Cassella AG

Cassella AG

Die Cassella Farbwerke Mainkur Aktiengesellschaft war ein deutsches Chemie- und Pharmaunternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main. Es hatte seinen Ursprung in einem 1798 von Leopold Cassella in der Frankfurter Judengasse gegründeten Spezereiwarenhandel. 1828 nahm der kinderlose Cassella Ludwig Aaron Gans als Teilhaber in sein Unternehmen auf, das fortan als Leopold Cassella & Co. firmierte und vornehmlich den Handel mit Farbstoffen betrieb. Gans' Söhne Friedrich (Fritz) und Leo Gans erweiterten 1870 den väterlichen Handel um eine Teerfarbenfabrik, die sie zusammen mit ihrem Schwager Bernhard Weinberg und dem Chemiker August Leonhardt an der Mainkur in Fechenheim am Main gegründet hatten, die Frankfurter Anilinfarbenfabrik von Gans und Leonhardt. Dieses Datum galt später als Gründungsdatum der Cassella Farbwerke. 1879 brachte Fritz Gans fünf Millionen Mark in das Unternehmen ein. Sie entstammten dem Erbe seines Schwagers G. Ettling, der in Madrid die spanische Rothschild-Filiale geleitet hatte. Im gleichen Jahr schied August Leonhardt aus dem Unternehmen aus, das seitdem als Frankfurter Anilinfabrik Gans & Co. firmierte. Neuer technischer Direktor des Unternehmens wurde M. Hoffmann.

Ehemaliges Hauptgebäude der Cassella in Frankfurt-Fechenheim

1882 traten die Söhne Bernhard Weinbergs, Arthur und Carl Weinberg, in die Führung des Unternehmens ein. Unter ihrer Leitung entwickelten sich die Farbwerke rasch zum weltgrößten Hersteller synthetischer Farbstoffe. 1894 verschmolzen die Teilhaber die Frankfurter Anilinfabrik mit der Farbengroßhandlung. Das neue Unternehmen firmierte als Leopold Cassella & Co..

1900, als das Werk an der Mainkur bereits über 2.400 Arbeiter beschäftigte, gründete Arthur Weinberg eine pharmazeutische Abteilung. Weinberg arbeitete dabei mit seinem Freund Paul Ehrlich zusammen, dessen seit 1899 in Frankfurt am Königlichen Institut für experimentelle Therapie durchgeführte Forschungen 1906 zur Begründung der Chemotherapie führten.

1904 führten Leo Gans und die Brüder Weinberg die Farbwerke Leopold Cassella & Co. in den damals sogenannten Zweibund mit den Farbwerken Hoechst. Sie tauschten ein Viertel ihrer Anteile gegen Aktien der Farbwerke. Cassella verzichtete fortan auf die Herstellung von Säuren, Anilin und Soda, die man aus Höchst bezog. Stattdessen konzentrierte man sich an der Mainkur ganz auf die Farbstoffproduktion.

Bei der Gründung der I.G. Farben 1925 ging auch die Cassella in dem neuen Unternehmen auf. Leo Gans und der 1908 in den Adelsstand erhobene Arthur von Weinberg gehörten dem Aufsichtsrat der I.G. an, bis sie nach der nationalsozialistischen Machtergreifung gezwungen wurden, alle öffentlichen Ämter niederzulegen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stellten die Alliierten die I.G. Farben unter Zwangsverwaltung und gliederten 1951 eine Reihe von Nachfolgeunternehmen aus, darunter auch die Cassella Farbwerke Mainkur AG. Die frühere Verbindung mit den Farbwerken Hoechst wurde zunächst nicht wieder aufgenommen, stattdessen erwarben die drei großen IG-Farben-Nachfolger BASF, Bayer AG und Hoechst jeweils 25,1 Prozent der Anteile an Cassella. Erst im Jubiläumsjahr 1970 kam es zur von der Presse sogenannten Flurbereinigung. BASF und Bayer verkauften ihre Anteile an Hoechst, das damit seine Position als Hersteller von Farbstoffen und Pharmazeutika stärkte. Zur Cassella gehörten inzwischen auch die Tochterunternehmen Cassella-Riedel Pharma und die Riedel de Haën AG in Seelze bei Hannover, ein Hersteller von Aromastoffen und Laborchemikalien.

Der Arthur-von-Weinberg-Steg verbindet die Werkteile Cassella und Offenbach

1981 errichtete die Cassella AG gemeinsam mit der Hoechst AG eine Kläranlage zur Reinigung der Abwässer der Cassella AG und des Werkes Offenbach der Hoechst AG. Für die Abwasserleitung aus Offenbach wurde der Arthur-von-Weinberg-Steg als Mainüberquerung gebaut. 1995 wurde die Cassella AG mit der Hoechst AG verschmolzen. Kurz darauf wurde die Pharmaforschung am Standort Cassella geschlossen. 1997 verkaufte Hoechst seinen Geschäftsbereich Spezialchemie an die schweizerische Clariant AG. Der Cassella-Standort in Fechenheim wurde zum Werk Cassella der deutschen Clariant-Landesgesellschaft. 1998 fusionierten die Werke Offenbach und Cassella der Clariant zum Werk Cassella-Offenbach. Die beiden Werkteile liegen etwa drei Kilometer voneinander entfernt auf verschiedenen Seiten des Mains. Im Zuge der Werkfusion wurden Infrastrukturbereiche der Werke zusammengelegt. Die Werkschule und der Bereich Analytik wurden am Standort Cassella zusammengefasst.

2001 verkaufte Clariant das Werk Cassella-Offenbach, mit Ausnahme zweier Forschungsabteilungen, an eine Gruppe ehemaliger Hoechst-Manager, die den Betrieb unter dem Namen AllessaChemie GmbH weiterführen. Die AllessaChemie – der Name ist ein Ananym von Cassella – produziert mit rund 1.000 Mitarbeitern Spezialchemikalien für industrielle Auftraggeber, darunter in Fechenheim vor allem Pigmente, Farbstoffe und eine Vielzahl von Zwischenprodukten. Ein erheblicher Teil hiervon wird im Auftrag der Clariant hergestellt.

Literatur

  • Angela von Gans, Monika Groening: Die Familie Gans 1350-1963. Verlag Regionalkultur, Heidelberg, 2006, ISBN 978-3-89735-486-9
  • Ernst Bäumler: Die Rotfabriker. Familiengeschichte eines Weltunternehmens. Piper, 1988, ISBN 3-492-10669-2

Weblinks

50.1294722222228.76305555555567Koordinaten: 50° 7′ 46″ N, 8° 45′ 47″ O


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