Antitelefon

Antitelefon

Ein Antitelefon (auch Tachyon-Antitelefon) ist ein hypothetisches Gerät, mit dem Signale in die eigene Vergangenheit gesendet werden könnten. Es beruht auf einem Gedankenexperiment Albert Einsteins (1907),[1] wonach sich mit Überlichtgeschwindigkeit ausbreitende Signale gemäß der speziellen Relativitätstheorie rückwärts durch die Zeit bewegen. Arnold Sommerfeld (1910) bezeichnete dies als ein Mittel um „in die Vergangenheit zu telegraphieren“.[2] Ein ähnliches Gedankenexperiment wurde von Richard Chace Tolman (1917) besprochen, weswegen es auch als „Tolmans Paradoxon“ bekannt ist.[3].

Ein hypothetisches Gerät, mit dem dies bewerkstelligt werden könnte, wurde von Gregory Benford später als „Tachyon-Antitelefon“ bezeichnet. Bei Tachyonen handelt es sich um theoretisch überlichtschnelle Teilchen, welche jedoch keine Informationen übermitteln können. Die damit zusammenhängenden Theorien sind jedoch umstritten.[4]

Inhaltsverzeichnis

Einwegbeispiel

Dies wurde 1911 durch Paul Ehrenfest unter Benutzung eines Minkowski-Diagramms veranschaulicht. Zwei Signale werden im System B1 mit annähernd unendlich großer Geschwindigkeit in die entgegengesetzten Richtungen OP und ON gesendet, wobei Ereignis O vor Ereignis N stattfindet. Jedoch in einem anderen Inertialsystem B2, findet N vor O statt.[5]

Basierend auf Einsteins Gedankenexperiment, betrachtete Tolman folgende Situation:[1][3] Es sei eine Strecke L mit den Endpunkten xA und xB gegeben. Ein Signal wird nun bei xA zum Zeitpunkt tA mit Geschwindigkeit w in Richtung xB gesendet, und kommt zum Zeitpunkt tB dort an. Die Ankunft bei xB ergibt sich mit

t=t_{B}-t_{A}=\frac{L}{w}.

Hier findet also die Ursache (Ereignis bei xA) vor der Folge (Ereignis bei xB) statt. Jedoch in einem Inertialsystem, das sich mit der Geschwindigkeit v relativ dazu bewegt, ergibt sich gemäß der Lorentz-Transformation die Ankunftszeit bei xB mit:

t'=t'_{B}-t'_{A}=\frac{t_{B}-\frac{vx_{B}}{c^{2}}}{\sqrt{1-\frac{v^{2}}{c^{2}}}}-\frac{t_{A}-\frac{vx_{A}}{c^{2}}}{\sqrt{1-\frac{v^{2}}{c^{2}}}}=\frac{1-\frac{wv}{c^{2}}}{\sqrt{1-\frac{v^{2}}{c^{2}}}}t.

Es kann leicht ersehen werden dass durch geeignete Wahl von v' ein negatives t' entsteht, wenn w > c. Mit anderen Worten, die Wirkung bei B ereignet sich vor der Ursache bei A in diesem System. Einstein und Tolman verwiesen darauf, dass dieses Resultat keinen logischen Widerspruch enthält, jedoch widerspricht es der Gesamtheit der Erfahrung, sodass die Unmöglichkeit von Überlichtgeschwindigkeiten ihrer Ansicht nach ausreichend bewiesen ist.

Zweiwegbeispiel

Komplizierter werden die Zusammenhänge, wenn folgendes Beispiel diskutiert wird:[6] Ein Signal wird von A (ruhend im Inertialsystem S') zu B (ruhend in S) und wieder zu A zurückgesendet wird. Das heißt, B bewegt sich in negativer x-Richtung aus Sicht von A. Ebenso wird vorausgesetzt, dass sowohl A als auch B über dasselbe Gerät verfügen, womit in ihren jeweiligen Inertialsystemen überlichtschnelle Signale gesendet werden können.

