Charles Luciano

Charles Luciano
Lucky Luciano, Foto aus den 1930er Jahren.

Charles „Lucky“ Luciano alias Salvatore Lucania (* 11. November 1896 in Lercara Friddi auf Sizilien; † 26. Januar 1962 in Neapel), war ein legendärer US-amerikanischer Mobster. Das Nachrichtenmagazin Time zählt ihn zu den 20 einflussreichsten Persönlichkeiten der Geschichte. [1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühe Jahre

Salvatore Lucania wurde als Sohn von Antonio und Rosalia Lucania, etwa 25 km östlich von Corleone auf Sizilien, im Dorf Lercara Friddi geboren, das für seinen Schwefel-Abbau bekannt war. Im November 1906 emigrierte seine Familie in die USA.[2] Bei der Ankunft in Ellis Island wurden bei Salvatore die Pocken diagnostiziert; die zurückbleibenden Narben im Gesicht zeichneten ihn fürs Leben. Die Familie siedelte sich in New York City in einem jüdischen Viertel an.

Bereits im Folgejahr 1907 wurde Luciano wegen Ladendiebstahls festgenommen. Danach soll er bereits Schutzgeld von Schülern eingetrieben haben. Wer nicht täglich ein oder zwei Cent zahlte, wurde zusammengeschlagen. Hier ist auch die erste, heute als zweifelhaft geltende, Anekdote über Luciano angesiedelt. Demnach soll er sich mit Meyer Lansky deshalb angefreundet haben, weil dieser sich weigerte zu bezahlen und in Folge einen guten Kampf abgeliefert haben soll.[2] Jedenfalls stammen aus dieser Zeit die freundschaftlichen Kontakte zwischen Luciano, Meyer Lansky und dessen Freund Dutch Schultz.

Im Alter von 14 Jahren gewann er in einer Spielhölle überraschend 244 US-Dollar und war darüber so glücklich, dass er sich den Beinamen „Lucky“ (engl. der Glückliche) zulegte; so die erste These hierzu.[3] 1911 wurde er wegen Schulverweigerung für vier Monate in eine Besserungsanstalt in Brooklyn eingewiesen. Frank Costello lernte Luciano 1915 in der gleichen Nacht kennen, als er mit seiner Gang wegen Rowdytums aus einem Theater geworfen worden war. 1916 wurde Luciano zu sechs Monaten verurteilt, da er mit Heroin und Morphin gehandelt hatte, die er in der Haftanstalt Hampton Farms verbüßte. Nach seiner Freilassung schloss er sich mit seinem Freund Frank Costello der Five Points Gang an. Um seiner Familie die Schande zu ersparen, wechselte er seinen Vornamen von Salvatore zu Charles. Dort lernte er u.a. Al Capone, Frankie Yale und Johnny Torrio kennen.

1917 sollte Charles „Lucky“ Luciano zum Militärdienst eingezogen werden, um im Ersten Weltkrieg in der US Army zu kämpfen; aber durch eine absichtliche Infektion mit Chlamydien konnte er sich dem entziehen.

Kriminelle Karriere

Obwohl Luciano - wie Costello - Mitglied in der italienischen Five Points Gang war, welche sich mit der Eastman Gang spektakuläre Massenschießereien geliefert hatte, unterhielten sie weiterhin Kontakt zu Lansky, der mit Bugsy Siegel inzwischen als „Bugs and Meyer Mob“ bekannt geworden war. Allerdings ging das klassische Bandenwesen in New York City ohnehin seinem Ende entgegen und in den eigentlich ethnisch orientierten Banden hatten sich bereits übergreifende Zusammenarbeiten angedeutet. Im Gegensatz zur Mafia auf Sizilien besaß die US-amerikanische La Cosa Nostra nicht das illegale „Gewaltmonopol“, sondern konkurrierte und kooperierte zwangsläufig mit anderen Gruppen. Zwar agierte Luciano nach der Einführung der Alkoholprohibition im Januar 1920 zunächst als unabhängiger Schmuggler, wodurch er u.a. Vito Genovese und Joe Adonis kennenlernte, aber letztlich wurde die Organisation des illegalen Alkoholhandels durch organisierte Banden abgewickelt und nicht durch Einzelpersonen. Im Stadtgebiet von New York City beherrschte die US-amerikanische Cosa Nostra 25% und sogenannte Kosher Nostras 70% des Schwarzmarktes;[4] den Rest teilten sich Iren oder andere Gruppierungen.

