- Chinesisch-vietnamesischer Krieg
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Als Chinesisch-Vietnamesischer Krieg, Erziehungsfeldzug oder auch Strafexpedition wird der Einmarsch der Armee der Volksrepublik Chinas in Vietnam am 17. Februar 1979 bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen und Anlass
Vorausgegangen waren jahrelange Grenzstreitigkeiten und die Rivalität in ideologisch-politischen Auseinandersetzungen zwischen China und der Sowjetunion, das mit Vietnam November 1978 einen Freundschaftsvertrag abschloss. Anfang 1979 stürzten vietnamesische Streitkräfte das Pol-Pot-Regime (Rote Khmer) in Kambodscha, das mit China verbündet war, und errichteten eine provietnamesische Regierung unter Heng Samrin. China sah seine regionalen Machtinteressen gefährdet, da es eine Indochina-Föderation unter der Vorherrschaft Vietnams befürchtete, und griff militärisch ein, um Vietnam zur Räumung Kambodschas zu zwingen. Seit 1979 sahen beide Staaten diese als eine Freundschafts- und Friedensgrenze, die sich durch unübersichtliches und zerklüftetes Terrain erstreckt. Historisch ging sie auf den Vertrag von Tianjin 1858 zurück (mit Ergänzungen 1896), in dem das damalige Kaiserreich China unter anderem auf das Protektorat Tonkin verzichten und dies als französisches Protektorat anerkennen musste. Der strittige Grenzverlauf wurde mehrmals in Verhandlungen zwischen China und Vietnam erörtert (unter anderem 1957). Ab Anfang der 1970er Jahre kam es allerdings zu häufigen Grenzzwischenfällen, für die beide Staaten einander die Schuld gaben. Die Volksrepublik China verkündete am 16. Februar 1979, dass die Vietnamesen rund 3.535 Zwischenfälle an der Grenze verursachten, Vietnam gab im Gegenzug für diesen Zeitraum 2.158 Grenzprovokationen durch China bekannt. Die Spannungen nahmen zu und beide Staaten baten um Maßnahmen durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, da sie durch die Provokationen den „Weltfrieden in Gefahr sahen“. China war entschlossen, kein „vietnamesisches Kuba“ an seiner Südflanke entstehen zu lassen und den Einfluss der Sowjetunion zurückzudrängen. Einen Tag nach der chinesischen Invasion schlossen die Regierungen von Vietnam und das von Vietnam besetzte Kambodscha am 18. März 1979 einen Kooperations- und Freundschaftsvertrag.
Verlauf
Nach der Mobilmachung im Januar 1979 ließ China 200.000 Mann und ein Fünftel seiner Luftstreitkräfte an der vietnamesischen Grenze aufmarschieren. Am 17. Februar 1979 griff die chinesische Volksbefreiungsarmee von Yunnan und Guangxi aus an 26 Stellen der etwa 1.347 km langen Grenze den Nachbarstaat an. China begründete dies als einen Gegenangriff und als Reaktion auf vietnamesische Provokationen; die Truppen würden nach dem Gegenschlag wieder zur Verteidigung der Grenze zurückgezogen. Die Vietnamesen konnten trotz totaler Mobilmachung im Land zunächst nur zwei Divisionen zur Verteidigung aufbieten. Die chinesische Infanterie blieb jedoch öfter stecken, da sich die vietnamesischen Soldaten in einem weit verzweigten Bunker- und Stollensystem verschanzt hatten. Erst nach massiven Panzerangriffen erzielten die Chinesen nach zehn Tagen bis zu 40 km Geländegewinn, besonders im Delta des Roten Flusses und die Ausgangspforten aus dem Yunnan-Gebirge. Bis zum 5. März 1979 eroberten die Chinesen in erbitterten Kämpfen mehrere Grenzorte in Donga Dang, Lạng Sơn, Cao Bằng, That Khe, Lào Cai und Cam Duong und stießen bis Lai Châu vor. Die Sowjetunion schickte Protestnoten an die chinesische Führung und unterstützte Vietnam mit Waffenlieferungen, griff aber selbst nicht in die Kämpfe ein.
Ergebnis
Nach dem dreiwöchigen Gefecht behaupteten beide Seiten, den Krieg gewonnen zu haben. Die Kämpfe forderten auf beiden Seiten hohe Verluste. Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Vietnamesische Quellen sprechen von 60.000 Verwundeten und 20.000 Gefallenen auf chinesischer Seite. Umgekehrt heißt es von chinesischer Seite, man habe 20.000 bis 30.000 Opfer (nicht näher spezifiziert) zu beklagen, während die Verluste der Vietnamesen zwischen 40.000 und 60.000 betragen haben sollen (veröffentlicht in Le Monde vom 4. Mai 1979).
Der chinesische Regierungschef Hua Guofeng erklärte am 16. März 1979 den Abzug der chinesischen Truppen aus Vietnam für beendet, dennoch standen bis zum 27. März 1979 noch chinesische Soldaten auf vietnamesischem Territorium. Am 18. April 1979 begannen Verhandlungen in Hanoi und im Juni in Peking, sie blieben aber beide erfolglos. Bis zum 22. Juni 1979 wurde der Austausch von Kriegsgefangenen vereinbart.
8-Punkte-Plan Chinas
Als Grundlage für Verhandlungen über die Beilegung von Grenzstreitigkeiten legte die Volksrepublik China einen 8-Punkte-Plan vor, der als Basis für Grenzvereinbarungen gelten sollte. Hierzu gehörten im Kern u.a.
- die Wiederaufnahme der seit 1978 aus Vietnam nach China vertriebenen 240.000 vietnamesischen Staatsangehörigen chinesischer Herkunft
- die Anerkennung der Spratly-Inseln und Paracel-Inseln als integraler Bestandteil Chinas
- Rückzug vietnamesischer Truppen aus allen anderen Staaten (Kambodscha, Laos).
3-Punkte-Plan Vietnams
Der vietnamesische 3-Punkte-Plan als Reaktion auf die chinesischen Forderungen beinhaltete
- die Frage der Grenzregelung und die Herstellung normaler Beziehungen zwischen beiden Staaten
- die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone
- der Abschluss eines Nichtangriffspaktes.
Weitere Zwischenfälle nach 1980
Immer wieder kam es auch nach dem Grenzkrieg zu beiderseitigen Grenzverletzungen. Zu den schwersten Kämpfen kam es vom 5. bis 7. Januar 1987, als eine chinesische Division in die Provinz Ha Tuyen eindrang.
Erst nachdem sich Ende 1986 die Sowjetunion unter Gorbatschow um ein besseres Verhältnis zu China bemühte und Vietnam den Rückzug der in Kambodscha stationierten Truppen ankündigte (der im November 1989 vollständig abgeschlossen wurde), trat im vietnamesisch-chinesischen Grenzgebiet Ruhe ein.
Anmerkung
Von 1406 bis 1414 gab es einen Krieg, der manchmal ebenfalls als Chinesisch-Vietnamesischer Krieg bezeichnet wird.
Verweise
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