Cavitation

Cavitation
Kavitation erzeugender Propeller

Kavitation (lat. cavitare „aushöhlen“) ist die Bildung und Auflösung von Hohlräumen in Flüssigkeiten durch Druckschwankungen. Man unterscheidet zwei Grenzfälle, zwischen denen es viele Übergangsformen gibt. Bei der Dampfkavitation oder harten Kavitation enthalten die Hohlräume hauptsächlich Dampf der umgebenden Flüssigkeit. Solche Hohlräume fallen unter Einwirkung des äußeren Drucks per Blasenimplosion zusammen (mikroskopischer Dampfschlag). Bei der weichen beziehungsweise Gaskavitation treten in der Flüssigkeit gelöste Gase in die Kavitation ein und dämpfen oder verhindern deren Kollaps.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Die häufigste Ursache für Kavitation sind schnell bewegte Objekte im Wasser wie zum Beispiel Laufräder von Kreiselpumpen, Wasserturbinen oder Propeller. Nach dem Gesetz von Bernoulli ist der statische Druck in einer Flüssigkeit umso geringer, je höher die Geschwindigkeit ist. Falls die Geschwindigkeit so hoch ist, dass der statische Druck unter den Verdampfungsdruck der Flüssigkeit fällt, bilden sich Dampf- oder Gasblasen. Mit dem Ansteigen des statischen Drucks kondensiert der Dampf in den Hohlräumen schlagartig. Dabei treten extreme Druck- und Temperaturspitzen auf.

Die Ursache von Kavitation sind insbesondere bei Kreiselpumpen die örtlichen Druckabsenkungen im Schaufelkanaleintritt des Laufrades, die unvermeidlich mit der Umströmung der Schaufeleintrittskanten und der Energieübertragung von den Laufradschaufeln auf die Förderflüssigkeit verbunden sind. Kavitation kann aber auch an anderen Stellen der Pumpe, an denen der Druck örtlich absinkt wie etwa an den Eintrittskanten von Leitradschaufeln, Gehäusezungen, Spaltringen usw. auftreten.

Weitere Ursachen sind entweder das Ansteigen der Temperatur der Förderflüssigkeit, das Absinken des Druckes auf der Eintrittsseite der Pumpe, die Vergrößerung der geodätischen Saughöhe oder die Verkleinerung der Zulaufhöhe.

Starke Druckschwankungen, die Kavitation auslösen, können auch durch Ultraschall erzeugt werden. Dabei kommt es in den Druckminima der Schwingung zur Kavitation.

Kavitation entsteht auch beim schnellen Eintauchen eines Körpers ins Wasser. Beim Wasserspringen treten beispielsweise durch Kavitation hervorgerufene Sekundärspritzer auf.

Das Phänomen der Dampfblasen, die beim Sieden von Flüssigkeiten entstehen und zum Teil wieder in sich zusammenfallen, ist keine Kavitation, denn es wird nicht durch Druckschwankungen, sondern durch Temperaturänderungen ausgelöst.

Wirkungen der Kavitation

Mechanische Schäden

Eine durch Kavitation zerstörte Wasserturbine
Kavitationsschäden an einem Kreiselpumpen-Laufrad

Tritt Kavitation an der Oberfläche fester Körper (wie zum Beispiel eines Schiffspropellers) auf, kommt es unter Umständen zu sogenanntem Kavitationsfraß. Das Oberflächenmaterial wird durch die hohen mechanischen Beanspruchungen in mikroskopisch kleinen Teilen deformiert. Nach einiger Zeit brechen aus der Oberfläche größere Partikel heraus. Der Mechanismus dieser Schädigung ist noch nicht abschließend geklärt.

