Abashevo-Kultur

Abashevo-Kultur

Die Abashevo-Kultur existierte zwischen dem 17. und 16. vorchristlichen Jahrhundert in den wenig bewaldeten Gegenden zwischen dem heutigen Kasan, dem Ural und dem in den Irtysch mündenden Fluss Tobol. Sie wurde durch die mit Grabbeigaben ausgestatteten Hügelgräber sowie ihre spätbronzezeitlichen Siedlungen bekannt. Der Abashevo-Kulturkreis beeinflusste weitere Kulturen des eurasischen Raumes.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Abashevo leitet sich von dem in Tschuwaschien gelegenen Ort gleichen Namens ab.[1][2] Hier befindet sich eine Grabstätte Angehöriger dieses Kulturkreises. Viele Kunstelemente dieser Kultur leiten sich aus der Schnurkeramik ab. Verschiedene Yamnaya-Catacombnaya-Gruppen nahmen Einfluss auf den Kulturkreis.

Siedlungsgebiete

Mitglieder der Abashevo-Kultur bewohnten die westlichen Hänge des Urals. Teilweise lebten sie im Bereich des Trans-Ural.[3] Sie bewohnten hier die wenig bewaldeten Gegenden, es finden sich ebenfalls Hinweise auf Siedlungen im bewaldeten Mündungsbereich des Wetluga sowie in Gebirgsregionen des Ural.

Verwandte Völker des gleichen Kulturkreises lebten im Bereich der mittleren Wolga sowie der Wasserscheiden von Don und Wolga. Die Balanbash, die ebenfalls der Abashevo-Kultur angehörte, waren im Ural beheimatet. Sie zeigten jedoch wesentliche Unterschieden zur klassischen Abashevo-Kultur und gehörten einem größeren Kulturkreis an.

Aufgrund ihrer geografischen Zuordnung innerhalb des etwa 1000 * 300 Kilometer großen Siedlungsgebietes lassen sich die Angehörigen der Abashevo-Kultur in drei Gruppen unterteilen:

  • Als Don-Wolga-Gruppe bezeichnen Historiker die im Siedlungsgebiet westlich der Wolga und östlich des Don lebenden Mitglieder der Abashevo-Kultur.
  • Eine Mittel-Wolga-Variante siedelte im Gebiet zwischen Wolga und Südural
  • Die Südural-Variante wurde dem Bereich zwischen Südural und dem Fluss Tobol zugeordnet.

Zeitliche Einordnung

Eine zeitliche Einordnung wurde durch neueste stratigraphische Methoden ermöglicht. Sie belegen, dass die Abashevo-Kultur dem 17. und 16. vorchristlichen Jahrhundert und damit der späten Bronzezeit zugeordnet werden kann. Keramikbruchstücke aus diesem Kulturkreis überlappen mit denen der Srubna-Kultur. Da sich Elemente der Begräbnisrituale der Alakul-Kultur denen der Abashevo ähneln, entwickelten einige Forscher die Hypothese, dass die Abashevo-Kultur länger andauerte als aufgrund des stratigraphischen Ergebnisses ermittelt wurde.

Neueste Untersuchungen ordnen die komplette frühe Metallurgie der Uralregion dem Kulturkreis der Abashevo zu. Hierzu haben die Wissenschaftler die Besonderheiten einzelner in der Ural- und Wolga-Region lebender Gruppen der dort früher und später lebenden Bevölkerung gegenüber gestellt. Es wurde festgestellt, dass sowohl den an der Wolga als auch den am Ural lebenden Gruppen ohne zeitliche Unterbrechung weitere Gruppen folgten. Es kam also zu keiner zeitlichen Unterbrechungen in der Besiedlung.

Historische Spuren

Siedlungen

Insgesamt wurden circa 50 Siedlungen entdeckt, nur in zehn finden sich brauchbare Fundstücke in auswertbarer Zahl. Die Siedlungen der Ural-Abashevo-Kultur befinden sich meist im vorderen Bereich der ersten Stufe einer Flussterrasse oder sie wurden in höher gelegenen Tälern angelegt. In zwei Fällen konnte bei Siedlungen eine einfach angelegte Verteidigungseinrichtung nachgewiesen werden.

