Cineastik

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Cinephilie (frz.: Cinéphilie) bezeichnet wortwörtlich die leidenschaftliche Liebe zu Kino und Film. Sie speist sich u.a. aus der Rezeption von/Reflexion über Filme und Kino. Da sich jedoch Produktion, Distribution und vor allem Rezeption von Filmen und die Bedeutung von Kino als kulturelle Praxis innerhalb der vergangenen Jahrzehnte gewandelt haben, können historische und aktuelle Ausprägungen unterschieden werden.

Als Ausgangspunkt der „klassischen“ Cinephilie gilt die Kinobegeisterung im Frankreich der 50er Jahre: „Die klassische Cinephilie, die die Rezeption des Kinos für die Begeisterten auf Jahrzehnte geprägt hat, liebt(e) den Besuch der Kinemathek, sie liebt(e) die „realistische“ Ontologie des Aufzeichnungsbilds ebenso wie die Anmutungsqualität der chemischen Emulsion, sie liebt(e) die Projektion auf der Leinwand […]“. [1] Unter den Filmfaszinierten wuchs das Bedürfnis, ihre Leidenschaften und Diskurse mitteilen zu wollen. Es entstand ein „desire to write about them (films), which in turn required sharing one´s likes, dislikes, and convictions with others, in order to give body to one´s love object […]“. [2] Filmzeitschriften wurden gegründet, um Ideen zu verbreiten und Leidenschaft zu teilen: 1951 beispielsweise gründeten André Bazin und Jacques Doniol-Valcroze. Cahiers du Cinéma, in der unter anderen François Truffaut, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette, Luc Moullet, Éric Rohmer und Claude Chabrol veröffentlichten.

In der „modernen“ Phase der 60er Jahre wechselten viele, die zunächst über Film geschrieben haben (wie zum Beispiel Jean-Luc Godard und Eric Rohmer), selbst in die Regie. In den späten 60ern und den 70er Jahren stand die Cinephilie im engen Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Betrachtung von Film, die sich mit politischen und theoretischen Aspekten des Films auseinandersetzte. Hierzu zählte vor allem die strukturalistisch motivierte Genrekritik der feministischen Filmforschung seit Mitte der 60er Jahre: „[…] the love of cinema was now called by a different name: voyeurism, fetishism, and scopophilia.“ [3] Ähnlich der „klassischen“ war die „moderne“ Cinephilie eng mit dem Kino als Institution und dem kinematografischen Dispositiv verbunden: Trägermedium (Film), Vorführgestalt (Projektion) und Rezeption (Kinosaal) waren größtenteils determiniert und, bis zum Anbruch des digitalen Zeitalters, stabilisiert.

Die „postmoderne“ Cinephilie in einer digitalen Medienwelt stellt eine ganz andere Auseinandersetzung mit Film dar. Das Kino und seine Bilder haben verschiedenste Formen und Ausprägungen angenommen: Digitalisierung und das Internet verändern und vervielfachen materielle und technische Möglichkeiten des Films. So existiert heute eine Vielzahl von Trägermedien (Videokassette, DVD, Festplatte). Auch Technik und Art der Rezeption haben sich differenziert (Kinoprojektion, Fernsehen, Computerbildschirm, Flugzeug-/Busfahrten) sowie die soziale Anordnung der Rezeption (allein, mit Freunden, zu Hause, unterwegs, auf der Terrasse, am Schreibtisch, im Zug). Die Auflösung des reinen Kinodispositivs bindet den Film dadurch nicht mehr ans Kino als Institution, weder an einen bestimmten Ort, an Vorführzeiten noch an ein spezifisches Trägermedium – und löst dadurch die ursprüngliche Form der Cinephilie auf. Besonders die Rezeption auf individueller und privater Ebene hat dazu geführt, dass die Funktion von Kino als gesellschaftliche Praxis in den Hintergrund gerät. Thomas Elsaesser spricht in Bezug auf die postmoderne Cinephilie jedoch eher von einer Wiedergeburt: „Cinephilia [...] has reincarnated itself, by disembodying itself.“ [4]

Einzelnachweise

  1. Knörer, Ekkehard: Das Internet als Kino der Zukunft. http://futurezone.orf.at/stories/1636506/
  2. Elsaesser, Thomas: Cinephilia or the Uses of Disenchantment. Seite 30. In: Marijke de Valck, Malte Hagener (Hrsg.): Cinephilia. Movies, Love and Memory. Amsterdam 2005
  3. Elsaesser, Thomas: Cinephilia or the Uses of Disenchantment. Seite 32. In: Marijke de Valck, Malte Hagener (Hrsg.): Cinephilia. Movies, Love and Memory. Amsterdam 2005
  4. Elsaesser, Thomas: Cinephilia or the Uses of Disenchantment. Seite 41. In: Marijke de Valck, Malte Hagener (Hrsg.): Cinephilia. Movies, Love and Memory. Amsterdam 2005

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