Bonifacius

Bonifacius
Darstellung von Szenen aus dem Leben des Bonifatius: Taufe eines Heiden (oben) und Märtyrertod (unten), 11. Jahrhundert (Fuldaer Sakramentar)

Bonifatius, Wynfreth (Winfried, * 672/675 in Crediton in der Nähe von Exeter im damaligen Kleinkönigtum Wessex, der heutigen Grafschaft Devon, im Südwesten Englands; † 5. Juni 754 oder 755[1] bei Dokkum in Friesland [2]), war einer der wichtigsten Missionare und Kirchenreformer im Frankenreich und wird seit der Reformation von der katholischen Kirche als „Apostel der Deutschen“ bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wynfreth (der seinen kirchlichen Namen Bonifatius erst 719 durch Papst Gregor II. erhielt) wurde in einer vornehmen Familie in Crediton/Wessex um 673 geboren und in den Benediktinerklöstern Exeter (angelsächsisch Aet Exanceastre) und Nhutscelle (Nursling, zwischen Winchester und Southampton) erzogen. In letzterem wurde er im Alter von etwa 30 Jahren zum Priester geweiht. Wynfreth betätigte sich als Lehrer für Grammatik und Dichtung, bis er seine Missionstätigkeit im östlichen Teil des Frankenreichs und dessen Randgebieten aufnahm. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits als Gelehrter bekannt, unter anderem als Verfasser einer neuen lateinischen Grammatik.

716 unternahm Wynfreth eine erste Missionsreise zu den Friesen. Diese scheiterte jedoch an dem Friesenherzog Radbod, einem Heiden und Gegner der Franken, der gerade das südwestliche Friesland von diesen zurückerobert hatte. So kehrte Wynfreth noch im Herbst 716 nach Nursling zurück, wo er im darauf folgenden Jahr zum Abt gewählt wurde. Inwieweit er zu dieser Zeit in Kontakt mit Willibrord stand, einem ebenfalls angelsächsischen Missionar in Friesland, ist nicht genau bekannt. Willibrord hatte bereits 695 mit der Missionierung der Friesen begonnen, musste nun jedoch erleben, wie sein Werk durch Radbods Erfolge zusammenbrach.

718 gab Wynfreth seine Position als Abt auf und verließ England für immer, um zunächst eine Pilgerfahrt nach Rom zu unternehmen. Dort erhielt er von Papst Gregor II. am 15. Mai 719 den Auftrag, „ungläubigen Völkern das Geheimnis des Glaubens bekannt zu machen“[3]. Unter dem ihm vom Papst verliehenen Namen Bonifatius begann er seine Mission erneut bei den Friesen, diesmal in Zusammenarbeit mit Willibrord. Obwohl die äußeren Voraussetzungen diesmal ungleich günstiger waren als bei Bonifatius’ erster Missionsreise – Radbod war inzwischen gestorben –, gab es anscheinend erhebliche Spannungen zwischen den beiden Missionaren, und so trennten sie sich 721. Danach zog Bonifatius mehr als ein Dutzend Jahre durch Gebiete im heutigen Hessen, Thüringen und Bayern.

Die Missionsreisen des Bonifatius darf man sich als Expeditionen vorstellen, auf die er sich mit Kriegern, Handwerkern und größerem Gefolge begab, um Niederlassungen und Klöster zu gründen. Sein Missionswunsch traf sich mit den Interessen des fränkischen Hausmeiers Karl Martell, der (wie auch seine Nachfolger) im Christentum und in einer straff organisierten Reichskirche eine Klammer sah, die den Zusammenhalt seines Reichs fördern konnte. So stellte er Bonifatius nach seiner zweiten Romreise 723 einen Schutzbrief aus, mit dem dieser in sein Missionsgebiet zurückkehrte.

