Bungee-Sprung

Bungee-Sprung

Der Begriff Bungee-Springen bzw. Bungee-Jumping (engl. to jump - springen), mitunter auch bungy jumping, bezeichnet eine moderne Extremsportart, bei der man von einem hohen Bauwerk kopfüber in die Tiefe springt. Der freie Fall wird von einem Gummiseil, das am Körper des Springers und der Absprungplattform befestigt ist, über dem Untergrund abgebremst. Die Gummibandlänge wird dem Körpergewicht des Springers angepasst. Durch die Elastizität des Seils wird der Springer mehrfach nach oben zurückgefedert und pendelt schließlich aus.

Als Absprungplattform werden vorhandene Bauwerke wie Brücken oder Türme, aber auch eigens hierfür aufgestellte Kräne genutzt. Meist wird Bungee-Springen auf der Suche nach Adrenalin praktiziert, selten jedoch auch als Methode zur Überwindung eigener Ängste (vor allem Höhenangst).

Absprung von einem Kran

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Ursprünge des Sports gehen auf die Lianenspringer von Pentecôte zurück.

Von diesem Ritual fasziniert, experimentierte der Oxford University Dangerous Sports Club in den 1970ern mit Gummibändern, die das Springen ungefährlicher und somit auch für europäische Waghalsige möglich machen sollte. Am 1. April 1979 sprangen vier Mitglieder dieses Klubs von der 250 Fuß hohen Clifton Suspension Bridge in Bristol – der erste moderne Bungee-Sprung war geboren. Die Springer, darunter David Kirke, wurden zeitweise festgenommen, konnten das Konzept des Bungee-Springens jedoch durch weitere Sprünge in den USA von der Golden Gate Bridge und der Royal Gorge Bridge etablieren.

Der Neuseeländer A. J. Hackett testete mit dem legendären Sprung von der Greenhithe Bridge 1986 erfolgreich das elastische Gummiseil, das extra für den Sprung in die Tiefe konzipiert wurde. Im Mai 1987 folgte der berüchtigte Sprung vom Eiffelturm in Paris. Hackett bot danach kommerzielle Sprünge auf der Südinsel Neuseelands an; Standorte waren die Kawarau-Bridge und die Skippers Canyon Bridge.

In Deutschland hat im Wesentlichen Jochen Schweizer, in Österreich Gerhard Grabner diesem Extremsport zu großer Popularität verholfen.

Bungee-Sprung in der Normandie

In Griechenland wurde das Bungee-Springen am Kanal von Korinth erstmals durch den Schweizer Andreas Kokkinis und den Griechen Sotiris Pavlou dauerhaft etabliert.

Physik des Bungees

Bei dem 192 Meter hohen Sprung von der Europabrücke in Tirol dauert die Fallzeit circa 6 Sekunden, wobei eine Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h erreicht wird. Das Bungee-Seil wird von 40 auf circa 170 Meter ausgedehnt. Die Ausdehnung des Seils und die gesamte Fallzeit variieren allerdings durch das unterschiedliche Körpergewicht der Springer, dem Zustand des Seils oder Variationsmöglichkeiten wie zum Beispiel Wassereintauchen.

Nach Erreichen des tiefsten Punktes wird der Springer vom Gummiseil wieder nach oben gezogen. Diese Phase nennt man auch Rebound. Vor allem der erste Rebound ist normalerweise so stark, dass der Springer noch einmal in eine Phase des freien Falles kommt.

Variationsmöglichkeiten

Durch die steigende Popularität des Bungee-Springens in den letzten Jahren haben sich stetig mehr Variationen entwickelt. So kann man zum Beispiel zu zweit einen sogenannten Tandem-Sprung machen. Selbst der Bungee-Sprung aus einem Helikopter ist möglich. Des weiteren unterscheidet man auch verschiedene Befestigungsmöglichkeiten. Man kann mit Fußgeschirr oder Befestigung an der Hüfte springen. Hierbei hat man die Möglichkeit, in der Luft akrobatische Sprungvariationen zu machen, zum Beispiel Salti.

