- Brâncuşi
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Constantin Brâncuşi [konstanˈtin brɨŋˈkuʃʲ] (* 19. Februar 1876 in Hobiţa, Rumänien; † 16. März 1957 in Paris) war ein rumänischer Bildhauer der Moderne. Brâncuşi zählt zu den einflussreichsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Brâncuşi besuchte nach eigenen Angaben von 1884 bis 1887 die Grundschule in Peştişani. 1888 verließ er Târgu Jiu, wo er bis Ende März bei einem Färber gearbeitet hatte. 1892 wurde er von der Kunstakademie in Bukarest aufgenommen, an der er im Jahre 1902 sein Diplom erhielt. Nach zwei Jahren Studium in Bukarest ließ ihn C. J. Grecesku ab Oktober 1894 die Kunstgewerbeschule in Craiova besuchen, die er 1898 abschloss. Zu Fuß nach Paris wandernd, erreichte er die Stadt am 14. Juli 1904 nach Zwischenaufenthalten in München und Basel. 1905 an der École des Beaux-Arts in Paris aufgenommen, stellte er 1906 erstmals im Salon d'Automne aus, wo er auf Auguste Rodin traf. In den folgenden vier Jahren hatte er dort weitere Ausstellungen. 1907 verließ er die Akademie und bezog ein Atelier an der Rue du Montparnasse, in Nachbarschaft des amerikanischen Malers und Fotografen Edward Steichen, wo er bis zum 10. Oktober 1916 lebte und arbeitete.
In Paris entwickelte sich ab 1908 mit Henri Matisse und Fernand Léger, Marcel Duchamp, Henri Rousseau und Amedeo Modigliani, der ihn 1909 in Livorno portraitierte, eine enge Freundschaft. 1913 war er mit fünf seiner Werke an der Armory Show in New York vertreten und hatte im darauffolgenden Jahr in der Galerie 291 von Alfred Stieglitz seine erste Einzelausstellung.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs blieb Brâncuşi als rumänischer Staatsbürger in Paris. Im August 1914 fuhr er mit der Freundin Steichens nach Voulangis, um dort von gesammelter Wolle Kopfschützer, Handschuhe und Strümpfe für die Soldaten stricken zu lassen, und stellte dem Roten Kreuz sein Atelier zur Verfügung.
In den 1930er Jahren machte er hauptsächlich Reisen in Europa, nach Indien und Ägypten. 1952 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft. In den Jahren 1959 und 1964 wurden Werke Brâncuşis auf der documenta 2 und der documenta 3 in Kassel ausgestellt. Brâncuşi wurde auf dem Friedhof Montparnasse beerdigt.
Werke
Brâncuşis Stil strebte, von der afrikanischen und prähistorischen Bildhauerkunst inspiriert, nach extremer Vereinfachung der Form. Charakteristisches Grundelement ist hierbei das Ovoid bzw. das Ei. Die Einrichtung seines Ateliers ist heute im Centre Pompidou in Paris zu sehen, Werke des Künstlers befinden sich in Museen von London bis Rio de Janeiro und von Venedig bis Tokio.
Der Kuss
Der Kuss entstand 1907/08 und war generell sehr untypisch für diese Zeit, aber wahrscheinlich ist es gerade deshalb eines der berühmtesten Werke von Brancusi geworden.
Die Skulptur stellt ein liebendes Paar dar, das aus einem hochrechteckigen Stein gemeißelt worden ist und dessen Form beibehalten werden sollte. Die Plastik hat keine Durchbrechungen und keine vollplastischen Rundungen. Außerdem ist sie streng symmetrisch gehalten, was den menschlichen Körper, den sie darstellen soll, stark abstrahiert. Hierdurch entsteht ein Eindruck des Reliefhaften.
