- Brown, Boveri & Cie
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Die Brown, Boveri & Cie. (BBC) war ein Schweizer Konzern der Elektrotechnik mit Sitz in Baden. Er wurde 1891 von Charles Eugene Lancelot Brown und Walter Boveri gegründet und stieg um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu einem international führenden Unternehmen auf, das auf die Herstellung von Motoren, Turbinen und elektrischen Ausrüstungen von Lokomotiven spezialisiert war. 1988 fusionierte die BBC mit der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) zur Asea Brown Boveri (ABB).
Geschichte
1887 fasste Charles Eugene Lancelot Brown, Direktor der technischen Abteilung der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO), den Entschluss, ein eigenes Unternehmen zu gründen, da er sich selbständig machen und sich selbst verwirklichen wollte. In Walter Boveri, dem Leiter der Montageabteilung der MFO, fand er einen Geschäftspartner. Boveri übernahm die Aufgabe, Kapitalgeber zu finden, blieb aber zunächst erfolglos. Erst als er sich 1890 mit der Tochter des Zürcher Seidenindustriellen Conrad Baumann verlobte, erhielt er von seinem zukünftigen Schwiegervater ein grosszügiges Darlehen.
Am 20. Dezember 1890 schlossen Brown und Boveri einen Assoziationsvertrag. Die Brüder Karl und Louis Pfister, die in Baden die Industrie fördern und ein Elektrizitätswerk bauen wollten, erfuhren im Januar 1891 von den Plänen Browns und Boveris und traten mit ihnen in Kontakt. Sie priesen Baden als idealen Standort an (günstiges Bauland, zahlreiche billige Arbeitskräfte, Anschluss ans Eisenbahnnetz) und sicherten den Bau des städtischen Elektrizitätswerks als ersten Auftrag zu. Die Wahl Badens als Standort fiel am 23. Februar 1891, die Gründung der Kollektivgesellschaft Brown, Boveri & Cie. erfolgte am 2. Oktober 1891. Im Februar 1892 konnte die Fabrikation aufgenommen werden.
Die BBC zeichnete sich früh durch zahlreiche Innovationen aus. So baute das Unternehmen 1893 in Frankfurt am Main das erste Wechselstrom-Wärmekraftwerk Europas. Um seiner rasch wachsenden Firma langfristig Aufträge zu sichern, war Boveri an der Gründung zahlreicher Elektrizitätsunternehmen beteiligt, beispielsweise Motor-Columbus und die Nordostschweizerischen Kraftwerke. Brown wiederum sicherte für die BBC zahlreiche Patente und legte mit dem Bau der weltweit ersten thermoelektrische Lokomotive den Grundstein für die rein elektrische Traktion von Strassen- und Eisenbahnen.
1900 wandelte sich die BBC in eine Aktiengesellschaft und begann mit der Expansion ins Ausland. Dabei entwickelte sich neben Baden vor allem Mannheim-Käfertal zu einem wesentlichen Standort des Konzerns. Auch in mehreren anderen europäischen Staaten fasste das Unternehmen mit diversen Tochtergesellschaften Fuss. Die AEG erwarb 1904/05 die Kapitalmehrheit, stiess diese aber bis 1915 wieder ab; seither war das Aktienkapital breit gestreut. Ab etwa 1910 war die BBC der grösste Konzern der Schweizer Maschinenindustrie. Dazu trugen insbesondere die stark gestiegene Nachfrage nach Grosskraftwerken und die einsetzende Elektrifizierung der Eisenbahnnetze bei.
1924 starben die beiden Unternehmensgründer kurz nacheinander. Während sich Brown bereits 1911 ins Privatleben zurückgezogen hatte, blieb Boveri bis zu seinem Tod Verwaltungsratspräsident. Während der Weltwirtschaftskrise wurde das Wachstum stark gebremst, die BBC musste die Belegschaft drastisch reduzieren und 1938 sogar einen Kapitalschnitt vornehmen. Im darauf folgenden Jahr folgte mit der weltweit ersten marktreifen Gasturbine ein erneuter Innovationsschub und das Unternehmen expandierte weiter, nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt auch in Übersee. Eine weitere Weltneuheit war 1951 der Ringbeschleuniger.
1965 erwirtschaftete die BBC einen Umsatz von 1,308 Milliarden DM und beschäftigte 38'000 Mitarbeiter. 1967 übernahm sie die MFO (den einstigen Arbeitgeber der Firmengründer) und 1969 die Ateliers de Sécheron, womit sie ihre Stellung im Bau von Elektrolokomotiven weiter festigte. Bekannt wurde der Konzern auch durch ihre leistungsfähige Elektromotorenreihe, die von wenigen Watt bis zu 2000 Kilowatt reichte und in der Industrie sehr beliebt war. So wurde BBC neben der Siemens AG zum Marktführer in der Motorenerzeugung. Das Unternehmen stellte darüber hinaus Gleichstrommotoren, Wechselstrommotoren, Drehstrommotoren, Generatoren, Gas- und Dampfturbinen für Elektrizitätswerke, Transformatoren, Turbolader, Teilchenbeschleuniger und Betatrons her.
Im Jahr 1987 umfasste der Konzern 159 Gesellschaften auf fünf Kontinenten. Die BBC galt zwar als äusserst innovativ, sie wies aber auch eine zunehmend geringer werdende Rentabilität auf und ihre Produkte waren im Allgemeinen teurer als bei der Konkurrenz. Zudem wirkte sich die Rivalität zwischen dem Badener Stammhaus und der juristisch selbständigen Tochtergesellschaft in Mannheim negativ auf den Gesamtkonzern aus. Milliardenschwere Investitionen in Hochtemperaturreaktoren erwiesen sich wegen der Katastrophe von Tschernobyl von 1986 als Flop. 1988 ging die BBC schliesslich mit der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) in der Asea Brown Boveri (ABB) auf.
Literatur
- Werner Catrina: BBC – Glanz, Krise, Fusion: 1891–1991, von Brown Boveri zu ABB. Orell Füssli, Zürich 1991. ISBN 3-280-02042-5.
- ABB AG (Hg.): Spannungs-Wechsel: das Buch zum 100-jährigen Jubiläum der deutschen ABB. Umschau-Braus, Frankfurt a. M. 2000.
- Otto Mittler: Geschichte der Stadt Baden, Band 2: Von 1650 bis zur Gegenwart. Verlag Sauerländer, Aarau 1965 (S. 267–284)
Weblinks
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