Rocket Bungee - hier wird der Springer an einem am Boden liegenden Gewicht fixiert und das Bungeeseil vom Bungeekran gespannt. Durch einen Auslösemechanismus wird die Fixierung gelöst und der Springer schnellt empor. Um eine Kollision mit dem Bungeekorb (Gondel) zu verhindern wird beim Spannen des Seils der Kran leicht geschwenkt. Dadurch bewirkt die Schwerkraft beim Hochschnellen einen ballistischen Flug und der Springer fliegt am Bungeekorb vorbei, je nach Körpergewicht und Seilspannung sogar darüber hinaus. Statt eines Gewichts reichen auch 4-5 kräftige Personen, um den Springer am Boden zu halten, so wurden die ersten Rocket-Bungee-Sprünge durchgeführt.

Bei Sprüngen von einer Brücke bietet sich teilweise die Möglichkeit, ins Wasser einzutauchen. Eine Variante des Bungee-Springens ist der Sling-Shot (auch Bungee-Kugel). Ein offenes Kugelgerüst, das zwischen Masten an vier Sprungseilen aufgehängt ist, wird nach oben katapultiert und schnellt wieder zurück, dabei dreht sich die Kugel. In der Kugel befinden sich meist zwei Sitze mit Beckengurten und Sicherheitsbügeln über den Schultern der Insassen.

Verletzungsgefahr und Richtlinien

Beim Bungee-Springen bestehen einige Risiken für die Gesundheit und das Leben des Springers. Allerdings ist die Gefahr einer gefährlichen oder tödlichen Verletzung dabei deutlich geringer als bei den meisten anderen Sportarten.

Technisches Versagen (also Reißen des Seiles) ist die mit Abstand seltenste Ursache für Unfälle. Dabei wurde in den meisten Fällen ermittelt, dass die Ursache in einer falschen Lagerung, zu langem Gebrauch oder chemischen Einflüssen auf das Seil zu finden war. Moderne Bungee-Seile haben deshalb zur Sicherheit einen Überdehnschutz, der parallel zum Gummiseil angebracht ist und der im Gegensatz zum Bungee-Seil aus Kunstfasern besteht. Sollte ein so ausgestattetes Seil reißen, ist allenfalls mit einem härteren Ruck zu rechnen, nicht aber mit dem Absturz des Springers. Seit Einführung von Bungee-Springen als Sport sind weltweit weniger als 10 Seilrisse bekannt geworden.

Bungee-Sprung von der Jauntalbrücke

Fahrlässig verursachte Unfälle, z. B. durch ungenügend gesicherte Gurte oder nicht ordnungsgemäß verschlossene Karabinerhaken, sind in einigen Fällen ebenfalls gefährlich oder tödlich verlaufen.

Beim ersten Rebound nach dem Sprung wird der Springer meist wieder so hoch geschleudert, dass die Möglichkeit einer Seilberührung besteht. Das Seil kann in solchen Fällen Abschürfungen, Prellungen oder Striemen verursachen. Vor allem das Gesicht und der Hals sind besonders empfindlich und müssen in dieser Phase des Sprunges durch vor das Gesicht gehaltene Unterarme geschützt werden. Diese Haltung verhindert auch, dass sich das Seil um den Hals schlingen kann und so zu gefährlichen oder gar tödlichen Verletzungen führen kann.

Verletzungsgefahr besteht in manchen Fällen ebenfalls, wenn der Springer beim Einsetzen der Verzögerung durch das Seil falsch ausgerichtet ist. Es kann dann zu einer peitschenden Bewegung des Körpers kommen mit der Folge von Verletzungen der Wirbelsäule oder der Fußgelenke. Optimal ist es, wenn der Körper möglichst senkrecht ausgerichtet ist, mit dem Kopf nach unten.