,,Die hervorgehobene Mittelsenkrechte, die das eng voreinander hockende Paar trennt, wird durch die zu einem Halbkreis sich vervollständigende Linie des Haaransatzes der beiden Figuren, durch die gegenüberliegenden Augen, die sich zu einem Oval ergänzen, durch die doppelte Waagerechte der Arme, die durch ihre annähernd vollplastische Form einen zusätzlichen Akzent erhalten, schließlich durch die waagerechten Linien der Knie und Füße und des zusammenfassenden blockhaften Charakters der gesamten Skulptur soweit überspielt, dass der Gedanke der Verbindung oder der Einheit deutlich im Vordergrund steht.” [1] Durch diesen Gedanken der Verbundenheit, der Einheit und vor allem durch die strenge Symmetrie, die hier eingehalten wurde, erscheinen Mann und Frau als gleichberechtigt.
Es wurden mehrere Vermutungen aufgestellt, was für eine Idee hinter der Figur steht. Brancusi sollte zum Beispiel selbst den männlichen Teil seines Werkes darstellen, oder sie käme wie auch viele andere Skulpturen Brancusis aus dem Indischen, indem es die Idee der Reintegration zurück zu einem Ganzen darstellen soll.
Als richtig angesehen wird aber der Hintergrund des 1. Weltkriegs; ,,In ihm erscheint so die Utopie einer allgemeinen Verbrüderung, die Forderung nach mitmenschlicher Solidarität, nach Verhältnissen die Gewalt und Unterdrückung ausschließen.”[2]
Letztendlich steht die Skulptur nun jedoch als Denkmahl auf einem Grab einer Frau, die aus Liebe freiwillig in den Tod gegangen ist und ,,stellt eine Wiedervereinigung in der zwei eng umschlungene Figuren dar, womit Brancusi auf ein Weiterleben der Liebe über den Tod hinaus hinweist”[3], wobei hier noch nicht ganz klar ist, ob die Skulptur auch zu diesem Zweck hin gefertigt wurde.
Kunstkritik in Zitaten
,Er fordert immer wieder die kinematographische Aufnahme, weil die statische Aufnahme seinen Plastiken nicht gerecht wird” und ,,Bei Brancusi sie letztlich Raum das Thema; er habe seine Figuren für große offene Plätze geschaffen.” von Heinz Fischer[4]
,,Dann war es auf der einen Seite Brancusi, der die Form vereinfachte und die Leute wieder dazu brachte, sie um ihrer selbst willen zu betrachten. Brancusi wurde damit zum Märtyrer - für eine einzige Form, die Eiform, als Ausgangspunkt für die Plastik.” ‘Moderne Kunst’ von Henry Moore[5]
,,All seine Werke offenbaren eine aus irdischer Gebundenheit sich befreiende Haltung, die dem Begriff der massiven Statik konträr gegenübersteht und nicht nur räumliche Bewegtheit darstellt.” [6]
Portrait de Mme L.R.(Madame L.R.)
Das in den Jahren 1914/17 entstandene Werk erzielte bei der Versteigerung des Nachlasses von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé am 23. Februar 2009 bei Christie's in Paris einen Erlös von über 29,185 Millionen Euro.
Bird in Space
1923 erstellte Constantin Brâncuşi seine Skulpturenserie Bird in Space.
Sieben Skulpturen der Serie sind aus Marmor gehauen, die restlichen neun aus Bronze gegossen. Die erste und bekannteste Skulptur der Serie befindet sich im Metropolitan Museum of Art in New York City, eine der Bronze-Skulpturen befindet sich im Museum of Modern Art in New York. Drei Kopien der Skulpturen befinden sich im Philadelphia Museum of Art.
2005 wurde beim Auktionshaus Christie’s für eine der Skulpturen ein Rekordpreis von 27 Millionen US-Dollar erreicht. In der Star Wars-Episode I, The Phantom Menace, steht eine Bird in Space-Skulptur in Natalie Portmans Königin-Amidala-Quartier auf dem Planeten Coruscant. Dem Microsoft-Designer Jonathan Hayes dienten die Skulpturen als Grundlage für das Aussehen der Xbox 360.