Kavitation ist in der Hydraulik meist unerwünscht. Zum einen reduziert sie den Wirkungsgrad, zum anderen kann sie zu Beschädigungen führen, denn beim Implodieren der Hohlräume treten kurzzeitig extrem hohe Beschleunigungen, Temperaturen und Drücke auf, die das Material beschädigen können. Um Kavitation in Pumpen zu verhindern, ist darauf zu achten, dass die Temperatur der Flüssigkeit in der Pumpe nicht zu hoch beziehungsweise der Ansaugdruck der Pumpe nicht zu niedrig wird. Hohe Temperaturen entstehen dann, wenn die Pumpe läuft, ohne dass Flüssigkeit entnommen wird. In diesem Fall sollte die Flüssigkeit im Kreis gepumpt (zum Beispiel in einer Rückspülleitung) oder die Pumpe abgeschaltet werden. Kavitationsschäden treten zum Beispiel bei Feuerlöschkreiselpumpen auf, wenn die Pumpe lediglich eingeschaltet ist, um den Druck in der Leitung aufrechtzuerhalten und kein Löschwasser entnommen wird. Bei Flüssigkeitsringvakuumpumpen darf das Verhältnis von Druck und Temperatur im Pumpenraum um Schäden zu vermeiden einen bauartabhängigen Wert nicht unterschreiten.

In der Raketentechnik führt Kavitation zu einer unregelmäßigen Verbrennung und zu Schäden an Turbopumpen. Turbopumpen müssen bei Raketen große Treibstoffmengen mit hohem Druck fördern und sind daher besonders anfällig für Kavitation. Man verringert die Kavitation, indem man den gesamten Treibstofftank unter Überdruck setzt und diesen Überdruck durch Nachspeisen von Druckgas hält, während sich der Tank entleert.

Geräuschentwicklung

Das beim Implodieren auftretende Geräusch (Knall, Knattern) hob früher oft die Tarnung von U-Booten auf - die Boote konnten mit passivem Sonar geortet werden. Seit kavitationsarme Propeller entwickelt wurden, spielt die Kavitation für die U-Boot-Ortung bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Tauchtiefe keine Rolle mehr. Man erkennt kavitationsarme Propeller an den stark gekrümmten Enden, mit denen sie sanfter und wesentlich leiser durchs Wasser gleiten. Bei hohen Geschwindigkeiten in geringen Tauchtiefen verliert allerdings auch ein kavitationsarmer Propeller die Fähigkeit, Kavitation zu verhindern bzw. zu mindern. Das U-Boot muss dann entweder tiefer tauchen, um den Wasserdruck zu erhöhen, oder die Geschwindigkeit verringern.

Geräusche in Pumpen oder Rohrleitungen, wie zum Beispiel in Heizungssystemen, werden oft als störender Lärm empfunden. Ursächlich dafür sind jedoch meist aufgrund schlechter Entlüftung mitströmende Luftblasen und nicht die Kavitation.

Kalte Fusion

Kontrovers diskutiert wird, ob die bei Kavitation freigesetzte Energie bis in den atomaren Bereich hineinwirken kann, um eine Kernfusion, in diesem Fall die sogenannte Bläschenfusion, auszulösen. Lichtblitze, die bereits 1934 beobachtete Sonolumineszenz, sind ein Indiz dafür, dass zumindest Elektronen angeregt werden. An der Oberfläche kollabierender Bläschen wurden immerhin Temperaturen von über 10.000 °C gemessen.
In den Jahren 2002, 2004 und 2005 soll eine Bläschen-Fusion experimentell nachgewiesen worden sein, andere Wissenschaftler sind jedoch weiterhin skeptisch, hauptsächlich auf Grund von messtechnischen Fragen sowie der bisher nicht gegebenen Reproduzierbarkeit der Experimente.

Entstehung und Implosion der Kavitationsblasen

Wasser verdampft bei einem Druck von 1.013,25 hPa, der dem normalen Luftdruck entspricht, bei 100 °C. Bei einem höheren Druck ist die Verdampfungstemperatur höher, bei einem geringeren Druck niedriger. So verdampft Wasser bei einem Druck von nur 23,37 hPa bereits bei einer Temperatur von 20 °C.