Bonifatius lässt die Donareiche fällen – historisierende Darstellung von 1737
Bonifatius fällt die Donareiche - Radierung von 1781 (Bernhard Rode)

Der Priester Willibald von Mainz berichtet in seiner Vita sancti Bonifatii von einem besonderen Ereignis in Geismar bei Fritzlar in Nordhessen, wo in Sichtweite der fränkischen Festung Büraburg eine seit langem verehrte, dem Thor – auch Donar genannt – geweihte Eiche stand, vermutlich auf dem Hügel, auf dem heute die Stiftskirche von Fritzlar steht. Laut Willibald entschloss sich Bonifatius, diese Eiche fällen zu lassen. Die zahlreichen Anwesenden, nach Willibald darunter auch eine große Menge von Heiden (die also wohl zu den dort lebenden Chatten gehörten), erwarteten gespannt die Reaktion der heidnischen Gottheit; dass diese ausblieb, beeindruckte sie tief und überzeugte sie von der Macht des Christengottes.

Historiker gehen davon aus, dass Bonifatius mit der Fällung der Donareiche kein großes Risiko einging, da er mit dem Schutz der fränkischen Besatzung der Büraburg rechnen konnte. Die Franken waren christianisiert, die Büraburg befand sich seit einigen Jahrzehnten in ihrer Hand, und Geismar war ein − wie archäologische Untersuchungen gezeigt haben – Bauern- und Handwerkerort, der seine Erzeugnisse auf die Büraburg und an das Umfeld lieferte. So bestand sicherlich Kontakt mit dem Christentum. Mit der Fällung der Eiche demonstrierte Bonifatius jedoch nicht nur symbolisch die Überlegenheit des Christentums über alte Götter und heidnische Kulte, sondern auch das Streben nach einer Neuordnung. Aus dem Holz der Eiche ließ er aller Wahrscheinlichkeit nach in Fritzlar eine Petrus geweihte Kapelle bauen, an deren Stelle Wigbert bald darauf eine steinerne Basilika errichten ließ. Am gleichen Ort steht heute die St. Petri Stiftskirche.

Mit Unterstützung des Papstes konnte Bonifatius nach der in den Jahren 738 bis 739 erfolgten Ordnung der kirchlichen Verhältnisse in Bayern daran gehen, die Bistümer von Regensburg (739), Passau (739), Salzburg (739), Freising (739), Büraburg bei Fritzlar (741), Würzburg (741), Eichstätt (741) und Erfurt (742) zu gründen und deren Bischöfe zu weihen. Er selbst war in der Zwischenzeit zum Missionserzbischof ernannt worden und erhielt 746 das Bistum Mainz als Sitz, dies allerdings erst nach seinem vergeblichen Versuch, den Kölner Bischofsstuhl zu erlangen.

Bonifatius traf an vielen Orten seiner Tätigkeit innerhalb eines weitgehend heidnischen Umfeldes Bevölkerungsgruppen an, die bereits in mehr oder minder loser Form Kontakt mit dem Christentum hatten. Dieser christliche Einfluss war vorwiegend auf die Franken und ihre Verbindung zu den lokalen Großen zurückzuführen, in Thüringen auch auf die Missionsarbeit des bereits genannten Willibrord. Hinweise auf eine frühere iro-schottische Mission haben sich dagegen in diesem Bereich nicht bestätigt.[4] Vor allem in Thüringen ergaben sich erhebliche Konflikte durch die Bestrebungen des Bonifatius, eine Kirchenorganisation nach römisch-katholischem Vorbild durchzusetzen.

Der Tod des Bonifatius

Hölzerne Bonifatiusstatue in Fritzlar-Geismar
Skulptur in Fritzlar

Warum der über 80-jährige Bonifatius noch einmal zur Missionierung der Friesen aufbrach, ist unbekannt. In Legenden heißt es, er habe als Märtyrer sterben wollen. Am 5. Juni 754 oder 755 wurde er zusammen mit seinen Begleitern[5] (nach Willibald mehr als 50 Personen) morgens am Ufer des Flusses Boorne bei Dokkum (Niederlande) von heidnischen Friesen erschlagen, an dem Tag, an dem er die Firmung von bereits zuvor getauften Friesen aus der Umgebung vornehmen wollte.

Ob sein Tod im engeren Sinne ein Martyrium war oder es auch Raubmord gewesen sein könnte, ist eher eine theologische Frage. Neueste Untersuchungen kommen zu der Schlussfolgerung, dass die Täter heidnische Friesen waren, die sich sehr wohl bewusst waren, mit wem sie es zu tun hatten, aber auch die Gelegenheit nutzten, um Beute zu machen.

