Bürgerwerkstatt zum Bahnhofsbereich Bonn

Bürgerwerkstatt zum Bahnhofsbereich Bonn
Blick über das „Bonner Loch“ zum Hauptbahnhof
Blick Richtung Poststraße

Als Bahnhofsvorplatz oder auch Bahnhofsbereich wird in Bonn die Fläche vor dem Hauptbahnhof bezeichnet. Dabei handelt es sich nicht um einen homogenen Platz im engeren Sinne, sondern zusammenhängende Anteile mehrerer Straßen und Bebauungsflächen. Eine Neugestaltung des Bereichs wird seit langem kontrovers diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Bonn-Zentrum, Bahnhofsvorplatz rot markiert

Der Bahnhofsvorplatz hat eine Fläche von knapp 1,5 ha.[1] Er liegt auf der nördlichen Seite des Bahnhofes und der Gleise der Linken Rheinstrecke in Bonn-Zentrum zwischen Kaiserplatz im Osten und Thomas-Mann-Straße im Westen.

Derzeitige Bebauung und Nutzung

Plan des Bahnhofbereiches im heutigen Zustand
Modell des Bahnhofsbereiches

Direkt vor dem Eingang des Bahnhofs verläuft die Straße Am Hauptbahnhof, die als Teil des City-Rings als Einbahnstraße von Ost nach West befahren wird. Nördlich dieser Straße befindet sich im Westen des Bereichs ein Parkplatz, daran anschließend das sogenannte „Bonner Loch“, ein Zugang mit mehreren Treppen zum unterirdischen Teil des Bahnhofs. Auf diesen Höhen wird der Bahnhofsvorplatz nördlich von der Cassius-Bastei genannten Bebauung begrenzt. Östlich der Poststraße befindet sich das Gebäude der Südüberbauung. Der östliche Teil des Bereichs besteht schließlich aus der ebenfalls zum City-Ring gehörenden Maximilianstraße und dem Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) Bonns. Es existieren Unterführungen von der Poppelsdorfer Allee im Osten und zur Herwarthstraße im Westen.

Auf der Straße Am Hauptbahnhof verlaufen auch Schienen der Bonner Straßenbahn. Somit befinden sich mit Deutscher Bahn, der hier im Untergrund geführten Stadtbahn Bonn, den Straßenbahnen und Bussen Haltestellen aller öffentlichen Verkehrsmittel am Bahnhofsvorplatz, der somit den wichtigsten Zugang für Reisende zur Bonner Innenstadt darstellt. Als Teil des City-Rings und eine der wenigen Parkmöglichkeiten ist er zudem ein Nadelöhr des Autoverkehrs. Mit den Geschäften in der Südüberbauung und Cassius-Bastei gehört er dabei auch bereits zum kommerziell genutzten Teil der Innenstadt.

Das Bonner Loch galt lange Zeit als Problemzone, vor allem als Treffpunkt von Obdachlosen und Drogensüchtigen. Seit 1992 existiert auf dem Gelände eine gemeinsame Wache von Polizei und dem Ordnungsamt der Stadt Bonn, genannt „GABI“ (Gemeinsame Anlaufstelle Bonn Innenstadt). Im direkten Umfeld sind soziale Projekte angesiedelt. Ab Juli 2008 wurde ein Alkoholkonsumverbot verhängt. Infolgedessen hat sich die Szene teilweise auf den angrenzenden Busbahnhof und andere Teile der Innenstadt verlagert schien. Auch wurden Hilfsangebote häufiger in Anspruch genommen. [2]

Geschichte

Ursprünglich befanden sich bis dicht ans Bahnhofsgebäude Wohnhäuser. Erste Freiflächen entstanden durch Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. [3]

Neugestaltung in den 1970ern

Im Zuge des Stadtbahnbaus wurde Anfang der 1970er Jahre die restliche historische Bebauung vor dem Bahnhof abgerissen und nach Plänen des Architekten Friedrich Spengelin die heutige Aufteilung und Bebauung geschaffen. An der Gestaltung des Bahnhofsbereiches gab es von Beginn der Planung an Kritik. Prominentester Kritiker war damals der Bonner Kunsthistoriker Heinrich Lützeler, der etwa im General-Anzeiger von der drohenden Gefahr Bonns, „sich selbst zu zerstören“[4], schrieb.

Erste Umbauplanungen

Für den Umbau des Bahnhofsbereichs gab es in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Vorhaben. So sollte Mitte der achtziger Jahre das Bonner Loch mit der so genannten nach Oswald Mathias Ungers benannten Ungers-Halle überbaut werden.