Als Mentor von Lucky Luciano fungierte Arnold Rothstein, den Kontakt hatte Frank Costello hergestellt. Die ethnisch gemischte Gruppierung wurde auch als Broadway Mob bezeichnet. Aber Luciano bestach bald auf eigene Faust Politiker wie Big Bill Dwyer. Frank Costello fungierte, obwohl älter, als sein zweiter Mann.

Als „Capo di tutti capi“ (it.: Boss aller Bosse) von New York kann zum damaligen Zeitpunkt Joe „The Boss“ Masseria angesehen werden. Er hatte sich innerhalb der Morello-Familie, dem Vorläufer der späteren Genovese-Familie als Oberhaupt durchgesetzt, und sogar der aus der Haft entlassene Peter Morello hatte sich ihm untergeordnet. Auch Lucky Luciano war diesen Machtverhältnissen unterworfen. Er war 1920 Fahrer und Leibwächter von Masseria geworden und hatte diesen bei der Vorherrschaft im Morello-Terranova-Clan tatkräftig unterstützt: Luciano gilt als mutmaßlicher Mörder von Umberto Valenti, der am 11. August 1922 ermordet worden war. [5]

Krieg von Castellammare

Die Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft in New York City gingen weiter. Salvatore Maranzano war mit mehreren weiteren Männern von Sizilien entsandt worden, um für Don Vito Cascio Ferro die Kontrolle der US-amerikanischen La Cosa Nostra zu übernehmen. Maranzano gewann die Unterstützung der ansässigen Leute aus Castellammare del Golfo, weshalb die Auseinandersetzung mit Masseria als der „Krieg von Castellammare“ bekannt wurde.

Am 16. Oktober 1929 wurde Luciano von drei bewaffneten Männern entführt, zusammengeschlagen, niedergestochen und an einen Balken gefesselt in einem verlassenen Lagerhaus auf Staten Island zurückgelassen. Luciano überlebte nur knapp, konnte sich selbst befreien und sich bis zum Hylan Boulevard schleppen, wo man ihn fand. Die Polizei soll ihm gegenüber dieses als „glücklich“ bezeichnet haben, woraus die zweite These für das Entstehen seines Beinamens „Lucky“ hergeleitet wurde. [2]. Zu seinen Pockennarben traten nun solche, die von den Messerstichen stammten. Über seinen Freund Meyer Lansky erfuhr er, dass nicht etwa Maranzano, sondern Joe Masseria den Mordauftrag gegeben hatte. Masseria war ein „Mustache Pete“ der alten Schule. Die Auffassungen zwischen den alten „Greaseballs“ (engl. Fettklöße), wie Personen wie Masseria auch genannt wurden, und den „Young Turks“ (engl. Jungtürken) wie Lucky Luciano, klafften weit auseinander. Allein schon die Zusammenarbeit von Luciano mit dem Nicht-Sizilianer Frank Costello, einem Mann aus Kalabrien, dürfte Masseria suspekt gewesen sein. Offenbar wollte sich Masseria eines - aus seiner Sicht - potenziellen Risikos entledigen. Allerdings hält sich bis heute auch die ursprüngliche These, Maranzano sei der Anstifter gewesen.[6]

Am 15. August 1930 wurde Peter Morello, ein wichtiger Mann Masserias ermordet; im dadurch nun offenkundigen Konflikt wechselte Lucky Luciano auf die Seite von Maranzano. Am 15. April 1931 wurde Masseria in Scarpato's Restaurant auf Coney Island erschossen. Nach einer heute als Legende bezeichneten Version handelte es sich um ein Treffen zwischen Lucky Luciano und Masseria. Demnach befand sich Luciano gerade im Waschraum, als vier Männer, angeblich Albert Anastasia, Joe Adonis, Bugsy Siegel und Vito Genovese, die Tat verübten. Der Fluchtfahrer soll Ciro Terranova gewesen sein. [7]

