- Ablatio retinae
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Klassifikation nach ICD-10 H33 Netzhautablösung und Netzhautriss ICD-10 online (WHO-Version 2006) Netzhautablösung (Ablatio retinae, Amotio retinae) bezeichnet die Ablösung der inneren Anteile der Netzhaut (Neuroretina) des Auges von ihrer Versorgungsschicht, dem retinalen Pigmentepithel (Pars pigmentosa, RPE).
Inhaltsverzeichnis
Entstehung und Formen
Die Neuroretina liegt dem Pigmentepithel normalerweise direkt auf, ist allerdings nur am Sehnervenkopf (papilla nervi optici, Papille) und in ihrer äußersten Peripherie hinter der Iris fest mit ihm verbunden. Im Übrigen wird der enge Kontakt durch eine aktive Pumpleistung des Pigmentepithels und die Verzahnung der Stäbchen und Zapfen mit den Pigmentepithelzellen aufrechterhalten. Die intakte Neuroretina wird also vom Pigmentepithel gleichsam angesaugt.
Rissbedingte Netzhautablösung (Rhegmatogene amotio retinae)
Zugkräfte von Anheftungsstellen des Glaskörpers an die Neuroretina können zu Rissen führen. Diese Risse ermöglichen das Eindringen von Flüssigkeit zwischen Neuroretina und Pigmentepithel und führen so zu einem örtlichen Zusammenbrechen des Sogs zwischen den beiden Schichten. Es kommt zu einer örtlichen Netzhautablösung, die sich durch weiteres Einströmen von Flüssigkeit innerhalb von Stunden über die gesamte Netzhautfläche ausdehnen kann.
Zugbedingte Netzhautablösung (Traktive amotio retinae)
Auf der Netzhautoberfläche können sich bei verschiedenen Erkrankungen wie z.B. der Diabetischen Retinopathie Bindegewebsmembranen ausbilden. Diese Membranen haften an einigen Punkten fest an der Netzhaut. Sie neigen zum Schrumpfen und ziehen dabei die Netzhaut zeltartig von ihrer Unterlage ab.
Durch Einlagerung von Flüssigkeit bedingte Netzhautablösung (Seröse amotio retinae)
Bei einer Schädigung der Netzhautgefäße z.B. im Rahmen einer Entzündung und einer Einschränkung der Pumpfunktion des Pigmentepithels kann es zu einer Flüssigkeitsansammlung unter der Neuroretina kommen, die eine Abhebung der Netzhaut bewirkt.
Tumorbedingte Netzhautablösung
Ein Tumor unter der Netzhaut kann durch seine Raumforderung und über eine begleitende seröse Amotio ebenfalls eine Netzhautablösung verursachen.
Symptome
Symptome besonders der rhegmatogenen Amotio sind das Sehen von Blitzen (Photopsien) als Folge des Glaskörperzugs, das plötzliche Auftreten von dichten schwarzen oder roten Flecken im Gesichtsfeld (Rußregen) als Folge einer mit dem Netzhautriss einhergehenden Blutung sowie vorhangartige Gesichtsfeldeinschränkung, wenn die Netzhautablösung größere Ausmaße erreicht hat.
Das muss aber nicht sein. Das Ablösen kann völlig ohne Symptome geschehen, erst wenn die Makula erreicht ist wird das Problem sichtbar z.B. durch eine verzerrte Darstellung (Metamorphopsien), vergleichbar mit einem Fehler in einem Glas.
Folgen
Ist die Netzhaut mit ihren Nervenzellen und Photorezeptoren nicht mehr durch den Kontakt mit dem Pigmentepithel versorgt, kommt es nach etwa 48 Stunden zu einem teilweise irreparablen Funktionsverlust der betroffenen Netzhautanteile. Nach der erfolgreichen Wiederanlage der betroffenen Netzhaut kann sich die Funktion in Abhängigkeit von der Dauer der Ablösung wieder etwas bessern. Bei Fortbestehen einer vollständigen Ablösung der Netzhaut tritt eine Erblindung des betroffenen Auges ein. Langfristig droht eine schmerzhafte Schrumpfung des Augapfels (Phthisis bulbi) und damit ein Verlust des Auges.
