Christus als Keltertreter

Christus als Keltertreter
Epitaph Conrad Lemmer und Frau (1654), St.-Stephani-Kirche (Calbe) mit Gestalten des AT u. NT und Christus in der Kelter nach dem Titelkupfer der Ernestinischen Bibel (1649)
Christus in der Kelter, Fresko, Mailand, S. Maria Immacolata
Kirche Oberwittelsbach. Vom Tode der Märtyrer. Christus in der Kelter, 1526

Christus in der Kelter (auch Christus als Keltertreter oder Mystische Kelter) ist ein im 12. Jahrhundert aufgekommenes Motiv der christlichen Ikonografie. Dargestellt wird Christus bei der Arbeit in einer Weinkelter, wobei der ausfließende gewonnene Wein als Blut Christi von einem Kelch für die Eucharistie aufgenommen wird.

Die Darstellung erfolgt in allegorischer Aufnahme biblischer Aussagen wie des Propheten Jesaja:

Ich trat die Kelter allein, und niemand unter den Völkern war mit mir. Ich habe sie gekeltert in meinem Zorn und zertreten in meinem Grimm. Da ist ihr Blut auf meine Kleider gespritzt, und ich habe mein ganzes Gewand besudelt. (Jes 63,3 Lut)

Diese alttestamentliche Anspielung wurde christologisch verbunden mit dem eschatologischen Hinweis der Apokalypse:

Und er war angetan mit einem Gewand, das mit Blut getränkt war, (…) und er wird sie regieren mit eisernem Stabe; und er tritt die Kelter, voll vom Wein des grimmigen Zornes Gottes, des Allmächtigen. (Offb 19,13-15 Lut)

Als weiteres Element spielt der Segen Jakobs über Juda hinein:

Er wird sein Kleid in Wein waschen und seinen Mantel in Traubenblut. (Gen 49,11 Lut)

Ebenso spielte die Traube von Zyperblumen aus Engedi des Hoheliedes eine Rolle (Hld 1,14 Lut), die legendäre Traube der Botschafter des Gelobten Landes ((Num 13,23-24 Lut)) und schließlich die Kelterlieder des Psalters (Ps 8, 80, 83).

Nach der klassischen allegorischen Bibelauslegung sahen die Kirchenväter im ausgepressten Wein das Blut der Eucharistie, das Blut Christi oder in der gepressten Traube Christus selbst. Infolgedessen entwickelte sich die Vorstellung von Christus sowohl als der Keltertreter, als auch des Getretenen.

Die älteste bildliche Darstellung dieses Themas ist ein Wandbild aus dem frühen 12. Jahrhundert auf der Kleincomburg bei Schwäbisch Hall.[1]

Literatur

  • Lexikon der christlichen Ikonographie. Begr. von Engelbert Kirschbaum. Hrsg. von Wolfgang Braunfels. 2. Band, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau u.a. 1968-1976. ISBN 3-451-22568-9

Weblinks

  • Titelkupfer Kurfürstenbibel, 1641: Christus in der Kelter vergießt das eucharistische Blut über die Gläubigen (protestantisch)

Einzelnachweise

  1. Karl Halbauer: Bau- und Kunstgeschichte. In: Evangelische Kirchengemeinde Gärtringen (Hrsg.): Evangelische St.-Veit-Kirche Gärtringen: 1496–1996. Gärtringen 1996, Miniaturbild

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