Der Codex Ragyndrudis mit den Hieb- und Nagelungsspuren (letztere durch rote Kreise hervorgehoben)

Ausgangspunkt für diese Schlussfolgerung ist der Codex Ragyndrudis. Er ist als Replikat im Dom-Museum zu Fulda ausgestellt und zeigt im Original sowohl an der oberen wie an der unteren Schmalseite jeweils zwei unterschiedlich lange Einschnitte, die bis maximal 62 mm tief sind und zum Teil auch die Einbanddeckel beschädigt haben. Zudem gibt es auch noch einen weiteren Schnitt parallel zum Falz und dazu – und dies ist für die weitere Interpretation äußerst wichtig – in der Mitte des Außenrandes der Längsseite ein kleines Loch, das auf eine Nagelung des Codex hinweist. Es ist davon auszugehen, dass auf das Buch eingeschlagen und es vernagelt wurde, als es sich auf einer festen Unterlage befand.

Dieser Codex ist nach der Tradition das Buch, das Bonifatius hielt, um sich vor den mörderischen Hieben von angreifenden heidnischen Friesen zu schützen; einen absoluten Beweis dafür, dass es wie zwei weitere ebenfalls in Fulda befindliche Bücher zu seinem Besitz gehörte, gibt es allerdings nicht.[6] Ungeachtet dessen ist festzustellen, dass das Buch nicht durch Hiebe mit einer scharfen Waffe beschädigt wurde, während es Bonifatius in der Hand hielt, denn dann hätte es bei den Schlägen gefedert und diese wären nicht so tief in das Pergament eingedrungen; obendrein hätte Bonifatius den Codex mehrfach hin und her drehen müssen. Es muss also auf der Erde gelegen haben, als darauf eingeschlagen und es vernagelt wurde.

Bonifatius war, wie die Untersuchung seiner ebenfalls in Fulda aufbewahrten Gebeine ergeben hat,[7] mit seiner Größe von 1,85 m bis 1,90 m, für die damalige Zeit ein schon äußerlich sehr auffälliger Mann, dessen Eindruck noch durch die Wortgewalt vertieft wurde, mit der er seine Predigten vortrug. Es ist also davon auszugehen, dass die Angreifer sehr wohl wussten, wen sie vor sich hatten, als sie das Lager überfielen, denn Bonifatius hatte ja bereits einige Zeit in dieser Gegend gewirkt, wie die von ihm bekehrten Friesen zeigen. Wenn die Angreifer ihn töteten, obwohl er keinen Widerstand leistete und auch seine Begleiter dazu aufgefordert hatte, das Martyrium auf sich zu nehmen (so berichtet es zumindest Willibald), so taten sie es also bewusst auch, um einen Missionar des christlichen Glaubens auszuschalten. Ansonsten hätten sie wohl nicht anschließend das Buch beschädigt und vernagelt, das er vermutlich bei sich hatte, als der Angriff stattfand. Der oder die Täter verfolgten offensichtlich die Absicht, das, was sich in dem Buch befand, am Herauskommen zu hindern und es möglichst ebenfalls zu „töten“; sie betrachteten es als eine Art belebtes Wesen und hatten in gewisser Hinsicht auch Angst davor. Sie identifizierten demnach das Buch mit Bonifatius, vermutlich in dem Glauben, dies sei die Bibel, aus der er während seiner Predigten vortrug und seine Inspiration erhielt.

