Waitzscher Turm

Waitzscher Turm
Der Waitzsche Turm in Bad Nauheim
Der Waitzsche Turm,Aquarell von 1784 (Ausschnitt), STA MR, Karte PII 15608

Der Waitzsche Turm im Kurpark von Bad Nauheim ist neben dem Windmühlenturm an der Langen Wand eine der beiden zwischen 1742 und 1747 errichteten Windkünste der ehemaligen Saline Nauheim.

Er diente als wind- und wassergetriebenes Pumpwerk zur Förderung der Sole auf die Gradierbauten. Erbauer war der Obersalzgräfe Jakob Sigismund Waitz von Eschen, der 1735 von der Landgrafschaft Hessen-Kassel den Auftrag erhalten hatte, die Nauheimer Saline zu modernisieren und die Salzgewinnung rentabel zu machen. Der Standort des Waitzschen Turms wurde von dem Salzgräfen mit Bedacht gewählt. Er hatte bemerkt, dass im Flussbett der Usa eine ergiebige Solequelle zu Tage trat. Er ließ das Gewässer umleiten und im trockengelegten Kiesbett zwei Senkbrunnen mit einer Tiefe von zehn Metern ausheben.

Über diesen Brunnen wurde der vierstöckige Turm mit einer Höhe von 21,3 Metern errichtet. Im Inneren führte eine hölzerne Treppe zu den einzelnen Stockwerken und bis unter die Haube. Diese war mit Schindeln gedeckt und hatte einen blechernen Knopf mit einer Fahne. Die Haube mit den Windmühlenflügeln ruhte mit zwölf eisernen Rädern auf einem hölzernen Drehkranz. Bei günstigem Wind bewegten die 20 Meter langen, mit Segeltuch bespannten Flügel über einen Wellenbaum die Pumpen zur Soleförderung auf die benachbarten Gradierbauten. Bei fehlendem Wind konnte das Pumpenwerk über ein sogenanntes Kunstgestänge von einem Wasserrad an der Usa angetrieben werden.

Im Herbst 1824 wurden sowohl der Waitzsche Turm als auch der Windmühlenturm an der Langen Wand durch einen Orkan schwer beschädigt. Eine Reparatur war aus Kostengründen nicht möglich. Der Windmühlenturm an der Langen Wand wurde mit einem Fachwerkaufbau und einem Schieferdach versehen, der Waitzsche Turm verfiel zur Ruine. Erst 1931 erhielt der inzwischen so genannte „Rabenturm“ ein Kupferdach. Heute dient das Untergeschoss des im Inneren völlig leeren Turmes als Lagerraum für Chlorgasflaschen des benachbarten Thermalbades.

Die beiden Windkünste der ehemaligen Saline Nauheim sind die einzigen, jemals in Hessen errichteten Windmühlentürme zur Soleförderung. Sie sind in die Liste der Kulturdenkmäler in Hessen eingetragen.

Literatur

  • Erich Brücher, „Der Waitzsche Turm und die ehemaligen Windmühlen der Saline zu (Bad) Nauheim“, Wetterauer Geschichtsblätter Band 7/8 (1959), S. 148-151
  • Brigitte Kull, „Salz und Sole schreiben Geschichte“, Landesamt für Denkmalpflege (2003), S. 49
  • Karl Christian Langsdorf, „Anleitung zur Salzwerkskunde“ (1784), S. 286
  • Johannes Mager, „Mühlenflügel und Wasserrad“, VEB Fachbuchverlag Leipzig (1987), S. 198
  • Alfred Martin, „Der Waitz´sche Thurm“, Bad Nauheimer Jahrbuch VII (1928), S. 56 -59
  • Alfred Martin, „Bad Nauheim, von der Frühzeit bis zur Gegenwart“, Hrsg. Hess. Staatsbad (1952), S. 47-48
  • Roland Scharf, „Die Saline Nauheim, 1. Auflg.“, Hrsg. Magistrat der Stadt Bad Nauheim (2007), S. 8
  • Reimer Stobbe, „Vom Söderdorf zum Herzheilbad“, Hrsg. WZ-Verlag/Magistrat der Stadt Bad Nauheim (1997), S. 94
  • Wilhelm Wagner, „Chronik von Bad Nauheim, Bad Nauheim“, Im Selbstverlag des Verfassers (1897), S. 44 und 45
  • „Kulturdenkmäler in Hessen, Wetteraukreis II“ (1999), S. 135
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