Seine Organisation des Mordes an Maranzano am 10. September 1931 gilt dagegen als unstrittig. Als dieser Luciano, Genovese, Costello und Al Capone schnell ausschalten wollte, um nun endlich selbst „Capo di tutti capi“ zu werden, bediente sich Luciano seines Kontaktes zu Meyer Lansky. Vier Männer Lanskys kamen als Steuerfahnder verkleidet in Maranzanos Büro und töteten ihn.

National Crime Syndicate

Auch auf Sizilien hatte es schon immer Absprachen zwischen verschiedenen Clans der Mafia gegeben; Überlegungen einer allgemeinen Ordnung in den USA waren bereits durch Johnny Torrio entwickelt worden, den Luciano noch als Mitglied der Five Points Gang kannte, bevor dieser nach Chicago gegangen war. Auch Maranzano war letztlich mit entsprechenden Vorstellungen aus Sizilien gekommen. Allerdings wollte dieser die Fünf Familien von New York und das Chicago Outfit unter seine Herrschaft als Oberboss bringen, während Meyer Lansky und Lucky Luciano, auf Ratschlag von Torrio, ein modernes kooperatives Führungssystem, wie in der legalen Wirtschaft auch, vorschwebte.

In dem National Crime Syndicate waren neben den Italienern auch Kosher Nostras vertreten; an die Stelle eines Oberhauptes trat ein Exekutiv-Ausschuss der Familienbosse, die „Commission“, der auch Meyer Lansky angehörte und in der Luciano als eine Art Vorstandsvorsitzender fungierte. Blutige Familienkriege konnte diese Organisationsform zwar auch nicht verhindern, aber diese Konflikte wurden dadurch in der Regel eingedämmt.

Durch diesen Frieden wurde auch die öffentliche Aufmerksamkeit reduziert, welche durch Bandenkriege aufgeschreckt, letztlich den Fahndungsdruck der Polizei auf das Organisierte Verbrechen bisher immer erhöht hatte, was z.B. in der Vergangenheit letztlich zur Inhaftierung von Monk Eastman geführt hatte. Geschützt durch korrupte Politiker, Richter und Polizisten, würden die Familien des „National Crime Syndicate“ praktisch ungestört ihren Geschäften nachgehen können; zumindest war das die Vorstellung von Lansky und Luciano.

Die Verurteilung

1933 wurde Fiorello LaGuardia zum Bürgermeister von New York gewählt. Nachdem einer seiner Vorgänger (Jimmy Walker) wegen Annahme von Schmiergeldern zurückgetreten, angeklagt und nach Europa geflohen war, bestimmte er Thomas E. Dewey zum Sonderankläger. Damit versuchte der neue Bürgermeister die Macht der Tammany Hall zu brechen, denn Dewey wendete sich gegen das organisierte Glücksspiel, welches bereits geschäftliche Grundlage der klassischen Banden wie der Eastman Gang oder der Five Points Gang gewesen war und nun insbesondere von Lucianos Jugendfreund Dutch Schultz und seinen Schlägern („Number-Rackets“) organisiert wurde. Per Radio bat Dewey um Informationen und erhielt über 3000 Hinweise. Nachdem Schultz zunächst wegen Steuerhinterziehung angeklagt wurde, ging Dewey dann gegen Luciano vor, der mit dem mysteriösen Tod der Schauspielerin Thelma Todd in Verbindung gebracht wurde.[8]

Grundlage für Deweys Nachforschungen waren die Aktivitäten von Luciano im Bereich Prostitution und Mädchenhandel, die Luciano bis zu 12 Mio. US-Dollar einbrachten. Luciano entzog sich zunächst dem Prozess durch die Flucht nach Hot Springs in Arkansas, wohin sich die New Yorker Cosa Nostra durch Owney Madden expandiert hatte. Eigentlich stand die Anklage von Dewey auf schwachen Füßen. So verfügte Dewey lediglich über die Aussagen der drogensüchtigen Prostituierten „Cokey“ Flo Brown, Luciano sei der eigentliche Kopf eines ganzen Prostituiertenrings und die Verbindung zu deren eigentlichem Zuhälter Dave Betillo basierte auf Aussagen des Personals des Waldorf-Astoria, dass sich Angehörige des Luciano-Mobs und Dave Betillo regelmäßig mit Luciano in dessen Zimmer getroffen hätten.