Die größte Siedlung besaß eine Fläche von einigen Tausend Quadratmetern. Archäologische Untersuchungen ergaben, dass eine durchschnittliche Niederlassung aus einem bis zu drei Häusern bestand. Archäologen gehen davon aus, dass die Häuserzahl vermutlich größer war, da viele Gebäude aufgrund fehlender Fundstücke nicht mehr erkennbar sind.

Abashevo-Bauten wurden aus Holz errichtet. Dessen Verfügbarkeit schränkte die Bauweise ein. Wohnhäuser besaßen Maße zwischen 6 * 6,5 und 13 * 14 Metern. Hierbei fällt auf, dass alle Gebäude trotz unterschiedlicher Größe ähnliche Bauweise aufweisen. Da in den kleineren Gebäuden mehr metallische Gegenstände gefunden wurden, kann vermutet werden, dass der Größenunterschied auf unterschiedliche Verwendung hindeutet. Am Boden einzelner Häuser lassen sich in einigen Fällen Feuerstellen und Vertiefungen, die eventuell Vorratsräume darstellten, ausmachen.

Typische Fundstücke aus der Abashevo-Kultur sind Tonscherben und Tierknochen. So wurden Krüge, Schalen, Kannen und Gefäße mit scharf ausgeformten Schultern gefunden. Charakteristisch für diese Gegenstände ist die spezielle Gestalt der Außenzone. Sie besitzt ein innen liegendes Gitter.

Bis auf wenige Einzelstücke waren die gefundenen Gefäße dekoriert. Meist handelt es sich hierbei um Abdrücke oder Linien, die von Kämmen erzeugt wurden. Einige besitzen Vertiefungen, geometrische Formen oder Linien. Vermutlich handelt es sich hierbei Dekorationen, die auf der Kleidung angebracht waren.

Neben Ton-Gegenständen finden sich in den Siedlungen Artikel aus Metall. Hierzu gehören Stößel, Schleifgerätschaften und Tiegel. Applikationen in Form von Rosetten, die sich auf der Kleidung oder auf dem Haar befestigen ließen, scheinen ebenfalls typisch für die Kultur gewesen zu sein. Hierzu kamen Ringe, Anhänger und Armreifen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die verfügbare Literatur oft den Reichtum an Metallgeräten und Metallschmuck einzelner Funde übertrieben darstellt. Sicher ist, dass die Abashevo-Kultur ein wichtiges Zentrum der Metallurgie im südlichen Ural war. Hierzu verhalfen ihr die kupferhaltigen Erze der Region.

Grabstätten

Bekannter und für viele Archäologen aussagekräftiger als die Siedlungen sind die Begräbnisstätten. Diese bestehen meist aus „Friedhöfen“ mit bis zu zehn Grabhügeln. Die höchste Zahl entdeckter Grabhügel auf einer Fläche lag bei 25.

Archäologen entdeckten, dass der überwiegende Teil der untersuchten Grabhügel männliche Leichname barg. Zahlreiche Gräber, vermutlich die höhergestellter Persönlichkeiten, enthielten Grabbeigaben. Diese Auffälligkeit findet sich besonders bei Gräbern aus dem Bereich der Don Friedhöfe von Filatovka und Vlasovo.

Bei der Untersuchung der Leichen wurde festgestellt, dass die Beisetzung stets auf dem Rücken liegend und mit gebeugten Beinen erfolgte. Ein Grabhügel enthielt meistens mehrere Gräber. Teilweise begruben die Bewohner ihre sogar in bestehende Grabhügel anderer Kulturen. In einigen Gräbern lassen sich Spuren von einem Boden aus Birkenholz erkennen. Wände und Decken besaßen eventuell eine Holzabdeckung. Einige Gräber wiesen zusätzlich eine Umfriedung auf, die entweder aus Stein oder aus Holz errichtet wurde.

