- Chiroptera
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Fledertiere Townsend-Langohr (Corynorhinus townsendii)
Systematik Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata) Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda) Klasse: Säugetiere (Mammalia) Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria) Überordnung: Laurasiatheria Ordnung: Fledertiere Wissenschaftlicher Name Chiroptera Blumenbach 1779 Unterordnungen - Flughunde (Megachiroptera)
- Fledermäuse (Microchiroptera)
Die Fledertiere (Chiroptera, auch Flattertiere) sind eine Ordnung der Säugetiere. Nach den ausgestorbenen Flugsauriern und den Vögeln sind die Fledertiere stammesgeschichtlich die jüngste Gruppe der Wirbeltiere, welche die Fähigkeit zum Schlagflug erworben hat.
Mit rund 1100 Arten sind Fledertiere nach den Nagetieren die artenreichste Ordnung der Säugetiere. Sie wird in zwei Unterordnungen aufgeteilt:
- Flughunde (Megachiroptera) und
- Fledermäuse (Microchiroptera).
Das Schwestergruppenverhältnis dieser beiden Gruppen, also die Monophylie des Taxons der Fledertiere gilt zwar mittlerweile als recht wahrscheinlich, ist jedoch umstritten.
Der wissenschaftliche Name leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Handflügler“.
Inhaltsverzeichnis
Verbreitung
Fledertiere sind nahezu weltweit verbreitet, sie fehlen lediglich in den Polarregionen sowie auf entlegenen Inseln. Auf manchen Inseln (beispielsweise Neuseeland) waren sie bis zur Ankunft des Menschen die einzigen Säugetiere.
Beschreibung
Fledertiere sind die einzigen Säugetiere und – neben den Vögeln − die einzigen Wirbeltiere, die aktiv fliegen können. Einige Säugetiergruppen (wie die Gleithörnchen, die Dornschwanzhörnchen, die Riesengleiter und die Gleitbeutler) haben zwar eine Gleitmembran (Flughaut) zwischen den Gliedmaßen, können aber nur von höheren Punkten aus Gleitflüge machen. Im Gegensatz dazu können Fledertiere beim Fliegen auch Höhe gewinnen.
Die Flugmembran besteht aus zwei Hautschichten und erstreckt sich von den Handgelenken bis zu den Fußgelenken. Weitere Membranen erstrecken sich von den Handgelenken zu den Schultern und zwischen den Beinen. Letztere wird Uropatagium (Schwanzflughaut) genannt, sie bindet den Schwanz – sofern vorhanden – mit ein und dient oft zum Einkeschern der Beute. Der Daumen ist kurz (nur bei den Stummeldaumen (Furipteridae) fehlt er) und trägt eine Kralle, die vier übrigen Finger sind stark verlängert und spannen die Flughaut. Während Flughunde meist am zweiten Finger ebenfalls eine Kralle haben, fehlt diese bei den Fledermäusen. Ein Dorn am Fußgelenk, Calcar genannt, dient zum Aufspannen der Schwanzflughaut. Die Hinterbeine der Fledertiere sind im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren nach hinten gerichtet, sie enden in fünf bekrallten Zehen.
Das dichte, seidige Fell der Fledertiere ist meistens grau bis braun gefärbt, es gibt aber auch weiße und gemusterte Arten.
Die Größe dieser Tiere variiert erheblich, wobei die Schweinsnasenfledermaus mit 3 cm Länge und 2 Gramm Gewicht als das kleinste Säugetier überhaupt gilt, während der Kalong bis zu 1,7 Meter Flügelspannweite und 1,5 Kilogramm Gewicht erreichen kann.
Lebensweise
Die meisten Fledertiere – mit Ausnahme einiger Flughunde – sind nachtaktive Tiere, die tagsüber in einem Versteck schlafen. Sie hängen dabei meist kopfüber an den Füßen, wodurch im Gefahrenfall eine schnelle Flucht durch einfaches fallenlassen ermöglicht wird. Sie brauchen keine Kraft, um sich festzuklammern, da die Krallen durch das Gewicht der Fledermaus gekrümmt werden. Deshalb fallen selbst tote Fledertiere nicht herab. Die meisten Fledermäuse orientieren sich während des Fluges durch Echoortung: Mit dem Mund oder der Nase stoßen sie Laute ab, die im Ultraschallbereich liegen, also jenseits der menschlichen Hörgrenze. Manche Arten, insbesondere die Großblattnasen (Megadermatidae) und die Blattnasen (Phyllostomidae) haben auffällige Auswüchse an den Nasen, sogenannte Nasenblätter, die zur Verstärkung dieser Laute dienen. Die Ohren sind gut entwickelt und oftmals sehr groß, ein Tragus (Ohrdeckel) ist bei vielen Arten vorhanden und dient zum besseren Empfang der zurückgesandten Signale. Im Gegensatz dazu verwenden Flughunde mit Ausnahme der Rosettenflughunde keine Echoortung. Fledertiere sind nicht blind, sondern haben gut entwickelte Augen, auch wenn – wie bei vielen nachtaktiven Tieren – die Stäbchen in der Netzhaut überwiegen. Insbesondere Flughunde haben einen gut entwickelten Gesichtssinn. Auch der Geruchssinn ist bei den meisten Arten gut entwickelt.
