Abdul Qadir Khan

Abdul Qadir Khan
Abdul Qadeer Khan

Abdul Qadeer Khan, eingedeutscht Abdalkadir Chan, (Urdu عبد القدیر خان; geboren 1935 in Bhopal, Indien) ist ein pakistanischer Ingenieur, der weithin als Vater des pakistanischen Atomwaffenprogramms angesehen wird. Den Vorwurf, er habe Atomwaffentechnik auch an Libyen, Iran und Nordkorea weitergegeben, hat er inzwischen zugegeben.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Zeit

Geboren wurde Khan 1935 in eine muslimische Mittelschichtfamilie in Bhopal, Indien. 1952 ging Khan nach Pakistan. Als Maschinenbaustudent besuchte er die Universität Karatschi, ging nach der Graduierung zu weiteren Studien nach Deutschland und Belgien, wo er 1972 schließlich an der Katholieke Universiteit Leuven in Belgien seinen Doktorhut erhielt. Von 1972 bis 1976 arbeitete er für das Physical Dynamics Research Laboratory (FDO), ein Unterauftragnehmer der niederländischen Niederlassung der Urenco-Gruppe, der Ultra-Centrifuge Nederland (UCN), in der UCN-Anlage in Almelo und hatte dank laxer Sicherheitsmaßnahmen Zugang zu den fortschrittlichsten Zentrifugenentwürfen, welche ihm den Aufbau einer pakistanischen Urananreicherung ermöglichte. Als Indien 1974 seine erste Atombombe getestet hatte, war die Regierung in Pakistan alarmiert und Khan bot seine Hilfe an.[1] Im Jahr 1975 hatte der US-Geheimdienst CIA die Regierung der Niederlande gebeten, gegen Khan nicht weiter wegen des Verdachts des Nukleardiebstahls zu ermitteln. Der damalige Premierminister Zulfikar Ali Bhutto beauftragte Khan nach seiner Rückkehr Anfang 1976 mit der Leitung des pakistanischen Kernforschungsprogramms.

Einundzwanzigstes Jahrhundert

David Albright, Ex-UN-Waffeninspektor, regte im Juni 2008 an, Abdul Qadeer Khan zu einem möglichen Verkauf von Bauplänen atomarer Sprengköpfe zu verhören. CNN meldete am Montag, den 16. Juni 2008, dass es um die offene Frage ginge, ob Khan Kopien der pakistanischen Atombomben-Pläne aus dem Jahr 2006 an den Iran oder Nordkorea verkauft habe. „Um der Sache auf den Grund zu gehen, müssen wir Druck auf die beteiligten Regierungen ausüben” sagte Albright in Washington der Medienagentur dazu und verlangte, dass Khan von den USA sowie von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) befragt werde[2]. Gleichentags wies Khan Vorwürfe zurück, er habe Baupläne für neuartige Atomwaffen an den Iran oder Nordkorea verkauft. Die Berichte seien eine Lüge und „totaler Schwachsinn”, sagte Khan zu AFP. In Wirklichkeit seien es „die westlichen Regierungen”, die die Atomtechnologie entwickelt und verkauft hätten.[3] Auch Vorhalte, er habe der Schweizer Ingenieursfamilie Tinner Nuklearpläne geliefert, dementierte er eine Woche später in der „Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag”. Pakistan und die Khan Research Laboratories hätten „rein gar nichts mit dem zu tun, was Tinner oder seine Söhne auf ihren Computern hatten”. Er kenne die Tinner-Familie seit 1976 und würde für sie seine „Hand ins Feuer legen”. Friedrich Tinner und seine beiden Söhne Urs und Marco waren 2004 in Deutschland unter dem Verdacht festgenommen worden, Pläne für Atomwaffen nach Libyen geschmuggelt zu haben. Die drei wurden später an die Schweiz ausgeliefert. Friedrich Tinner kam 2006 auf freien Fuß, Urs Tinner Ende 2008, während Marco Tinner weiterhin in Untersuchungshaft sitzt.[4] Mit einer vom Schweizer Bundesrat angeordneten Aktenvernichtung im Fall der Rheintaler Familie Tinner sind offenbar nicht alle heiklen Atom-Pläne in der Schweiz aus der Welt geschafft worden. Im Staatsarchiv St. Gallen waren „sensible” Baupläne aus den achtziger Jahren für einen Autoklaven gefunden worden, wie er für die Anreicherung von waffenfähigem Uran eingesetzt wird. Für Staaten, die ein illegales Atomwaffenprogramm anstrebten, sei nach Ansicht der St. Galler Staatsanwaltschaft ein solcher Plan wertvoll, weswegen sie diese Konstruktionszeichnungen versiegelte. Die Metallwerke Buchs hatten für das Netzwerk des «Vaters der pakistanischen Atombombe», Abdul Qadeer Khan, Bauteile geliefert. Der deutsche Ingenieur Gotthard Lerch, der im Sommer 2008 in Deutschland vor Gericht stand, soll beteiligt gewesen sein[5].

