnte der Blockleiter auf verschiedene Helfer zurückgreifen, für die er weisungsberechtigt war. Diese ehrenamtlichen Helfer mussten selbst nicht der NSDAP angehören; auch sie hatten jedoch ihre „arische Abstammung“ nachzuweisen und wurden vom Ortsgruppenleiter berufen. Die Helfer, unterschiedlich als Blockwalter, Blockhelfer oder Hauswarte bezeichnet, vertraten oft ehrenamtlich die nationalsozialistischen Nebenorganisationen wie Deutsche Arbeitsfront, NS-Frauenschaft oder NS-Volkswohlfahrt.

Bezeichnung als Blockwart

Oft trat der „Blockleiter der NSDAP“ auch in Personalunion als „Blockwalter“ der Organisation „Kraft durch Freude“ auf[1]. Die sprachliche Verwirrung gipfelte später darin, dass die Helfer des Reichsluftschutzbundes die Bezeichnung „Blockwart“ erhielten; häufig übernahm ein Blockleiter zugleich die Funktion eines Luftschutz-Blockwarts. Von der Bevölkerung wurden der Blockleiter wie seine Helfer meist unterschiedslos wie mit einem Oberbegriff als Blockwart bezeichnet.

Anzahl der Blockleiter

Für das Jahr 1935 schätzt man die Zahl der Blockleiter auf gut 200.000; zusammen mit den ehrenamtlichen Helfern waren auf der unteren Ebene annähernd 500.000 Funktionäre tätig. Diese Zahlen stiegen durch den Ausbau der Luftschutz-Organisation rapide an und vervierfachten sich nach der Besetzung des Sudetenlandes und dem Anschluss der „Ostmark“ bis Kriegsbeginn.

Aufgabenbereich

Vom Hauptschulungsamt der NSDAP wurden die Aufgaben eines Blockleiters 1940 so beschrieben: „Der Hoheitsträger muss sich um alles kümmern. Er muss alles erfahren. Er muss sich überall einschalten.“ Seine Aufgaben waren tatsächlich umfassend:

  • Als Propagandist der nationalsozialistischen Ideologie musste er für deren Verbände werben, Schulungsmaterial ausgeben, Beiträge kassieren, für Winterhilfswerk und Eintopfsonntag sammeln lassen sowie als Vermittler für die Volkswohlfahrt auftreten.
  • Zur Durchsetzung der Rassenpolitik meldete er „Judenfreunde“ und achtete auf die genaue Befolgung schikanöser Vorschriften wie das Verbot für Juden, ein Haustier zu halten. Auch listete er jüdischen Besitz und jüdische Wohnungen auf.
  • Als Organisator der „Inneren Front“ besorgte er die Verteilung von Lebensmittelkarten, sorgte für das Entrümpeln der Dachböden und das Einhalten der Verdunklung im Rahmen des Luftschutzes. Er betreute die Ausgebombten und organisierte in der Endphase des Krieges den Volkssturm.
  • Zur politischen Überwachung führte er eine normierte Haushaltskartei, notierte Unmutsäußerungen und das Verhalten bei Beflaggung, gab Leumundszeugnisse ab und war allgegenwärtiger Ansprechpartner für Denunziationen.

Nach einem Rundschreiben vom 31. Januar 1941 sollten die Blockleiter vermerken, „seit wann der Völkische Beobachter bezogen wird, ob die Familie bereits vor dem Flaggengesetz von 1935 eine Hakenkreuzfahne besaß und welches Rundfunkgerät in dem Haushalt vorhanden ist. […] Die politische Beurteilung ist […] mit dem zuständigen Block- oder Zellenleiter vorzunehmen.“ [2] Mitte 1941 erhielten die Blockleiter den Auftrag, alle Wohnungen aufzusuchen und an den Rundfunkgeräten oder an den Bedienungsknöpfen eine Karte anzubringen, die folgende Warnung enthielt: Das Abhören ausländischer Sender ist ein Verbrechen gegen die nationale Sicherheit unseres Volkes. Es wird auf Befehl des Führers mit schweren Zuchthausstrafen geahndet. Denke daran! [3]

Fazit

Der Blockleiter genoss kein hohes Ansehen und wurde im Volksmund verächtlich als „Treppenterrier“ bezeichnet. Tatsächlich aber war er mit seinen Funktionen ein allgegenwärtiges Instrument der Überwachung und Unterdrückung. Allerdings war es normalerweise nicht üblich, dass jemand als Blockleiter diese Position lange ausübte - ein weiterer Aufstieg innerhalb der NSDAP war praktisch garantiert.

Weitere Wortbedeutungen für „Blockwart“

Blockwart gilt heute als Synonym für einen Spitzel und Denunzianten in der Nachbarschaft. Gelegentlich – namentlich im Gebiet der ehemaligen DDR – wird mit ähnlicher Bedeutung auch das Wort Abschnittsbevollmächtigter verwendet. Dies war die amtliche Bezeichnung für den vor Ort zuständigen Volkspolizisten.

In deutschsprachigen Foren (dort auch Brettwart genannt) und Newsgroups ist Blockwart ein Schimpfwort für Teilnehmer, die sich bemühen, andere wegen vermuteten Verstoßes gegen Forumsregeln durch den zuständigen Administrator sperren zu lassen (Blockwartmentalität).

In der Literatur- und Theatergeschichte kommt der Begriff des Blockwarts im Theater- und Kabarettstück Der Herr Karl von Helmut Qualtinger und Carl Merz aus dem Jahr 1961 vor, in dem die Hauptfigur, der opportunistische Herr Karl aus Wien, unter anderem auch eine Begegnung mit Adolf Hitler beim Blockwartetreffen schildert.

Blockwart wurde zu einem der 100 Wörter des 20. Jahrhunderts.

Belegstellen

  1. Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus., Berlin 1998, ISBN 3-11-013379-2. S. 108
  2. Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular …, S. 298
  3. Michael P. Hensle: Rundfunkverbrechen... Berlin 2003, ISBN 3-936411-05-0, S. 141

Literatur

  • Detlef Schmiechen-Ackermann: Der „Blockwart“. Die unteren Parteifunktionäre im nationalsozialistischen Terror- und Überwachungsapparat. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 48 (2000), Heft 4, Seite 575-602
  • Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus., Berlin 1998, ISBN 3-11-013379-2
  • Das Organisationsbuch der NSDAP Hrsg. der Reichsorganisationsleiter der NSDAP. 4. Aufl. München 1937

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