Noch vor der Urteilsverkündung hatte Luciano versucht, Dutch Schultz, der ebenfalls unter Anklage durch Dewey stand, von einem Mord an diesem abzuhalten. Die „Commission“ beschloss deshalb den Tod von Schultz, um Gefahren für die Gesamtorganisation abzuwenden, welche die Ermordung des Staatsanwaltes unweigerlich nach sich gezogen hätte. Schultz wurde am 23. Oktober 1935 ermordet.

Insgesamt sagten 68 Zeugen, davon 40 Prostituierte, im Prozess aus und Luciano wurde zu 30-50 Jahren verurteilt, die er im Clinton Correctional Facility in Dannemora im Clinton County (New York) antreten musste; letztlich wurden daraus aber nur zehn Jahre. Während seiner Haftzeit stiftete Luciano der Haftanstalt sogar eine Kirche, deren Altar mit zwei der Originaltüren vom Schiff des Entdeckers Ferdinand Magellan ausgestattet wurde.

Formal wurde Vito Genovese der Nachfolger des Cosa Nostra Clans von Lucky Luciano, der seitdem als Genovese-Familie klassifiziert wurde. Ob Vito die Rolle als „acting boss“ des inhaftierten Luciano auf Dauer akzeptiert hätte oder bereits - wie später - weitergehende Ambitionen hegte, ergab sich damals nicht mehr, da Vito sich 1937 auf Grund einer drohenden Mordanklage nach Neapel absetzte. Auf diese Weise wurde Frank Costello Oberhaupt der Familie.

Zweiter Weltkrieg

Durch den Angriff der Japaner vom 7. Dezember 1941 auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor in Hawaii waren die Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg eingetreten und Adolf Hitler hatte den USA am 11. Dezember 1941 den Krieg erklärt. Bei der Operation Paukenschlag versenkten deutsche U-Boote ab dem 13. Januar 1942 eine Reihe von Handelsschiffen an der Ostküste der Vereinigten Staaten, so dass auf amerikanischer Seite Vermutungen aufkamen, in den eigenen Häfen seien Kollaborateure und Spione am Werk. [9] [10]

Lafayette gekentert, 22. Februar 1942.

Ihren Höhepunkt erreichten diese Vermutungen, als im Februar 1942 das beschlagnahmte französische Schiff Normandie zum Truppentransporter mit neuem Namen Lafayette umgerüstet werden sollte. Im Rahmen der Umbauarbeiten brach jedoch, auch begünstigt durch schwere Sicherheitsmängel und Nachlässigkeiten, bei Schweißarbeiten ein Feuer aus, durch das mehrere Arbeiter starben. Bei der Brandbekämpfung kenterte das Schiff auf Grund des ungleichmässig aufgenommenen Löschwassers.

Gerüchte kamen auf, das Schiff sei der Sabotage deutscher Spione zum Opfer gefallen. Daraus wurde später abgeleitet, die US-Regierung hätte sich entschlossen, mit der US-amerikanischen Mafia zusammenzuarbeiten, um im Hafen von New York City weitere Anschläge abzuwehren. Ohne Frage wäre Luciano, der über Frank Costello die Hafenarbeiter und über Albert Anastasia die Docks kontrollierte, die Kontaktperson einer solchen Absprache und damit der Vorläufer für die nachgewiesene Cooperation von CIA und Mafia im Falle Kubas (Operation Mongoose) im den 1960er Jahren gewesen.