Die Gräber besaßen kaum Ausschmückungen, lediglich in wenigen Fällen wurden Gefäße mit gemahlenen Muscheln, Tierknochen oder in Ausnahmefällen Metallgeräte ins Grab gegeben.

Einen spektakulären Fund bietet das Grab von Pepkino. In ihm wurden 28 Männer, die eines gewaltsamen Todes gestorben waren, beigesetzt. Einige wiesen am Kopf Spuren von Axthieben auf.

Bei der Beisetzung scheinen Tieropfer eine Rolle gespielt zu haben, denn in vielen Gräbern wurden Knochen von Vieh sowie Schafsknochen entdeckt. Grabbeigaben in Form von Gefäßen, Knochen und Metallgegenständen wie beispielsweise Meißel, Dolche, sichelförmige Geräte, Ösen oder Haken wurden ebenfalls ausgegraben. Von besonderer Bedeutung sind Grabbeigaben in Form von Armbändern und Ringen.

Sozialleben

Die entdeckten Tierknochen lassen Rückschlüsse auf die Ernährung der Bewohner zu. Zwischen 68 und 79 % der Knochen stammten von Vieh, gefolgt von Schafs- und in geringem Umfang Schweineknochen. Anders als in vielen anderen Kulturen der Bronzezeit fanden Archäologen bei der Abashevo-Kultur nur wenige Pferdeknochen, obwohl Pferdegeschirre entdeckt wurde. Hieraus leiten sie einen Hinweis auf eine stabile, ausgewogene Lebensweise, wie sie beispielsweise bei einem mit Vorräten ausgestatteten Winterlager zu erwarten ist, ab. Den Anteil an Schweineknochen erklären die Archäologen durch primitiv betriebene Landwirtschaft der Siedler. Als Besonderheit ergibt sich, dass ein erhöhter Anteil an Schweineknochen nur im Bereich des Cis-Urals beobachtet wird, da nur hier Eichenwälder vorhanden waren. Eicheln dienten als Schweinefutter.

Einfluss auf andere Kulturen

Die Abashevo-Kultur hat Einfluss auf zahlreiche andere Kulturen der mittleren Bronzezeit Eurasiens. Hierbei ist die Art und Weise, wie diese Einflussnahme stattgefunden hat, noch nicht endgültig geklärt. So wanderten beispielsweise die Seima-Turbino in das Gebiet ein, dass von Angehörigen dieses Kulturkreises besiedelt war. Es finden sich keine Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen. Im Gegensatz dazu besitzt der Grabhügel von Pepkino eindeutige Hinweise auf einen kriegerischen Konflikt zwischen Abashevo- und den in Waldgebieten lebenden Balanovo.

Die Abashevo-Kultur wurde von der Srubna-Kultur assimiliert, die sie später ersetzte.

Einzelnachweise

  1. Abashevo culture
  2. Abashevo Map — Satellite Images of Abashevo
  3. [1]


Literatur

  • Kama: Webster’s Quotations, Facts and Phrases; Icon Group International, Inc.; 2008; ISBN 0546651321, 9780546651324; S.19
  • Urals and Western Siberia in the Bronze and Iron Ages; Autoren:Ludmila N. Koryakova, Andrej Vladimirovich Epimakhov; Cambridge University Press, 2007; ISBN 0521829283, 9780521829281; S. 57-66
  • The Prehistory of the Silk Road; Autoren: Elena Efimovna Kuzʹmina, Victor H. Mair; University of Pennsylvania Press, 2007; ISBN 0812240413, 9780812240412; S. 46-49
  • Encyclopedia of Indo-European Culture; Autor: Z. P. Mallory, Douglas Q. Adams; Taylor & Francis, 1997; ISBN 1884964982, 9781884964985; S. 1-2
  • The Making of Bronze Age Eurasia; Autor: Philip L. Kohl; Cambridge University Press, 2007; ISBN 052184780X, 9780521847803; S. 146

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