Schlossanlage Schleißheim

Schlossanlage Schleißheim
Neues Schloss Schleißheim - Panorama Westfront
Altes Schloss Schleißheim - Panorama Ostfront
Schloss Lustheim, vom Neuen Schloss aus gesehen

Die Schlossanlage Schleißheim liegt in der Gemeinde Oberschleißheim im Landkreis München. Es handelt sich um einen Komplex von drei einzelnen Schlossbauten des 17. und 18. Jahrhunderts, die durch eine großzügige Gartenanlage axial miteinander verbunden sind. Das Areal umfasst das westlich gelegene Alte Schloss Schleißheim, das benachbarte Neue Schloss Schleißheim und das am Ostende des Parks gelegene Schloss Lustheim. Das Gebäudeensemble wurde von den bayerischen Kurfürsten als Sommerresidenz errichtet, die Anlage blieb jedoch unvollendet.

Schleißheim gehört neben Schloss Nymphenburg zu den größten Residenzen im Münchner Raum und wird zu den bedeutendsten Barockanlagen Deutschlands gezählt. Alle drei Schlösser und der Park können besichtigt werden. Neben den historischen Raumfolgen werden im Alten Schloss wechselnde Ausstellungen gezeigt, das Schloss Lustheim beherbergt eine Sammlung Meißener Porzellane. Das Neue Schloss dient als Barockgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Karte der Schlossanlage: Im Westen das Alte und das Neue Schloss, daran anschließend der barocke Garten und die Lustheimer Insel im Osten

Der in ostwestlicher Ausrichtung angelegte Schlosskomplex mit seinen drei Hauptgebäuden und der Parkanlage erstreckt sich über mehr als einen Kilometer.

Den Ursprung der Schleißheimer Schlösser bildete eine von Herzog Wilhelm V. vom Freisinger Domkapitel 1597 erworbene Schwaige mit einer kleinen Kapelle. Der Herzog ließ dort von 1598 bis 1600 neben dem Hof verschiedene Wirtschaftsgebäude, ein einfaches Herrenhaus und in den benachbarten Wäldern einige Kapellen errichten. 1616 übernahm sein Sohn, der spätere Kurfürst Herzog Maximilian I., das Schleißheimer Gut. Dieser ließ das Herrenhaus der Schwaige in den Jahren 1617 – 1623 durch das heutige Alte Schloss ersetzen.

Herzog Maximilians Enkel Max Emanuel ließ anlässlich seiner Hochzeit bis 1688 in einiger Entfernung zum alten Schlossgebäude das Schloss Lustheim als festliches Gartenpalais errichten. In Erwartung der Kaiserkrone ließ er außerdem ab 1701 das Neue Schloss entwerfen, das als Residenz nach Versailler Vorbild dienen und einen umfangreichen Hofstaat aufnehmen sollte. Die Pläne sahen vor, das Alte Schloss in den als großzügige Vierflügelanlage geplanten Neubau zu integrieren; die mehrfach reduzierten Entwürfe konnten aus Kostengründen jedoch nicht ausgeführt werden, und so wurde letztlich nur der Ostflügel der geplanten Anlage errichtet. Der riesenhafte Torso des neuen Schlosses wurde unter den Wittelsbachern nur selten bewohnt und im 19. Jahrhundert als Museumsschloss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Alte Schloss Schleißheim

Geschichte des Schlosses

Das Alte Schloss Schleißheim geht auf ein unter Herzog Wilhelm V. um 1598 errichtetes schlichtes Herrenhaus zurück, das den Mittelpunkt des umfangreichen Schwaighofs bildete und als Wilhelmsbau bezeichnet wurde. Die nahe der wittelsbachischen Sommerresidenz Schloss Dachau gelegene bescheidene Anlage sollte dem Herzog in seinen letzten Lebensjahren als Ort der Besinnung und des Gebets dienen. Maximilian I., der Sohn Herzog Wilhelms, ließ das Gebäude bereits 1617 bis auf die Kellermauern abbrechen und stattdessen das heutige Alte Schloss errichten. Als ausführender Baumeister wurde vermutlich Heinrich Schön verpflichtet, Peter Candid führte zahlreiche Wand- und Deckengemälde aus. Der an den Villenbauten Andrea Palladios orientierte Bau im Stil der Spätrenaissance konnte 1623 vollendet werden.