Fledertiere verbringen den Tag in Höhlen, Felsspalten, Baumhöhlen oder in menschengemachten Behausungen wie Minen, Ruinen und Gebäuden; Flughunde schlafen eher auf Bäumen als Fledermäuse. Viele Arten leben in großen Kolonien, die oft aus tausenden Tieren bestehen, andere sind Einzelgänger.
In kühleren Regionen halten sie oft Winterschlaf oder ziehen während des Winters in wärmere Regionen. Auch während des Tagesschlafes sinkt ihr Stoffwechsel in stärkerem Ausmaß als bei anderen Säugetieren.
Nahrung
Fledertiere nehmen je nach Art unterschiedlichste Nahrung zu sich. Man kann sie anhand der bevorzugten Nahrung in mehrere Gruppen aufteilen, diese Einteilung ist jedoch nicht systematisch:
- Insekten: Die Mehrzahl der Arten sind Insektenfresser, darunter die meisten in Europa vertretenen Fledertiere.
- Früchte: Zu den fruchtfressenden Arten zählen beispielsweise die Mehrzahl der Flughunde sowie die Fruchtvampire Amerikas. Fruchtfressende Fledertiere leben nur in den Tropen und Subtropen, wo das ganze Jahr über ausreichend Früchte vorhanden sind.
- Blüten und Nektar: Diese Art der Nahrung bevorzugen zum Beispiel die Langzungenflughunde und die Blütenfledermäuse. Diese Fledertiere sind klein, sie haben lange Schnauzen und Zungen und spielen eine wichtige Rolle bei der Bestäubung der Pflanzen.
- Blut: Die Ernährung mit Blut kommt ausschließlich bei den drei Arten der Vampirfledermäuse (Desmodontinae) Mittel- und Südamerikas vor.
- Wirbeltiere: Manche Arten ernähren sich von Vögeln, Fröschen, Echsen und kleinen Säugetieren wie Nagetieren oder andere Fledermäusen. Dazu zählen beispielsweise mehrere Vertreter der Lanzennasen oder der Großblattnasen. Manche Arten, wie die Hasenmäuler (Noctilionidae) haben sich auf Fische spezialisiert.
Fortpflanzung
Generell sind Fledertiere durch eine niedrige Fortpflanzungsrate gekennzeichnet. In den meisten Fällen kommt nur ein Jungtier im Jahr zur Welt. Bei den meisten Arten haben die Weibchen zwei Zitzen im Brustbereich, wegen dieses Merkmals wurden sie früher (unter anderem bei Carl von Linné) zu den Primaten gezählt. Als Ausgleich für die niedrige Fortpflanzungsrate sind Fledertiere verglichen mit anderen Säugetieren ähnlicher Größe sehr langlebig, manche Tiere werden über 20, manchmal über 30 Jahre alt.
Gefährdung
Viele Fledertierarten sind heute bedroht. Die Gründe dafür liegen meist im Verlust des Lebensraumes, sowohl in den Tropen durch Waldrodungen als auch in Industrieländern durch den Einsatz von Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln und die Versiegelung von Schlafplätzen durch Altbausanierungen. 12 Arten sind laut IUCN ausgestorben, 75 weitere gelten als bedroht oder stark bedroht.
Systematik
Seit den 1970er-Jahren wird intensiv die Frage diskutiert, ob Fledertiere tatsächlich monophyletisch sind, das heißt von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen. Mehrfach wurde die Theorie aufgestellt, Fledermäuse und Flughunde hätten sich unabhängig voneinander entwickelt, die Ähnlichkeiten im Körperbau seien lediglich auf konvergente Evolution zurückzuführen. Viele Studien wurden mit biochemischen, molekularen oder morphologischen Daten durchgeführt, um die Frage der Monophylie der Fledertiere zu klären. Während manche Untersuchungen anhand des Aufbaus des Nervensystems und des Penis sowie gewisser DNA-Sequenzen eher auf konvergente Evolution beider Gruppen hindeuten sollen, sprechen sich die meisten Forschungsergebnisse anhand morphologischer Studien, Untersuchungen des Fortpflanzungssystems und DNA-Vergleichen für die Monophylie beider Gruppen aus. Letztendlich sprechen die meisten Fakten für eine Abstammung beider Gruppen von einem gemeinsamen Vorfahren.
Es ist schwierig, die Stellung der Fledertiere im Stammbaum der Säugetiere festzulegen. Vielfach gelten sie als enge Verwandte der Riesengleiter und Primaten, jüngere Untersuchungsergebnisse stellen sie jedoch in die Überordnung der Laurasiatheria in die nähere Verwandtschaft der Cetartiodactyla (Paarhufer und Wale), Unpaarhufer (Perissodactyla) und Raubtiere (Carnivora).
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