Lebensdaten

In Frankfurt wurde anlässlich der Übernachtung des Leichenzuges eine Quelle nach Bonifatius benannt
Bonifatiusstatue in Fulda
  • 672/673 – Geburt von Wynfreth im Königreich Wessex England.
  • 716 – Erste (vergebliche) Missionsreise zu den Friesen.
  • 719 erhält Wynfreth in Rom von Papst Gregor II. den Auftrag zur Mission in Germanien und wird auf den Namen Bonifatius getauft. Er reist durch Friesland, Thüringen, Hessen und Bayern und predigt.
  • 721 – Missionsarbeit in Hessen.
  • 722 weiht Papst Gregor II. Bonifatius zum Missionsbischof ohne festen Bischofssitz.
  • 723 fällt Bonifatius die dem Donar geweihte Donareiche bei Geismar (Fritzlar).
  • 724 gründet Bonifatius Kirche und Kloster St. Peter in Fritzlar und setzt Wigbert zum Abt ein.
  • Um 725 gründet Bonifatius in Ohrdruf ein Kloster und baut die erste Kirche St. Michaelis. Er bestellt Wigbert auch als Abt in Ohrdruf. Damit wird Ohrdruf wie auch Amöneburg und Fritzlar ein Stützpunkt für die Missionsarbeit in Thüringen und Hessen.
  • 732 wird Bonifatius von Gregor III. zum Erzbischof des östlichen Frankenreiches geweiht.
  • 738 wird Bonifatius zum päpstlichen Legaten (vgl. Nuntius) für das gesamte Frankenreich ernannt.
  • 739 – Stiftung der Bistümer Regensburg, Freising, Passau und Salzburg
  • 741 werden Würzburg und Eichstätt von Bonifatius als Bischofssitze eingerichtet. Burkard wird in Würzburg, Witta in Büraburg durch Bonifatius zum Bischof geweiht. Bonifatius bemüht sich, gemeinsam mit dem Karolinger Karlmann, um eine Neuordnung der fränkischen Kirche.
  • 742 Gründung des Bistum Erfurt durch Bonifatius, er wandte sich mit der Bitte um Bestätigung von „Erphesfurt“ an Papst Zacharias.
  • 744 wird das Kloster Fulda im Auftrag des Bonifatius von seinem Schüler Sturmius, einem Benediktinermönch, gegründet.
  • 746 – Bonifatius wollte Bischof von Köln werden, Gegner vereitelten seinen Plan. Bonifatius wird Bischof mit Sitz in Mainz. Den Erzbischofstitel trägt er nur als Titel ad personam, da Mainz erst 781/82 Erzbistum wird.
  • 747 – Burkard, nicht Bonifatius, übergibt am 1. Mai die Oboedienzerklärung dem Papst in Rom.
  • 748 – Pippin III. beruft ein Konzil ein. Die Ergebnisse wurden direkt mit dem Papst abgestimmt, Bonifatius wurde nicht eingeladen und beiseite geschoben.
  • 751 wird Pippin der Jüngere auf der Reichsversammlung zu Soissons angeblich von Bonifatius gesalbt. Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass diese Angabe unzutreffend ist, da Bonifatius zu diesem Zeitpunkt bereits jeglichen Einfluss beim fränkischen Hof verloren hatte. Zudem beruht diese Überlieferung auf späteren Quellen, die zur Zeit Karls des Großen erstellt wurden [8].
  • 753 – Bonifatius dankt als Bischof in Mainz ab, Lullus wird sein Nachfolger in diesem Amt.
  • 754 – Megingaud wird von Bonifatius zum Bischof von Würzburg (754–769) geweiht.
  • 754 – Im Frühjahr geht Bonifatius nach Friesland. Im Sommer wird er Bischof von Utrecht.
  • Am 5. Juni 754 bzw. 755 wird Bonifatius gemeinsam mit 50 Begleitern von Einheimischen bei Dokkum in Friesland[2] erschlagen, als er ein Tauffest abhalten will.

Werke

Von Bonifatius sind Predigten und zahlreiche Briefe erhalten. Die Predigten richten sich an bereits bekehrte Christen. Sie befassen sich nicht mit der Auslegung von Bibeltexten, sondern erklären die Heilsgeschichte oder sind katechetische Ausführungen von christlicher Lehre und christlichen Pflichten. Die Briefe zeigen sein Wesen und Wirken auf und erhellen widersprüchliche Episoden in seinen Taten und Verhaltensweisen.[9]

Bedeutung

Denkmal des heiligen Bonifatius vor dem Mainzer Dom
Briefmarke (1954) zum 1200. Todestag

Bonifatius war kein bedeutender Theologe, aber er verband missionarischen Eifer mit einer seltenen Begabung für Organisation und Administration. Seine geschichtliche Bedeutung wird unterschiedlich gesehen, wobei sich die kirchliche und die politische Interpretation seines Wirkens teilweise erheblich widersprechen.

