Bräutigamsschmerzen

Bräutigamsschmerzen

Kavaliersschmerzen oder Bräutigamsschmerzen, auch Blaue Hoden (von engl.: Blue Balls) reichen von unangenehmen Spannungsgefühlen bis hin zu starken Schmerzen im Hodenbereich, die nach sexueller Erregung ohne folgende Ejakulation auftreten und auch nach einer Ejakulation anhalten können, wenn die Erektion besonders lange aufrechterhalten wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgang

Während der sexuellen Erregung des Mannes fließt Blut durch die erweiterten Arterien in die Geschlechtsteile, zuerst in den Penis, dann in die Hoden, während sich die Venen, die Blut von den Geschlechtsteilen ableiten, im Zustand der sexuellen Erregung verengen (siehe Vasokonstriktion). Dieser ungleiche Blutfluss erhöht die Blutkonzentration im Genital und ist behilflich bei der Erektion des Penis und der Anschwellung der Hoden. Das angesammelte Blut verleiht der Haut der Hoden eine bläuliche Färbung, weshalb dieser Zustand im englischen auch Blue Balls genannt wird. Die Blutgefäße im Genitalbereich werden während der Vasokongestion enorm erweitert, und die Hoden können in diesem Zustand 25-50 % größer werden, weshalb dieser Zustand umgangssprachlich auch Dicke Eier genannt wird.

Der eigentliche Grund für die Schmerzen in Samenleiter und Nebenhoden sind Krämpfe der glatten Muskulatur der Samenwege.

Wenn der Mann einen Orgasmus erreicht und ejakuliert, nehmen die Arterien und Venen ihre ursprüngliche Größe wieder an, die Blutmenge im Genital vermindert sich, und auch Penis und Hoden verkleinern sich schnell wieder. Falls der Mann nicht ejakuliert, kann er wegen der immer noch vorhandenen Vasokonstriktion ein anhaltendes Gefühl von Schmerz, Druck oder Unwohlsein in den Hoden empfinden, das in die Leiste ausstrahlt.

Vorkommen und Abhilfe

Das Phänomen kommt hauptsächlich bei Personen vor, die längere Zeit sexuell nicht sonderlich aktiv sind. (Bei Frauen kann ein ähnlicher Schmerz im Schamgebiet auftreten, wenn nach starker Erregung kein Orgasmus erreicht wird, jedoch gibt es hierfür keine eigene Bezeichnung.) Je nach Veranlagung können die Schmerzen sehr intensiv sein und subjektiv sehr beunruhigend wirken, zumal sie auch bei sexuell unerfahrenen Personen und nicht nur bei direkten erotischen Interaktionen auftreten. Sie können dann zum Beispiel für Tumorschmerzen gehalten werden. Da die Literatur zum Thema sehr spärlich ist, hält sich die Meinung, es handele sich bei den Kavaliersschmerzen nur um ein männliches Fantasieprodukt, um widerstrebende Frauen zum Geschlechtsverkehr zu drängen.

Im Grunde sind die Beschwerden nicht schädlich, bei länger andauernden Schmerzen sollte jedoch ein Arzt konsultiert werden, um etwaige Blutabflussstörungen oder andere ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. Beim Auftreten der Schmerzen besteht keine gesundheitliche Notsituation und somit auch kein akuter Handlungsbedarf, insbesondere von Seiten des Partners. Kavaliersschmerzen sind auch eine Begleiterscheinung der Dauererektion (Priapismus), welche als eine der Ursachen für erektile Dysfunktion gilt. Aufgrund der natürlichen und kaum vermeidbaren Morgenerektion können psychosomatische Probleme entstehen. So verbindet der sexuell inaktive Mann seine Erektion automatisch mit Schmerzen bzw. etwas Schlechtem und versucht sie mit allen Mitteln zu vermeiden. Hierbei kann zu der körperlichen Belastung in Form des andauernden Bluthochdrucks in den Hoden eine psychisch verwurzelte Belastung hinzukommen, die das Risiko auf spätere Erektionsstörungen steigert.

Die weit verbreitete Vorstellung, dass bei einer Erregung ohne Orgasmus größere Mengen an Sperma hergestellt und danach in den Hoden gelagert werden, ist falsch. Das Phänomen der Blue balls wurde erst im Jahr 2000 zum Ziel wissenschaftlicher Untersuchungen. Vorher wurde der Begriff teilweise synonym zur Epididymitis (Entzündung der Nebenhoden) verwendet, welche außer den Symptomen wenig mit der beschriebenen Blutabflussstörung („Epididymitis erotica/sympathica“) gemein hat. Selbst in ärztlichen Fachkreisen besteht hierbei weiterhin Unsicherheit und falsche Diagnosen und, viel schwerwiegender, falsche medikamentöse Behandlungen sind nicht auszuschließen.

Begriff

Der Begriff Kavaliers-schmerzen kann daher kommen, dass ein Kavalier beim Geschlechtsverkehr seinen Orgasmus solange hinauszögert, bis seine Partnerin sexuell befriedigt ist. Gründe für das Hinauszögern sind die längere Erregungsphase von Frauen, die Pausen, die ein Mann zwischen mehreren Orgasmen einlegen muss, und die mehrfachen Orgasmen, die Frauen erleben können. Der Begriff Bräutigams-schmerzen kann aus den gleichen Gründen entstanden sein, bezieht sich aber vermutlich vor allem auf die traditionelle lange Phase der Enthaltsamkeit bei gleichzeitiger sexueller Erregung in der Verlobungszeit, in der diese Symptome besonders häufig auftraten. Der Kavaliersschmerz gehört zu den scherzhaft bezeichneten Flitterwochensymptomen.

Literatur

  • Chalett, J., Nerenberg, L., "Blue Balls": A Diagnostic Consideration in Testiculoscrotal Pain in Young Adults: A Case Report and Discussion, Pediatrics, Oktober, 2000, Vol. 106, Seite 843-844 (Online-Text, Post-publication Peer Reviews)
  • Stephan Dressler, Christoph Zink: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität, S.453, 120, Gruyter, Berlin u.a. 2003, ISBN 3-11-016965-7.

Weblinks

Siehe auch

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