Straße der Helden
1938 vollendete Brâncuşi das zu Ehren der Opfer des Ersten Weltkriegs bei ihm in Auftrag gegebene Skulpturenensemble der 2 km langen Calea Eroilor / Straße der Helden in Târgu Jiu mit dem Tisch des Schweigens und dem triumphbogenartigen Tor des Kusses an einem Ende sowie der Unendlichen Säule (siehe Abb. oben) am anderen Ende der Straße. Die Säule besteht aus 16 aufeinander gestellten, metallenen Rhomben[7].
Beginning of the World
Mit dem Werk Weltanfang – einer glattgeschliffenen Eiform aus Marmor – drückte Brâncuşi seine Stimmung und seine Meinung zum Thema aus.
Die schlafende Muse
Ein weiteres berühmtes Werk von Brâncuşi ist Die schlafende Muse, ein liegender, eiförmiger Kopf.
Literatur
- Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati: Brancusi, Klett-Cotta, Stuttgart 1986
- Ina Klein: Constantin Brancusi : Natur, Struktur, Skulptur, Architektur. Diss. Hamburg 1991. ISBN 3-88375-182-0
- Plastiken, Zeichnungen : Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976 / Constantin Brancusi.Katalogred. und Org.: S. Salzmann . - Mannheimer Ausg. . - Mannheim , 1976 . - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. . - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
Weblinks
- Seite zu Brancusi (auf Englisch)
- Constantin Brâncuşi bei artfacts.net
- Constantin Brâncuşi im BAM-Portal
- Literatur von und über Constantin Brâncuşi im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Brâncuşi-Webseite auf Rumänisch
- Brâncuşis Bird in Space mit Bild, Metropolitan Museum of Art
- auf Kunstwissen.de
- originalgetreue Nachbildung seines Ateliers, Centre Georges Pompidou, Paris (auf französisch)
Einzelnachweise
- ↑ S. Salzmann S. 103 , Plastiken, Zeichnungen: Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976/ Constantin Brancusi. Katalogred. und Org.: S. Salzmann - Mannheimer Ausg. - Mannheim , 1976 . - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
- ↑ S. Salzmann S.110 , Plastiken, Zeichnungen: Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976/ Constantin Brancusi. Katalogred. und Org.: S. Salzmann - Mannheimer Ausg. - Mannheim, 1976. - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
- ↑ S. Salzmann S. 105 , Plastiken, Zeichnungen: Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976/ Constantin Brancusi. Katalogred. und Org.: S. Salzmann - Mannheimer Ausg. - Mannheim , 1976. - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
- ↑ S. Salzmann S. 103 , Plastiken, Zeichnungen: Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976/ Constantin Brancusi. Katalogred. und Org.: S. Salzmann - Mannheimer Ausg. - Mannheim , 1976 . - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
- ↑ S. Salzmann S. 103 , Plastiken, Zeichnungen: Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976/ Constantin Brancusi. Katalogred. und Org.: S. Salzmann - Mannheimer Ausg. - Mannheim , 1976 . - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
- ↑ S. Salzmann S.110 , Plastiken, Zeichnungen: Städtische Kunsthalle Mannheim, 25.9. - 7.11.1976/ Constantin Brancusi. Katalogred. und Org.: S. Salzmann - Mannheimer Ausg. - Mannheim, 1976. - 155 S., 28 Bl. Mit zahlreichen Abb, teils farb. - Ausstellungskat. SIG: K BRANCU 7 1976 A
- ↑ Martin Woker: Sehenswerte Bauzeugen im Westen Rumäniens, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 200, 28. August 2008, S. 30
Personendaten NAME Brâncuşi, Constantin ALTERNATIVNAMEN Brancusi, Constantin KURZBESCHREIBUNG rumänischer Bildhauer GEBURTSDATUM 19. Februar 1876 GEBURTSORT Hobiţa, Rumänien STERBEDATUM 16. März 1957 STERBEORT Paris, Frankreich
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