1679 starb Kurfürst Ferdinand Maria im Alten Schloss. Sein Sohn Max Emanuel übernahm den Schwaighof und plante, das Alte Schloss in den umfangreichen Neubau einer Schleißheimer Residenz einzubeziehen, die Pläne wurden jedoch nie in vollem Umfang verwirklicht. Nach dem Bau des Neuen Schlosses wurde der ältere Bau seltener genutzt. Der große Mittelsaal diente ab dem 19. Jahrhundert als Schleißheimer Gemeindekirche. Das Alte Schloss erlitt im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden und befand sich noch Jahrzehnte nach Ende des Krieges im ruinösen Zustand. Eine Restaurierung fand ab 1970 statt, dabei wurden nicht alle der historischen Innenräume wieder hergestellt, sondern zum Teil einer modernen, musealen Nutzung zugeführt.

Im Alten Schloss werden zwei Ausstellungen präsentiert, die Ökumenische Sammlung von Gertrud Weinhold "Das Gottesjahr und seine Feste" sowie die Sammlung zur Landeskunde Ost- und Westpreußens, beides Zweigmuseen des Bayerischen Nationalmuseums.

Das Bauwerk

Die Gartenfassade des Alten Schlosses

Das Alte Schleißheimer Schloss bildet den Ausgangspunkt einer umfangreichen Hofanlage. Westlich des Schlosses liegt der von Wohntrakten umgebene Maximilianshof, der durch einen riegelartigen Querbau mit zentralem Uhrenturm vom Wilhelmshof mit seinen weitläufigen Wirtschaftsbauten getrennt ist. Nur der Uhrenturm stammt noch aus der ersten Bauzeit.

Das in „italienischer Bauweise“ errichtete Alte Schloss ist ein breit gelagerter, verputzter Bau mit nur einem Hauptgeschoss auf einem Kellersockel. Das Gebäude ist durch dreizehn Fensterachsen gegliedert, der Mitteltrakt mit dem Festsaal tritt als Risalit aus dem Baukörper hervor. Der Eingangsbereich ist nach dem Palladio-Motiv gestaltet, die Fassaden sind sparsam mit Zierelementen der Renaissance dekoriert. Das ursprüngliche Raumgefüge ist nach den Kriegszerstörungen nur in der südlichen Gebäudehälfte erhalten. Besonders erwähnenswert ist der Große Saal in der Mitte des Gebäudes, der heute das Foyer bildet.

Schloss Lustheim

Geschichte des Schlosses

Das Schloss Lustheim liegt am Ostrand des Schleißheimer Parks, etwas mehr als einen Kilometer vom Komplex des Alten und des Neuen Schlosses entfernt. Das Gebäude entstand ab 1684 anlässlich der Vermählung des Kurfürsten Max Emanuel mit der österreichischen Kaisertochter Maria Antonia im Jahre 1685. Lustheim diente, wie der Name andeutet, als reines Lust- und Jagdschloss und wurde nicht dauerhaft bewohnt. Ausführender Architekt des in Anlehnung an italienische Gartencasinos errichteten Gebäudes war Enrico Zuccalli.

In den ehemaligen Festsälen des Schlosses ist heute ein Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums untergebracht. Es enthält eine Sammlung früher Meißener Porzellane, die der Industrielle Prof. Dr. Ernst Schneider gestiftet hatte.[1] Die Sammlung wird in ihrem Umfang nur von den Sammlungen des Dresdner Zwingers übertroffen.

Das Bauwerk

Schloss Lustheim - Westfront

Schloss Lustheim liegt auf einer kreisrunden Insel und bildet als Point de vue den Abschluss des barocken Hofgartens. Der Grundriss des Schlösschens erinnert an ein stilisiertes H, an den zentralen Hauptbau schließen sich zwei flügelartige Risalite an. Das aus Ziegelstein errichtete und verputzte Gebäude verfügt über zwei Vollgeschosse, der Mitteltrakt wird von einem Belvedere überragt, das mit den angelegten Sichtachsen eine weite Aussicht auf die umliegende Landschaft ermöglicht. Den Mittelpunkt des Schlosses bildet der große Festsaal im Mitteltrakt, der seitlich von den Appartements des Kurfürsten und der Kurfürstin flankiert wird. Im Obergeschoss befanden sich schlichte Räume für die Dienerschaft, das Kellergeschoss nahm die Schlossküche und Wirtschaftsräume auf. Ein kunsthistorisch bedeutender Freskenzyklus im Festsaal und in den kurfürstlichen Appartements, ausgeführt von Francesco Rosa, Giovanni Trubillio und Johann Anton Gumpp, stellt Szenen mit der Jagdgöttin Diana dar.

