Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) ist eine Behörde des Bundeslandes Bremen. Ihr gesetzlicher Auftrag ist es darauf hinzuwirken und darüber zu wachen, dass das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichberechtigung der Frau erfüllt wird.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlage und Behördenstruktur

Rechtsgrundlage der ZGF ist das Gesetz über die Errichtung der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau[1], das ihr weitreichende Beteiligungs-, Informations-, Kontroll- und Vorschlagsrechte zuweist. Ferner hat die ZGF Aufgaben im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Frauenbeauftragten im bremischen öffentlichen Dienst nach dem Landesgleichstellungsgesetz.[2]

Die ZGF unterliegt der Dienst- und Rechtsaufsicht der Senatskommissarin für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (derzeit Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen Anja Stahmann). Eine Fachaufsicht findet nicht statt.[3]

Landesbeauftragte für Frauen

Geleitet wird die Behörde durch die Landesbeauftragte für Frauen, ein in Bremen durch ein Gesetz vom Landesparlament verankertes Amt. Sie wird durch die Bremische Bürgerschaft gewählt und für 12 Jahre vom Senat bestellt. Ihr Amt ist dadurch in Bremen mit einer besonders starken politischen Legitimation ausgestattet.[4] Als erste Bremer Frauenbeauftragte wurde im Jahre 1982 Ursel Kerstein gewählt.

Das Amt wird derzeit durch Ulrike Hauffe ausgeübt. Sie ist seit der Gründung der ZGF 1980[4] Bremens zweite Landesbeauftragte und trat im September 1994 ihr Amt an. Im Jahr 2006 wurde sie für eine zweite Amtszeit bestätigt.[5] Hauffe meldete sich in der Bremer Öffentlichkeit zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen immer wieder zu Wort[6] und engagiert sich seit 2009 öffentlich für ein Ende des Frauenausschlusses von der Schaffermahlzeit der bremischen Wirtschafts- und Kapitänselite.[7]

Arbeit der Behörde

Die Behörde verfügt derzeit über 14 Ansprechpartnerinnen, davon vier in Bremerhaven.[8] Diese beraten Frauen persönlich und gehen ihren Beschwerden über Benachteiligungen nach. Aufgegriffen werden auch Anregungen zur Durchsetzung von Fraueninteressen oder zur Verbesserung von Frauenförderung in Dienststellen. Zudem können Information erfragt werden über Themen wie Frauenpolitik oder welche Angebote für Frauen und Mädchen in Bremen und Bremerhaven bestehen. Neben der persönlichen Beratung werden auch Informationen in Form von Broschüren, Faltblättern und Informationsheften über aktuelle Themen zur Verfügung gestellt.

Im Fall von Gesetzesvorhaben nehmen Vertreterinnen der ZGF zugunsten von Frauen und Mädchen Stellung und regen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene Maßnahmen an, um die Situation von Frauen zu verbessern. Sie unterstützen Frauen- und Mädchenorganisationen bei ihrer Arbeit und fördern ihre Vernetzung. Überdies leisten sie Öffentlichkeitsarbeit, um über frauenpolitische Themen zu informieren und um den Forderungen von Frauen Nachdruck zu verleihen.

Die Landesbeauftragte nimmt an der Staatsrätesitzung in beratender Funktion teil und kann so an dieser zentralen Stelle Einfluss zugunsten der Gleichstellung von Frauen nehmen.

Die Behörde ist auch Herausgeberin des Bremer Frauenstadtbuchs, einem kostenlosen Nachschlagewerk, das mehr als 300 Einrichtungen, Vereine und Initiativen mit nicht-kommerziellen Angeboten verzeichnet, die für Frauen interessant sein könnten und an denen Frauen mitarbeiten können oder die ihnen Beratung, Hilfe oder Informationen bieten. Ein entsprechendes Bremerhavener Frauenstadtbuch wird ebenfalls von der ZGF herausgegeben. Beide Nachschlagewerke sind inzwischen auch im Internet abrufbar.