Beim Verdampfen entstehen im Wasser Blasen, da der Wasserdampf bei 20 °C einen vielfach größeren Raum als das flüssige Wasser benötigt. Sofern der Wasserdruck wieder ansteigt, hört der Verdampfungsvorgang wieder auf, der in der Kavitationsblase entstandene Wasserdampf kondensiert an der Außenwand der Dampfblase und die bereits gebildeten Dampfblasen fallen schlagartig in sich zusammen. Der vorher benötigte Raum wird schlagartig kleiner, das Wasser muss diesen Raum wieder ausfüllen und strömt implosionsartig zurück, wodurch im Wasser stärkste – wenn auch kurzzeitige – Druckstöße entstehen, die Größenordnungen von mehreren 100 MPa annehmen können. Bei diesem Vorgang entstehen Druckwellen mit hohen Druckspitzen. Befinden sich die Dampfblasen in der Nähe oder direkt an einer festen Wand, zum Beispiel den Laufradschaufeln, so entsteht bei der Implosion ein Flüssigkeitsstrahl, ein sogenannter Mikrojet, der mit hoher Geschwindigkeit auf Wand beziehungsweise Laufradschaufel auftrifft und diese durch die schlagartige Druckbelastung hoch beansprucht. Daher rühren die kraterförmigen Materialabtragungen beim Auftreten von Kavitation.

Anwendungen

Das an sich zerstörerische Phänomen Kavitation kann auch nutzbringend sein, beispielsweise bei der Reinigung von Gegenständen in so genannten Ultraschallbädern, in denen durch Kavitation Oberflächenschmutz entfernt wird. Die Kavitation wird hierbei durch Ultraschall erzeugt. Durch den Einsatz speziell abgestimmter Reinigungsflüssigkeiten und eine höhere Temperierung des Bades kann der mechanische Reinigungseffekt des Ultraschalls noch verstärkt werden.

Bei Sonographien in der medizinischen Diagnostik besteht die Gefahr, dass durch starke Energien (insbesondere den negativen Spitzendrücken des Ultraschalls) innerhalb des Körpers Kavitation entsteht. Dies könnte schädliche thermische oder mechanische Effekte haben. Beispielsweise könnten durch die Erzeugung freier Radikale oder Schockwellen Gewebeteile zerstört werden. Einige mögliche Effekte wurden bereits bei Tierversuchen in vivo beobachtet. Es wird weiterhin angenommen, dass Kontrastmittel die Wahrscheinlichkeit für Kavitation erhöht. [1]

Im militärischen Bereich werden Torpedos eingesetzt, die sich mit sehr hoher Geschwindigkeit unter Wasser in einer künstlich erzeugten Kavität bewegen. Diese Technologie wurde zuerst von der Russischen Marine zur Anwendungsreife entwickelt und ist unter dem Begriff Superkavitation bekannt geworden.

Im Tierreich sind Knallkrebse dazu in der Lage Kavitationsblasen zu erzeugen und im Kampf gegen Artgenossen oder zum Beutefang einzusetzen. Verfehlt der Fangschlag eines Fangschreckenkrebses seine Beute, so wird diese unter Umständen von der beim Schlag entstehenden Kavitationsblase getroffen und betäubt und kann danach erbeutet werden.[2][3]

Quellen

Einzelnachweise

  1. Kavitation in biologischem Gewebe
  2. S. N. Patek, W. L. Korff, and R. L. Caldwell: Deadly strike mechanism of a mantis shrimp. In: Nature. 428, 2004, S. 819–820. doi:10.1038/428819a
  3. S. N. Patek and R. L. Caldwell: Extreme impact and cavitation forces of a biological hammer: strike forces of the peacock mantis shrimp. In: Journal of Experimental Biology. 208, 2005, S. 3655–3664. doi:10.1242/jeb.01831. PMID 16169943

Weblinks


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