Chargaff

Chargaff
Erwin Chargaff.

Erwin Chargaff (* 11. August 1905 in Tschernowitz; † 20. Juni 2002 in New York City, USA) war ein österreichisch-amerikanischer Biochemiker und Schriftsteller.

Als Wissenschaftler lieferte Chargaff wichtige Beiträge zur Entschlüsselung der DNA-Struktur. Nach seiner Emeritierung machte er sich als stilistisch geschliffener und kritischer Essayist einen Namen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Chargaff besuchte ein Gymnasium in Wien, wo er dann ab 1923 zunächst kurz Philologie, bald aber Chemie an der dortigen Technischen Hochschule studierte. 1928 machte er seinen Abschluss in diesem Fach.

Mit einem Stipendium ging er als Fellow an die Yale-Universität in Connecticut/USA und betrieb dort Forschungen über die Lipide des Tuberkulosebakteriums. 1930 kehrte er nach Europa zurück und setzte diese Forschungen als Assistent im Fach Chemie an der Universität Berlin fort, wo er auch habilitierte.

Chargaff stammte aus einer jüdischen Familie, daher verließ er 1933 nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten Deutschland und wechselte ans Institut Louis Pasteur nach Paris. 1935 emigrierte er in die USA arbeitete an der Columbia-Universität in New York, wo er ab 1938 als Assistenz-Professor und ab 1952 als Professor für Biochemie lehrte und forschte.

Ab 1944 begann er über die DNA zu forschen. 1974 wurde er emeritiert, danach trat er vermehrt mit literarischen Arbeiten an die Öffentlichkeit.

Der Forscher

Nachdem Chargaff in seinen Forschungen in der zweite Hälfte der 1940er Jahre festgestellt hatte, dass in der DNA jedes untersuchten Lebewesens die gleiche Mengen Adenin und Thymin und die gleichen Mengen Cytosin und Guanin vorhanden sind, formulierte er die Regel, dass diese Basen stets paarweise auftreten. Damit war Chargaff der erste Wissenschaftler, der das molekulare Aussehen der DNA erforschte. Er entdeckte die Basen Adenin und Guanin sowie Thymin und Cytosin in der DNA und stellte die so genannten Chargaff’schen Regeln auf. Damit öffnete er James Watson und Francis Crick die Tür für die bahnbrechende Entdeckung, dass die DNA als Spirale der Doppelhelix-Struktur angeordnet ist. Beim Nobelpreis dafür wurde Chargaff nicht berücksichtigt.


Chargaff’sche Regeln

  1. Die Basenzusammensetzung der DNA ist von Spezies zu Spezies unterschiedlich. Die DNA jeder Spezies besteht nur aus den vier „Grundnukleotiden“ dAMP, dCMP, dGMP und dTMP in unterschiedlicher Anordnung.
  2. DNA-Proben aus unterschiedlichen Geweben eines Individuums sind gleich.
  3. Die Basenzusammensetzung der DNA einer Spezies ist unabhängig von Alter, Ernährungszustand und Lebensraum.
  4. In allen DNA-Molekülen gilt: A=T und C=G und A+G=T+C

Der Schriftsteller

Als Schriftsteller pflegte Chargaff die Forms des Essays. Er knüpfte dabei an Karl Kraus an, dessen Vorlesungen er in seiner Wiener Studienzeit besucht hatte. In ihnen setzte er sich kritisch mit gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Erscheinungen auseinander, besonders aber mit der heutigen Wissenschaft, und hier vor allem mit seinem eigenen langjährigen Fachgebiet, der genetischen Forschung.

Werke

  • Chemical specificity of nucleic acids and mechanism of their enzymatic degradation, Experientia, Vol. 6: S. 201-209. 1950
  • The Nucleic Acids. Chemistry and Biology, New York, Academic Press, Bde 1 u. 2: 1955, Bd. 3: 1960
  • Stimmen im Labyrinth. Über die Natur und ihre Erforschung, Stuttgart: Klett-Cotta, 2003 (Orig.. Voices in the Labyrinth. Nature, Man and Science, New York: Seabury Press, 1977)
  • Das Feuer des Heraklit. Skizzen aus einem Leben vor der Natur, Stuttgart: Klett-Cotta, 1979.(München: dtv, 1984 ISBN 3-423-10336-1)
  • Unbegreifliches Geheimnis. Wissenschaft als Kampf für und gegen die Natur, Stuttgart: Klett-Cotta, 1980
  • Bemerkungen, Stuttgart: Klett-Cotta, 1981
  • Warnungstafeln. Die Vergangenheit spricht zur Gegenwart, Stuttgart: Klett-Cotta, 1982
  • Kritik der Zukunft, Essay. Stuttgart: Klett-Cotta, 1983
  • Gedichte, Stuttgart: Klett-Cotta, 1985
  • Zeugenschaft, Essays über Sprache und Wissenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta, 1985
  • Serious Questions, An ABC of Sceptical Reflections. Boston, Basel, Stuttgart: Birkhäuser, 1986
  • Abscheu vor der Weltgeschichte, Fragmente vom Menschen. Stuttgart: Klett-Cotta, 1988
  • Erforschung der Natur und Denaturierung des Menschen, Marburg: Basilisken-Presse, 1988
  • Alphabetische Anschläge, Stuttgart: Klett-Cotta, 1989
  • Vorläufiges Ende. Ein Dreigespräch, Stuttgart: Klett-Cotta, 1990
  • Über das Lebendige, Ausgewählte Essays. Stuttgart: Klett-Cotta, 1993
  • Armes Amerika – Arme Welt, Stuttgart: Klett-Cotta, 1994
  • Ein zweites Leben, Autobiographisches und andere Texte. Stuttgart: Klett-Cotta, 1995
  • Die Aussicht vom 13. Stock. Neue Essays, Stuttgart: Klett-Cotta, 1998
  • Ernste Fragen, Essays. Stuttgart: Klett Cotta, 2000
  • Brevier der Ahnungen. Eine Auswahl aus dem Werk, Stuttgart: Klett-Cotta, 2002

Nachrufe

  • Lothar Jaenicke: Die Fackel des Erwin Chargaff und das Feuer des Heraklit fressen ihre Kinder. Angewandte Chemie 2002, 114, S. 4387-4390.
  • Lothar Jaenicke: Ein Kämpfer mit den Fachmännern. Nachrichten aus der Chemie 2002, 50, S. 1228-1231.

Sein Nachlass lagert im Deutschen Literaturarchiv Marbach und in Philadelphia.

Literatur

  • Ingeborg Harms: In den Wörtern liegen unsere Gene. Erwin Chargaff und der Erfindungsreichtum des Skeptikers. In: FAZ, 11.12.1999.

Weblinks


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