Das Neue Schloss Schleißheim

Geschichte des Schlosses

Schloss Schleißheim um 1775

Das Neue Schloss Schleißheim wurde im Auftrag des Kurfürsten Max Emanuel erbaut. Der bayerische Herzog konnte sich an der Wende zum 18. Jahrhundert Hoffnungen auf die Kaiserwürde machen und versuchte, seinen Status mit einem Residenzbau nach französischen Vorbild zu unterstreichen. Das monumentale Neue Schloss wurde ab 1701 nach Plänen von Enrico Zuccalli errichtet, die Bauarbeiten kamen infolge des Spanischen Erbfolgekrieges jedoch 1704 zum erliegen, die politischen Ziele des Kurfürsten scheiterten und er ging ins Exil. Die Wiederaufnahme der Bauarbeiten erfolgte nach der Rückkehr Max Emanuels 1715. Erst ab 1719 wurden die Fassade und die inneren Raumdekorationen nach Plänen von Joseph Effner ausgeführt. Von der ursprünglichen Absicht, eine vierflügelige barocke Residenz unter Einbeziehung des Alten Schlosses zu errichten, musste aufgrund der prekären Finanzlage des Bauherrn Abstand genommen werden und so wurde bis zum Tode des Kurfürsten 1726 - nach mehrfacher Reduzierung der Pläne - nur der Hauptbau fertig gestellt.

Ursprünglich als Sommerschloss (nur wenige Räume verfügen über einen Kamin) und neue Residenz geplant, wurde das Schloss aufgrund des wechselhaften Schicksals Max Emanuels nur selten bewohnt; seine Nachfolger bevorzugten das näher an München gelegene Schloss Nymphenburg. Das Neue Schloss in Schleißheim mit seiner von Kurfürst Max Emanuel begründeten Gemäldesammlung wurde schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Öffentlichkeit als „Galerieschloss“ zugänglich gemacht. Unter Leo von Klenze wurden 1819 einige Änderungen an der Fassade vorgenommen, die dem barocken Bau ein klassizistischeres Äußeres verleihen sollten; unter anderem ließ dieser die kleinen Giebel über dem Corps de Logis und die Zwerchhäuser der Dachfenster entfernen. Seine klassizistischen Umgestaltungen an den Fassaden wurden beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg nicht übernommen, die Wiederherstellung orientierte sich an den Originalplänen Effners.

Das Neue Schloss Schleißheim ist für Besucher geöffnet und kann besichtigt werden. Einige Räume beinhalten heute eine Barockgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Unter den nun wieder im Schloss ausgestellten Meistern befinden sich so prominente Maler wie die Flamen Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck, die Italiener Guido Reni, Luca Giordano, Il Guercino, Carlo Saraceni, Marcantonio Bassetti, Alessandro Turchi, Carlo Dolci und Pietro da Cortona, die Deutschen Joachim Sandrart, Johann Heinrich Schönfeld und Johann Carl Loth sowie ein Kabinett mit Beispielen spanischer Malerei von Alonso Cano, José Antolínez und Jusepe de Ribera.

Das Bauwerk

Die Gartenfassade des Neuen Schlosses

Das Neue Schloss ist ein breit gelagerter Bau von mehr als 300 Metern Länge. Das Hauptgebäude, das Corps de Logis, ist gartenseitig durch 37 Fensterachsen gegliedert, davon fallen elf Achsen auf den Mitteltrakt mit dem großen Treppenhaus, dem Festsaal und der Galerie. An den mit Kolossalpilastern gegliederten Mitteltrakt schließen sich die dreizehnachsigen Seitentrakte mit den kurfürstlichen Wohnräumen an. Das Schlossgebäude ist durch siebenbogige Arkaden mit zwei Pavillons im Süden und im Norden verbunden, der südliche sollte als Gästehaus dienen, der nördliche das Pumpwerk für die Wasserspiele aufnehmen. Der Mittelbau des Schlosses verfügt über drei Vollgeschosse, die seitlichen Trakte über zwei Voll-, sowie ein Mezzanin- und ein Attikageschoss. Das oberste Stockwerk des Mittelbaus ist gartenseitig zurückgesetzt, wodurch dort eine große Terrasse gebildet wird. Diese Terrasse ist das Ergebnis einer Änderung der Entwürfe, nachdem Teile der Gartenfassade noch während der Bauarbeiten aufgrund einer ungenügenden Fundamentierung einstürzten. Da sich der Baumangel nicht ohne großen Aufwand korrigieren ließ, wurde auf einen vollständigen dreigeschossigen Ausbau der Gartenfassade verzichtet, wodurch sie sich von ihrem hofseitigen Pendant unterscheidet.