Kontroverse in den letzten Jahren

2004 äußerte der Geograf Heiner Monheim in einem Vorwort zu einem „Verkehrskonzept für die Bonner Innenstadt“ der Bonner Umweltverbände erneute Kritik an der mangelnden Verbindung des Bahnhofsbereiches mit der Innenstadt sowie der Verkehrsführung des City-Rings. Als Lösung schlug er vor, den Cityring vor dem Bahnhof zu unterbrechen und den Ringverkehr lediglich für den ÖPNV beizubehalten.[5]

Im selben Jahr sahen die städtischen Planer einen Investor vor, der den gesamten Bereich vor dem Hauptbahnhof überbauen sollte. Diese Bebauung hätte sich vom heutigen ZOB bis zur Thomas-Mann-Straße erstreckt, eine verbleibende freie Fläche oder ein Platz waren nicht vorgesehen. An der Südüberbauung hätte sich nichts geändert, genau so wenig wie an der Verkehrsführung vor dem Bahnhof. Der ZOB sollte ersatzlos verschwinden. Dieses Vorhaben scheiterte an einem Bürgerbegehren. Es wurde von den Grünen und vom Bürgerbund unterstützt und erzielte über 22.000 Unterschriften, bevor der Stadtrat im September 2004 die Planungen abbrach.

Am 28. April 2005 beschloss der Rat die Einrichtung einer Bürgerwerkstatt zur Neugestaltung des Bahnhofsbereiches. Diese Bürgerwerkstatt zum Bahnhofsbereich Bonn arbeitete von Oktober 2005 bis Januar 2006 und legte im März 2006 ihre Ergebnisse vor. Darin wurden unter anderem ein Erhalt des ZOB, eine generelle Ausweitung auf Aufwertung der Freiflächen, eine Sanierung des Bonner Lochs, der Abriss der Südüberbauung und das Errichten neuer Bebauungen in größerem Abstand zum Bahnhofsgebäude gefordert.

Am 24. November 2005 brachten daraufhin alle Ratsfraktionen einen Dringlichkeitsantrag ein, der die Umsetzung kleinerer kurzfristigen Maßnahmen und weitere Planungen anstrebte. [6] Im Januar 2006 nahm die Ampelkoalition die Überarbeitung des Bahnhofsvorplatzes in ihren Koalitionsvertrag auf. Vom 17. März 2006 bis September 2006 traf sich ein Runder Tisch von Parteien, Kirchen, Polizei und Sozialorganisationen zur Situation des Bonner Loches. Im Oktober wurden im Hauptausschuss der Stadt Mittel für diverse Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Situation vor dem Hauptbahnhof bewilligt.[7]

Wettbewerb zur Neugestaltung

Im Frühjahr 2008 wurde der vom Rat der Stadt Bonn beschlossene Wettbewerb für die Neugestaltung des Bonner Bahnhofsbereichs europaweit mit einem Preisgeld von 90.000 Euro ausgelobt. „Ziel ist die städtebauliche Aufwertung des rund 3,2 Hektar großen Areals zwischen Kaiserplatz und Thomas-Mann-Straße. Außerdem soll die Einbindung des Bahnhofsbereichs in die städtische Umgebung verbessert und das Entree zur Bonner City attraktiver gestaltet werden.“[8]

Am 25. März 2009 teilte die Jury ihre Entscheidung mit. Sie setzte das Konzept des Architekten und Stadtplaners Stefan Schmitz aus Köln auf den ersten Platz [9]. Dem Rat der Stadt wird als nächster Schritt dieser Entwurf vorgelegt. Über eine europaweite Ausschreibung soll nach einer Ratsentscheidung ein Investor für das insgesamt 3,2 Hektar große Gebiet gefunden werden.

Einzelnachweise

  1. Stadt Bonn: Bahnhofsbereich
  2. General-Anzeiger Bonn: Szene meidet Bonner Loch
  3. Bürgerwerkstatt Bonn: Bebauung und Freiflächen
  4. Heinrich Lützeler: „Jetzt droht Bonn sich selbst zu zerstören“, in: General-Anzeiger, 11. Januar 1977
  5. ADFC, Bürgerinitiative Umweltschutz Bonn, BUND und VCD: Rundum gut
  6. Bundesstadt Bonn: Dringlichkeitsantrag, Drucksachen-Nr. 0513470
  7. rhein:raum: Ein kleiner Erfolg der Bürgerwerkstatt, 25.10.2006
  8. Stadt Bonn: Bahnhofsbereich Bonn
  9. Stadt Bonn: Wettbewerb

Literatur

  • Heinrich Lützeler: „Jetzt droht Bonn sich selbst zu zerstören“, in: General-Anzeiger, 11. Januar 1977
  • Olga Sonntag: Verliert der Bonner Bahnhof zu seinem 100. Geburtstag sein Gesicht? Ein stadtgeschichtlicher und kunsthistorischer Beitrag zur gegenwärtigen Planungsdiskussion um den Bonner Bahnhofsbereich, in: BonnerGeschichtsblätter 34, 1982, S. 173-224

Weblinks

50.7328426348877.09695339202887Koordinaten: 50° 43′ 58″ N, 7° 5′ 49″ O


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