Darüber hinaus wird bis heute vermutet, die US-Regierung hätte Kontakte zu Luciano benutzt, um die alliierte Landung auf Sizilien im Jahr 1943 und den daran anschließenden Italienfeldzug abzusichern.[10] Diese Umstände sollen zur Freilassung von Luciano nach 10 Jahren Haft geführt haben. Jack Higgins nahm dies als Vorbild für seinen 1982 in Deutschland erschienenen Roman „Luciano“ (OT: Luciano’s Luck).[11]

Zumindest die direkte Zusammenarbeit in Bezug auf die Landung auf Sizilien wird von dem Mafia-Kenner John Dickie [4] jedoch verworfen. Hierfür spricht auch die Unterstützung des italienischen Diktators Benito Mussolini durch Vito Genovese, der für diesen die Ermordung des Arbeiterführers Carlo Tresca am 11. Januar 1943 in New York City organisierte. Die Verfolgung der Mafia auf Sizilien war zu diesem Zeitpunkt längst beendet; erst nach der Landung der Alliierten in Italien wechselte Genovese auf deren Seite.

Allerdings soll es die US Navy gewesen sein, die sich von Mafia-Verbindungen Auskünfte über die italienischen Häfen und dortigen feindlichen Aktivitäten erhoffte. [12] [13]

Demnach war die US Navy nach den ersten Sabotagevermutungen im Zuge der steigenden Erfolge der deutschen U-Boote, nach einem Tipp durch den Bezirksanwalt Frank S. Hogan, an Joseph "Socks" Lanza, dem herrschenden Mobster über den Fulton Fish Market herangetreten. Dessen Einfluss war jedoch zu gering, um insbesondere den Widerstand der misstrauischen Hafenarbeitern zu überwinden, und Lanza riet dem militärischen Geheimdienst der Marine sich an den einflussreichen Luciano zu wenden, der trotz seiner Haftstrafe noch immer über Frank Costello sein Macht als Oberhaupt über die Genovese-Familie und das National Crime Syndicate ausüben konnte, dessen Arm bis in die Docks und die zuständige Gewerkschaft reichte.

Über Meyer Lansky und Moses Polakoff, einen der Anwälte Lucianos, gelang Ende April 1942 der Kontakt zu Luciano. Da die Entfernung von Lucianos Haftanstalt von Polakoff und Lansky als zu weit betrachtet wurde um einen ständigen Kontakt einzurichten, schlugen sie vor ihn nach Sing Sing zu verlegen, was jedoch abgelehnt wurde. Dafür wurde Luciano am 12. Mai 1942 von Dannemora in das Meadow Prison in Comstock (New York) verlegt, wo der Geheimdienst der Marine diskrete Treffen mit ihm durchführen konnte. Luciano ging auf das Angebot ein; als Gegenleistung verlangte er eine merkliche Reduzierung seiner Haftstrafe. Außerdem bestand Luciano auf absolute Verschwiegenheit hinsichtlich seiner Mitarbeit, da er vermutlich bereits damit rechnete, aufgrund seiner fehlenden Staatsbürgerschaft, später nach Italien abgeschoben zu werden.

Auf Grund der Zusammenarbeit konnten verschiedene deutsche Spione in den Hafenbereichen aufgegriffen werden.

Nach dem Weltkrieg leugnete die US-Marine offiziell jegliche Zusammenarbeit mit Luciano, Meyer Lansky oder anderen kriminellen Personen. [14] [15] Eine 1954 durchgeführte offizielle Untersuchung des Untersuchungsrichters des Bundesstaates New York, William B. Herlands, kam zum Schluss, dass „Salvatore Lucania“ sowie weitere wichtige Exponenten der Mafia während des Zweiten Weltkriegs aktiv an den militärischen Aktivitäten der USA mitgewirkt hatten.[16]

Rückkehr nach Italien

Am 4. Januar 1946 wurde Luciano unter der Bedingung freigelassen, die Vereinigten Staaten zu verlassen und nach Neapel zurückzukehren. Am 10. Februar 1946 um 8:50 Uhr ging Luciano an Bord der SS Laura Keene und verließ die USA, die er als Lebender nie wieder betreten sollte. Die italienischen Behörden hatten ihm zunächst strikt untersagt, den Großraum Neapel zu verlassen und überwachten auch seine Besucher. Dennoch gelang es ihm, seine Kontakte zu den New Yorker Familien per Telefon aufrecht zu halten[17]. Dieser Zeitpunkt wird heute als eigentliche Nachfolge von Frank Costello als Oberhaupt über die später so genannte Genovese-Familie gesehen. Es wird erzählt, dass Luciano es genoss, wenn er in den späten 1940er Jahre während seiner Zugreisen durch Italien auf US-Soldaten traf, von diesen erkannt und fotografiert zu werden und dabei Autogramme zu geben.

