LGM-118 Peacekeeper

Peacekeeper beim Start von der Vandenberg Air Force Base

Die LGM-118 Peacekeeper (englisch für Friedenswächter), auch bekannt unter der Entwicklungsbezeichnung MX Missile oder kurz nur MX, war eine landgestützte Interkontinentalrakete der US-Streitkräfte. Von Dezember 1986 bis September 2005 wurde sie vom Weltraumkommando der US-Luftwaffe (USAF) betrieben.

Beschreibung

Die Peacekeeper war eine vierstufige (drei Stufen Hauptantrieb und eine Stufe Antrieb des Wiedereintrittskörperträgers) Interkontinentalrakete, welche aus unterirdischen Silos startete. Sie konnte bis zu elf Wiedereintrittskörper des Typs Avco MK 21 mit einer W87 Kernwaffe tragen. Deren Anzahl war aber auf Grund internationaler Verträge zur Rüstungskontrolle auf zehn beschränkt. Diese konnten individuelle Ziele angreifen und hatten die höchste Treffergenauigkeit aller US-amerikanischen Interkontinentalwaffen.

Die Hauptbaugruppen der Peacekeeper-Rakete

Die Rakete war in ihrem Raketensilo in einer Schutzhülle gelagert, die die Rakete vor negativen Umwelteinflüssen, Beschädigung und den Auswirkungen einer atomaren Verstrahlung der Umwelt (siehe auch Zweitschlagskapazität) schützen sollte. Die Peacekeeper war viel größer als die Minuteman und wurde im Gegensatz zu dieser kalt gestartet. Das bedeutet, dass die Peacekeeper mit ihrer Schutzhülle durch komprimiertes Gas bis zu maximal 300 Fuß (ca. 100 Meter) in die Höhe geschossen wurde. Dabei öffnete sich die Hülle und erst außerhalb des Silos wurde die erste Stufe der Rakete gezündet. Dieses Verfahren erlaubte es, die Peacekeeper-Rakete aus Silos, welche ursprünglich für die drei Mal kleineren Minuteman-III-Raketen gebaut wurden, zu starten.

LGM-118A Peacekeeper MIRVs während eines Tests auf dem Kwajalein Atoll der Marshallinseln

Die Hülle der Rakete bestand aus kevlarverstärktem Epoxidharz. Die Antriebsstufen waren übereinander angebracht und zündeten der Reihe nach. Die Rakete besaß eine schwenkbare Düse zur Steuerung.

Der Wiedereintrittskörperträger transportierte die konisch geformten Wiedereintrittskörper zu ihren Zielen. Während des Transportes waren die Wiedereintrittskörper durch eine Haube geschützt, an deren Spitze sich ein kleiner Raketenmotor befand. Kam der Wiedereintrittskörperträger im Zielgebiet an, wurde dieser gezündet und transportierte die Haube vom Wiedereintrittskörperträger weg und die Wiedereintrittskörper konnten einzeln auf ihre ballistischen Flugbahnen entlassen werden. Die Wiedereintrittskörper waren mit kleinen Sprengbolzen befestigt und wurden durch eine kleine Ladung komprimierten Gases vom Träger gestartet.

Entwicklung und Einführung

Simulierte Vorbereitungen zum Start einer Peacekeeper-Rakete auf der F. E. Warren Air Force Base, USA.

Die Entwicklung der Rakete begann 1972 unter der Bezeichnung MX (Missile eXperimental). Man sah auf US-Seite die eigenen silobasierten Minuteman durch zunehmend zielgenaue und MIRV-tragende sowjetische Neuentwicklungen schwerer Bauart wie die R-36M bedroht – der Gefahr eines Erstschlags ausgesetzt – und sich deshalb zu einer Reaktion veranlasst. Zwischen 1976 und 1983 wurde die Einführung des Systems durch den amerikanischen Kongress verzögert, der gegen den Bau neuer Raketensilos votierte. Im Frühjahr 1983 wurde eine Kompromisslösung erreicht, nach der die durch die Ausmusterung älterer Minuteman-Versionen freiwerdenden Silos für die neue Rakete verwendet wurden. Am 17. Juni 1983 fand der erste Teststart einer Peacekeeper von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien statt. Die ersten zehn einsatzfähigen Raketen wurden im Dezember 1986 auf der Warren Air Force Base, Wyoming, in Dienst gestellt. 1985 beschnitt der Kongress das Programm auf vorerst 50 Raketen, bis eine Möglichkeit zur Steigerung der Überlebensfähigkeit gefunden war. Bis zum 30. Dezember 1988 waren dann 50 Raketen einsatzbereit. In der Folge der Reduzierungen bei der Beschaffung wurden Pläne ausgearbeitet, die eine Stationierung von jeweils zwei Raketen auf insgesamt 25 Eisenbahnzügen und die Verwendung des nationalen Eisenbahnnetzes vorsahen, die aber 1992 endgültig verworfen wurden. Insgesamt wurden während des 20 Milliarden US-Dollar teuren Programms 114 Raketen produziert.

Abrüstung

Im Rahmen des START II-Vertrags (Strategic Arms Reduction Treaty) begann die USAF im Oktober 2002 mit der Reduzierung der Peacekeeper-Raketen. Am 19. September 2005 schied mit der Deaktivierung des letzten verbliebenen Exemplars die Peacekeeper aus dem aktiven Dienst aus. Die Antriebsstufen sollen für Satellitenstarts (siehe Minotaur IV Rakete) oder für Zielübungen von Raketenabwehrwaffen weiterverwendet werden.

Technische Daten der LGM118A

• Hersteller
  • Startsilos: Boeing Aerospace and Electronics
  • Raketenherstellung und -test: Martin Marietta und Denver Aerospace
• Antrieb
  • Stufe 1–3: Festbrennstoff
  • Stufe 4: lagerfähiger Flüssigtreibstoff von Thiokol, Aerojet, Hercules und Rocketdyne
• Maße:
  • Länge gesamt: 21,8 m
  • Durchmesser: 2,3 m
  • Länge 1. Stufe: 8,5 m
  • Länge 2. Stufe: 5,5 m
  • Länge 3. Stufe: 2,4 m
• Gewichte
  • Gesamtgewicht: ca. 88.450 kg inkl. Wiedereintrittskörper
  • 1. Stufe: ca. 49.000 kg
  • 2. Stufe: ca. 27.200 kg
  • 3. Stufe: ca. 7.700 kg
  • 4. Stufe (ohne Wiedereintrittskörperträger): ca. 1.040 kg
  • Raketenspitze inkl. 4. Stufe: ca. 1.360 kg
• Reichweite: 9700 km
• Geschwindigkeit: 15.000 Meilen pro Stunde am Ende der Brenndauer (ca. 20fache Schallgeschwindigkeit auf Meereshöhe)
• Flughöhe: ca. 215 Kilometer (700.000 Fuß)
• Steuerung: „Advanced Inertial Reference Sphere“ Kreiselkompass (Trägheitsnavigation) von Northrop und Rockwell International
• Genauigkeit: Circular Error Probable 100 m
• Sprengköpfe: 10 Avco MK 21 Wiedereintrittskörper/W87 Sprengkopf 300 kt
• Kosten pro Stück: 70 Mio. USD
• Produktion: 114 Stück

Siehe auch

• Liste der nuklearen Boden-Boden-Raketen

Weblinks

 Commons: LGM-118 Peacekeeper – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

• Peacekeeper bei peterhall.de

Ballistische Raketen, Lenk- und Marschflugkörper der US-Streitkräfte (seit 1962)

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