Einzelnachweise

  1. Carey Sublette (2. Januar 2002). Dr. Abdul Qadeer Khan (Englisch). The Nuclear Weapon Archive. Abgerufen am 22. Juli 2008.
  2. http://www.koeln.de/aktuell/afp/newsticker/ticker/080616180341.m29mmyqn.html
  3. http://www.koeln.de/aktuell/afp/newsticker/ticker/080617083553.o92pl5he.html
  4. http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/urs_tinner_ist_frei_sein_bruder_bleibt_in_haft_1.1606901.html
  5. http://tagesschau.sf.tv/nachrichten/archiv/2008/06/22/schweiz/geheime_atomplaene_in_schweizer_archiv

Literatur

  • Gordon Corera: Shopping for Bombs: Nuclear Proliferation, Global Insecurity, and the Rise and Fall of the A.Q. Khan Network. Oxford University Press, Oxford/New York 2006.
vgl. die Besprechung der Washington Post: George Perkovich, Cracking the Arms Race (17. Oktober 2006)
  • Egmont R. Koch: Atomwaffen für Al Qaida: "Dr. No" und das Netzwerk des Terrors. Aufbau-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-351-02588-2.
vgl. die Besprechung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Wilfried von Bredow, Bombengrusel (7. Juni 2005)
  • William Langewiesche: The Atomic Bazaar: The Rise of the Nuclear Poor. Farrar, Straus & Giroux, New York 2007, ISBN 0-374-53132-3.
vgl. die Besprechung der New York Times: Janet Maslin, When the Small Nations Get the Biggest Weapons (18. Mai 2007)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Abdul Qadir Khan — Abdul Qadir Khan. Abdul Qadir Khan (Bhopal, India, 1 de abril de 1936) es un científico pakistaní, impulsor del programa de desarrollo nuclear de Pakistán. Se le considera el padre de la bomba atómica pakistani. Su nombre también es escrito:… …   Wikipedia Español

  • Abdul Qadeer Khan — HI, NI (twice) Abdul Qadeer Khan, 1999. Born 1 April …   Wikipedia

  • Abdul Qadir — Vicepresidente Primero del Presidium del Consejo Revolucionario 04 de diciembre de 1984 – 21 de noviembre de 1985 Presidente …   Wikipedia Español

  • Abdul Qadir Dagarwal — Saltar a navegación, búsqueda Abdul Qadir Dagarwal (nacido en Herat en 1944), político afgano. Se desempeñó como líder de su país por 3 días, cuando el Partido Democrático del Pueblo de Afganistán (PDPA) tomó el poder en abril de 1978 y declaró… …   Wikipedia Español

  • Abdul Qadir (cricketer) — Infobox Cricketer nationality = Pakistani country = Pakistan country abbrev = PAK name = Abdul Qadir picture = Cricket no pic.png batting style = Right handed batsman (RHB) bowling style = Right arm Leg spin (RLS) tests = 67 test runs = 1029 test …   Wikipedia

  • Abdul Jabbar Khan — Justice Abdul Jabbar Khan (1902 23 April 1984) was the 6th Speaker of the National Assembly of Pakistan. He was Preceded by Fazlul Qadir Chaudhry.He was born at Baherchar village in Barisal District, Bengal in 1902. He obtained BA (Hons) and MA… …   Wikipedia

  • Abdul Qadir Alam — was the governor of the Afghanistan s Ghor Province from 2004 2005. He was the second governor of the province after the fall of the Taliban. References* [http://www.ag afghanistan.de/files/adminlist.htm STATE AND GOVERNMENT OF THE ISLAMIC… …   Wikipedia

  • Abdul-Qadir Gilani — Jilani redirects here. For other uses, see Gilani (disambiguation). Abdul Qadir Gilani Religion Islam Personal Born 1077 CE (Common Era) Amol, Iran Died 1166 CE Baghdad …   Wikipedia

  • Abdul Qadir — For other uses, see Abdul Qadir (disambiguation). Abdul Qadir Gender Male Language(s) Arabic Origin Meaning Servant of (the Powerful) Allah Abdul Qadir (Arabic …   Wikipedia

  • Abdul Qadir Dagarwal — Colonel Abdul Qadir Dagarwal was the leader of the Afghan Air Force squadrons that attacked the Radio TV Station during the 1978 Coup that started the Saur Revolution.Ironically, he also participated in the 1973 Coup that created the Republic of… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”