Aus historisch-kirchlicher Sicht besteht Bonifatius’ Bedeutung in der zielgerichteten Ausrichtung der von ihm geschaffenen Kirchenstrukturen auf das Zentrum Rom und das Papsttum, ganz so wie er sie aus der englischen Kirche kannte und wie er sie, im Gegensatz zu seinen iro-schottischen Vorgängern von der keltische Kirche, auf dem Kontinent vertrat. Indem er sich nach einem zunächst etwas missglückten Beginn seiner Missionstätigkeit ausdrücklich durch den Papst beauftragen ließ, gelang es Bonifatius schrittweise, die notwendige Anerkennung und Unterstützung durch den fränkischen Adel zu erringen und gleichzeitig das Papsttum in die Entwicklungen in West- und Mitteleuropa einzubinden. Damit legte er einerseits den Grundstein für seine erfolgreiche Missionstätigkeit, andererseits konnte er damit die Anfänge einer in ihren Informations- und Entscheidungswegen von der weltlichen Herrschaft unabhängigen Kirchenorganisation mit Zentrum in Rom entwickeln. Es gelang ihm zwar nicht, den Strukturwandel zu einer von Adelsinteressen freien Kirchenhierarchie im vollem Umfang durchzusetzen, denn dazu fehlte ihm nicht zuletzt auch die Unterstützung der weltlichen Herrscher, aber er war derjenige, der mit der Neudefinition Roms als Mittelpunkt kirchlicher Organisation in Europa einen wichtigen Grundstein zur Werdung des christlichen Abendlandes legte. Bonifatius wusste Karl Martell und die Stammesführer von den Vorzügen – insbesondere von der politischen und kulturellen Einigungskraft – des Christentums zu überzeugen.

Die historisch-politische Interpretation spricht dem Papsttum zu merowingisch-karolingischer Zeit keineswegs die Bedeutung zu, wie sie sich aus kirchlicher Sicht heute darstellt. Die karolingischen Hausmeier bedienten sich zwar zu ihrer Legitimierung des päpstlichen Ansehens als Stellvertreter Christi auf Erden, behielten jedoch die faktische Gewalt jederzeit durch ihre militärische Macht in ihren Händen und halfen dem Papst damit gegebenenfalls aus schwierigen Situationen. Es handelte sich also um eine quid-pro-quo Situation, bei der die Franken am längeren Hebel saßen. Bonifatius, der als treuer Anhänger des Papstes agierte und die organisatorische Form der auf Rom ausgerichteten Kirchenhierarchie festigte, verhalf damit gleichzeitig den karolingischen Hausmeiern zur Stärkung ihrer Herrschaft. Da die Glaubenseinigung des Frankenreiches ein stabilisierender Faktor der fränkischen Oberhoheit über Land und Leute war, konnte Bonifatius auf die Unterstützung der Hausmeier zählen. Das Bündnis zwischen Papsttum und Karolingern wurde in der Folge zu einer bestimmenden politischen Konstante des Frankenreiches. Die zugleich darin angelegte Frage der Vorherrschaft der einen oder anderen Seite spielte jedoch bis zum Ende der fränkischen Dominanz in Mitteleuropa keine herausragende Rolle.

Verehrung

Das Grab des hl. Bonifatius im Hohen Dom zu Fulda

Während des gesamten Mittelalters und der Frühen Neuzeit ist die Bonifatius-Verehrung auf das Umfeld des Klosters Fulda beschränkt. Erst im 19. Jahrhundert tritt der frühmittelalterliche Heilige deutschlandweit in Erscheinung. Im Zuge der nationalen Bewegung wird Bonifatius zum „Apostel der Deutschen“. Erst im Zuge der Neokonfessionalisierung stellen die Katholiken v.a. die ultramontane (römische) Seite des Heiligen heraus (Gründung des Bonifatiuswerkes, Bonifatiusjubiläum 1855). Die Bezeichnung „Apostel der Deutschen“ ist jedoch eine sehr einseitige Wertung aus Sicht der katholischen Kirche, da Bonifatius weniger missionierte, als die Bindung der bestehenden Gemeinden durch ein Bündnis mit den Herrschern an das Papsttum vollzog.

