C. elegans

C. elegans
Caenorhabditis elegans
Wildtyp C. elegans Hermaphrodit, eingefärbt um Zellkerne hervorzuheben

Wildtyp C. elegans Hermaphrodit, eingefärbt um Zellkerne hervorzuheben

Systematik
Stamm: Fadenwürmer (Nematoda)
Klasse: Secernentea
Ordnung: Rhabditida
Familie: Rhabditidae
Gattung: Caenorhabditis
Art: Caenorhabditis elegans
Wissenschaftlicher Name
Caenorhabditis elegans
(Maupas, 1900)

Der Fadenwurm Caenorhabditis elegans (übersetzt: Neuer-Stab zierlich[1]) ist ein Vertreter der Rhabditiden, der in den letzten Jahrzehnten vor allem in der Entwicklungsbiologie und der Genetik zu einem beliebten Modellorganismus geworden ist.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Anatomie

Der adulte Wurm ist nur etwa einen Millimeter lang und hat einen Durchmesser von 65  µm. C. elegans ist ein Zwitter (Konsekutivzwitter: der Hermaphrodit bildet zuerst Spermien, dann Oozyten), der sich durch Selbstbefruchtung fortpflanzt. Neben den Hermaphroditen existieren auch Männchen, die mit einem Hermaphroditen kopulieren und so sexuell (siehe auch: genetische Variation) neuen Nachwuchs produzieren können. Außerdem besitzt der Fadenwurm ein Nervensystem, dessen Nervenzellen im Nervenring (circumpharyngeal) und ventral an der Bauchseite gelegen sind. Ausschlaggebend für die Forschung ist das Phänomen der Zellkonstanz (Eutelie): Jeder adulte Hermaphrodit besitzt immer genau 959, jedes adulte Männchen genau 1031 somatische Zellkerne.

Lebensraum

C. elegans lebt normalerweise im Boden gemäßigter Klimazonen, das Temperaturoptimum liegt zwischen > +4 °C und < +30 °C. Dort ernährt der Wurm sich von Bakterien, die totes organisches Material abbauen.

Lebenszyklus

Der Hermaphrodit legt während seines Lebens etwa 300 Eier, aus denen die L1-Larven schlüpfen. Es folgen 3 weitere Larvenstadien (L2, L3 und L4), die aus Häutungen hervorgehen. Nach etwa 8 Stunden bei einer Raumtemperatur von 25 °C ist das adulte Stadium erreicht. Das adulte Stadium ist optisch von den anderen Stadien durch den Besitz einer Vulva gekennzeichnet. Man muss anmerken, dass es sich nicht um eigentliche Larvenstadien, sondern um Juvenilstadien handelt.

Dauer-Stadium (Dauer-Larve)

Unter ungünstigen Umweltbedingungen wie zum Beispiel einer hohen Populationsdichte oder Futterknappheit, entwickelt sich aus der L2-Larve ein Dauerlarvenstadium (Prädauer „ähnelt L2-Stadium“ und anschließend Dauer „ähnelt L3/L4-Stadium“), das 3 Monate überdauern kann. Die Bildung des Dauerstadiums wird durch das Dauerpheromon (ein Cholesterolderivat, Steroid) induziert. Das Dauerstadium weicht morphologisch von den normalen Larvenstadien ab. Es ist in der Gestalt dünner als das normale L2-Stadium. Die Dauer-Larve besitzt eine dickere Cuticula und eine kleinere Mundöffnung, wodurch es vor dem Austrocknen geschützt ist. (Anatomie und Stoffwechsel unterscheiden sich erheblich von den anderen Stadien). Während die frühen Dauerstadien sehr aktiv sind und nach Futter suchen, verhalten sich die späteren Dauerstadien passiv und liegen auf den Agarplatten nebeneinander. Durch Berührungsreize können sie jedoch wieder zur Fluchtbewegung animiert werden. Durch das passive Verhalten wird verhindert, dass sie zu viel der eingelagerten Ressourcen verbrennen. Kommt das Dauerstadium in Kontakt mit Futter, entwickelt es sich zur L4-Larve.

