- Anna Maria Rüttimann-Meyer von Schauensee
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Anna Maria Rüttimann-Meyer von Schauensee (* 6. Oktober 1772 in Luzern; † 19. August 1856 ebenda) war eine Schweizer aufklärerisch gesinnte Republikanerin und einflussreiche Salonnière. Sie war die Ehefrau von Vinzenz Rüttimann und Brieffreundin von Paul Usteri.[1]
Leben
Anna Maria wurde als Tochter der einflussreichen Luzerner Patrizierfamilie Meyer von Schauensee geboren. Die väterliche wie auch mütterliche Seite gehörten zu den bedeutenden Ratsgeschlechtern Luzerns. Der Vater Franz Rudolf Theoderich Meyer von Schauensee war Mitglied des Inneren und Heimlichen Rates, die Mutter Maria Waldburga entstammte der Familie von Fleckenstein. Anna Marias älterer Bruder Franz Bernhard Meyer von Schauensee wurde zu einem der einflussreichsten Schweizer Politiker seiner Zeit. Während der Helvetik bekleidete er das Amt des Polizei- und Justizministers.
Im Jahre 1794 heiratete die junge Anna Maria Meyer von Schauensee den drei Jahre älteren Vinzenz Rüttimann, mit dem sie acht Kinder hatte. Während ihr Mann Politkarriere machte, kümmerte sich Anna Maria Rüttimann um den häuslichen Bereich und sorgte sich mit viel Hingabe um ihre Kinder. In ihren Gedanken zu deren Betreuung widerspiegelten sich die Erziehungsmaximen des berühmten Aufklärers Jean-Jacques Rousseau.
Anna Maria Rüttimann lud regelmässig Gäste zu sich nach Hause ein und nahm an literarischen und kulturellen Anlässen ausserhalb des Hauses teil, um über die aktuellen Aufklärungsschriften und politischen Veränderungen zu debattieren. Im Frühjahr 1799 lernte sie auf einer Reise nach Bern den Publizisten und Verleger Paul Usteri kennen. Von da an verband sie eine jahrelange Brieffreundschaft. Paul Usteri, der die Beobachtungsgabe und den Scharfsinn seiner Brieffreundin schätzte, fragte Anna Maria Rüttimann immer wieder um Rat in politischen und moralischen Angelegenheiten. Er schickte ihr Informationen über die neusten politischen Entwicklungen in der Helvetik, damit sie sich zu den Aktualitäten äussern konnte. Aber nicht nur bei Paul Usteri, auch bei ihrem Ehemann Vinzenz Rüttimann, Freund Melchior Mohr und Bruder Franz Bernhard Meyer von Schauensee war sie eine gefragte Ratgeberin und Vermittlerin, wenn es zwischen den Parteifreunden zu Unstimmigkeiten kam.
Als aufgeklärte Intellektuelle nahm Anna Maria Rüttimann selbstverständlich an den politischen Diskussionen innerhalb ihres Freundes- und Familienkreises teil und beeinflusste auf diese Weise über die ihr kulturell und sozial zur Verfügung stehenden Kanäle erfolgreich das politische Geschehen der Helvetik.
Ihre politische Meinung lässt sich in folgendem Ausschnitt aus einem Brief an Paul Usteri skizzieren: „Mais je vous demande qu’est le peuple! Et qu’est sa déclaration! Le peuple par lui même ne peut et ne doit rien vouloir, la nature ne la pas mis en même pour savoir ce qui lui est bon, et sa déclaration n’est jamais autre chose que la voix d’un factieux […]. Ce n’est donc que la voix des hommes les plus impartieaux et des plus éclairés qui doivent former la volonté du peuple! […] Restant donc du principe que le gouv: est composé des hommes superieurs en expériences et en vertus et il doit veritablement sentir sa superiorité et agir en consequence.“[2] In ihren Augen waren nicht – zumindest noch nicht – alle Bürger mündig, um an politischen Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Mit ihren elitär ausgerichteten Ansichten war die Luzernerin bei ihrem Freund Paul Usteri in guter Gesellschaft. Paul Usteri war ein leidenschaftlicher Verfassungskämpfer. Er versuchte zu erreichen, dass das Volk lediglich das Recht hatte, die wählbaren Kandidaten zu bezeichnen. Die Wahlen selbst sollten aber einer qualifizierten Elite vorbehalten sein. Damit gehörte Rüttimann zu einem kleinen Kreis von jungen Aristokraten und gebildeten Aufklärern, die versuchten, in der turbulenten Zeit der Helvetik ihre Ideale einer repräsentativen Republik umzusetzen.
Literatur
- Evelyn Boesch, «Das angenehmste ist, an unsere Republik zu denken». Anna Maria Rüttimann zum Verhältnis von Staat und Geschlecht in der Helvetik, in: Ernst, Andreas u.a. (Hg.), Revolution und Innovation. Die konfliktreiche Entstehung des schweizerischen Bundesstaates von 1848, Zürich 1998, S. 161–172.
- Evelyn Boesch, «Ich weiss bald nicht mehr, wie ich in meinem Zimmer sitzen will». Was für die Patrizierin Anna Maria Rüttimann die helvetische Politik bedeutete, in: Mit Pfeffer und Pfiff, hg. v. Verein Frauenstadtrundgang Luzern 1998, S. 46–59.
- Evelyn Boesch, Mit Überzeugung und Hingabe. Republikanische Frauen und Männer erleben die Helvetik, in: Baur, Brigitte u.a. (Hg.), «Welch ein Leben». Quellentexte zum gesellschaftlichen Umbruch in der Innerschweiz nach 1798, Zürich 1998, S. 47–108.
- Esther Nünlist, Helvetische Revolution und «Weiber Instinkt». Der politische Einfluss der Republikanerin Anna Maria Rüttimann, Saarbrücken 2010, ISBN 978-3-639-29596-2.
Einzelnachweise
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