Etatkürzungen und Kritik an der Behörde

Im Januar 2010 kritisierte der damalige Bremer FDP-Fraktionschef Uwe Woltemath indirekt die Arbeit der ZGF in einem Zeitungsinterview. Um sinnvolle Einsparungen im Bremer Landeshaushalt vorzunehmen, wolle die FDP durch „eine echte Verwaltungsreform den Sektor stärken, der direkt für den Bürger arbeitet und da sparen, wo jemand nichts anderes tut als Aktendeckel zu beschriften. Die momentane Situation ist doch so, dass beispielsweise die Zentralstelle für die Verwirklichung der Rechte der Frau von der Personaleinsparungsquote ausgenommen ist, während die Öffnungszeiten der Polizeireviere aus Personalnot zurückgefahren werden.“[9]

Aufgrund des knappen Etats der Behörde, konnte das Bremer Frauenstadtbuch mit über 300 Anlaufstationen und Angeboten nicht-kommerzieller Einrichtungen für Frauen 2009 nicht wieder nachgedruckt werden und erschien erstmals nur in der Online-Version. Hierdurch blieben aus Sicht der ZGF viele Frauen von diesen Informationen ausgeschlossen, die keinen Zugang zum Internet hätten – etwa Migrantinnen, sozial Schwache oder Seniorinnen. Eine aktualisierte Neuauflage des zuletzt 2005 mit 8000 Druckexemplaren erschienenen und zwischenzeitlich vergriffenen kostenlosen Informationswerkes fand erst Ende 2010 statt.

Die ZGF hatte nach eigenen Angaben 2009 11,6 Stellen besetzt und musste sich für das darauffolgende Haushaltsjahr auf 11,2 Stellen beschränken. Die Landesbeauftragte verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Aufgaben wie die Beratung von Senatsressorts oder die Prüfung von Vorlagen auf Geschlechtergerechtigkeit im damals laufenden Jahr 2009 von der Behörde nur noch eingeschränkt erfüllt werden konnten. In Reaktion darauf äußerte die Bürgerschaftsabgeordnete Elisabeth Motschmann (CDU), Mitglied des Gleichstellungsausschusses der Bürgerschaft, es dürfe nicht passieren, dass die Stelle der Landesfrauenbeauftragten nur noch auf dem Papier existiere und sie nicht mehr agieren könne.[10]

Eine Modernisierung der Zentralstelle und des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) forderte 2010 der bremer FDP-Vorsitzende Oliver Möllenstädt, damals Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion für Gleichstellungspolitik. Zwar seien immer noch mehr Männer als Frauen in den Chefetagen, in Kindergärten und Grundschulen seien Frauen aber unter sich. Die ausschließliche Ausrichtung des Gesetzes auf Frauen (d.h. die fehlende Förderung von Männern in frauendominierten Bereichen) sei in weiten Bereichen überholt.[11]

Mögliche Abschaffung der Behörde

Der Entwurf des FDP-Wahlprogramms zur Wahl der Bremischen Bürgerschaft im Mai 2011 sieht die Abschaffung der Behörde vor. Ihr „Eigenleben [...] als teurer, aufgeblähter und weitgehend überflüssig gewordener Behördenapparat“ müsse beendet werden. Die Aufgaben würden künftig von dem für Gleichstellungsfragen zuständigen Senatsmitglied wahrgenommen. Der bisher beschrittene Weg Bremens in der Geschlechterpolitik folge einem überkommenen Frauenbild und der unzutreffenden Vorstellung, ausschließlich Frauen seien Opfer von Geschlechterkonflikten und Diskriminierung. Umgesetzt werden soll die Abschaffung der ZGF in einem im Wahlprogramm formulierten weitreichenden Gesamtkonzept zur Gleichstellung von Mann und Frau, das gleichermaßen auch Männer in den Blick nehmen soll.[12] Dieses sieht auch eine Abschaffung der bislang rein auf Frauen bezogenen Strukturen der Frauenbeauftragten im öffentlichen Dienst vor, zudem würde infolge des FDP-Reduzierungskonzepts für die Parlamentsausschüsse der Ausschuss für die Gleichstellung der Frau[13] in der Bürgerschaft als eigenständiges Gremium wegfallen[14].