Neues Schlosses mit Seitenflügeln

Die monumentale Anlage umfasst ein großzügiges Treppenhaus, das in den so genannten Weißen Saal übergeht und mit diesem ein barockes Raumkunstwerk bildet, mehrere Festsäle und die vier Paradeappartements des Kurfürstenpaares und des Kurprinzenpaares. An der Ausstattung haben Künstler wie Charles Dubut, Jacopo Amigoni, Johann Baptist Zimmermann, Cosmas Damian Asam und Franz Joachim Beich mitgewirkt. Für den Grundriss der Großen Galerie wurde Robert de Cotte herangezogen. Sie wurde so weit als möglich bei den jüngsten Renovierungen in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt, auch wenn ihre bedeutendsten Meisterwerke heute in der Alten Pinakothek ausgestellt sind. Die sechs vergoldeten Konsoltische mit ihren Tischplatten aus Tegernseer Marmor sind Meisterwerke der Münchner Hofkunst unter Kurfürst Max Emanuel, der sie 1722-25 vom Hofbildhauer Johann Adam Pichler nach Entwürfen des Schleißheimer Schlossarchitekten Joseph Effner für die Große Galerie schnitzen ließ. 1761 wurden sie um ein weiteres Tischpaar ergänzt. Aus der Zeit von Max Emanuels Enkel Kurfürst Maximilian III. Joseph stammen auch die fünf in Wien erworbenen rund 1,70 Meter hohen, monumentalen Glaslüster. Als kunsthistorisch bedeutsamste Räume gelten der Viktoriensaal, das Rote Kabinett (Jagdzimmer) sowie die Kammerkapelle der Kurfürstin. Die originale Möblierung der Raumfolgen, soweit noch vorhanden, ist heute aus konservatorischen Gründen größtenteils eingelagert oder in der Münchner Residenz ausgestellt. Erhalten haben sich die flämischen Gobelins und Tapisserien, die Max Emanuel während seiner Statthalterschaft in den spanischen Niederlanden erworben hatte. Maximilian III. Joseph ließ einige Räume im Rokokostil umgestalten, Ignaz Günther beauftragte er mit den reichverzierten holzgeschnitzten Portalen. Unter König Ludwig I. vollendete Leo von Klenze das Treppenhaus.

Die unvollendete Schlossanlage

Schlossmodell der geplanten Anlage, erstellt 1725

Der Schleißheimer Schlosskomplex ist unvollendet geblieben. Die ehrgeizigen Pläne Kurfürst Max Emanuels, eine große Residenz nach Versailler Vorbild zu errichten, mussten aufgrund der damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten aufgegeben werden.

Die Entwürfe für das Schloss Lustheim sahen vor, das auf einer kreisrunden Insel gelegene Gebäude durch vier im Halbkreis errichtete Galeriebauten zu umgeben.[2] Die Bauten sollten die Gebäude des Schönen Stalls und der Renatuskapelle zusammen mit Schloss Lustheim zum Ensemble eines großen Gartenschlosses verbinden, in den Zirkelbauten waren Orangerien, Festhallen und Gästeräume geplant. Das Vorhaben wurde nur zum Teil ausgeführt und die Zirkelbauten nie vollendet. Sie wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts dem Verfall preisgegeben und mussten 1741 abgebrochen werden. Lediglich die äußeren Pavillons, künstlerisch kaum weniger bedeutend als das eigentliche Schloss, blieben erhalten.

