- Branntweinschmuggel aus der SBZ / DDR
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Der Branntweinschmuggel aus der SBZ/DDR erfolgte ab 1948.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen und Absichten
Nach der Währungsreform 1948 in den von den Westalliierten besetzten Gebieten Deutschlands unternahm die Sowjetunion den Versuch, mit einer wirtschaftlichen Blockade die West-Berliner Sektoren der Westalliierten zur Aufgabe dieser Sektoren zu veranlassen und damit zur Eingliederung in die Sowjetische Besatzungszone. Zur Unterstützung und zugleich zur wirtschaftlichen und fiskalischen Schwächung West-Berlins wurde der Schmuggel von hochsteuerbaren Waren, darunter 96%iger Branntwein, aus dem Sowjetsektor in die westlichen gefördert. Dadurch, dass diese Waren für die Verbringung nach West-Berlin unversteuert abgegeben wurden, lohnte sich der Schmuggel. Die Abgabe erfolgte jedoch nur gegen US-Dollar und die sich bald als hart erweisenden Deutsche Mark, wodurch der Osten in den Besitz begehrter harter Währung gelangte.
Berliner Blockade
Obwohl dank des Einsatzes der Rosinenbomber die Berliner Blockade zu scheitern drohte und schließlich im Mai 1949 gescheitert ist, versuchten die Machthaber in Ost-Berlin und in der Sowjetzone die Wirtschaft der Berliner Westsektoren und der Westzonen Deutschlands weiterhin zu stören. Daher wurde der Schmuggel von Branntwein fortgesetzt, nach Gründung der Bundesrepublik vor allem dahin erweitert.
Steuerliches Monopol
Branntwein unterliegt dem staatlichen Monopol und bei seiner Verwendung, z.B. bei der Spirituosenherstellung, der Branntweinsteuer. Wird er von außerhalb des Monopolgebietes eingeführt, unterliegt er zum Ausgleich dem Monopolausgleich (in der Höhe der Branntweinsteuer entsprechend). Die Abgabe des Branntweins aus den Lagern im Berliner Sowjetsektor zum Zwecke des Schmuggels erfolgte ohne Erhebung der Branntweinsteuer, die DM 10,-- Liter Weingeist (lW) betrug, nur gegen DM-West und entsprechende US-Dollar. Der Abgabepreis der Monopolverwaltung im Westen Deutschlands, der auch die Herstellungskosten (das Brennen) umfasste, belief sich derzeit je Liter Weingeist auf weniger als DM 11,--. Beim Schmuggel ergab sich rechnerisch mithin eine Gewinnspanne von bis zu DM 10,--.
Schmuggelwege
Zunächst beschränkte sich der Branntweinschmuggel auf Berlin, wo der Branntwein wegen der noch offenen Sektorengrenzen kaum unter der Gefahr der Aufdeckung aus dem sowjetisch besetzten Sektor in die Westsektoren verbracht werden konnte. In den folgenden Jahren weitete sich dieser Schmuggel aus, indem auch Branntwein über die Zonengrenze in die Zonen der Westalliierten bzw. in die junge Bundesrepublik geschmuggelt wurde. Waren für den Transport in Berlin von Ost nach West vorwiegend kleinere, unauffällige Gebinde in Gebrauch oder in PKW eingebaute Geheimtanks, so erfolgte nach der Ausweitung des Schmuggels die Verbringung in den Westen Deutschlands überwiegend faßweise zu 200 Liter. Um nunmehr das Risiko der Entdeckung im Westen durch Zoll und Polizei zu mindern, wurde die bis dahin im Sowjetsektor vollzogenen Auslieferung des Branntweins in Orte an den Transitstrecken verlegt, nach Michendorf für die Interzonenautobahnstrecken von Berlin / Drewitz nach Marienborn / Helmstedt und Töpen / Hof, nach Friesack für die Interzonenstraße Berlin-Staaken nach Boizenburg / Lauenburg. Damit wurde die bis dahin bestehende Entdeckungsmöglichkeit bei einer Beförderung durch die Westsektoren Berlins, wo Polizei, Zoll und insbesondere die Zollfahndung gut in der Bekämpfung eingearbeitet waren, ausgeschaltet.
