Canalis inguinalis

Canalis inguinalis

Als Leistenkanal (Canalis inguinalis) wird eine anatomische Struktur in der Bauchwand in der Leistengegend bei Säugetieren bezeichnet. Dabei stoßen Anteile der vorderen Bauchwand (s. u., Aufbau) so zusammen, dass sich ein länglicher Kanal bildet, durch den verschiedene anatomische Strukturen von der Bauchhöhle (intraperitoneal) durch die Bauchwand hindurch treten. Der Begriff ist mehr oder weniger mit dem Begriff Leistenspalt (Spatium inguinale) identisch.

Aufbau

Verlauf des Leistenkanals

Der Leistenkanal hat einen Eingang sowie einen Ausgang:

  • der äußere Leistenring (Anulus inguinalis superficialis), als Ausgang des Leistenkanals
  • der innere Leistenring (Anulus inguinalis profundus), als Eingang in den Leistenkanal von der Bauchhöhle her

Der äußere Leistenring ist eine schlitzförmige Öffnung in der Sehne des äußeren schiefen Bauchmuskels (Musculus obliquus externus abdominis). Der innere Leistenring liegt zwischen dem freien Rand des inneren schiefen Bauchmuskels (Musculus obliquus internus abdominis), dem geraden Bauchmuskel (Musculus rectus abdominis) und dem Leistenband (Arcus inguinalis, auch Ligamentum inguinale).

Begrenzt wird der Leistenkanal wie folgt:

Organe, die den Leistenkanal passieren

Im Laufe der Fetalentwicklung wandert bei den meisten männlichen Säugetieren der sich in der Bauchhöhle entwickelte Hoden durch den Leistenkanal in den Hodensack (Scrotum), der sog. Descensus testis (Hodenabstieg). Dabei stülpt der Hoden das Peritoneum (Bauchfell) und die innere Körperfaszie (Fascia transversalis) durch den Leistenkanal aus. Diese Aussackung bezeichnet man als Processus vaginalis („Scheidenhautfortsatz“), dieser umhüllt den Hoden. Dabei setzen sich die Schichten der Bauchwand in Folge der Ausstülpung des Processus vaginalis fort. Diese Schichten vereinigen sich im Leistenkanal selbst zum Samenstrang (Funiculus spermaticus), welcher in seinem Inneren die Hodenarterie und -vene, den Samenleiter, sowie Nerven führt. Faserzüge aus dem inneren schrägen und dem queren Bauchmuskel begleiten den Hoden auf seinem Weg und bilden den ebenfalls im Leistenkanal befindlichen Musculus cremaster.

Bei weiblichen Säugetieren durchzieht das Ligamentum teres uteri den Leistenkanal und tritt bei Frauen bis in die großen Schamlippen (Labia majora). Der Processus vaginalis bei Frauen (Nuck-Kanal) bildet sich meistens im Laufe der Entwicklung zurück, kann aber ganz oder teilweise persistieren (weibliche Hydrocele, Nuck-Zyste). Ein Processus vaginalis kommt regelmäßig bei einigen wenigen erwachsenen weiblichen Säugetieren vor, z. B. bei der Hündin. Er enthält aber nur Fett.

Unabhängig vom Geschlecht passieren der Ramus genitalis des Nervus genitofemoralis und die Lymphgefäße der oberflächlichen Leistenlymphknoten (Nll. inguinales superficiales) den Leistenkanal. Bei den meisten Säugetieren zieht auch die äußere Schamarterie (Arteria pudenda externa) durch den Leistenkanal, beim Menschen zieht diese über das Schenkeldreieck in die Genitalgegend.

Erkrankungen

Die Ein- und Austrittspunkte des Leistenkanals stellen eine funktionelle Schwachstelle dar, welche in bestimmten Fällen eine Ausstülpung (Bruchsack) des Bauchfells (Peritoneum) bedingen können, den sogenannten Leistenbruch (Hernia inguinalis).


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