Das Neue Schloss wurde als monumentale, vierflügelige Residenz entworfen.[3] Das heutige Schloss war als Haupttrakt der Anlage geplant, die über einen nördlichen und einen südlichen Seitentrakt mit dem Alten Schloss verbunden werden sollte. Für das Alte Schloss und seine Höfe war eine vollständige barocke Überformung angedacht, der heutige Trakt mit dem Uhrenturm sollte durch halbkreisförmige Wirtschaftsbauten mit einem mittleren Triumphbogen ersetzt werden.

Der Hofgarten und die Pavillons

Der Hofgarten

Gartenparterre des Neuen Schlosses

Der große Hofgarten wurde von Dominique Girard, einem Schüler André Le Nôtres, entworfen, die Grundstruktur des Areals geht noch auf Enrico Zuccalli zurück. Der Garten besteht aus mehreren einzelnen Abschnitten: die mit Broderiebeeten gestalteten Parterres vor und hinter dem Neuen Schloss, der Mittelachse als absolutes Ordnungsprinzip des Gartens mit den seitlich gelegenen Bosketten, sowie der Lustheimer Insel und einem südlich gelegenen Landschaftsbereich. Die Mittelachse diente zunächst als Bahn für das am Hofe beliebte Paille-Maille-Spiel, bevor Ende des 18. Jahrhunderts der Große Kanal angelegt wurde. Das Wasser bildet seitdem das zentrale Element innerhalb der Gartenanlage. Der Große Kanal in der Gartenmitte und der runde Graben der Lustheimer Insel sind über ein System von Wasserstraßen mit dem Nymphenburger Schlosskomplex verbunden.

Die Barocke Gartenanlage ist weitgehend in ihrer ursprünglichen Form erhalten und wurde nicht, wie zahlreiche andere Schlossgärten, im Laufe des 19. Jahrhunderts in einen Landschaftspark umgewandelt. Neben dem Großen Garten in Hannover-Herrenhausen gilt der Schleißheimer Park als einzig noch in seiner ursprünglichen Grundstruktur bestehender Barockgarten Deutschlands, wenngleich seine architektonische Dekoration heute zum Teil verloren ist.

Pavillons

Der nördliche Pavillon

An den Übergängen zur Lustheimer Insel liegen zwei Pavillons, die die Überreste der unvollendeten Zirkelbauten bilden: die Renatuskapelle und der Schöne Stall. Sie wurden in den vergangenen Jahren aufwändig restauriert, sind aber infolge der Versalzung der Wände nur beschränkt der Öffentlichkeit zugänglich. Nach zehnjährigen Sanierungsarbeiten wurde die Renatuskapelle, ein Hauptwerk des bayerischen Hochbarocks, im August 2005 wiedereröffnet.[4] Das kleine Gotteshaus, geweiht dem Hl. Renatus, wurde 1688 im Auftrag von Kurfürst Max Emanuel von Enrico Zuccalli errichtet. Es ersetzte die alte Renatuskapelle, die Herzog Wilhelm V. erbauen ließ, und welche 1684 dem Neubau vom Schloss Lustheim weichen musste. Das Altarbild des Hl. Renatus vor der Madonna schuf Giovanni Trubillio, das Kuppelfresko der Glorie des Hl. Renatus Johann Anton Gumpp.

Der als Schöner Stall bezeichnete nördliche Pavillon wurde im Anschluss an die Renatuskapelle ebenfalls von Zuccalli errichtet. Das Erdgeschoss besteht aus einem großen, vollständig mit Fresken ausgestatteten Saal, der zeitweise als Stall für vornehme Reitpferde diente. Die Wandfresken stellen eine Scheinarchitektur mit Pilastern, Fensternischen und Statuen dar, im Deckenfresko werden mit den Gottheiten Aurora, Apollo und Diana die Tageszeiten Morgen, Mittag und Abend versinnbildlicht. Die Ausmalung wird Caspar Gottfried Stuber zugeschrieben. Im krassen Kontrast dazu steht das für einen Pferdestall übliche Steinpflaster des Fußbodens, an dem sich noch die Einteilung in sechzehn Pferdeboxen erkennen lässt. Da die Renovierung der Fresken und die Behandlung der Versalzung noch nicht abgeschlossen sind, kann der Saal nur in den Sommermonaten durch einen gläsernen Windfang betrachtet werden.