  • 1842 wird das Bonifatius-Denkmal in Fulda errichtet.
  • An Bonifatius’ Grabstätte in Fulda trifft sich seit 1867 alljährlich die Deutsche Bischofskonferenz.
  • Eine kleinere Reliquie des Bonifatius befindet sich in der Wallfahrtskirche St. Hildegard und St. Johannes d. T. in Eibingen im Rheingau; sie gehört zum Eibinger Reliquienschatz, den Hildegard von Bingen zusammengetragen hat.
  • Der 1250. Todestag des Märtyrers im Juni 2004 wurde mit zahlreichen Veranstaltungen in Crediton, Dokkum, Fritzlar und Fulda begangen. Unter anderen wurde er zur zentralen Figur in Bonifatius – Das Musical (seit 2004 in Fulda und ab 2006 auch in Bremen aufgeführt).
  • Ikonografische Attribute von Bonifatius sind Eiche und Axt, Fuchs, Rabe, und Schwert.
  • Sein Gedenktag ist sein Todestag, der 5. Juni. Jährlich finden um diesen Tag herum in Fulda zahlreiche Wallfahrten zu Ehren des Heiligen statt.
  • Bonifatius ist Hauptpatron im Bistum Fulda, Schutzpatron von England und Thüringen sowie Schutzpatron der Bierbrauer und Schneider.
  • Die thüringische Kur- und Kreisstadt Bad Salzungen trägt ein Bildnis des Bonifatius im Bischofsgewand im Stadtwappen.
  • Die thüringische Kur-und Rosenstadt Bad Langensalza hat die größte Kirche der Stadt ihm gewidmet. Die Marktkirche, das höchste Travertinsteingebäude der Welt, heißt St.Bonifacii. Am Westportal der Kirche, deren Turm mit 73,6 Metern der zweithöchste Thüringens ist, ist eine etwa ein Meter große Statue des Bonifatius angebracht.
  • Nach Bonifatius wurde der Winfried-Preis benannt, eine Ehrung für Völkerverständigung und Frieden.
  • Es existieren einige nach der latinisierten Form Winfridia benannte katholische Studentenverbindungen.
  • Bonifatiusweg: Ein neu gestalteter Pilgerweg auf den Spuren des historischen Überführungszugs.
  • Zahlreiche Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts haben Bonifatius als Patrozinium, siehe Liste von Bonifatiuskirchen
  • Bonifatius ist auch Namensgeber der Winfriedschule in Fulda, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fuldaer Dom steht.
  • Eine Gedenktafel für ihn fand Aufnahme in die Walhalla bei Regensburg.

