Camillo Benso conte di Cavour

Camillo Benso conte di Cavour
Camillo Benso Graf von Cavour, Portrait von Francesco Hayez

Camillo Benso Graf von Cavour (italienisch Camillo Benso Conte di Cavour; * 10. August 1810 in Turin; † 6. Juni 1861 in Turin) war der Staatsmann, der die Italienische Einheit vorantrieb, der Architekt der italienischen Verfassung und der erste Ministerpräsident des neuen Königreiches Italien.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Studien

Cavour wurde in Turin, der Hauptstadt des Königreiches Piemont-Sardinien, das vom Hause Savoyen regiert wurde, geboren. Als Sohn einer angesehenen Piemonteser Familie wurde von ihm erwartet, eine respektable Karriere zu starten. Daher trat er in die sardische Armee ein, wo er zuletzt den Rang eines Oberleutnants bekleidete. Doch aufgrund seiner radikalen liberalen Gedanken wurde er unter Druck gesetzt, die Armee zu verlassen, und so quittierte er 1831 den Dienst. Nach dieser Militärzeit reiste er durch Europa, wobei er Politik und Landwirtschaft studierte.

Cavours Studien von Regierungen und seine Erlebnisse während der Julirevolution in Frankreich 1830 verstärkten seine liberalen Ansichten. Die erfolgreich eingesetzte konstitutionelle Monarchie, mit Ludwig Philipp als König, überzeugte ihn von der Effizienz einer solchen Staatsform. Cavour, welcher vom nationalistischen Eifer des frühen 19. Jahrhunderts ergriffen war, strebte auch eine Einigung Italiens an. Seine Studien der Landwirtschaft weckten sein Interesse an der Industrialisierung und an Infrastruktur ganz allgemein. Er modernisierte Italien sowohl politisch als auch technologisch.

Frühe politische Karriere

Mit der Wahl des liberalen Papsts Pius IX. 1846 sah Cavour die Möglichkeit, für die Reformen einzutreten. [1847 gründete er Il Risorgimento („Die Wiederauferstehung“, der Ausdruck wurde später gleichbedeutend mit der Einigung Italiens), eine Zeitung, welche den Liberalismus, den Konstitutionalismus und die Einheit Italiens unterstützte. Als Herausgeber wurde er damit bald zu einer mächtigen Gestalt der sardischen Politik.

Im Laufe des Jahres 1848 gab es eine Reihe gewalttätiger Revolutionen in Europa. Die Erhebung im Königreich beider Sizilien erschütterten die Herrschaft von König Karl Albert von Piemont-Sardinien. Vom Einfluss von Il Risorgimento und der Uneinigkeit in seinem Reich unter Druck gesetzt, räumte er am 8. Februar 1848 Sardinien eine Charta der Freiheiten ein. Hocherfreut von diesem Erfolg, wandte sich Cavour an Karl Albert mit der Bitte, dieser solle Österreich den Krieg erklären. Dieses regierte zu der Zeit den größten Teil Italiens durch unbedeutende Vasallen. Die perfekte Gelegenheit kam am 19. März, als in Turin die Neuigkeiten ankamen, dass in Mailand eine Revolte gegen den habsburgischen Herrscher ausgebrochen sei. Am 15. März gab Karl Albert dem Druck Cavours und seiner Partei nach und erklärte Österreich den Krieg.

Obwohl Sardinien von Österreich in der Schlacht bei Novara besiegt wurde und italienische Revolutionäre in der Lombardei, Venetien und Mailand niedergeworfen wurden, blieben der Liberalismus und der Nationalismus Italiens bestehen – in den Juli-Wahlen 1848 gewann Cavour einen Sitz in der sardischen Abgeordneten-Kammer – und nach der Niederlage gegen Österreich dankte Karl Albert zu Gunsten seines liberaleren und mächtigeren Sohns Viktor Emanuel II. ab. Unter dessen Amtszeit blühte Cavours politische Karriere. 1850 wurde er Minister für Landwirtschaft und Handel und 1851 Finanzminister.

