Cinemascope

Cinemascope

Das anamorphotische Verfahren ist eine Art der Aufzeichnung von (Kino-)Filmen mit speziell konstruierten Kameralinsensystemen. Am bekanntesten ist das Verfahren in der Version CinemaScope (Kurzform im Kinojargon: „CS“ oder „Scope“) geworden. Es gibt jedoch auch weitere Verfahren, die anamorphotische Linsen verwenden.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Ausnutzung des Filmmaterials (hier eine Vorführkopie (=Positiv) [hd]) durch Cinemascope
So sieht das obige Bildbeispiel bei korrekter Projektion auf der Leinwand aus (das Motiv zeigt den Garden Of The Gods bei Colorado Springs)

Während beim Breitwand-Verfahren (Seitenverhältnis 1:1,66, 1:1,75 bzw. 1:1,85) auf 35-mm-Film in dem Bildseitenverhältnis aufgezeichnet wird, in dem auch die Projektion auf die Leinwand erfolgt, also das Verhältnis von Höhe zu Breite des aufgezeichneten Bildes dem der Wirklichkeit bzw. der Projektion entspricht, wird durch die Wirkungsweise des anamorphotischen Linsensystems beim CinemaScope-Verfahren mit Lichtton ein Seitenverhältnis von 1:2,35 erreicht. Beim ehemaligen Vierkanal-Magnetton-CinemaScope (COMMAG) beträgt das Seitenverhältnis 1:2,55.

Das Grundprinzip einer anamorphotischen Linsenkonstruktion bewirkt, dass bei der Aufnahme des Bildes das Bild in der Horizontalen um einen bestimmten anamorphotischen Faktor gegenüber der Vertikale verkleinert wird. Dadurch entsteht der Effekt, dass das Bild in der Breite um den anamorphotischen Faktor "gestaucht" wird. Bei der Projektion erhält der Filmprojektor ein gleichartiges Linsensystem, einen so genannten Anamorphoten, der das Bild in der Breite wiederum so stark vergrößert und dadurch das Bild wieder "auseinander zieht". Dadurch wird das Bild in der Projektion - gegenüber dem Bild auf dem Film - doppelt so breit.

Im Grunde müsste sich aus einem Normalbild im Bildseitenverhältnis von 1:1,33 im CinemaScope-Verfahren mit dem Faktor 2 ein Bildseitenverhältnis von 1:2,66 ergeben. Das ist aber nicht der Fall, da bei der Aufnahme eines Filmes im CinemaScope-Verfahren in der Kamera und später bei der Wiedergabe im Projektor ein geringfügig höheres Bildfenster verwendet wird, wodurch das auf dem Film entstehende Bild ein Seitenverhältnis von 1:1,175 hat. Dieses ergibt wiederum mit dem Faktor 2 das o.g. Bildseitenverhältnis. Das Verfahren mit dem höheren Bildfenster wendet man an, um die Schärfe des projizierten Bildes zu erhöhen. Durch diese Technik wird die Bildfläche des Filmstreifens maximal ausgenutzt und es bleibt nicht – wie z.B. bei Breitwandverfahren mit Kaschierung – ein Teil des Filmmaterials ungenutzt. Allerdings wird dadurch auch der Bildstrich schmaler, wodurch mitunter unsaubere Negativklebestellen sichtbar werden.

Der Vorteil des CinemaScope-Verfahrens ist, dass mit kostengünstigem Standardmaterial (35-mm-Film) ein breites Bild projiziert werden kann. Alternativen zu CinemaScope, zum Beispiel 70-mm-Film (Bildseitenverhältnis 1:2,2) und das ursprüngliche Cinerama, weisen demgegenüber deutlich höhere Materialkosten auf und erfordern zudem spezielle Projektoren.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass das Licht der Projektorlampe besser genutzt wird. Kinoprojektoren sind mit rotationssymmetrischen Ellipsoidspiegeln ausgestattet, die somit auch eine kreisförmige Fläche am Filmfenster ausleuchten. Optimale Ausnutzung des Lichtes würde man also bei einem quadratischen Bild auf dem Filmstreifen erhalten. Quadratische Bildfenster verlangte das Verfahren Superscope und heutzutage IMAX.

Der Vorteil des Verfahrens ist zugleich aber auch ein Nachteil. Da das Bild gestaucht wird, wird es verzerrt und muss bei der Projektion wieder entzerrt werden. Bei mangelhafter Justierung der Aufnahme- oder Wiedergabeobjektive können so Darstellungsfehler entstehen. Auch mussten neue Filmleinwände für die CS-Projektion aufgestellt werden.

Geschichte

CinemaScope-Broschüre von 1953

Das CinemaScope-Verfahren basiert auf dem Anamorphoskop von Professor Henri Chrétien welches bereits 1927 entwickelt wurde. 1952 wurde das Verfahren von der 20th Century Fox Film Corporation erworben. Das Anamorphoskop ist wiederum eine Weiterentwicklung des Hypergonars von Chrétien.

