Bundesorgan

Bundesorgan
Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern.

Als Verfassungsorgan wird im deutschen Verfassungsrecht ein Staatsorgan genannt, dessen Rechte und Pflichten in der Staatsverfassung festgeschrieben sind. Vom Verfassungsorgan zu unterscheiden ist die Person, die in ihm tätig wird (Organwalter).

Inhaltsverzeichnis

Verfassungsorgane des Bundes

Die Verfassungsorgane auf Bundesebene sind:

  1. der Bundestag (Abschnitt III des Grundgesetzes, Art. 38–48)
  2. der Bundesrat (Abschnitt IV des Grundgesetzes, Art. 50–53)
  3. der Gemeinsame Ausschuss (Abschnitt IVa. Art. 53a)
  4. die Bundesversammlung (Abschnitt V des Grundgesetzes, Art. 54)
  5. der Bundespräsident (Abschnitt V des Grundgesetzes, Art. 54–61)
  6. die Bundesregierung (Abschnitt VI des Grundgesetzes, Art. 62–69)
  7. das Bundesverfassungsgericht (Art. 93, 94, 99, 100 des Grundgesetzes) (s. Statusdenkschrift)

Der Bundeskanzler ist zwar (auch) Mitglied des Kollektivorgans Bundesregierung. Er ist dennoch (auch) selbst oberstes Bundesorgan. Es verhält sich hier so wie mit dem Bundestag (dessen Mitglieder zugleich Mitglieder der Bundesversammlung sind). Der Bundeskanzler hat originär (ohne Ableitung von der Bundesregierung als Kollegium) insbesondere die Schlüsselkompetenzen nach Art. 64 Abs. 1 (Vorschlag der Ernennung und Entlassung der Bundesminister), 65 S. 1 (Richtlinienkompetenz) 68 (Vorschlag der Auflösung des Bundestages) GG inne.

In der Parteienstaatslehre nach Leibholz sind auch die politischen Parteien Verfassungsorgane, soweit ihre Rechte aus Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz reichen. Dieser Auffassung folgte das Bundesverfassungsgericht anfangs (vgl. BVerfGE 1, 208 [223ff.], zuletzt 12, 267 [280]). Seit der Entscheidung BVerfGE 20, 1 (9, 29) jedoch werden Parteien lediglich als „im Rang einer verfassungsrechtlichen Institution“ bezeichnet, im Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht aber immer noch sehr ähnlich den Verfassungsorganen behandelt. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wurde die Einordnung als Verfassungsorgan zum Teil heftig kritisiert.

Die Verfassungsorganeigenschaft des Bundesrechnungshofs ist umstritten (vgl. Stern, Staatsrecht II, S. 449 ff.).

Ausdrücklich keine Organstellung iSd Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG besitzt das Gebietsvolk[1], auch wenn das Volk in der Präambel, Art. 20 Abs. 2, 29 Abs. 1, 38, 146 GG genannt ist.

Verfassungsorgane des Landes

Verfassungsorgane auf Landesebene sind

  1. das Landesparlament,
  2. die Landesregierung und
  3. das Landesverfassungsgericht.

Vorrechte und Privilegien

Die Verfassungsorgane verfügen über gewisse Vorrechte und Privilegien.

  • Die Verfassungsorgane sowie Teile der Organe sind im Organstreitverfahren nach Artikel 93 I Nr. 1 des Grundgesetzes parteifähig.
  • Im Bundeshaushalt verfügen sie über einen eigenen Einzelplan und sind nicht etwa aus dem Einzelplan eines Bundesministeriums zu bewirtschaften (für das Bundesverfassungsgericht erst durch die Statusdenkschrift durchgesetzt).
  • Sie verfügen über Satzungsautonomie zur Regelung ihrer eigenen, inneren Angelegenheiten; die Verfassungsorgane haben sich kraft dieser Satzungsautonomie Geschäftsordnungen gegeben, die Organsatzungen darstellen.
  • Ihnen steht das Hausrecht im Bereich ihrer Gebäude zu. Für den Bundestag bestimmt Art. 40 Abs. 2 GG auch, dass dem Bundestag die Polizeigewalt zusteht. Sie wird durch den Bundestagspräsidenten ausgeübt, der eine eigene Polizei beim Deutschen Bundestag eingerichtet hat.
  • Die Fahrzeuge der Verfassungsorgane tragen das eigene Kfz-Kennzeichen „BD“.

Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander; Verfassungsorgantreue

Die Existenz verschiedener Verfassungsorgane und die klare Abgrenzung ihrer Kompetenzen ist ein Ergebnis der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG). Erstrebt wird ein System ausgewogener checks and balances.

Die Verfassungsorgane sind untereinander zu einem Treu und Glauben entsprechenden Verhalten verpflichtet. Dieser Grundsatz der Verfassungsorgantreue wurde vom Bundesverfassungsgericht nach dem Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens entwickelt. Er vermag aber keine eigenen Rechte und Pflichten zu begründen, sondern wirkt nur kompetenzmoderierend, d. h. er gestaltet lediglich den Inhalt bereits bestehender Rechtsverhältnisse in die eine oder andere Richtung aus.

Quellennachweise

  1. http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr/bv013054.html BVerfGE 13, 54 – Neugliederung Hessen

Literatur

  • Chr. Burkiczak: Die Bundesversammlung und die Wahl des Bundespräsidenten – Rechtliche Grundlagen und Staatspraxis; in: JuS 2004, S. 278–282.
  • Roman Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. Kommentar, 2002, Art. 54, Randnummer 29.
Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Deutsche Politik — Zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland gehören die politischen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und die Inhalte der politischen Entscheidungen in Deutschland. Das politische System Deutschlands ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Politisches System der BRD — Zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland gehören die politischen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und die Inhalte der politischen Entscheidungen in Deutschland. Das politische System Deutschlands ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Politisches System der Bundesrepublik Deutschland — Zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland gehören die politischen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und die Inhalte der politischen Entscheidungen in Deutschland. Das politische System Deutschlands ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Politisches System in Deutschland — Zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland gehören die politischen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und die Inhalte der politischen Entscheidungen in Deutschland. Das politische System Deutschlands ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutscher Bund — Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation; Deutschland; Deutsches Reich * * * I Deutscher Bund   Auf dem Wiener Kongress versuchten die maßgeblichen Staatsmänner, allen voran der österreichische Außenminister Fürst Metternich, Europa neu zu… …   Universal-Lexikon

  • Bundesversammlung — Bun|des|ver|samm|lung [ bʊndəsfɛɐ̯zamlʊŋ], die; : 1. Versammlung, die den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland wählt. 2. Parlament des Schweizer Bundes. * * * Bụn|des|ver|samm|lung 〈f. 20〉 1. besonderes oberstes Bundesorgan, das nur zur… …   Universal-Lexikon

  • Albert Falkenberg — (* 3. Mai 1871 in Hannover; † 7. August 1945 in Berlin) war ein deutscher Politiker der Weimarer Republik und Reichstagsabgeordneter (SPD) in der 4. Wahlperiode 1928 bis 1930. Falkenberg war bis 1908 Postbeamter und seit Ende der 1890er Jahre in… …   Deutsch Wikipedia

  • Beitrittsartikel — Der Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung von 1992 wird auch als Europa Artikel bezeichnet. Im Jahre 1992 wurde er neu eingefügt (BGBl. I 92, 2086) und ersetzte somit den vormaligen[1] Artikel 23, den… …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesakte — Die Deutsche Bundesakte war die Verfassung des Deutschen Bundes. Sie wurde am 8. Juni 1815 während des Wiener Kongresses verabschiedet. Gemäß der Präambel der Bundesakte sollten sich „die souverainen Fürsten und freien Städte Deutschlands ...… …   Deutsch Wikipedia

  • Bundestag — Deutscher Bundestag Gedenkveranstaltung im Bundestag (23.05.2003) Sitzverteilung[1] siehe auch: Liste der Bundestagsmitglieder Fraktion Sitze Anteil …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”