Chinese Room

Chinese Room

Das Chinesische Zimmer ist der Name für ein Gedankenexperiment des Philosophen John Searle, mittels dessen er 1980 zu widerlegen versuchte, dass die menschliche Intelligenz durch Computerprogramme nachgeahmt oder gar übertroffen werden könne. Dieses Experiment sollte den Turing-Test als nicht ausreichendes Kriterium für künstliche Intelligenz ausweisen. Die entsprechende Abhandlung Minds, Brains, and Programs erschien in The Behavioral and Brain Sciences (Band 3).

Inhaltsverzeichnis

Das Gedankenexperiment

Searle beschrieb einen geschlossenen Raum, in dem sich ein Mensch befindet. Ihm werden durch einen Schlitz in der Tür Zettel mit Geschichten in chinesischer Notation zugestellt. Er selbst ist der chinesischen Sprache nicht mächtig und versteht somit weder den Sinn der einzelnen Zeichen noch den Sinn der Geschichte. Danach erhält er noch einen Zettel mit Fragen zu der Geschichte (ebenfalls in chinesischer Notation). Der Mensch findet des Weiteren einen Stapel chinesischer Skripte und ein „Handbuch“ mit Regeln in seiner Muttersprache vor. Das Handbuch ermöglicht es ihm, das Skript mit der Geschichte in Verbindung zu bringen, allerdings ausschließlich auf der Ebene der Zeichenerkennung (über die Form der Zeichen). Auch entnimmt er dem Handbuch Anweisungen, welche Zeichen er (abhängig von den Zeichen der Geschichte und der Fragen) auf den Antwortzettel zu übertragen hat. Er folgt also rein mechanischen Anweisungen und schiebt das Ergebnis (die „Antworten“ auf die Fragen) durch den Türschlitz, ohne die Geschichte oder die Fragen verstanden zu haben.

Vor der Tür wartet ein chinesischer Muttersprachler, welcher die Antwortzettel liest. Er kommt aufgrund der Sinnhaftigkeit der Antworten zu dem Ergebnis, im Raum befinde sich ebenfalls ein Chinesisch sprechender Mensch.

Das Gedankenexperiment hatte mehrere Deutungen zur Folge.

Ansichten

Die Systemkritik

Es wird kritisiert, dass zwar das im Raum befindliche Individuum kein Chinesisch spricht, es aber nicht klar ist, weshalb der Raum in seiner Gesamtheit die Sprache nicht verstehen sollte, d.h. die Kombination aus ausführendem Organ (dem Menschen), Daten und Anweisungen. Diese Kombination wird als ein denkendes System aufgefasst. Diese Position befürwortet tendenziell damit auch die Möglichkeit künstlicher Intelligenz wie auch eine funktionalistische Sicht darauf, was als Träger von Verständnis zu betrachten sei.

Durch diese Kritik wird ersichtlich, dass es unterschiedliche Vorstellungen von dem Begriff „Verständnis“ und (allgemeinen) kognitiven Prozessen gibt. Während viele Vertreter der starken KI-These (dass das Ablaufen geeigneter Programme Denken bzw. Verstehen nicht nur simulieren, sondern sogar hervorbringen kann) der Ansicht sind, die menschlichen Denkprozesse seien ein (unbewusstes) Verarbeiten von Input (Reizen), das bestimmten mechanisierbaren Regeln folgt, entgegnen die Kritiker, das menschliche Denken setze sich noch aus weiteren Dingen zusammen, die nicht in ein Programm abstrahierbar sind.

Ein anderer Kritikansatz ist, die Gültigkeit des Experiments in Frage zu ziehen. Insbesondere sei es fraglich, ob es das geforderte „Regelhandbuch“ überhaupt geben könnte. Die eigentliche „Intelligenz“ des Experiments liegt klar in diesem Regelwerk und es ist fraglich, ob es überhaupt je hinreichend umfangreich sein kann, um alle denkbaren Fragen mit sinnvollen Antworten zu verknüpfen. Sollte sich bei genauer Betrachtung aber herausstellen, dass das Regelwerk in der postulierten Form auch theoretisch nicht existieren kann (z. B. weil es unendlich umfangreich sein müsste), dann wären Erkenntnisse aus dem Experiment bedeutungslos.

Auch der vorangehende Schritt, das Erstellen des Regelhandbuches, muss im Gesamtsystem betrachtet werden. Es kann argumentiert werden, dass die "Intelligenz" des ausführenden Systems (dem Raum) eigentlich vom wissenden Ersteller des Handbuches kommt, welcher Chinesisch verstehen muss, um erst sinnvolle Regeln aufstellen zu können. Somit verlagert sich die Frage nach dem Halter der Intelligenz auf eine externe Entität, die beim originalen Gedankenexperiment einfach außen vor gelassen wurde.

Der Roboter-Ansatz

„Man erschaffe einen Roboter, der nicht nur formale Symbole entgegennimmt, sondern auch (von einem Computer-“Gehirn“ gesteuert) mit der Umwelt interagieren kann. Dieser Computer könnte Begriffe auf einer ganz anderen Ebene verstehen und mentale Zustände haben.“

Hier lässt sich kritisieren, dass der Roboter trotz andersgearteten Outputs noch immer keine intentionalen Zustände (Zustände, die sich auf etwas in der Welt beziehen) hat, er reagiert allein aufgrund seines Programmes. Ob der Roboter die Außenwelt begreift, führt wieder zu der Bewusstseins-Debatte.

Der Simulations-Ansatz

„Man erschaffe ein künstliches neuronales Netz, das genauso reagiert wie ein sprechender bzw. schreibender chinesischer Muttersprachler. Dieses Netz ist, da es eine dem Gehirn des Muttersprachlers adäquate Funktionalität bietet, gleichermaßen in der Lage, die Geschichten zu verstehen.“

Abgesehen davon, dass es bisher noch nicht gelungen ist, das Gehirn so vollständig zu analysieren, dass es künstlich nachgebildet werden könnte, bleibt auch hier die Frage offen, ob das Netz bewusst agieren könnte.

Weiterführende Literatur

Eine Übersetzung des Aufsatzes sowie Kritik von einem der wichtigsten Vertreter der "Opposition", Douglas R. Hofstadter, findet sich in:

  • Douglas R. Hofstadter, Daniel Dennett: Einsicht ins Ich. Seiten 337 - 366, ISBN 3-608-93038-8

Eine allgemeine Auseinandersetzung mit dem Thema KI (Auseinandersetzung mit dem chinesischen Zimmer inklusive) in fiktionaler und laienfreundlicher Form findet sich in:

  • John L. Casti: Das Cambridge-Quintett. ISBN 3-8270-0283-4

Weblinks


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