- Bronzener Soldat
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Der Bronze-Soldat (estnisch: Pronkssõdur), ursprünglich Denkmal der Befreier Tallinns (estnisch: Tallinna vabastajate monument, russisch: Монумент освободителям Таллина, manchmal auch Tõnismäe-Denkmal) ist ein von den sowjetischen Behörden im Jahre 1947 errichtetes Denkmal in Estlands Hauptstadt Tallinn, welches nach sowjetischer und russischer Sichtweise an die Befreiung Estlands durch die Rote Armee im Jahre 1944 erinnern soll. Diese Sichtweise wird von vielen Esten nicht geteilt, für sie stellt die Statue ein Symbol für die Besetzung und Unterdrückung ihres Landes durch die Sowjetunion 1940/41 und 1944–1991 dar.
Inhaltsverzeichnis
Errichtung
Das vom Architekten Arnold Alas[1] projektierte Denkmal mit der vom estnischen Bildhauer Enn Roos entworfenen Bronze-Figur eines Soldaten wurde am 22. September 1947 zum dritten Jahrestag des Einmarsches der Roten Armee in Tallinn auf der Erhebung Tõnismägi enthüllt (59° 25′ 52″ N, 24° 44′ 23,9″ O59.43111111111124.739972222222 ). Die vor einer frei stehenden Steinmauer platzierte, rund zwei Meter hohe Bronzestatue stellt einen Soldaten der sowjetischen Armee dar. Der Soldat gedenkt seiner gefallenen Kameraden mit gesenktem Haupt, abgenommenem Helm und nach unten geschultertem Gewehr. Modell für diese Statue war der Ringer Kristjan Palusalu.
Unter dem Denkmal wurden im April 1945 nach offiziellen Angaben 13 Angehörige der Roten Armee neu beigesetzt, die zuvor an anderer Stelle begraben waren:
- Oberstleutnant Michail Kulikow (Михаил Петрович Куликов), Kommandeur des 657. Regiments (* 1909 in Morschansk, Oblast Tambow, † 22. September 1944)
- Hauptmann Iwan Syssojew (Иван Михайлович Сысоев), politischer Kommissar im 657. Regiment (* 1909 in Topsa, Oblast Archangelsk, † 22. September 1944)
- Gefreiter Dmitri Below, 125. Division († 21. September 1944)
- Oberst Konstantin Kolesnikow (Константин Павлович Колесников), stellvertretender Kommandeur der 125. Division (* 1897 im Oblast Wolgograd, † am 21. September 1944)
- Hauptmann Iwan Serkow (Иван Степанович Серков), Chef der Aufklärung in der 79. leichten Artilleriebrigade (* 1922 Oblast Rjasan, † am 21. September 1944)
- Major Wassilij Kusnezow (Василий Иванович Кузнецов), Kommandeut des 1222. Artillerieregiments (* 1908 im Oblast Iwanowo, † 22. September 1944)
- Leutnant Wasili Wolkow (Василий Егорович Волков), Kommandeur einer Mörsereinheit in der 125. Division. (* 1923 im Oblast Twer, † am 22. September 1944)
- Hauptmann Alexei Brjanzew (Алексей Матвеевич Брянцев), 125. Division (* 1917 in der Region Altai, † am 22. September 1944)
- Unteroffizier Stepan Chapikalo (Степан Илларионович Хапикало), Kommandeur im 26. Panzerregiment (* 1920 im Oblast Poltawa, † am 28. September 1944)
- Feldwebel Jelena Warschawskaja (Елена Михайловна Варшавская), medizinische Assistentin im 40. Mörserregiment (* 1925 im Oblast Poltawa, † 22. oder 23. September 1944)
- Unteroffizier Alexander Grigorow († 7. März 1945)
- Oberleutnant Kotelnikow (keine Informationen verfügbar)
- Leutnant I. Lukanow (keine Informationen verfügbar)
Im Jahre 1964 wurde dem Denkmal ein Ewiges Licht hinzugefügt.