In Sizilien traf Luciano erstmalig auf Tommaso Buscetta und begann diesen zu fördern. Luciano war nun in der Regel auf Kuba anzutreffen, wo Meyer Lansky Anteile am Hotel Nacional in Havanna besaß. Dort fand im Dezember 1946 eine Mafia-Konferenz statt, an der auch Frank Costello teilnahm. Auf der Versammlung wurde der Grundstein für die Kasino-Geschäfte mit dem kubanischen Diktator Fulgencio Batista gelegt, dessen Berater Meyer Lansky geworden war. Außerdem wurde die Ermordung von Bugsy Siegel beschlossen, da dieser in Las Vegas mit seinem zu teuer gewordenen Kasino „The Flamingo“ die US-amerikanische La Cosa Nostra und andere Geldgeber viel Geld gekostet hatte.

1947 musste Luciano dann Kuba verlassen, da die amerikanische Regierung seine Anwesenheit auf der Insel nicht duldete und Druck auf die kubanische Regierung ausübte, indem sie drohte Medikamentenlieferungen auszusetzen bis Luciano das Land verlassen hätte. Luciano verließ am 29. März 1947 auf dem türkischen Frachter SS Bakir Kuba und kehrte nach Italien zurück. Er konnte dort auf die Schwarzmarktgeschäfte und den Drogenhandel von Vito Genovese aufbauen, der nach Kriegsende nach New York zurückgekehrt war. So betrieb er bald schon drei exklusive Nachtclubs in Rom. Erst 1954 konnte die Polizei eine Verbindung zu chemischen Fabriken herstellen, die eine halbe Tonne Heroin in die USA exportiert hatten. In dem Prozess im März 1958 wurde Luciano jedoch freigesprochen. [3]

Vom 10.-14. Oktober 1957 fand, durch Joseph Bonanno organisiert,[4] ein Treffen zwischen sizilianischen und US-amerikanischen Mafiosi im Grand Hotel des Palmes und im Restaurant Spano in Palermo statt. Nach anderen Quellen [18] hatten allerdings „Lucky“ Luciano, Genco Russo, Tommaso Buscetta, die Brüder La Barbera und Salvatore „Cichiteddu“ Greco eingeladen und die US-Amerikaner Bonanno, dessen Unterboss Carmine Galante, Vetter Steve Maggadino aus Buffalo und Giovanni „Papa John“ Priziola aus Detroit, waren die eingeladenen Gäste. Es wurden Absprachen getroffen, um den größten Drogenhandel mit Heroin aufzuziehen, den es bis dahin gegeben hatte. Zur Befriedung wurde nun ebenfalls wie in den USA eine „Commission“ aus zwölf Mitgliedern gebildet, deren ersten Vorsitz Salvatore Greco übernahm und nicht einer der von Luciano favorisierten La Barbera-Brüder. Als Ergebnis wurde den Sizilianern erlaubt, ihre Drogen - gegen Zahlung einer Abgabe - in den USA selbst vertreiben zu dürfen. Allerdings hielten sich Vito Genovese und Carmine Galante nicht an diese Vereinbarung.

Genovese, der bereits nach der Inhaftierung Lucianos 1936 und vor seiner Flucht 1937 nach Sizilien Oberhaupt bzw. „acting-boss“ der Genovese-Familie gewesen war, hegte Ambitionen seinen alten Rang als Oberhaupt zurückzubekommen und beauftragte Vincent Gigante mit einem Attentat, bei dem Frank Costello am 2. Mai 1957 einen Streifschuss am Kopf erlitt und sich als Boss zurückzog. Am 25. Oktober 1957 wurde Albert Anastasia, inzwischen Oberhaupt des später als Gambino-Familie klassifizierten Mafia-Clans, ermordet.