Sichtachsen

Kurfürst Max Emanuel hatte nicht nur die Absicht, eine seinem Status entsprechende Residenz zu errichten, sondern auch, seine Schlösser durch ein Netz von Wegeachsen und Kanalläufen zu verbinden und sie - als Ausdruck des absolutistischen Herrschaftsdenkens - als Mittelpunkt der von ihnen ausgehenden Sichtachsen zu präsentieren.[5] Ausgehend von den radial von Schloss Lustheim wegführenden Alleen wies die nordöstliche Sichtachse auf den 20 km entfernten Freisinger Domberg, die östliche entlang des Schleißheimer Kanals zum rund 6 km entfernten Turm von St. Katharina in Garching bei München, die südöstliche zur fast 8 km entfernten Pfarrkirche St. Valentin in Unterföhring, die südliche auf die Peterskirche im 12 km entfernten München, die südwestliche auf St. Peter und Paul im 5 km entfernten Feldmoching im heutigen Münchener Stadtbezirk 24 Feldmoching-Hasenbergl, die westliche entlang der Mittelachse des Parks zum Alten bzw. später zum Neuen Schloss und die nordwestliche auf St. Peter in Ampermoching.

Vom Alten Schloss geht eine Sichtachse nach Süden auf die Frauenkirche in München, die außerdem Endpunkt einer Sichtachse von Schloss Fürstenried ist. Der nördliche Seitenkanal schließlich hat das Schloss Dachau als Zielpunkt.

Von diesen Sichtachsen existieren heute nur noch der sehr von Ästen verhangene Schleißheimer Kanal, die radial von Schloss Lustheim ausgehenden Alleen und zwei Forstwege, sowie die Waldgrenze des Berglholzes zu Oberschleißheim, ansonsten sind sie zugewachsen oder verbaut.

Das Kanalsystem

Blick vom Neuen Schloss über den Mittelkanal zum Schloss Lustheim

Es ist Teil des Nordmünchner Kanalsystems. Der Hofgarten wird von der Würm und von der Isar mit Wasser gespeist. Bereits Herzog Wilhelm V. ließ mit dem 1601 gebauten alten Würmkanal seine Schwaige mit Wasser versorgen. Im Alten Schloss fließt der Kanal als Mühlbach nach Norden durch den westlichen Teil des Wilhelmshofes und dessen Wirtschaftsbauten. Eine Abzweigung läuft als Maschinenbach entlang der Effnerstraße durch den Wilhelmshof und eine weitere Abzweigung durchquert als Brunnbach den Maximilianshof und die ihn umgebenden Wohngebäude.

Kurfürst Max Emanuel ließ im Anschluss an den Bau von Schloss Lustheim 1687 ein Teil des Wassers aus dem Würmkanal im südlichen Seitenkanal am Hofgarten entlang nach Osten, im Halbkreis um Schloss Lustheim herum und im nördlichen Seitenkanal wieder zurück nach Westen leiten.

Für das geplante Neue Schloss wurde 1689 der Schleißheimer Kanal gebaut, mit dem Isarwasser vom Englischen Garten in München in den Hofgarten geleitet wurde. Außerdem wurde 1690/91 der Würmkanal ausgebaut und teilweise neu anlegt. Der Schleißheimer Kanal fließt auf der Mittelachse von Osten kommend in den das Schloss Lustheim umkreisenden Seitenkanal. Unmittelbar nach der Vereinigung der beiden Kanäle wird ein Teil des Wassers zum inneren Ringkanal um Schloss Lustheim herum abgeleitet. Außerdem wird ein Teich am östlichen Ende zwischen den beiden Kanalringen gespeist, der zwischen den für Schloss Lustheim geplanten Zirkelbauten als eine Art Hafenbecken für die höfischen Gondeln dienen sollte. Aus dem inneren Ringkanal fließt das Wasser durch den Mittelkanal über die doppelte Kaskade in das große Becken im östlichen Parterre, das deutlich niedriger als die Seitenkanäle liegt. Zusammen mit dem Wasser der Springbrunnen wird es unterirdisch abgeleitet und unter dem nördlichen Seitenkanal hindurch in nordwestlicher Richtung im unterirdischen Isarbachl zum Gänsgraben geführt. Aus dem nördlichen Seitenkanal wird kurz vor dem Neuen Schloss etwas Wasser in den tieferliegenden Berglbach abgegeben. Im Neuen Schloss waren wassergetriebene Pumpen für die Fontänen vorgesehen.