Biologischer Modellorganismus

In den 1960er Jahren wurde Caenorhabditis elegans durch den Entwicklungsbiologen Sydney Brenner (Nobelpreis für Medizin 2002) in die Wissenschaft als Beobachtungsobjekt für die Zellbiologie und die Entwicklungsbiologie eingeführt.

Caenorhabditis elegans zeichnet sich durch die so genannte Eutelie aus. Das Entwicklungsschicksal der einzelnen Zellen ist im Allgemeinen zu Beginn der Furchung festgelegt (Mosaikentwicklung). Allerdings ist die Entwicklung von C. elegans kein Musterbeispiel für eine zellautonome Entwicklung, da es auch Regulationsereignisse gibt, das heißt, das Entwicklungsschicksal einiger Zellen wird durch andere Zellen gesteuert (Regulationsentwicklung). Brenner erforschte die zelluläre Regulation dieser Determination. H. Robert Horvitz untersuchte damit zusammenhängend den programmierten Zelltod. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung an Caenorhabditis elegans lassen sich auf ein breites Organismenspektrum übertragen, inklusive den Wirbeltieren und damit auch dem Menschen.

Seitdem ist seine Beliebtheit als Modellorganismus stetig gestiegen. Die einfache Handhabung der Tiere auf Agarplatten, mit Bakterien als Nahrung (E. coli-Stämme: OP50 und HB101) und seine entwicklungsbiologischen Eigenschaften (unter anderem Eutelie, einfache Strukturbildung, Durchsichtigkeit) haben seinen Siegeszug im Labor begünstigt. Heute stellt er neben dem Bakterium Escherichia coli, der Taufliege Drosophila melanogaster und der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana einen der am besten erforschten Organismen der Welt dar. Es ist nicht mehr allein die Entwicklungsbiologie, die Erkenntnisse aus der Erforschung des Wurmes zieht, auch viele andere Bereiche der Biologie, wie Physiologie, Ökologie, Genomik, Neurobiologie, Evolutionsbiologie und Zellbiologie nutzen den Modellorganismus.

Caenorhabditis elegans war 1998 der erste vollständig sequenzierte Vielzeller (Metazoon) überhaupt. 2003 wurde auch das Erbgut der nahe verwandten Art Caenorhabditis briggsae vollständig entschlüsselt, um Vergleichsmöglichkeiten nahe verwandter Arten zu schaffen.

Im Jahre 2006 erhielt der US-amerikanische Biologe Andrew Z. Fire, ein Schüler von Sydney Brenner, zusammen mit Craig C. Mello den Nobelpreis für Medizin für die Erforschung von RNA-Interferenz, ein Verfahren, mit dem sich Gene gezielt „stummschalten“ lassen. Diese Arbeiten wurden an Caenorhabditis elegans durchgeführt. Der dritte mit Caenorhabditis elegans verbundene Nobelpreis wurde im Jahre 2008 vergeben, als der US-amerikanische Biologe Martin Chalfie zusammen mit Osamu Shimomura und Roger Y. Tsien den Nobelpreis für Chemie für die Einführung des grün fluoreszierenden Proteins (GFP) in die biomedizinische Grundlagenforschung erhielt. Die Arbeiten von Martin Chalfie wurden an Caenorhabditis elegans durchgeführt. Chalfie war 1977 ebenfalls zu dem Team um Sydney Brenner an der Universität Cambridge gestoßen.

Weblinks

C. elegans Laboratorien in Deutschland

  • Braunschweig: Ralf Schnabel [1]
  • Düsseldorf: Olaf Bossinger [2]
  • Frankfurt: Alexander Gottschalk [3]
  • Freiburg: Ralf Baumeister [4]
  • Göttingen: Stefan Eimer [5]
  • Göttingen: Ernst A. Wimmer
  • Hamburg: Torsten Hoppe [6]
  • Köln: Einhard Schierenberg [7]
  • Mainz: Rudolf Leube [8]
  • Mainz: Christian Behl [9]

C. elegans Laboratorien in Österreich

  • Uni Wien: Verena Jantsch-Plunger [10]
  • IMP Wien: Carrie Cowan [11]

Einzelnachweise

  1. Fritz Cl. Werner:Wortelemente lateinisch-griechischer Fachausdrücke in den biologischen Wissenschaften. Suhrkamp, 1. Auflage 1972.

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