Diese Morde hätten eigentlich der Zustimmung der US-amerikanischen „Commission“ bedurft und so organisierte Genovese am 14. November 1957 ein Treffen des National Crime Syndicate, das sogenannte „Apalachin-Meeting“, um sich diese Zustimmung nachträglich zu besorgen. Außerdem plante Genovese, sich auf dem Apalachin-Meeting zum „Capo di tutti capi“ ausrufen zu lassen und damit Luciano und Lansky endgültig zu verdrängen. Das Treffen endete in einer Massenverhaftung durch die örtliche Polizei. Meyer Lansky hatte wegen Krankheit an dem Treffen nicht teilgenommen und später kam sogar die Vermutung auf, er hätte das Treffen an die Polizei verraten; außerdem wurde Genovese wenig später im Rahmen einer Rauschgiftoperation der Polizei verhaftet. Auch hier soll ein Tipp eine Rolle gespielt haben; dieser kam, wie Luciano später behauptete, von ihm und Lansky.

Trotzdem wurde immer deutlicher, dass Luciano nicht mehr direkte Befehlsgewalt ausübte. Er hatte sich nunmehr zu einem kriminellen Geschäftsmann entwickelt, ohne über eigene bewaffnete Kräfte zu verfügen. Als er auf der Rennbahn von Neapel von einem Kleinkriminellen geohrfeigt wurde, konnte er nichts dagegen tun. [4] Allerdings wurde dieser später von der italienischen Cosa Nostra wegen der Ohrfeige als Ehrerbietung an Luciano ermordet und Lucianos Worte hatten weiterhin Gewicht. Als er herausfand, dass Eugenio Giannini - den er 1942 im Gefängnis kennengelernt und dieser den Penecillinschmuggel nach Italien und den Heroinschmuggel nach New York City aufgebaut hatte - offenbar ein Pentito war, der ihn nun verraten wollte, führte seine Benachrichtigung darüber in New York City zu dessen Ermordung am 20. September 1952 in Harlem.

Das Ende

Am 26. Januar 1962 starb Luciano an einem Herzinfarkt im Aeroporto di Napoli-Capodichino, dem Flughafen von Neapel, als er seinen Biographen abholen wollte. Er wurde auf dem St. John's Friedhof Queens, New York, begraben, nachdem ein Bundesgericht entschieden hatte, dass ein Begräbnis in amerikanischer Erde nicht verhindert werden könne, da eine Leiche kein Bürger eines Staates mehr sei und somit keiner Einwandererkontrolle oder einem Abschiebungsgesetz unterliege.

Interessanterweise brach wenige Wochen nach Lucianos Tod der Erste Große Mafiakrieg in Italien aus, indem es dem Mafia-Boss Angelo La Barbera - trotz des Einsatzes zahlreicher Autobomben- nicht gelang, den Nachweis zu führen ohne amerikanische Hilfe auszukommen: „Luciano pflegte bekanntermaßen enge Beziehungen zu den La Barberas,...“. [4]

Namensentwicklung: Von Salvatore Lucania zu Lucky Luciano

Lucky Luciano wurde als Salvatore Lucania geboren; aber in seinen späteren US-Amerikanischen Pass wurde dann Luciano eingetragen und er nahm den englischen Namen Charles an. Über die Entwicklung seines Beinamen Lucky gibt es drei Thesen. Die erste verweist auf einen glücklichen Spielgewinn im Alter von 14 Jahren; [3] die zweite bezieht sich auf das überlebte Attentat von 1929.[2] Allerdings war es zum Zeitpunkt des Attentats bereits üblich, ihn als „Lucky“ Luciano in der Presse zu bezeichnen, was als Widerlegung der zweiten These gelten kann. Es gibt eine dritte These: Da Luciano in einem jüdischen Viertel aufwuchs, wurde sein Name Lucania „loo-kah-NEE-ah“ nicht italienisch gerufen, sondern wandelte sich auf den Straßen der Lower East Side zu einem „LUCK-ah-NEE-ah“, woraus dann das kurze Lucky wurde. Diese letzte These scheint bestechend, da Salvatore auch „Charlie Lucky“ und nicht etwa als „Lucky Charlie“ gerufen wurde. [19]