Brunnhaus über dem Brunnbach

Im erst 1867 von Carl von Effner nördlich des Alten Schlosses erbauten Brunnhaus trieb der Seitenkanal mit einem Wasserrad die Pumpen an, mit denen Wasser aus dem niedriger liegenden Brunnbach über eine Druckleitung zu den Fontänen geleitet wurde. Das Wasserrad und die Pumpen sind noch vorhanden, die Fontänen werden heute allerdings mit elektrischen Pumpen betrieben.

Unmittelbar nach dem Brunnhaus befand sich eine Schleuse, mit dem die Boote den Höhenunterschied von 3 m zu dem 1691/92 angelegten Dachau-Schleißheimer Kanal überwinden konnten. Die Schleuse wurde inzwischen durch eine lange Treppe ersetzt, über die das Wasser aus dem Seitenkanal abfließt, aber die erweiterte Ausweichstelle vor der Schleusenkammer und die Einmündung des Maschinenbachs sind noch vorhanden.

Die riesigen Erdarbeiten für diese Kanalstrecken wurden bis zum Frieden von Karlowitz 1699 zum Teil von kriegsgefangenen Türken und dann vor allem von Truppenteilen der Münchner Garnison ausgeführt. Die Kanäle dienten sofort nach Fertigstellung zur Verladung von Frachten für den Schlossbau auf dem Wasserweg; gleichzeitig wurden sie für höfische Spazierfahrten benutzt, für die man mehrfach venezianische Gondolieri engagierte.

Filmkulisse

In Schloß Schleißheim fanden Dreharbeiten für die Filme Decision Before Dawn (dt.: Entscheidung vor Morgengrauen) (1951) von Anatole Litvak, Paths of Glory (dt.: Wege zum Ruhm) (1957) von Stanley Kubrick, L'année dernière à Marienbad (dt.: Letztes Jahr in Marienbad) (1961) von Alain Resnais und zuletzt Die drei Musketiere (2010) von Paul W. S. Anderson[6] statt.

Literatur

  • Denkmäler in Bayern, Bd. I, Teilband 17, Landkreis München. Von Georg Paula und Timm Weski. - München 1997, S. 172-195.
  • Ernst Götz u. Brigitte Langer: Schlossanlage Schleißheim; Amtlicher Führer, Neufassung; (Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen); 1. Aufl. München 2005; ISBN 3-932982-55-X.
  • Luisa Hager: Schloß Schleißheim; (Langewiesche-Bücherei); Verlag Karl Robert Langewiesche Nachfolger Hans Köster: Königstein/Taunus 1974; ISBN 3-7845-1361-1.
  • Peter O. Krückmann u. Victoria Salley/Bayrische Schlösserverwalung (Hg.): Schleißheim; (Prestel Führer compact); Prestel: München/London/New York 2001; ISBN 3-7913-2694-5.
  • Rainer Rückert/Bayerische Verwaltung d. Staatlichen Schlösser, Gärten u. Seen (Hg.): Schloß Lustheim. Meißener Porzellansammlung Stiftung Ernst Schneider; (Führer durch die Schausammlungen des Bayerischen Nationalmuseums München. Zweigmuseum Lustheim [Ausstellungskatalog]); München 8. Aufl. 1991; ISBN 3-925058-03-6.
  • Norbert Hierl-Deronco: "ES IST EINE LUST ZU BAUEN", Von Bauherren, Bauleuten und vom Bauen im Barock in Kurbayern etc., Kapitel Kanäle und Schiff-Fahrt, Krailling 2001, ISBN 3-929884-08-9
  • Stefan Hemler: Mit Schülern im Schloss Schleißheim. Möglichkeiten und Grenzen historischer Exkursionen, untersucht anhand einer Unterrichtssequenz zum Absolutismus in Bayern, München 2009 (Beiträge zur Gymnasialpädagogik 28).

Weblinks

 Commons: Schloss Schleißheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweis

  1. Schloß Lustheim
  2. Darstellung der geplanten Anlage
  3. Modell des Schlossentwurfs
  4. Wiedereröffnung der Renatuskapelle
  5. Dokumentation der historischen Sichtachsen und Kanäle der Schleißheimer Schlösser auf der Website des Verein Dachauer Moos e.V.
  6. Bericht des bayrischen Rundfunks über die Dreharbeiten in Bayern mit Auflistung der Drehorte
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