Auszeichnung des ZGF-Projekts „frauenseiten.bremen.de“

Das Projekt „frauenseiten.bremen.de“ der ZGF wurde vom Bundeswirtschaftsministerium im Wettbewerb „Wege ins Netz“ als Lern- und Kommunikationsort in der Kategorie „Frauen“ im Jahr 2009 mit dem ersten Platz ausgezeichnet. Auf der Internetseite stellen Frauen Einrichtungen vor, weisen auf Veranstaltungen hin und lernen, wie sie das Internet nutzen können. Die ausgezeichneten Projekte vermitteln nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums vorbildlich Kompetenzen im Umgang mit dem Internet. Sie leisteten damit einen aktiven Beitrag zur Digitalen Integration. Dass auch ein solches Projekt auf freiwilliger Arbeit beruhe, so die Landesfrauenbeauftragte, sei Zeichen der Zeit: „Es gibt für unsere Themen keine Sponsoren mehr, […] das war früher anders.“ [15]

Literatur

siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gleichberechtigung-Zentralstellengesetz. Gesetzesportal Bremen, abgerufen am 3. Januar 2011.
  2. Landesgleichstellungsgesetz. Gesetzesportal Bremen, abgerufen am 3. Januar 2011.
  3. Senatskommissarin für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau. soziales.bremen.de, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  4. a b Stadt der Frauen. 25 Jahre Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau. S. 2.
    frauenseiten.bremen.de: Die ZGF feierte ihren 25. Geburtstag. 2. Dezember 2005
  5. Internetseite der ZGF: Über uns. Landesbeauftragte für Frauen. Abruf 27. Mai 2010.
  6. Bremer Anzeiger: „Wir müssen viel radikaler werden“. Der BREMER ANZEIGER im Gespräch mit der Bremer Landesbeauftragten für Frauen, Ulrike Hauffe. 8. März 2009.
    kreiszeitung.de: Der Gleichstellungsbeauftragten geht das Geld aus. 22. September 2009
    Pressestelle des Senats:Landesfrauenbeauftragte kritisiert Wahl der Staatsgerichtshof-Richter. 17. Oktober 2007.
    frauenseiten.bremen.de: Ulrike Hauffe: Frauen an der Regierungsbildung paritätisch beteiligen! (Offener Brief der Landesfrauenbeauftragten an die Parteivorsitzenden von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen zur Beteiligung von Frauen an anstehenden Koalitionsgesprächen und Regierungsbildung), 21. Mai 2007.
  7. Ein Treffen mit Überraschungseffekt. Bremer Begegnungen: Die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe trifft den Vorsteher von Haus Seefahrt, Michael Schroiff. Weser-Kurier, Bremen, 10. Juli 2009, S. 11.
    Weser Kurier: Frauen sind offenbar selbst für aufgeklärte Männer ein Risiko. Ein Gastkommentar von Ulrike Hauffe zu Eiswette und Schaffermahlzeit. 12. Januar 2010, S. 11.
  8. Internetseite der ZGF: Ansprechpartnerinnen in Bremen., Ansprechpartnerinnen in Bremerhaven. Abruf 27. Mai 2010.
  9. Bremer Anzeiger: „Es bringt nichts, auf den Bund zu zeigen“. Der Bremer FDP-Fraktionchef Uwe Woltemath im Gespräch. 3. Januar 2010.
  10. kreiszeitung.de: Der Gleichstellungsbeauftragten geht das Geld aus. 22. September 2009
  11. Weser Report: Pro & Contra. 17. November 2010.
  12. Das Bürgerprogramm 2011. Stark für Bremen und Bremerhaven. Wahlprogramm des FDP-Landesverbandes Bremen zur Bürgerschaftswahl 2011. Entwurf, Stand: 24. Januar 2011. S. 60f. Abgerufen am 2. Februar 2011.
  13. Bremische Bürgerschaft: Ausschuss für die Gleichstellung der Frau. Abgerufen am 2. Februar 2011.
  14. Die Parlamentsausschüsse sollen nach FDP-Vorstellungen künftig den genannten Senatsressorts entsprechen. Das Bürgerprogramm 2011. Stark für Bremen und Bremerhaven. Wahlprogramm des FDP-Landesverbandes Bremen zur Bürgerschaftswahl 2011. Entwurf, Stand: 24. Januar 2011. S. 33. Abgerufen am 2. Februar 2011.
  15. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Wettbewerb "Wege ins Netz" – Preisträger 2009: Kategorie "Frauen".
    Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Ausgezeichnete Projekte.
    kreiszeitung.de: Der Gleichstellungsbeauftragten geht das Geld aus. 22. September 2009

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