A sendet zum Zeitpunkt t0 = 0 ein mit Überlichtgeschwindigkeit -w' (gemessen in S') sich ausbreitendes Signal zu B, das dort zum Zeitpunkt

t_1'=\frac{L'}{w'}

ankommt. Hier ist L' die Strecke, die vom Signal durchlaufen wird, bis es das in negativer x-Richtung davonfliegende B erreicht hat. Bei B wird nun unmittelbar darauf der eigene Sender aktiviert und ein mit Überlichtgeschwindigkeit w (gemessen in S) sich ausbreitendes Signal zu A gesendet. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Strecke längenkontrahiert ist, und dass A dem Signal in positiver Richtung davonläuft. Das ergibt eine Ankunftszeit von

t_{2}=\tfrac{L'\sqrt{1-\frac{v^{2}}{c^{2}}}}{w-v}.

In S' hingegen ergibt sich (vergl. Formel für t' im Einwegbeispiel)

t_{2}'=\frac{1-\frac{wv}{c^{2}}}{\sqrt{1-\frac{v^{2}}{c^{2}}}}t_{2}=\frac{1-\frac{wv}{c^{2}}}{w-v}L'.

Insgesamt ergibt sich also die Gesamtzeit T' bis zur Rückkehr zu A

T'=t_{1}'+t_{2}'=\left(\frac{1}{w'}+\frac{1-\frac{wv}{c^{2}}}{w-v}\right)L'.

Auch hier ergibt sich bei w > c, dass bei geeigneter Wahl von v ein negatives T' entsteht, das heißt, A erhält die Antwort zurück, bevor das ursprüngliche Signal (t0 = 0) überhaupt abgesendet wurde. Benford et al.[4] schrieben über solche Situationen:

„Die Paradoxien der Rückwärts-durch-die-Zeit-Kommunikation sind wohlbekannt. Man nehme an, dass A und B die folgende Übereinkunft treffen: A wird eine Nachricht um drei Uhr senden, jedoch nur wenn hier keine Nachricht um ein Uhr eintrifft. Unmittelbar nachdem die Nachricht von A um zwei Uhr bei B eintrifft, sendet B eine Nachricht welche A um ein Uhr erreicht. Der Nachrichtenaustausch findet also nur dann statt, wenn er nicht stattfindet. Das ist ein echtes Paradoxon, ein kausaler Widerspruch.[7]

Daraus schlossen sie, dass überlichtschnelle Teilchen wie Tachyonen keine Signale übertragen dürften.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Einstein, Albert: Über die vom Relativitätsprinzip geforderte Trägheit der Energie. In: Annalen der Physik. 328, Nr. 7, 1907, S. 371–384. Bibcode: 1907AnP...328..371E. doi:10.1002/andp.19073280713.
  2. Miller, A.I.: Albert Einstein's special theory of relativity. Emergence (1905) and early interpretation (1905–1911). 1981.
  3. a b R. C. Tolman: Velocities greater than that of light. In: The theory of the Relativity of Motion. University of California Press 1917
  4. a b Gregory Benford, D. L. Book, W. A. Newcomb: The Tachyonic Antitelephone. In: Physical Review D. 2, 1970, S. 263–265. Bibcode: 1970PhRvD...2..263B. doi:10.1103/PhysRevD.2.263.
  5. Ehrenfest, P.: Zu Herrn v. Ignatowskys Behandlung der Bornschen Starrheitsdefinition II. In: Physikalische Zeitschrift. 12, 1911, S. 412-413.
  6. Beispielsweise: Sexl, Roman & Schmidt, Herbert K.: Raum-Zeit-Relativität. Braunschweig: Vieweg 1979, ISBN 3528172363
  7. The paradoxes of backward-in-time communication are well known. Suppose A and B enter into the following agreement: A will sent a message at three o'clock if and only if he does not receive one at one o'clock. B sends a message to reach A at one o'clock immediately on receiving one from A at two o'clock. Then the exchange of messages will take place if and only if it does not take place. This is a genuine paradox, a causal contradiction.

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