Organisation
Den Schmuggel organisierten nach der Ausweitung Gruppen von West-Berlinern, Westdeutschen und sehr zahlreich, meist führend, aus Osteuropa stammende Displaced Persons (DPs). Sie kauften das Schmuggelgut, organisierten dessen Übernahme und Transport über die Grenze und überwachten jenseits der Grenze die Auslieferung an die Abnehmer. Zumeist waren sie bei der Auslieferung zugegen, um den Kaufpreis selbst zu kassieren und um anschließend ihre Helfer zu bezahlen. Helfer waren vor allem kleinere Berliner und westdeutsche Fuhrunternehmer, die im Berlin- und Interzonenverkehr tätig waren und durch den Transport zusätzliche Einnahmen erzielten, sowie angestellte Kraftfahrer, die sich dadurch zusätzlichen Lohn verdienten. Auf ihren Fahrzeugen wurden die Fässer zwischen oder hinter legalen Transportgütern so versteckt, dass sie auf den westdeutschen Kontrollstellen bei den gelegentlichen Augenscheinprüfungen der Ladung unentdeckt blieben. Die Kontrollstellen verfügten über keine Be- und Entladevorrichtungen; im Interesse eines zügigen Berlin- und Interzonenverkehrs registrierten sie nur die Einreise und überwachten zeitlich die Wiederausreise aus der SBZ/DDR. So ist tatsächlich auch kein Transport illegalen Branntweins an der Zonengrenze aufgedeckt worden.
Absatz der Schmuggelware
In den Absatzgebieten übernahmen die Organisatoren regelmäßig selbst die Verteilung, damit ein direkter Kontakt zwischen Beförderern und Abnehmern (der zur Ausschaltung der Organisatoren führen konnte) vermieden wurde. Deshalb mieteten die Organisatoren zumeist Kleinlaster an, auf die sie auf Autohöfen oder abgelegenen Parkplätzen die Schmuggelware umladen ließen und mit denen auch weniger auffällig die Auslieferungen an die Abnehmer durchgeführt werden konnten.
Als Abnehmer fanden sich bundesweit Spirituosenhersteller, die zur Herstellung ihrer Erzeugnisse neben ordnungsgemäß von der Monopolverwaltung bezogenem oder dort erfaßtem Branntwein Schmuggelware verwendeten. Sie konnten dank der Verwendung der günstiger eingekauften Schmuggelware ihre Branntweinerzeugnisse zu niedrigeren Preisen anbieten, was u. U. Verdacht erregen konnte, oder sie erzielten bei Preisgleichheit größere Gewinne, was im damals stark umkämpften Gewerbe der Spirituosenherstellung das Überleben eher ermöglichte.
Unabhängig von den oben beschriebenen Gruppen setzte ein durch seinen Schmuggel über die Sektorengrenzen schon auffällig gewordener Berliner seine Tätigkeit mit der Verbringung von Branntwein in die Bundesrepublik fort. Er bediente sich dabei LKW-Ersatzrädern, in die er Tanks mit einem Fassungsvermögen von mehr als 110 l und zugleich einen Fahrradschlauch, der im Falle einer Prüfung einen ordnungsgemäßen Luftdruck vortäuschen sollte, einbauen ließ.
Tataufklärung
Die Aufklärung des Branntweinschmuggels unter diesen Umständen war erheblich erschwert. Sie gelang nur dank eines Aufgriffs bei einer Auslieferung in Hamburg und durch anschließende Puzzlearbeit der Zollfahndung. Bei der wurden die Anschreibungen der Kontrollstellen, die Tachoscheiben verdächtiger Fuhrunternehmen, bei Autovermietungen Mietverträge und Fahrstrecken der gemieteten Kleinlaster sowie Hotelübernachtungen der Organisatoren ausgewertet und bei den in Verdacht stehenden Spirituosenherstellern die ordnungsgemäßen Bezüge bei der Monopolverwaltung mit dem Umfang ihrer Herstellung verglichen. Das zusammengetragene Material war so erdrückend, dass zunächst Teilgeständnisse abgelegt wurden und das Geflecht der Organisation im Verlauf weiterer langwieriger Ermittlungen aufgedröselt wurde. In der Sache, in der der Schmuggel von 100.000 l Branntwein und damit ein Abgabenausfall von mehr als 1 Mio. DM nachgewiesen wurde, wurden in einer 895 Seiten umfassenden Schrift über 100 Personen angeklagt.
Koordination
Entscheidend für die erfolgreiche Bekämpfung dieses Schmuggels und die Zerschlagung der einzelnen, untereinander z.T. personell wechselnden Gruppen war, dass die in mehreren Orten der Bundesrepublik anhängigen Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Hamburg übernommen wurden und dabei die Sache auch rechtlich einheitlich behandelt wurde, woran es zuvor angesichts unterschiedlicher abgabenrechtlicher Wertungen des Deliktes mangelte. Die Rechtslage war insoweit besonders schwierig, weil nach der Kapitulation die besetzten Teile Deutschlands und die Bundesrepublik und die DDR schon vor der Wiedervereinigung als ein einheitliches Zollgebiet galten.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen wurde in Hamburg der Betrieb einer Geheimbrennerei aufgedeckt.
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