Therapie
Die Behandlung der Netzhautablösung erfolgt meist operativ und ist abhängig von ihrer Ursache, Lage und Ausdehnung.
Pneumatische Retinopexie
Durch Einbringen eines Gasgemisches in das Innere des Augapfels (bulbus) und entsprechende Kopfhaltung kann eine Anlegung der abgelösten Retina an das Pigmentepithel erreicht werden. Das Gas wird nach einigen Wochen resorbiert. Die pneumatische Retinopexie wird immer mit der Kryopexie und/oder der Laserbehandlung kombiniert.
Laserbehandlung
Bei einer örtlich begrenzten, nicht allzu großen Ablösung kann ein Laser eingesetzt werden, der das Fortschreiten aufhalten kann. Die Annahme, mit dem Laser die Netzhaut auf der Versorgungsschicht festschweißen zu können, ist verbreitet, aber insofern falsch, als der therapeutische Effekt nicht sofort eintritt. Es werden durch die Laserwirkung in der noch nicht abgehobenen Umgebung Narben erzeugt, die nach etwa fünf Tagen Neuroretina und Pigmentepithel fest miteinander verbinden.
Operative Behandlung mittels Plombe oder Cerclage
Operative Maßnahmen zur Wiederanlage der Netzhaut haben den Verschluss des verursachenden Netzhautloches und eine Entspannung des Glaskörperzuges zum Ziel. Dies kann z. B. durch das Aufnähen von speziell geformten Kunststoffpolstern (Plomben) außen auf den Augapfel erreicht werden, die ihn eindrücken, so dass der Kontakt zwischen Pigmentepithel und Neuroretina wieder hergestellt und dem Glaskörperzug entgegengewirkt wird ("Eindellende Operation"). Mit der Verbesserung der operativen Technik der Vitrektomie werden inzwischen aber überwiegend Eingriffe von der Innenseite des Augapfels her durchgeführt. Dabei wird der Glaskörper und traktive (s.o.) Membranen möglichst vollständig entfernt und ein Lochverschluss durch tamponierende Gase oder Flüssigkeiten erreicht.
Kryo-Chirurgie (Kryoretinopexie)
Ist der Riss zu groß oder zu weit in der Peripherie des Auges, so kann er durch einen kryochirurgischen Eingriff behandelt werden. Bei diesem Verfahren wird ein Kältestift auf der Außenseite des Auges aufgesetzt, während der Effekt auf die Netzhaut durch die Pupille beobachtet wird. Der Eingriff dauert in etwa 20 Minuten.
Weitere Behandlungsansätze
Bei einer serösen Amotio erfolgt, wenn möglich, eine Behandlung der zugrundeliegenden Entzündung. Bei einer tumorbedingten Amotio richtet sich die Behandlung in der Regel zunächst auf den Tumor.
Vorsorge
Insbesondere Menschen mit Risikofaktoren für eine Netzhautablösung, z. B. bei hoher Kurzsichtigkeit, nach Netzhautablösung am anderen Auge oder bei familiär gehäuftem Auftreten der Erkrankung, sollten ihre Netzhaut regelmäßig vom Augenarzt auf Schwachstellen untersuchen lassen. Die routinemäßige Untersuchung der Netzhaut von Frühgeborenen in den ersten Lebenswochen soll Frühstadien der Frühgeborenenretinopathie aufdecken, die unbehandelt zur Netzhautablösung führt. Die Kryoretinopexie ist eine Maßnahme mit Kälteanwendung in Verbindung mit operativen Prozeduren anderer Netzhautschäden, um das Risiko unbeabsichtigter Netzhautablösung zu mindern.
Weblinks
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