Die Bremsverzögerung bei den in Europa zugelassenen Seilen beträgt ca. 2,5 g bis 3,5 g. Das ist kein besonders hoher Wert, wirkt aber genau in die entgegengesetzte Richtung auf den Körper als im Normalfall. Dadurch steigt der Blutdruck im Kopf stark an. Dieser Effekt kann noch verstärkt werden, wenn der Springer gleichzeitig eine Pressatmung ausführt oder laut schreit. Das kann bei dafür veranlagten Personen zu Blutungen in den Augen oder im Kopf allgemein führen. In den meisten Fällen sind die Auswirkungen reversibel; in seltenen Fällen sind bleibende Sehschäden bis hin zur Blindheit die Folge.

Folgende Personengruppen sollten deshalb unbedingt auf Bungee-Sprünge verzichten: Personen mit Neigung zu Bluthochdruck, Herz- und Kreislauferkrankungen, nach Schädelverletzungen, psychischen Erkrankungen, Epilepsie, grünem Star (Augenüberdruck), deformiertem Skelett, Herzschrittmacherträger und Thrombose- sowie Marcoumarpatienten, Schwangere sowie schwer alkoholisierte Personen.

Senioren müssen vor dem Sprung oft ein ärztliches Attest über ihre körperliche Verfassung beim Veranstalter vorlegen. Jugendliche unter 18 Jahren benötigen eine Einverständniserklärung ihrer Eltern.

Es bestehen also durchaus Risiken. Durch verantwortungsbewusste Veranstalter, richtiges Verhalten der Springer und das Beachten eventueller Vorschäden können ernste Folgen aber vermieden werden.

Unfälle

  • 13. Mai 2000: Ein 22-Jähriger kommt beim Absprung aus einer Luftseilbahn beim Stechelberg (Schweiz) ums Leben, weil bei den Vorbereitungen die Seile möglicherweise verwechselt wurden und der Springer daraufhin mit dem zu langen Seil ungebremst auf dem Boden aufschlägt.[1]
  • 21. Juli 2003: Ein 31-Jähriger verunglückte tödlich, als beim Sprung vom Dortmunder Fernsehturm aus 150 Metern Höhe das Seil riss. Die Ursache ist bislang ungeklärt; die Staatsanwaltschaft geht von einem überalterten Seil aus, das Amtsgericht Dortmund schloss sich dieser These im Mai 2005 jedoch nicht an und lehnte die Eröffnung einer Hauptverhandlung wegen der unklaren Sachlage zunächst ab. Die Staatsanwaltschaft ließ daraufhin ein zweites Gutachten zur Unfallursache erstellen. Insbesondere dieses Gutachten veranlasste das Amtsgericht im September 2007 doch dazu, die Hauptverhandlung stattfinden zu lassen. Der Prozess gegen den Sprunganlagenbetreiber Jochen Schweizer wegen fahrlässiger Tötung beginnt voraussichtlich Anfang 2008.[2]
  • 10. August 2004: Auf einer Kirmes in Daun wird ein 14-jähriges Mädchen aus einer Bungee-Kugel geschleudert und verunglückt tödlich; eine 16-Jährige wird leicht verletzt. Ursache war vermutlich menschliches Versagen: Die Kugel wurde in Bewegung versetzt, bevor die Verunglückten gesichert waren.[3][4]

Quellen

  1. Rhein-Zeitung:Beim „Bungee“ zu Tode gestürzt, RZ-Online, 14. Mai 2000
  2. Seil war falsch konstruiert, Ruhr Nachrichten, 12. September 2007
  3. Der Spiegel:Tod auf der Kirmes: Mädchen in Bungee-Kugel waren nicht angeschnallt, Spiegel Online, 11. August 2004
  4. Stern:Tod auf der Kirmes: „Sie wollten Macht über uns ausüben“, Bericht zum Prozessbeginn, 2. Februar 2006

Weblinks


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