Der monumentale Bibelfilm The Robe wurde am 16. September 1953 in New York uraufgeführt. Er wurde beworben als Film, „den man plastisch ohne Brille“ sehen kann. Da seit der zweiten Hälfte der vierziger Jahre die 3D-Filme einen großen Zuspruch im Kino erhielten, das Verfahren durch Tragen einer Brille jedoch sehr unbequem und zudem sehr kostspielig war, versuchte man es zuerst mit einer zwar nicht dreidimensionalen Projektion, aber einer gebogenen Leinwand und einem breiteren Seitenverhältnis, (Cinerama), wobei der falsche Werbespruch, es handele sich um ein neues 3D-Verfahren, zuerst auftauchte, und als das immer noch zu teuer war, besann man sich bei Centfox auf das von Chrétien erfundene anamorphotische Verfahren, führte es unter der Marke CinemaScope ein und suggerierte dem Zuschauer mit diesem Slogan wie schon bei Cinerama wieder, dass er bei CinemaScope einen 3D-Film sehen würde, was natürlich nicht der Fall war. Da ein CinemaScope-Film nur aus einem Bild besteht (auch wenn es ziemlich breit ist), ist er vollkommen „flach“. Der erste echte 3D-Film in CinemaScope war Der Schatz der Balearen von Regisseur Byron Haskin.

Der erste im CinemaScope-Verfahren gedrehte Zeichentrickfilm war die Walt-Disney-Produktion Die Musikstunde (Toot, Whistle, Plunk and Boom), uraufgeführt am 1. November 1953.

CinemaScope wurde zur günstigen Ausgabe von Breitwanddarbietung und HiFi-Mehrkanalton mit Normalfilm gegenüber dem teureren Todd-A.-O.-Verfahren mit Breitfilm.

Oft heißt es heute, dass CinemaScope (etwa aufgrund zu hoher Herstellungskosten) Anfang bis Mitte der sechziger Jahre untergegangen sei. Das ist aber nicht richtig; vielmehr unterließ man es bei 20th Century Fox, das im Dezember 1952 im Moment seines Auslaufens von Chretien erworbene [1] Patent um 1965 zu erneuern, das in der Folge von Panavision erworben wurde, sodass das anamorphotische CinemaScope-Verfahren mit einem Seitenverhältnis von 1:2,35 bis heute unter der Bezeichnung Panavision Verwendung findet. [2]

In Europa waren auch die dem CinemaScope-Verfahren entsprechenden und damit auch kompatiblen Verfahren "Ultrascope" und "Totalvision" gebräuchlich.

Anamorphotische Verfahren im Schmalfilm

Auch im Schmalfilm finden anamorphotische Verfahren - wenn auch recht selten - Anwendung, meist bei der Herstellung von Schmalfilm-Filmkopien von Kinofilmen, die im CinemaScope-Verfahren hergestellt wurden. Selten werden allerdings auch Schmalfilme im anamorphotischen Verfahren hergestellt.

Im 8mm-Bereich werden hier vor allem Linsensysteme verwendet, die - abweichend von CinemaScope - einen anamorphotischen Faktor von 1,5 haben. Dieser Faktor bringt vor allem geringere Abmessungen und damit einhergehend ein geringeres Gewicht der zu verwendenden Objektiv-Vorsätze mit sich, was beim 8mm-Schmalfilm von hoher Bedeutung ist. Dadurch sind diese Filme aber zu anderen im anamorphotischen Verfahren hergestellten Filmen nicht kompatibel und lassen sich nicht ohne Probleme umkopieren.

Im 16mm-Bereich dagegen finden vorwiegend umgerüstete Objektive aus dem 35mm-Bereich Anwendung, die eben mit dem Faktor 2 arbeiten. Da man im Schmalfilm sowohl für normalformatige als auch für anamorphotische Aufnahmen die gleichen Bildfenster verwendet, ergibt sich hier tatsächlich ein Bildseitenverhältnis von 1:2,66 in der Projektion.

Weitere Verfahren

Da das Prinzip des anamorphotischen Bildes nicht patentierbar ist – es besteht nämlich schon seit Jahrhunderten und ist bekannt aus der anamorphen Malerei im Tonnengewölbe – entwickelten nach 20th-Century Fox weitere Firmen eigene Breitwandverfahren, die zum Teil auch anamorphotische Linsen verwendeten. Dazu gehören:

  • Techniscope (sphärisch)
  • Ultra Panavision (= MGM Camera 65 / Erster gedrehter Film war: „Ben Hur“ 1959) (anamorphotisch)
  • Super Panavision 70 (sphärisch)
  • Technirama

Die Breitwandverfahren Cinerama und Cinemiracle waren hinsichtlich Bildqualität den anamorphotisch aufgezeichneten Bildern überlegen, da sie unverzerrte Bilder aufzeichneten, allerdings aufwändig mit drei synchron laufenden Kameras. Bei der Projektion mussten somit auch drei Projektoren synchron drei Positive wiedergeben. Dieses war auf die Dauer zu kompliziert, sodass sich die anamorphotischen Verfahren durchsetzten.

Literatur

  • CinemaScope. Die dritte Revolution auf dem Gebiete des Films. Alles Wissenswerte über das neue Verfahren zur Aufnahme und Wiedergabe plastischer Filme, Herausgegeben von der Zentral-Presse- und Werbe-Abteilung der Centfox-Film-Inc., Frankfurt/Main, Kirchnerstraße 2. Undatiert; 1953, brosch., 32 S. ohne Einband
  • CinemaScope. Der Farbfilm auf Großraumbild mit plastischer Wirkung – ohne den Gebrauch von Brillen Hg. Z. P.- u. W.-A. Centfox, Undatiert; 1953, brosch., 24 S.
  • CinemaScope - Zur Geschichte der Breitwandfilme, Helga Belach/Wolfgang Jacobsen [Hrsg.], Stiftung Deutsche Kinemathek/Spiess, 1993, ISBN 3-89166-646-2

Einzelnachweise

  1. http://www.widescreenmuseum.com/widescreen/format_war.htm
  2. http://www.widescreenmuseum.com/widescreen/wingcs8.htm

Weblinks


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