Blue note

Blue note
Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Blue Notes als Stilmittel in Blues und Jazz; zu der gleichnamigen US-amerikanische Schallplattenfirma siehe Blue Note Records. Darüber hinaus gibt es in verschiedenen Orten gleichnamige Jazzclubs, unter anderem in Paris und Greenwich Village (New York City) (131 W 13th St)

Mit Blue Note bezeichnet man im Blues zwei Töne, die in ihrer Höhe etwa zwischen großer und kleiner Terz beziehungsweise zwischen dem Tritonus und der Quinte unseres zwölftönigen Dur-Moll-Tonsystems liegen. Die Blue Note stellt keinen neuen Zusatzton zu den beiden Terzen oder dem Tritonus und der Quinte dar, sondern ersetzt jeweils diese beiden Töne. Die Blue Notes lassen sich mit unserem Tonsystem nicht erklären, harmonisch herleiten oder in Notenschrift erfassen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Die Blue Notes können zurückgeführt werden auf eine pentatonische Tonleiter afrikanischer Herkunft, die sich nicht in unser Tonsystem einfügen lässt und die sich stark an der Naturtonreihe orientiert. Deren Töne variieren in ihrer Höhe schon damit zwangsläufig gegenüber den Tönen der unseres enharmonischen, nicht mehr ausschließlich an der Naturtonreihe angelegten Tonsystems.

Verwendung

Die Blue Notes werden ausschließlich im Meldodiespiel oder im Gesang angewendet und haben keinen Einfluss auf die Harmonik eines Bluesstückes, da sich mit dem in der abendländischen Musik zur Verfügung stehenden Tonmaterial auf den Blue Notes keine Dreiklänge und somit auch keine Harmoniefolgen bilden lassen. Die Blue Notes werden daher über die normalen, dem Dur- oder Moll-Tonsystem entnommenen Akkorde gespielt.

Da die Blue Notes aus dem abendländischen Tonsystem „herausfallen“, wurden sie häufig als einfache Ergänzung zu einer normalen Dur-Tonleiter erklärt und notiert: Einer Dur-Tonleiter wurde eine kleine Terz, der Tritonus (beziehungsweise die verminderte Quint) und eine kleine Septime hinzugefügt. Die so entstandene zehntönige Tonleiter ist aber wegen ihrer zu hohen Zahl chromatisch aufeinander folgender Töne in der Praxis kaum verwendbar.

Um die Blue Notes trotzdem in unserem Tonsystem fassen, notieren und praktikabel spielbar machen zu können, wurde eine sogenannte Bluestonleiter aus der pentatonischen Tonleiter in Moll durch Ergänzen einer Dur-Terz und der verminderten Quinte gebildet. Diese lässt sich nun zum Beispiel in der Improvisation über eine Blues-Harmonie sehr gut anwenden.

Die kleine Septime

Häufig wurde und wird auch die über dem „Grundakkord“, der Tonika, eines Bluesstückes gespielte kleine Septime als Blue Note bezeichnet. Vom Standpunkt der klassischen Harmonielehre, die sich sehr stark auf die strenge Funktionsharmonik bezieht, kann im Blues das Vorkommen der kleinen Septime über der Tonika nicht anders erklärt werden und wurde wohl vor allem deshalb als Blue Note eingeordnet.

Die moderne Harmonielehre nimmt heute einen anderen, weniger strengen Standpunkt ein, da sich die Herkunft dieser kleinen Septime auch für die abendländische Musik problemlos aus der Obertonreihe herleiten und erklären lässt. Somit ist diese kleine Septime genau genommen kein „neuer“ Ton, der wie bei den „echten“ Blue Notes zwei ursprünglich vorhandene Töne ersetzt. Zwar stimmt die Tonhöhe dieser „natürlichen“ kleinen Septime aus der Obertonreihe auch nicht exakt mit der Septime der wohltemperierten Stimmung überein, das trifft aber auf die meisten Töne unseres Tonsystems zu. Nach moderner Lehrmeinung wird daher diese kleine Septime nicht mehr als Blue Note angesehen, sondern tatsächlich nur noch als kleine Septime, die einer Molltonleiter entnommen über einem Dur-Akkord gespielt wird.

Spielbarkeit

Blasinstrumente sowie Saiteninstrumente (insbesondere die Gitarre) sind in der Lage, durch Ansatzveränderungen (Bläser) oder Saitenziehen (Gitarren) die Blue Note zwischen Moll- und Durterz oder Tritonus und Quinte zu treffen. Auf Tasteninstrumenten wird grobe eine Annäherung an die Blue Notes durch das Anschlagen beider Terzen (oder Tritonus und Quinte) erzeugt, indem unmittelbar nach dem gleichzeitigen Anschlag die tiefere Note sofort wieder losgelassen wird.

Eine exakte Definition der Tonhöhe der Blue Note ist nicht sinnvoll, da sie dem subjektiven Empfinden unterliegt und in ihrer Artikulation für den speziellen Klang vieler Bluesmusiker wie zum Beispiel der Gitarristen Albert King, Robert Johnson oder Eric Clapton, der Sängerinnen Bessie Smith, Ella Fitzgerald, Billie Holiday oder den Bluesharp-Spielern Little Walter oder Sonny Terry ausschlaggebend ist.

Literatur

  • Frank Haunschild: Die neue Harmonielehre. Band I, Musikalisches Arbeitsbuch für Klassik, Rock, Pop und Jazz; ISBN 3-927190-00-4
  • Frank Haunschild: Die neue Harmonielehre. Band II, Musikalisches Arbeitsbuch für Klassik, Rock, Pop und Jazz; ISBN 3-927190-08-X
  • Frank Sikora: Neue Jazz-Harmonielehre. ISBN 3-7957-5124-1
  • Andre Asriele Jazz - Analysen und Aspekte, VEB Lied der Zeit, Berlin 1985
  • Ekkehard Jost, in: Wolf Kampmann Reclams Jazzlexikon, Reclam, Stuttgart 2003

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