Borhan Şähidi

Borhan Şähidi

Burhan Shahidi, (chinesisch 包尔汉, russisch Бурхан Шахиди, tatarisch Borhan Şähidi, gelegentliche Umschrift auch Burhan Shaxidi), eigentlich Bao Erhan (geb. 3. Oktober 1894 bei Kasan, Russland, gest. 1988 oder 1989) war ein uigurischer Politiker, der lange Zeit im Dienst der Volksrepublik China stand.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Über seine Herkunft gibt es widersprüchliche Angaben, seine Eltern sollen aus dem westchinesischen Bezirk Aksu stammen. Die meisten Quellen bezeichneten ihn als Uiguren, andere Quellen bezeichnen zumindest seine Mutter als tatarisch. Chinesischen Angaben zufolge sei auch Burhan in Aksu geboren und die Familie erst 1908 nach Russland emigriert. Aus Russland kehrte er nach dem Sturz der Monarchie in China 1912 nach Xinjiang zurück und betrieb eine Werkstatt, 1929-1930 soll er in Berlin studiert haben. Danach war er 1930-1937 Vizegouverneur der Provinz und wurde 1937 chinesischer Konsul in den Sowjetrepubliken Kasachstan und Usbekistan, aber 1938-1944 vom Warlord Sheng Shicai inhaftiert.

Nachdem die nationalchinesischen Kuomintang Sheng 1944 abgesetzt hatten, wurde Shahidi zunächst Bezirksgouverneur von Ürumqi. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges rangen Sowjetunion um Nationalchina um den dominierenden Einfluß in der Region, Shahidi führte für die Kuomintang 1947 in Nanking Geheimverhandlungen mit der Sowjetunion.

Als Kompromißkandidat wurde Burhan Shahidi noch im Dezember 1948 von den Kuomintang zum letzten Gouverneur von Xinjiang berufen und bildete eine Provisorische Regierung in Ürümqi.

Auf Seiten der Volksrepublik

Nach dem Sieg der Kommunisten über die Nationalchinesen marschierte die chinesische Volksbefreiungsarmee ab Februar 1949 auch in Xianjiang ein. Shahidi trat im September der Kommunistischen Partei Chinas bei (hatte aber schon im Januar Geheimverhandlungen über eine Abkehr von den Nationalisten geführt), wurde in den Nationalen Volkskongress gewählt und blieb so bis September 1955 zunächst weiterhin Provinzgouverneur. Zusammen mit dem Hui-Chinesen Da Pusheng und dem Uiguren Yiming Mahesum unternahm er 1952 über Pakistan eine erste offizielle Pilgerreise nach Mekka in Saudi-Arabien. Im gleichen Jahr wurde Shahidi zum Direktor der halbstaatlichen Gesellschaft Chinesischer Muslime (Da Pusheng wurde Stellvertreter) berufen, die 1956 einen eigenen Ableger für Xinjiang bildete.

Von 1954 bis 1964 war Shahidi als Repräsentant der Uiguren Xinjiangs Vizepräsident des Nationalkomitees der Beratenden Versammlung der Chinesischen Völker (Nationalitätenkomitee der Politischen Konsultativkonferenz).

Dann hatte die Zentralregierung in Peking Größeres mit ihm vor. Sie setzten Shahidi an die Spitze einer Kulturdelegation, die auf ihren Nahost-Reisen inoffizielle Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen führte. Ziel war die Isolierung der nach Taiwan geflüchteten Nationalregierung und ihre Isolierung in der UNO. Schon 1956 hatte Shahidi nach Gesprächen mit Gamal Abdel Nasser, Schukri al-Quwatli und Muhammad al-Badr persönlichen Erfolg: Ägypten, Syrien und Yemen erkannten als erste arabische Staaten die Volksrepublik Rotchina an; Jordanien und Saudi-Arabien stellten zumindest Geldmittel für die chinesischen Muslime in Xianjiang zur Verfügung. Auf seiner zweiten Pilgerfahrt nach Mekka wurde er von König Saud ibn Abd al-Aziz geehrt.