Auseinandersetzung
Nach der Wiedererlangung der estnischen Unabhängigkeit trafen sich die Vertreter der russischen Minderheit weiterhin am Monument, um des 9. Mai, des Tag des Sieges und des 22. September, des Tages, an dem die Rote Armee in Tallinn einmarschiert war, zu gedenken. Diese Handlungen führten zu zahlreichen Protesten aus der estnischen Bevölkerung und mündeten auch in Protestaktionen seitens estnischer Nationalisten. Als sich die Spannungen im September 2006 verschärften, sperrte die Polizei das Gebiet um das Denkmal ab und bewachte es mehrere Monate lang rund um die Uhr.
Am 10. Januar 2007 verabschiedete das estnische Parlament (Riigikogu) ein von einigen Parteien initiiertes Gesetz über den Schutz von Kriegsgräbern. Dieses Gesetz schuf die Grundlage, an „unpassenden Orten“ befindliche Grabstätten aufzuheben und die dort beerdigten Gefallenen umzubetten.
Am 15. Februar beschloss das Parlament mit 46 gegen 44 Stimmen das Gesetz gegen verbotene Denkmäler. Dieses sollte die öffentliche Zurschaustellung von Monumenten verbieten, die die Sowjetunion oder die sowjetische Herrschaft über Estland verherrlichen. Der Bronze-Soldat wurde dabei ausdrücklich erwähnt und seine Demontage innerhalb von dreißig Tagen nach Unterzeichnung des Gesetzes durch den Präsidenten festgeschrieben. Präsident Toomas Hendrik Ilves machte jedoch von seinem Vetorecht Gebrauch und verweigerte seine Unterschrift unter das Gesetz mit der Begründung, es sei nicht verfassungskonform.
Entfernung des Denkmals
In der Nacht auf den 27. April 2007 ließen estnische Behörden das Denkmal mit der Begründung entfernen, dass den an dieser Stelle in der Mitte der Stadt neben einer Bushaltestelle bestatteten Kriegsgefallenen keine wirkliche Grabesruhe zuteil werden würde und eine Verlegung auf einen Friedhof daher sinnvoll sei.
Die russische Regierung protestierte in einer offiziellen Stellungnahme gegen die Entfernung des Denkmals, die in Russland als Grabentweihung und gezielte Provokation verstanden wurde. Vor der Entfernung des Bronzenen Soldaten kam es zu den stärksten Unruhen in Tallinn seit dem Zerfall der Sowjetunion und der staatlichen Unabhängigkeit Estlands.
Wiederaufbau an anderer Stelle
Die estnischen Behörden hatten das Denkmal freistehend auf dem Kriegsgefallenenfriedhof Filtri-Straße in Tallinn wieder aufgebaut (59° 25′ 16,8″ N, 24° 45′ 55,3″ O59.42133333333324.765361111111 ); die offizielle Eröffnung erfolgte am 8. Mai 2007.
Nachdem die Steinstrukturen in unmittelbarer Nähe wiederaufgebaut waren, fand der Bronze-Soldat dort seinen heutigen Standort (59° 25′ 17,9″ N, 24° 45′ 55,7″ O59.42163888888924.765472222222Koordinaten: 59° 25′ 17,9″ N, 24° 45′ 55,7″ O).
Teures Nachspiel
Laut einem Bericht der estnischen Regierung, der ein Jahr nach der umstrittenen Entfernung erstellt wurde, summierten sich die langfristigen Verluste Estlands, die mit dem Zwischenfall in Verbindung gebracht wurden, vorläufig auf 450 Millionen Euro[2] (ca. 3,6% des jährlichen BIP). Obwohl Russland nie offizielle Handelssanktionen über Estland verhängte, wurde ein Großteil der Bahn- und Schiffstransitverkehr für russische Waren auf nicht-estnische Häfen umgeleitet. Estlands Tourismusindustrie verbuchte ein Minus von 18 Prozent bei russischen Touristen, während zahlreiche estnische Produkte in Russland, vor allem im Lebensmittelbereich, einen Nachfrageeinbruch erfuhren.
Quellen
Weblinks
- Streit um Sowjetdenkmäler Schwerpunkt auf eurotopics.net (Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung)
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