Carlo Broschi

Carlo Broschi

Farinelli, eigentlich Carlo Broschi (* 24. Januar 1705 in Andria; † 16. September 1782 in Bologna) war ein berühmter italienischer Sänger (Kastrat) des 18. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Broschi war ein Neffe des Komponisten und Violinisten Cristiano Farinelli. Da er nicht der erste Schüler von Nicola Antonio Porpora war, musste er sich einen anderen Bühnennamen suchen, denn der Altist Antonio Uberti hatte bereits den Namen seines Lehrers angenommen und nannte sich Porporino. Carlo Broschi entschied sich daher für die Brüder Farina, die als große Kenner und Liebhaber der Musik galten und bei denen er während seiner Ausbildungszeit bei Porpora öfter gesungen hatte.

Farinelli

Nachdem er für die Karriere eines Kastraten vorbereitet worden war, erwarb er als Schüler von Porpora eine Stimme von angeblich wunderbarer Schönheit und war bald überall in Süditalien als il ragazzo (der Junge) bekannt. 1722 hatte er seinen ersten Auftritt in der Oper Eumene seines Lehrers. Mit seiner Stimme übertraf er einen beliebten deutschen Trompeter sowohl im Halten und Schwellen eines Tones in erstaunlicher Länge, als auch in Reinheit und Kraft, Variationen und Trillern. Das erwies sich in einem von Porpora für den Jungen geschriebenen Obligato in einer der Arien und erregte weithin Enthusiasmus.

Im Jahr 1724 trat er erstmals in Wien auf, und im folgenden Jahr in Venedig, worauf er nach Neapel zurückkehrte. In Mailand sang er 1726 und in Bologna 1727. Dort traf er das erste Mal den Sänger Antonio Bernacchi (geboren 1690) und musste sich ihm geschlagen geben; seinem Unterricht verdankte er viel. Mit stetig steigendem Erfolg trat Farinelli in fast allen großen Städten Italiens auf, so erstmals 1729 in Venedig, und kehrte 1731 ein drittes Mal nach Wien zurück.

Er änderte nun seinen Stil – wie es heißt, auf den Rat von Karl VI. – von der bloßen Bravour der Porpora-Schule zu mehr Pathos und Schlichtheit. Darin wurde er u.a. bestärkt von seinem Freund Pietro Metastasio. 1734 besuchte er London, gerade rechtzeitig, um die einflussreiche Partei der Händel-Gegner zu unterstützen, die mit Porpora als Komponisten und Senesino als erstem Sänger eine konkurrierende Oper gegründet hatte. Aber selbst seine mächtige Hilfe konnte dem Unternehmen auf Dauer nicht zum Erfolg verhelfen. Sein erster Auftritt am Theater Lincoln's Inn Fields erfolgte in der Oper Artaserse, deren Musik größtenteils von seinem Bruder Riccardo Broschi stammte. Er erntete triumphalen Erfolg und der Prinz von Wales sowie der Hof überschütteten ihn mit Wohlwollen und Geschenken. Nach drei Jahren, 1737, verließ er England, um nach Spanien zu reisen. Auf dem Weg verbrachte er einige Monate in Frankreich, wo er vor Ludwig XV. sang.

In Spanien, das er ursprünglich nur für fünf Monate hatte besuchen wollen, blieb er schließlich fast fünfundzwanzig Jahre (1737-1759). Seine Stimme wurde von der Königin eingesetzt, um die Schwermut von Philipp V. von Spanien zu kurieren. Damit erlangte er einen Einfluss auf den Prinzen, der ihm die Macht – wenn auch nicht das Amt – eines Premierministers verlieh. Er war klug und bescheiden genug, diese Macht nur diskret einzusetzen. Zehn Jahre lang musste er dem König Nacht für Nacht stets die gleichen sechs Lieder vorsingen und nie etwas Anderes. Unter Ferdinand VI. hatte er eine ähnliche Position inne und wurde 1750 mit dem Kreuz von Calatrava ausgezeichnet. Er nutzte seinen Einfluss auf den König dazu aus, um eine italienische Oper zu etablieren. Als Karl III. von Spanien den Thron bestieg, setzte sich Farinelli mit seinem angehäuften Vermögen in Bologna zur Ruhe und verbrachte den Rest seiner Tage in melancholischer Pracht.

Der Umfang seiner Stimme reichte über das Vermögen gewöhnlicher Sänger um sieben bis acht Töne hinaus; sie war klangvoll, gleichmäßig und klar; dazu verfügte er über reiche musikalische Kenntnisse.

Nachwelt

Büste von Farinelli (R.A.B.A.S.F., Madrid).

Farinellis Leben wurde in zahlreichen Opern verarbeitet. Angefangen mit einem Werk von John Barnett, aufgeführt 1839 in London nach der anonymen Pariser Vorlage Farinelli, ou le Bouffe du Roi (...oder das Fressen des Königs) über Aubers La part du diable (Des Teufels Anteil, 1843) bis zu zeitgenössischen Komponisten wie Matteo d'Amicos (*1955) Farinelli, la voce perduta (...die verlorene Stimme) und Siegfried Matthus' Farinelli, oder die Macht des Gesanges.

1964 wurde in Schwabing die Farinelli-Grundschule gegründet.

1994 drehte der belgische Regisseur Gérard Corbiau den Film Farinelli, der Kastrat über die Lebensgeschichte Farinellis mit Stefano Dionisi in der Titelrolle. Drehort des Films war u. a. das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. Der vielgelobte Streifen wurde mit dem Golden Globe als „bester nicht englischsprachiger Film“ ausgezeichnet und auch für den Oscar in dieser Kategorie nominiert.

Im Jahre 1998 öffnete in Bologna das Farinelli-Studienzentrum seine Tore, gewidmet der geschichtlichen Erinnerung an die Figur des berühmten Kastraten, der in Bologna von 1761 bis 1782 lebte und auch dort verstarb. Die Kernprojekte des Zentrums beinhalten die Restaurierung des Grabmals Farinellis in der Certosa von Bologna (2000) und die Öffnung von Farinellis Grab (2006). Die Graböffnung wurde durch den florentinischen Antiquitätenhändler Alberto Bruschi und durch Luigi Verdi, Sekretär des Farinelli Studienzentrums, ermöglicht. Die Anthropologin Maria Giovanna Belcastro von der Universität von Bologna, der Paleoantropologe Gino Fornaciari von der Universität von Pisa und der Ingenieur David Howard von der Universität von York zeichnen als Wissenschaftler für die Analyse der sterblichen Überreste Farinellis verantwortlich. Die Exhumierung Farinellis fand am 12. Juli 2006 statt. Ziel der Ausgrabungen ist es, Erkenntnisse über mögliche Krankheiten oder Fehlbildungen des Sängers und deren Auswirkungen auf seine Stimme zu gewinnen.

Literatur

  • Barbier, Patrick: Farinelli. Düsseldorf 1995.
  • Cappelletto, Sandro: "La voce perduta - Vita di Farinelli evirato cantore". Turin 1995
  • Tasler, Angelika: Carlo Broschi (Farinelli). In: Wurst, Jürgen und Langheiter, Alexander (Hrsg.): Monachia. München: Städtische Galerie im Lenbachhaus, 2005. S. 78. ISBN 3-88645-156-9

Weblinks


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