Siehe auch

Literatur

  • Arnold Angenendt: Das Frühmittelalter. Kohlhammer, Stuttgart 1995, ISBN 3-17-017225-5.
  • Gereon Becht-Jördens: Die Ermordung des Erzbischofs Bonifatius durch die Friesen. Suche und Ausgestaltung eines Martyriums aus kirchenpolitischer Notwendigkeit?. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 57, 2005, S. 95-132
  • Albert Delahaye: Holle Boomstammen. De historische mythen van Nederland, ontleend aan Frans Vlaanderen, Tournehem/Zundert 1980
  • Albert Delahaye: De Ware Kijk op, deel I: Noyon, het land van Béthune en Frisia, Teksten 1 tot 497, Zundert 1984
  • Ernst Friedrich Johann Dronke: Codex Diplomaticus Fuldensis, Cassel 1850
  • Franz Flaskamp: Das Todesjahr des Bonifatius. In: Historisches Jahrbuch 47, 1927, S. 473-488.
  • Michael Glatthaar: Bonifatius und das Sakrileg: zur politischen Dimension eines Rechtsbegriffs. Frankfurt a.M. [u.a.] 2004 (=Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 17), ISBN 3-631-53309-8
  • Erhard Gorys: Lexikon der Heiligen, dtv, München 1997, ISBN 3-423-32507-0.
  • Werner Heinz: Der Aufstieg des Christentums. Geschichte und Archäologie einer Weltreligion, Konrad Theiss-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1934-6.
  • Petra Kehl: Kult und Nachleben des Hl. Bonifatius. Parzeller-Verlag 1993.
  • Gisbert Kranz: Zwölf Reformer. EOS, St. Ottilien 1998, ISBN 3-88096-463-7.
  • Barbara Nichtweiß (Hrsg.): Bonifatius in Mainz. Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3476-1.
  • Lutz E. von Padberg: Bonifatius. Missionar und Reformer, C. H. Beck, München 2003. ISBN 3-406-48019-5 (darin auch Angaben zur Vita sancti Bonifatii des Willibald)
  • Lutz E. von Padberg: Studien zur Bonifatiusverehrung. Zur Geschichte des Codex Ragyndrudis und der Fuldaer Reliquien des Bonifatius. In: Fuldaer Hochschulschriften 25, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a. M. 1996, ISBN 3-7820-0752-2.
  • Reinhold Rau (Hrsg.): Briefe des Bonifatius. Willibalds Leben des Bonifatius nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten. (lateinisch-deutsch mit Erläuterungen) Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988
  • Theodor Schieffer: Winfrid Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas. Herder, Freiburg 1954, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1972
  • Stefan Schipperges: Bonifatius ac socii eius. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung des Winfrid-Bonifatius und seines sozialen Umfeldes. Mainz 1996, ISBN 3-929135-11-6.
  • Dirk Schümer: Apostel der Europäer. (FAZ-Leitartikel vom 5. Juni 2004)
  • Michael Tangl: Das Todesjahr des Bonifatius. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde N.F. 27, Kassel 1903, S. 223-250.
  • Heinrich Wagner: Bonifatiusstudien, Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 2003, ISBN 3-87717-066-8.
  • Matthias Werner: Iren und Angelsachsen in Mitteldeutschland. Zur vorbonifatianischen Mission in Hessen und Thüringen, in: Heinz Löwe (Hrsg.): Die Iren und Europa im früheren Mittelalter, Klett-Cotta, Stuttgart 1982, ISBN 3-12-915470-1, S. 239-329.
  • Georg Wolff: Bonifatius‘ letzte Fahrt durch die Wetterau. In: Alt-Frankfurt 5 (1913), Nr.2, S.52-62
  • Cornelius Peter Bock: Eine Reliquie des Apostels der Deutschen oder Aenigmata s. Bonifacii; im Freiburger Diözesanarchiv, 1868

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Die von Tangl/Flaskamp (siehe Literatur) begründete Annahme von 754 n. Chr. als Todesjahr des Bonifatius ist durch die Studien von H. Wagner wieder in Zweifel geraten. Zwar vermag Wagner nicht mit allen Thesen zu überzeugen (seine Feststellung, die Vita Sancti Bonifatii stamme nicht von Willibald von Mainz, sondern von Willibald von Eichstädt ist z. B. nicht haltbar), jedoch enthalten seine Einwände gegen Tangl/Flaskamp so viel Substanz, dass eine sich auf deren Argumente gründende allgemein gültige Aussage hinsichtlich des Todesjahrs des Bonifatius nicht gemacht werden kann.
  2. a b Oder vielleicht bei Dünkirchen im heutigen Französisch-Flandern, wie der niederländische Archivar A. Delahaye behauptet hat. Die Delahaysche These ist jedoch sehr umstritten.
  3. Brief 12, zitiert nach Lutz v. Padberg, Bonifatius, S. 29 (siehe Literatur)
  4. Vergleiche hierzu den Aufsatz von M. Werner (siehe Literatur)
  5. unter anderen der Bischof von Utrecht Eoban und der Bischof von Erfurt Adalar
  6. Vergleiche v. Padberg, Studien S. 21 f. (siehe Literatur)
  7. Vergleiche v. Padberg, Studien S. 45 ff. (siehe Literatur)
  8. Die neuere Forschung geht inzwischen davon aus, dass 751 im Anschluss an Pippins Erhebung zum fränkischen König gar keine Salbung stattgefunden habe - siehe dazu: Semmler, Josef, Zeitgeschichtsschreibung und Hofhistoriographie unter den frühen Karolingern, in: Laudage, Johannes (Hg.), Von Fakten und Fiktionen. Mittelalterliche Geschichtsdarstellungen und ihre kritische Aufarbeitung, Köln 2003, S. 135-164
  9. Beispiele bei Matthias Werner (siehe Literatur)



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