Boabdil

Boabdil
Muhammad XII. begegnet Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón, Historienbild von Francisco Pradilla y Ortiz (1882)

Muhammad XII.[1] Abu Abdallah (arabischأبو عبد الله محمد الثاني عشر‎‎) (* 1452 in Granada; † 1527 (nach anderen Quelle: 1533) in Fès), bei den christlichen Spaniern seiner Zeit als Boabdil bekannt, auch genannt el chico, „das Kind“ oder el Zogoibi, „der Unglückliche“, war von 1482 bis 1483 und von 1485 bis 1492 Sultan von Granada.

Muhammad kam erstmals 1482 auf den Thron von Granada, als er mit Hilfe der Abencerrajes seinen Vater Abu l-Hasan Ali, genannt Muley Hacén (1464–1482), stürzte. Auch Konflikte innerhalb der Dynastie der Nasriden trugen zu der instabilen Situation bei, da Abu l-Hasan Alis christliche Konkubine Isabel de Solis, auch Soraya genannt, ihre Söhne als Nachfolger zu etablieren versuchte, was den Zorn von Abu l-Hasans Hauptfrau Aisha al-Horra hervorrief, die daraufhin ihren Sohn Boabdil nach Kräften unterstützte. Allerdings geriet Muhammad XII. schon 1483 in Gefangenschaft, als er bei Lucena von den Spaniern besiegt wurde. Zwar konnte er nach dem Tod seines Vaters (1485) die Freilassung aus der Gefangenschaft gegen erhebliche Zugeständnisse an Kastilien erreichen. Er etablierte sich in Guadix, was faktisch eine Zweiteilung des Königreichs Granada bedeutete. Nach zwei zwischenzeitlich neu ernannten Herrschern (seinem Vater sowie dessen als Muhammad XIII. „al Zagal“ gezählten Bruder) erneut die Herrschaft erringen, doch war seine Macht weiter umstritten. Obwohl spanische Truppen systematisch die Festungen der Nasriden eroberten, dauerte der Bürgerkrieg unter den Muslimen weiter an, da sein Onkel Muhammad al-Zagal (XIII.) mit den Abencerrajes weiterhin die Herrschaft in Granada beanspruchte.

Unter diesen Umständen war eine erfolgreiche Verteidigung nicht denkbar. Nachdem 1487 Málaga von den Spaniern erobert worden war, wurden die Osmanen um Hilfe gebeten. Diese ließen durch Korsaren zwar die spanischen Küstengebiete angreifen, konnten den Nasriden aber nicht wirksam beistehen. Nachdem 1489 Almería gefallen war, begann 1491 die Belagerung von Granada durch die spanischen Truppen. Am 2. Januar 1492 kapitulierte Muhammad XII. und übergab Granada den Katholischen Königen Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón. Mit der Eroberung Granadas durch die Christen fiel nach über siebenhundert Jahren auch die letzte muslimische Bastion auf der iberischen Halbinsel.

Allerdings hatte das Königreich Granada bereits zu diesem Zeitpunkt Jahrzehnte unter christlicher Oberherrschaft gestanden, da die Maurenherrscher den christlichen Königen tributpflichtig geworden waren. Trotz dieser Vasallenrolle kam es aufgrund der finanziellen Belastung und der religiösen Differenzen immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen.

Muhammad XII./Boabdil lebte noch bis 1494 auf den ihm von den Spaniern in den Alpujarras zugewiesenen Gütern, bis er sich nach Fès in Marokko zurückzog und dort unter dem Schutz des Sultans Muley Ahmed III. noch mehr als 30 Jahre lebte. Eine Lebensspanne, binnen der er seine Verwandtschaft mehrfach zur Rückeroberung Granadas aufzustacheln versuchte, was ihm aber nicht mehr gelang.

Auf der Passhöhe südlich von Granada liegt ein Ort, von dem aus ein letzter Blick auf Granada möglich ist. Dieser Ort heißt El suspiro del moro (Der Seufzer des Mauren), weil von ihm aus Boabdil einen letzten Blick auf Granada geworfen haben soll, und beim Anblick der herrlich auf einem Bergrücken gelegenen, nun für immer für ihn verlorenen Burg seufzte. Seine kämpferische Mutter schalt ihn sinngemäß deswegen, er solle nicht wie ein Weib betrauern, was er zuvor nicht wie ein Mann habe verteidigen können.

Dieser literarisch in neuerer Zeit verarbeitete „Letzte Seufzer“ wurde 1996 auch Gegenstand eines in der islamischen Gemeinschaft hoch kritisch aufgenommenen Buches von Salman Rushdie.

Das Leben Muhammads XII. lieferte auch die Vorlage für die Oper Boabdil, der letzte Maurenkönig (1892) von Moritz Moszkowski.

Anmerkungen

  1. Da die Existenz von Muhammad X. umstritten ist, wird Boabdil in manchen Genealogien auch als Muhammad XI. gezählt.

Literatur

  • Arnold Hottinger: Die Mauren. Arabische Kultur in Spanien, Wilhelm Fink Verlag, München 2005, ISBN 3-7705-3075-6
  • Ulrich Haarmann: Geschichte der Arabischen Welt. C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-47486-1



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