Nach dem Scheitern der Revolutionen von 1848 bereinigte Cavour seine liberalen Gedanken und beschloss, seinen Idealismus zu Gunsten einer Realpolitik aufzugeben. Er dachte, dass, selbst wenn Italien nicht durch eine Revolution geeinigt werden könne, eine starke und berechnende Herrschaft eine Chance hätte. In seinen ersten beiden Regierungsämtern arbeitete er hart, Sardinien zu stärken. Er organisierte die Armee, das Gerichts-System, das Finanzsystem und die Bürokratie neu. Er trieb auch die Entwicklung der Industrie voran und ließ Fabriken und Eisenbahnlinien bauen, so dass Sardinien einer der modernsten Staaten Europas zu seiner Zeit wurde.

Weg zur Einheit

Im November 1852 wurde Cavour Premierminister von Piemont-Sardinien. Als Premierminister konnte er endlich seine Macht in den Bereich der Außenpolitik ausdehnen. 1854, mit dem Ausbruch des Krimkriegs, sah er eine Möglichkeit gekommen, die internationale Position seiner Nation zu stärken. Sardinien trat dem Krieg im Januar 1855 bei als Alliierter Englands und Frankreichs. Im Gegenzug wurde versprochen, die Zukunft Italiens ernsthaft international zu besprechen. Nach dem Krieg nutzte Cavour den Kongress in Paris als Möglichkeit, die Besetzung Italiens durch das neutral gebliebene Österreich anzuprangern.

Cavour war nicht der einzige wichtige Führer, der 1852 an die Macht kam – im selben Jahr wurde Napoléon III. Kaiser von Frankreich. Napoleon war Cavours Plänen eines geeinten Italiens nicht abgeneigt, und im Juli 1858 trafen sich die beiden in Plombières-les-Bains, um Italiens Zukunft zu formen. Auf diesem Treffen stimmte Napoleon zu, Sardinien zu beschützen, falls Österreich dieses angreifen würde. Cavour machte sich sofort daran, Österreich zu einem Krieg zu provozieren, und im April 1859 griff Österreich das kleine italienische Land tatsächlich an, was zum Sardinischen Krieg führte. Doch nach sehr kostspieligen Siegen bei Magenta und Solferino beschloss Napoléon III., sich mit dem Vorfrieden von Villafranca vom Krieg zurückzuziehen. Dieser Vertrag erlaubte es Österreich, Venetien zu behalten, und die von Sardinien eroberten Gebiete wurden ihren ehemaligen Herrschern zurückgegeben, während Sardinien nur die Lombardei erhielt. Cavour war wütend auf Napoleon, doch das Blatt wendete sich bald, als im März 1860 die Bürger der Toskana, von Modena, Parma und Bologna sowie der Emilia-Romagna in Volksabstimmungen für den Anschluss an Sardinien stimmten. Napoleon erkannte diese Entscheidung an und erhielt dafür Savoyen und Nizza zugesprochen.

Kurz darauf führte der italienische Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi seine berühmte Armee aus tausend rotgekleideten Abenteurern in das Königreich beider Sizilien (Mai 1860), und Viktor Emanuel II. führte seine Truppen in die Provinz Umbrien. Die Königreiche stimmten daraufhin für eine Union mit Sardinien, und das Königreich Italien wurde im März 1861 ausgerufen. Cavours territoriale Ziele waren erreicht, bis auf Venetien und Rom war Italien vereint. Als Premierminister Cavour zwei Monate später an einem Schlaganfall[1] starb, war sein Traum eines geeinten Italiens fast erfüllt. Venetien wurde 1866 als Folge des Deutschen Kriegs, in dem Italien auf der Seite Preußens stand, Teil des Königreiches, Rom im Jahre 1870.

Werke

  • Vie a été publiée par Joseph Devey (1861)
  • Discours traduits par Isaac Artom et Albert Blanc (1862).

Literatur

  • Marie-Louise Jacotey: Camille Benso, comte de Cavour. Guéniot, Langres 1993, ISBN 2-87825-062-1.
  • Rosario Romero: Vita di Cavour. Laterzo, Rom 2004, ISBN 88-420-7491-8.
  • Peter Stadler: Cavour. Italiens liberaler REichsgründer. Oldenbourg Verlag, München 2001, ISBN 3-486-56509-5.
  • Franco Valsecchi: Cavour. Ein europäischer Staatsmann. Steiner, Wiesbaden 1957.

Einzelnachweise

  1. Norwich: The Middle Sea: A History of the Mediterranean, S. 534

Weblinks


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