Filme und Filmzitate

Quellen

Einzelnachweise

  1. „Criminal Mastermind: Lucky Luciano“ von Edna Buchanan auf time.com (englisch)
  2. a b c d „A Gangster is Born“ auf www.crimelibrary.com (englisch)
  3. a b c Dieter Sinn: Das große Verbrecher-Lexikon. Lizenzausgabe 1984. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH. S.188f. ISBN 3-88199-146-8
  4. a b c d e John Dickie: Cosa Nostra: Die Geschichte der Mafia, Frankfurt a.M. 2006, Fischer Verlag, S.265,265,273ff,279ff,291ff,351,358,362ff,381ff,419. ISBN 978-3-596-17106-4
  5. History of the Mafia auf http://www.onewal.com/maf-chr3.html (englisch)
  6. Lucky Luciano auf www.italien-inseln.de
  7. Martin A. Gosch, Richard Hammer: Last Testament of Lucky Luciano. Dell Pub Co. Reissue Edition Juni 1981. ISBN 0-440-14705-0
  8. „Mafia, Geheimdienste und Politik der USA. Teil 1 (1865 bis 1938)“ auf www.us-politik.ch (englisch)
  9. Lucky Luciano auf www.time.com vom 7. Mai 1998
  10. a b „Bad Guys Done Good“ auf www.nypost.com
  11. Jack Higgins: Luciano. Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH, Bergisch Gladbach 1985. ISBN 3-404-10579-6
  12. Rodney Campbell: The Luciano Project: The Secret Wartime Collaboration of the Mafia and the U.S. Navy, McGraw-Hill. 1977, ISBN 978-0-070-09674-5
  13. Tim Newark: Mafia Allies: The True Story of America's Secret Alliance with the Mob in World War II. Zenith Press. Erste Ausgabe 2007.
  14. Charles Lucky Luciano auf gangstersinc.tripod.com
  15. „The american Mafia: Chronology - Section IV 1932-1949“ auf www.onewal.com (englisch)
  16. InStoria, Il contributo mafioso alla vittoria Alleata in Sicilia
  17. Lucky Luciano(Kap.9) auf www.crimelibrary.com (engl.)
  18. „Mafia, Geheimdienste und Politik der USA. Teil 4 (1956 bis 1960)“ auf www.us-politik.ch (englisch)
  19. „Who Was Who in the American Mafia: Lucky Lucania“ auf www.onewal.com/maf-who.html (englisch)

Literatur

  • John Dickie: Cosa Nostra: Die Geschichte der Mafia, Frankfurt a.M. 2006, Fischer Verlag. Englische Übersetzung Sebastian Vogel. ISBN 978-3-596-17106-4
  • Rodney Campbell: Unternehmen Luciano. Die Rolle der Mafia im Zweiten Weltkrieg., Bergisch Gladbach 1977, Gustav Lübbe Verlag. Englische Übersetzung Susanne Bock. ISBN 3-404-65053-0
  • Martin A. Gosch und Richard Hammer: The Last Testament of Lucky Luciano. Boston 1974. Little Brown and Company. ISBN 0-316-32140-0
  • Selwyn Raab: Five Families: The Rise, Decline, and Resurgence of America's Most Powerful Mafia Empires. St. Martin's Press 2006. ISBN 0-312-36181-5
  • Cat Klerks. Lucky Luciano: The Father of Organized Crime (True American Amazing Stories Series) Publisher: Altitude Publishing, Ltd. 2005. ISBN 1-552-65102-9
  • Hickam Powell: Lucky Luciano, his amazing trial and wild witnesses. Barricade Books Inc. 2000. ISBN 0-806-50493-5
  • Sid Feder und Joachim Joesten: Luciano Story. Da Capo Press 1994. ISBN 0-306-80592-8

Weblinks



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