Im März und Juli 1959 schließlich wirkte Shahidi als Drahtzieher der kommunistischen Umsturzversuche von Mossul und Kirkuk im Iraq. Diese Putschversuche scheiterten ebenso wie die Versuche Chinas und der Sowjetunion, Taiwan in der UNO abzulösen. Shahidis Stern begann mit Beginn der (jeglicher Religion und Tradition überhaupt feindlichen) sogenannten Kulturrevolution 1966, der Xinjiangs schon mit der erfolgreichen Atomforschung 1963/64 zu sinken. Shahidis Chinesisch-Islamische Gesellschaft druckte anstelle des Koran fortan atheistische Propaganda, Shahidi selbst wurde 1966 abgesetzt.

Im sowjetischen Exil und zurück in China

Nachdem schon 1962 mehrere Zehntausend Kasachen, Kirgisen und Uiguren vor der durch kommunistische Kollektivierung verursachten Hungersnot auf ihren Pferden in die UdSSR geflohen waren, emigrierte schließlich auch Shahidi. Einerseits waren ihm zu enge Kontakte zur Sowjetunion, andererseits eine kapitalistische Orientierung für Xinjiang angelastet worden. Im sowjetischen Mittelasien stellte er sogar eine Exilarmee auf und avancierte zum General der Sowjetunion, während China und die Sowjetunion auf einen militärischen Konflikt zusteuerten.

Nach dem Ende der Kulturrevolution wieder in die Volksrepublik zurückgekehrt, war Shahidi von 1978 bis zu seinem Tode nochmals Vizepräsident des Nationalkomitees der Beratenden Versammlung der Chinesischen Völker, wurde jedoch nicht wieder zum Vorsitzenden der Gesellschaft der Muslime Chinas berufen.

Familie

Burhan Shahidi hinterließ mit seiner als Gulja stammenden Frau Rashida Khanum acht Kinder. Deren Nachkommen wiederum heirateten Uiguren, Kasachen, Tataren, Usbeken und Han-Chinesen und leben heute in China, Kasachstan und Usbekistan.

  • Shahidis älteste Tochter Suum heiratete den uigurischen Politiker Oegur, der einer der ersten Uiguren war, der zusammen mit seinem Schwiegervater 1949 der Kommunistischen Partei Chinas beitrat. Oegur und Suum studierten in Moskau, Oegur wurde zunächst chinesischer Vizekonsul in Kasachstan, dann Vizedirektor der Xinjiang Akademie der Wissenschaften, wo er einen kurzen geschichtlichen Abriß über die Uiguren verfaßte.
  • Shahidis Sohn Mulati und dessen Frau Kamar studierten in Peking und arbeiten in Xinjiangs Ölindustrie, während Kamars Eltern in die Sowjetunion emigrierten.
  • Shahidis Sohn Murad Burhan ist Professor an der Akademie der Wissenschaften in Alma-Ata, Kasachstan.

Literatur

  • Yodfat, Aryeh: The People´s Republic of China and the Middle East. Brüssel/London/New York 1977
  • Shichor, Yitzhak: The Middle East in China´s Foreign Policy 1949-1977. Cambridge 1979
  • Näth, Marie-Luise: Staatsinteresse und Ideologie in der Außenpolitik der VR China. In: Sozialismus in Theorie und Praxis. Berlin/New York 1978
  • Khalili, Joseph E.: Communist China´s Interaction With the Arab Nationalists Since the Bandung Conference. New York 1970
  • Behbehani, Hashim: China´s foreign policy in the Arab World 1955-1975. London 1981/1985
  • Behbehani, Hashim: China´s foreign policy towards the palestinian resistance movement and the arabian gulf 1955-1975, 2 Bände. Oxford 1978

Weblinks


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